Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.06.2016, Az. III ZR 282/14

3. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9818

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Gegenstand

Mediaagenturvertrag: Qualifizierung als Geschäftsbesorgungsvertrag; Auskunfts- und Herausgabepflichten; Beauftragter als wirtschaftlicher Inhaber des an einen Dritten geleisteten Vermögenswerts


Leitsatz

1. Mediaagenturverträge sind ihrer Rechtsnatur nach regelmäßig als Geschäftsbesorgungsverträge zu qualifizieren, bei denen sich der eine Teil (Mediaagentur) zur Ausführung einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Wahrung fremder Vermögensinteressen (insbesondere Mediaplanung und -einkauf) und der andere Teil (werbungtreibender Kunde) zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet.

2. Tritt die Mediaagentur bei den Mediabuchungen im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers auf, vereinnahmt sie zwar als Vertragspartnerin der Medien zunächst auch sämtliche Rabatte und sonstigen Vergünstigungen; wegen ihres Status als typische Geschäftsbesorgerin unterliegt sie jedoch den Auskunfts- und Herausgabepflichten nach §§ 666, 667 Alt. 2 BGB.

3. Der Umstand, dass ein Sondervorteil nicht unmittelbar an den Auftragnehmer, sondern an einen Dritten geleistet wird, schließt es nicht aus, dass der Auftragnehmer die Herausgabe schuldet. Entscheidend ist, ob eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Beauftragte als der wirtschaftliche Inhaber des Vermögenswerts anzusehen ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 1. April 1987, IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 23. Juli 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die [X.] im Wege der Stufenklage unter anderem auf Auskunft und Rechnungslegung über Rabatte und sonstige Vergünstigungen in Anspruch, die die [X.] oder von diesen eingeschaltete Unternehmen, insbesondere die [X.] (im Folgenden: [X.]), von Werbeträgern (Print- und audiovisuelle Medien) erhalten haben.

2

Die Klägerin und die Beklagte zu 1 schlossen unter dem Datum des 29. Juni/2. Juli 2004 einen Rahmenvertrag über die Erbringung von Serviceleistungen, der die Übertragung der gesamten Mediaplanung und des gesamten [X.] (Werbezeiten bzw. Werbeflächen) der Klägerin auf die Beklagte zu 1 zum Gegenstand hatte und dem Zweck diente, durch die Bündelung von [X.] bessere Konditionen (Barrabatte und Naturalrabatte in Form sog. [X.]) von den Medien zu erhalten. Nach Ziff. [X.]1 des Vertrags sollten die Mediabuchungen ausschließlich im Namen der [X.], jedoch für Rechnung der Klägerin erfolgen. Als Agenturvergütung war vorgesehen, dass aus dem so genannten [X.] ([X.] abzüglich Rabatte aus Mengen- und Malstaffel) ein budgetabhängiges Grundhonorar von 1,1 bis 1,3 Prozent gezahlt wurde (Ziff. I[X.]1 des Rahmenvertrags). Daneben erhielt die Agentur für erfolgreiche außertarifliche Verhandlungen eine prozentual gestaffelte Erfolgsbeteiligung, die sich aus der Differenz zwischen dem regulären [X.] und dem ausgehandelten [X.] des Mediums errechnete (Ziff. I[X.]2 des Rahmenvertrags).

3

Mit Schreiben vom 30. Juni 2005 teilte die Beklagte zu 2 der Klägerin mit, dass die Beklagte zu 1 zum 1. Juli 2005 umstrukturiert werde, und erklärte, mit allen Rechten und Pflichten unverändert in das bestehende Vertragsverhältnis einzutreten. Unter dem 20. Juli 2005 sandte die Klägerin eine unterschriebene Zweitschrift des Schreibens an die Beklagte zu 2 zurück.

4

Die Beklagte zu 1 ist Gesellschafterin der [X.], die in die Medienaktivitäten der Unternehmensgruppe der [X.] zu 1 eingebunden ist. Die M.  erhält von den werbungdurchführenden Medien aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, insbesondere Naturalrabatte ([X.]), die sie an ihre Gesellschafter weitergibt.

5

Am 20. Juni 2008 kündigte die Klägerin den Rahmenvertrag. Mit Schreiben vom 5. Juni 2009 verlangte sie von der [X.] zu 1 umfassende Auskunft.

6

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Abrechnungen der [X.] seien hinsichtlich der von den Werbeträgern erhaltenen Rabatte nicht korrekt gewesen. Insbesondere hätte die Klägerin auch an den der [X.]zugeflossenen Rabatten anteilig beteiligt werden müssen, soweit diese durch das Auftragsvolumen der Klägerin mit verursacht worden seien.

7

Die [X.] sind dem entgegengetreten. Der Klägerin stehe kein Anteil an den von der [X.] vereinnahmten Rabatten zu. Die [X.], die die [X.]von den Vermarktungsgesellschaften der Sender insbesondere als Gegenleistung für eigene Dienst- oder Beratungsleistungen oder auf Grund anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen erhalten habe, seien auf Grund der Kooperationsvereinbarung zwischen der [X.]und ihren Gesellschaftern im Verhältnis der Gewinnbeteiligung weitergereicht worden.

8

Nach Klageerhebung haben die Parteien in erster Instanz am 15. Juni 2010 einen Zwischenvergleich geschlossen, mit dem sie einen der Klägerin gegenüber zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung der die [X.]betreffenden Geschäftsunterlagen und der Feststellung beauftragten, welche Zahlungen und sonstigen geldwerten Vorteile, insbesondere Naturalrabatte/Freischaltungen, der [X.] von Seiten der Medien unmittelbar oder mittelbar zugeflossen sind und ob beziehungsweise inwieweit diese weitergereicht wurden.

9

Ziff. I.2 und [X.] des Vergleichs lauten wie folgt:

"I.2

Die [X.] und insbesondere [X.]              haben dem Wirtschaftsprüfer sämtliche Geschäftsunterlagen vorzulegen und zu versichern, dass keinerlei Unterlagen zurück- oder vorenthalten wurden. [X.] sind auch sämtliche [X.]              betreffenden Vereinbarungen, insbesondere mit den Sendern, Sendezeitenvermarktern, Medien und Medienvermarktern, soweit H.    betroffen ist, und den [X.] und/oder Anteilseignern.

[X.]

Die [X.] sowie [X.]                 verpflichten sich, den Wirtschaftsprüfer im Rahmen der ihm überantworteten Prüfungsaufgaben umfassend zu unterstützen, ihm alle erforderlichen und vorhandenen Unterlagen vorzulegen, nichts vorzuenthalten und ihm umfassend, richtig und vollständig Auskunft zu erteilen und gegebenenfalls an Eides Statt zu versichern, dass ihm insbesondere alle Unterlagen vorgelegt [wurden] und nicht[s] vorenthalten wurde, er richtig und vollständig informiert worden ist."

Das auf der Grundlage des [X.] erstattete schriftliche Gutachten hat der Sachverständige O.     in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2013 übergeben und erläutert.

Das [X.] hat der Klage durch Teilurteil auf der ersten Stufe teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] - unter gleichzeitiger Zurückweisung der Berufung der Klägerin - das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Stufenklage in der ersten Stufe abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr auf Auskunft und Rechnungslegung gerichtetes Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klage unbegründet sei, da der geltend gemachte Auskunftsanspruch, soweit er bestanden habe, durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen sei.

Beide [X.] seien passivlegitimiert. Die streitgegenständlichen Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung stützten sich auf Ziff. II.1 des Rahmenvertrags vom 2. Juli 2004, dem die Beklagte zu 2 auf der Grundlage ihres Schreibens vom 30. Juni 2005 beigetreten sei, ohne dass die Beklagte zu 1 aus dem Vertragsverhältnis entlassen worden sei.

Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien sei als Vertrag sui generis zu werten, dem ein Geschäftsbesorgungselement (§ 675 BGB) innewohne. Damit müssten die [X.] gemäß § 667 BGB herausgeben, was sie durch die Geschäftsbesorgung erlangt hätten. Gemäß § 666 BGB hätten sie hierüber Auskunft zu geben und Rechnung zu legen.

Die Pflicht zur Auskunft beziehungsweise Rechnungslegung und die Pflicht zur Herausgabe des [X.] bedingten sich gegenseitig, so dass Auskunft über das Erlangte nur zu erteilen sei, soweit es auch herauszugeben sei. Da die [X.] im weitesten Sinne, die die [X.] aus den streitigen Geschäften erlangt habe, nicht an die Klägerin herauszugeben seien, sei hierüber auch keine Auskunft zu erteilen.

Vertragspartner der Klägerin und damit "Beauftragte" im Sinne der §§ 666, 667 BGB seien (ausschließlich) die [X.]. Zwischen der Klägerin und der [X.]hätten keine vertraglichen Beziehungen bestanden, weshalb die [X.]weder zur Auskunftserteilung noch zur Herausgabe verpflichtet sei. Ein entsprechender Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem Zwischenvergleich vom 15. Juni 2010, da dieser insoweit einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter darstelle.

Soweit die [X.]erhaltene [X.] an die Beklagte zu 1 weitergebe, erlange die Beklagte zu 1 diese primär als Gesellschafterin der [X.], weshalb diese Vorteile nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit dem Vertrag zwischen den Parteien stünden. Sie seien vielmehr Ausdruck der eigenwirtschaftlichen Betätigung der [X.] zu 1 in Form der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft, mögen sie auch durch die Aufträge der Klägerin mit verursacht worden sein. Die von den Sendern der [X.]  gewährten [X.] seien von den [X.] nicht durch den Auftrag erlangt.

Die [X.] hätten nur solche Vorteile herauszugeben, die sie selbst von den Sendern usw. erhalten hätten. Der diesbezüglich bestehende Auskunfts- und Abrechnungsanspruch sei durch Erfüllung erloschen. Soweit die Klägerin die Unvollständigkeit der Auskunft beanstandet habe, beziehe sich dies allein auf die (nicht geschuldeten) Angaben über die [X.].

Unabhängig davon seien eventuell noch bestehende Auskunfts- und Abrechnungsansprüche für das Rechnungsjahr 2004 verjährt, da die dreijährige Verjährungsfrist am 31. Dezember 2005 begonnen habe und am 31. Dezember 2008 abgelaufen sei. Die Klage sei jedoch erst im [X.] erhoben worden.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht hat die nach dem Vortrag der Klägerin gebotene Prüfung rechtsfehlerhaft unterlassen, ob die der [X.]zugeflossenen [X.] (insbesondere [X.]) bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Vermögen der [X.] als den im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB Beauftragten zuzurechnen sind und deshalb Ansprüche der Klägerin nach §§ 666, 667 Alt. 2 BGB in Betracht kommen.

1. Soweit die Revision die Zulässigkeit der Klage und die Passivlegitimation beider [X.] in Zweifel zieht, folgt dem der [X.] aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht.

2. Zu Recht hält das Berufungsgericht die Regelungen über Geschäftsbesorgungsverträge (§ 675 Abs. 1 i.V.m. §§ 666, 667 BGB) für anwendbar. [X.] wie der vorliegende Rahmenvertrag vom 2. Juli 2004 sind ihrer Rechtsnatur nach regelmäßig als Geschäftsbesorgungsverträge zu qualifizieren, bei denen sich der eine Teil (Mediaagentur) zur Ausführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Wahrung fremder Vermögensinteressen (insbesondere Mediaplanung und -einkauf) und der andere Teil (werbungtreibender Kunde) zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet. Zentrales Element ist dabei stets die weisungsgebundene (§ 665 BGB) Wahrung fremder Vermögensinteressen. Tritt die Mediaagentur - wie hier gemäß Ziff. II.1 des Rahmenvertrags - bei den [X.] im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers auf, vereinnahmt sie zwar als Vertragspartnerin der Medien zunächst auch sämtliche [X.] und sonstigen Vergünstigungen; wegen ihres Status als typische [X.]in unterliegt sie jedoch der Auskunfts- und [X.] nach §§ 666, 667 Alt. 2 BGB (vgl. [X.], Mediaagenturen und Medienrabatte, S. 59 f, 69 f, 94; [X.]. [X.] 2015, 6, 9 f, 13 f, insbesondere auch zu der abweichenden Rechtslage, wenn die Medienagentur auf eigene Rechnung handelt und ihr insoweit eine eigenunternehmerische Tätigkeit hinsichtlich der Vermarktung von [X.] gestattet wird). Das Berufungsgericht ist deshalb zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die [X.] hinsichtlich derjenigen Vorteile, die sie unmittelbar selbst von den Medien erlangt haben, zur Auskunft und Rechnungslegung sowie zur Herausgabe verpflichtet sind.

3. Demgegenüber ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass Auskunfts- und Herausgabeansprüche der Klägerin gegenüber den [X.] von vornherein nicht bestünden, soweit die Medienrabatte entweder unmittelbar der [X.]oder mittelbar - über eine Ausschüttung der [X.]- der [X.] zu 1 als deren Gesellschafterin zugeflossen seien, von Rechtsfehlern beeinflusst.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Wertung, dass sich aus dem Zwischenvergleich vom 15. Juni 2010 kein Anspruch der Klägerin gegen die [X.] auf Auskunftserteilung über die der [X.] zugeflossenen Medienrabatte beziehungsweise sonstigen Vorteile ergibt.

Nach Ziff. I.2 des [X.] hatten die [X.] "und insbesondere [X.]                 " dem Wirtschaftsprüfer sämtliche Geschäftsunterlagen vorzulegen und zu versichern, dass keinerlei Unterlagen zurück- oder vorenthalten wurden. Gemäß Ziff. II. des Vergleichs verpflichteten sich die [X.] "sowie [X.]                ", den Wirtschaftsprüfer umfassend zu unterstützen, ihm alle erforderlichen und vorhandenen Unterlagen vorzulegen, nichts vorzuenthalten und ihm umfassend, richtig und vollständig Auskunft zu erteilen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Vergleichs sollten sowohl die [X.] als auch die [X.]eigenständig verpflichtet werden. Jedes Unternehmen sollte die bei ihm "vorhandenen" Unterlagen vorlegen. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Auslegung dahingehend, dass die [X.] verpflichtet werden sollten, sämtliche die [X.] betreffenden Informationen auf der Grundlage des § 51a GmbHG zu beschaffen, weder zwingend noch naheliegend. Dementsprechend beanstandete der nach Maßgabe des [X.] beauftragte Wirtschaftsprüfer, dass sowohl die [X.] als auch die [X.] den übernommenen Verpflichtungen, sämtliche Geschäftsunterlagen betreffend [X.]               vorzulegen, nicht nachgekommen seien (Gutachten des Sachverständigen O.        vom 8. April 2013, [X.]). Da es sich bei der [X.]um ein eigenes Rechtssubjekt handelt und weder dargelegt noch sonst ersichtlich ist, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagte auch von der [X.]zum Vergleichsabschluss bevollmächtigt waren, ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es sich bei der Vereinbarung vom 15. Juni 2010, soweit die [X.] ohne ihre Mitwirkung zur Auskunftserteilung unmittelbar vertraglich verpflichtet werden sollte, um einen mit den Bestimmungen der §§ 328 ff BGB unvereinbaren und damit unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter handelte (vgl. [X.], 7. Aufl., § 328 Rn. 258; [X.]/[X.], 75. Aufl., Einf. vor § 328 Rn. 10).

b) Auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach § 666 BGB grundsätzlich nur so weit reiche, als das Erlangte nach § 667 Alt. 2 BGB auch herauszugeben sei, bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

Im Ausgangspunkt zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die Auskunftspflicht des Beauftragten regelmäßig nicht voraussetzt, dass der Auftraggeber die begehrte Information zur Vorbereitung weiterer Ansprüche benötigt. Vielmehr genügt das allgemeine Interesse des Auftraggebers, die Tätigkeit des Beauftragten zu kontrollieren ([X.]surteile vom 8. Februar 2007 - [X.], NJW 2007, 1528 Rn. 6 und vom 3. November 2011 - [X.]/11, [X.], 58 Rn. 13). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Auskunftspflicht ohne Einschränkungen besteht. Denn die drei Informationspflichten aus § 666 BGB bezwecken, dem Auftraggeber die ihm regelmäßig fehlenden Informationen zu verschaffen, die er braucht, um seine im Zuge der Auftragserledigung sich ändernde Rechtsstellung beurteilen und Folgerungen daraus ziehen zu können. Es geht also darum, dem Auftraggeber die notwendige Klarheit über seine Rechtsstellung zu verschaffen (MüKoBGB/[X.], 6. Aufl., § 666 Rn. 1, 3). Der Auskunftsanspruch begründet deshalb nur eine aus dem Auftragsverhältnis folgende unselbständige Nebenpflicht ([X.]surteil vom 1. Dezember 2011 - [X.], [X.], 1 Rn. 15). Der Anspruch aus § 666 BGB ist grundsätzlich abhängig von dem Auftrag beziehungsweise Geschäftsbesorgungsvertrag, dessen Absicherung er dient. Inhalt und Grenzen der Auskunftspflichten sind anhand des konkreten Rechtsverhältnisses zu bestimmen, wobei auf dieser Grundlage nach Treu und Glauben der Maßstab der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit gilt (MüKoBGB/[X.] aaO § 666 Rn. 7; [X.]/[X.] aaO § 666 Rn. 1). Die Erfüllung der Informationspflichten aus § 666 BGB ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn feststeht, dass der Gläubiger des Informationsanspruchs auf Grund der Auskunft und Rechenschaftslegung keinesfalls etwas fordern könnte (vgl. auch [X.], [X.], 1852, 1855 und NJW-RR 2015, 306 Rn. 13 f). [X.] also ein Herausgabeanspruch aus, sind auch Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung nicht gegeben, es sei denn, dass ausnahmsweise aus sonstigen Gründen ein Bedürfnis des Auftraggebers besteht, sich Klarheit über seine Rechtsstellung zu verschaffen, wofür im vorliegenden Fall nichts ersichtlich ist. Das Berufungsgericht, das die der [X.]gewährten [X.] dieser und nicht den [X.] zugeordnet hat, hat deshalb insofern Ansprüche der Klägerin gegen die [X.] auf Auskunft und Rechnungslegung folgerichtig verneint.

c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch eine Auskunfts- und [X.] der [X.] von vornherein ausgeschlossen, soweit die Medienrabatte der [X.] unmittelbar zugeflossen sind beziehungsweise mittelbar - über eine Ausschüttung der [X.]  - an die Beklagte zu 1 als deren Gesellschafterin weitergeleitet wurden.

aa) Nach § 667 Alt. 2 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben. Durch die [X.] soll dafür Sorge getragen werden, dass der [X.] seiner Interessenwahrnehmungspflicht gegenüber dem Auftraggeber nachkommt und nicht den eigenen oder sogar den Interessen des [X.] einen maßgeblichen Einfluss auf seine Entschließungen einräumt ([X.], 31, 32). [X.] sind auch "Provisionen", Geschenke und andere [X.], die dem Beauftragten von dritter Seite zugewandt worden sind und die eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen. Dass sie nach dem Willen des [X.] gerade nicht für den Auftraggeber bestimmt waren, bleibt dabei unbeachtlich. Erforderlich ist lediglich ein unmittelbarer innerer Zusammenhang mit dem geführten Geschäft, der auf der Hand liegt, wenn auf Grund der von dritter Seite gewährten Sonderzuwendungen die Gefahr besteht, dass der Beauftragte sein Verhalten nicht allein an den Interessen des Auftraggebers ausrichtet ([X.], Urteile vom 1. April 1987 - [X.], NJW-RR 1987, 1380; vom 18. Dezember 1990 - [X.], NJW 1991, 1224 und vom 2. April 2001 - [X.], NJW 2001, 2476, 2477; MüKoBGB/[X.] aaO § 667 Rn. 9, 17; [X.]/[X.] aaO § 667 Rn. 3).

bb) Auch der Umstand, dass der Vorteil nicht unmittelbar an den Auftragnehmer (hier: die [X.]), sondern an einen [X.] (hier: [X.]) geleistet wird, schließt es nicht aus, dass der Auftragnehmer die Herausgabe schuldet. Denn Provisionszahlungen an den Beauftragten selbst stehen Zahlungen, die von [X.] an einen Strohmann des Beauftragten geleistet werden, gleich. Ebenso verhält es sich mit jeder Zuwendung an einen sonstigen [X.], der die Gelder in Wahrheit nur für den Beauftragten entgegennimmt, sofern nur der Beauftragte der wirtschaftliche Inhaber des empfangenen Vermögenswerts bleibt. Ob es sich so verhält, hat der Tatrichter in freier Würdigung der gesamten Umstände des Falles zu beurteilen, wobei den Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass der Beauftragte in Ausführung des Auftrags etwas erlangt hat und was er erlangt hat. Der Tatrichter ist aber nicht gehindert, aus dem Umstand, dass der Beauftragte keine einleuchtende Erklärung für eine Zahlung an einen (ihm nahestehenden) [X.] zu geben vermag, auf die Strohmanneigenschaft des [X.] zu schließen. Sind hingegen die auf Weisung des Beauftragten an den [X.] geleisteten Zahlungen auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem Vermögen des Beauftragten nicht hinzuzurechnen, was zum Beispiel der Fall ist, wenn der Zuwendungsempfänger sie nicht für den Beauftragten bereit hält, sondern seinem eigenen Vermögen zuschlägt, scheidet ein Herausgabeanspruch aus. Hat der Beauftragte im Austausch für die dem [X.] verschafften Zuwendungen andere Vorteile erlangt, so sind diese herauszugeben. Lässt sich das nicht feststellen, so kommt jedenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Beauftragten in Frage ([X.], Urteil vom 1. April 1987 aaO [X.]). Dieser könnte sich im vorliegenden Fall daraus ergeben, dass die [X.] - entgegen der in dem Rahmenvertrag und der Zusatzvereinbarung vom 31. März 2006 getroffenen Vergütungsregelung - eine Übertragung der von den Medien gewährten [X.] auf die [X.]veranlasst haben.

cc) Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Fragen nicht befasst, obwohl der Vortrag der Klägerin dazu drängte. Die Klägerin hat in den Vorinstanzen geltend gemacht, dass die [X.]über keine eigenen Mitarbeiter verfügt habe. Ihr Geschäftsführer sei gleichzeitig Alleingeschäftsführer einer der beiden Gesellschafterinnen gewesen und von dieser bezahlt worden. Die [X.]sei nichts anderes sei als ein von den [X.] und anderen Agenturen gewähltes Konstrukt, um diesen von den Werbezeitvermarktern gewährte wirtschaftliche Vorteile in Form von Agenturrabatten, [X.]n etc. zufließen zu lassen und sie letztlich erst über diesen Umweg zu vereinnahmen. Die [X.]sei kein "Dritter" im Rechtssinne, sondern zumindest (auch) Erfüllungsgehilfe der [X.] im Rahmen der diesen gegenüber der Klägerin obliegenden Verpflichtungen. Die [X.]sei weder personell noch sonst in der Lage gewesen, "Beratungsleistungen" in nennenswertem Umfang zu erbringen. Im konkreten Fall stelle die Zwischenschaltung einer juristischen Person ([X.]) einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, der Einwendungen gegen die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ausschließe.

Unter den von der Klägerin behaupteten Umständen könnte eine Strohmanneigenschaft der [X.]  in Betracht kommen, was zur Folge hätte, dass die der [X.] zugeflossenen Medienrabatte, soweit sie durch das Auftragsvolumen der Klägerin mit verursacht worden sind, den [X.] zuzuordnen und diese nach § 666 [X.]. 2, 3, § 667 Alt. 2 BGB zur Auskunft, Rechnungslegung und Herausgabe verpflichtet wären.

dd) Unbegründet ist die in diesem Zusammenhang erhobene [X.] der [X.], der geltend gemachte Informationsanspruch scheitere bereits daran, dass zu besorgen sei, das Auskunftsersuchen diene vor allem dazu, fehlendes Know-how zu erlangen. Die [X.] vermögen nicht aufzuzeigen und es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass die für den Zeitraum von 2004 bis 2008 begehrten Auskünfte über die den [X.] beziehungsweise der [X.] zugeflossenen [X.] zu vertragsfremden Zwecken, insbesondere zum Wettbewerb, missbraucht werden sollen (vgl. [X.]/[X.] aaO § 259 Rn. 9). Allein der Umstand, dass die Klägerin nach Kündigung des Rahmenvertrags mit den [X.] eine eigene Mediaagentur aufgebaut hat und eine ehemalige Mitarbeiterin der [X.] zu 1 beschäftigt, lässt das Auskunftsbegehren der Klägerin nicht missbräuchlich erscheinen.

4. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass etwaige Ansprüche der Klägerin auf Auskunft und Rechnungslegung für das Rechnungsjahr 2004 jedenfalls verjährt seien, verkennt die Besonderheiten des Verjährungsbeginns bei so genannten verhaltenen Ansprüchen.

a) Die Ansprüche auf Auskunft (§ 666 [X.]. 2 BGB) und Rechenschaftslegung (§ 666 [X.]. 3 BGB) setzen ein Verlangen des Geschäftsherrn voraus. Es handelt sich um so genannte verhaltene Ansprüche, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Schuldner die Leistung nicht von sich aus erbringen muss beziehungsweise nicht leisten darf, bevor sie der Gläubiger verlangt ([X.]surteile vom 3. November 2011 - [X.]/11, [X.], 58 Rn. 29 und vom 1. Dezember 2011 - [X.], [X.], 1 Rn. 11).

b) Nach dem [X.]surteil vom 3. November 2011 (aaO Rn. 28) entsteht der Anspruch nach § 666 [X.]. 3 BGB grundsätzlich erst nach Beendigung des Auftrags (hier: Kündigung vom 20. Juni 2008). Allerdings kann bei auf Dauer angelegten Geschäftsbesorgungsverhältnissen eine Rechenschaftsablegung kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Abrede auch in periodischen Zeitabschnitten verlangt werden. Die Verjährung eines derartigen periodischen Rechenschaftsanspruchs beginnt entsprechend § 695 Satz 2 BGB und § 696 Satz 3 BGB mit seiner Geltendmachung. Ein entsprechendes (umfassendes) Auskunftsverlangen hat die Klägerin jedoch erst mit Schreiben vom 6. Juni 2009 gestellt. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Parteien eine von der Geltendmachung durch den Geschäftsherrn unabhängige periodische Rechenschaftspflicht (stillschweigend) vereinbart haben (vgl. aaO Rn. 29). Aus Ziff. [X.] des Rahmenvertrags ergibt sich lediglich eine Pflicht zur monatlichen Stellung einer Vorauszahlungsrechnung. Die Media-Endabrechnung für sämtliche Werbeträger setzte eine "Anforderung" durch die Klägerin voraus.

c) In dem Urteil vom 1. Dezember 2011 (aaO Rn. 14) hat der [X.] zwar offengelassen, ob § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2 und § 696 Satz 3 BGB auf den Auskunftsanspruch nach § 666 [X.]. 2 BGB entsprechend anwendbar sind. Er hat jedoch entschieden, dass die Verjährung des Auskunftsanspruchs nicht vor Beendigung des Auftragsverhältnisses beginnt. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass die [X.] zur periodischen jährlichen Auskunftserteilung (ohne Geltendmachung durch die Klägerin) verpflichtet waren (vgl. aaO Rn. 18). Dafür ist nichts ersichtlich. Insoweit kann auf die Ausführungen zu dem Anspruch auf Rechenschaftsablegung nach § 666 [X.]. 3 BGB verwiesen werden.

Nach alledem ist die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche aus § 666 BGB durch die am 29. Dezember 2009 eingereichte und am 13. Januar 2010 zugestellte Klageschrift rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

III.

Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).

Das Berufungsgericht hat nunmehr die erforderlichen Feststellungen zu treffen, die eine Gesamtwürdigung zu der Frage zulassen, ob die der [X.]von den Medien eingeräumten [X.] bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Vermögen der [X.] zuzurechnen sind. Dabei wird es insbesondere in den Blick zu nehmen haben, dass der Vertragszweck vornehmlich darin bestand, durch die Bündelung von [X.] bessere Konditionen (Barrabatte, [X.]) durch die Medien zugunsten der Klägerin zu erreichen. Außerdem wird zu berücksichtigen sein, dass die in Ziff. III.1 des Rahmenvertrags getroffene Vergütungsregelung dafür sprechen könnte, dass ausgehandelte außertarifliche Vorteile nach Abzug der festgelegten Erfolgsbeteiligung bei der Klägerin verbleiben sollten. In die gebotene Gesamtwürdigung sind auch die von der [X.] im Wege der [X.] vorgebrachten Beanstandungen einzubeziehen. Danach soll zwischen dem Auftrag der Klägerin und den durch die [X.]vermittelten [X.] keine Verknüpfung bestehen. Zum einen führe die [X.]für Vermarktungsgesellschaften und Medien kundenunabhängige Dienstleistungen durch, wofür sie als Gegenleistung unter anderem [X.] erhalte. Zum anderen verhandele die [X.]für ihre Gesellschafter und Kooperationspartner agentur- und kundenübergreifend Rahmenbedingungen für deren geschäftliche Tätigkeit. Hierfür erhalte sie keine Vergütung. Sie schaffe lediglich Rahmenkonditionen, zu denen ihre Gesellschafter und Kooperationspartner selbst mit den Medien Vereinbarungen treffen könnten. Die [X.]sei keine Einkaufsgesellschaft für Sendezeiten.

[X.]                         [X.]                     Reiter

                 [X.]

Meta

III ZR 282/14

16.06.2016

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 23. Juli 2014, Az: 7 U 4376/13, Urteil

§ 666 BGB, § 667 Alt 2 BGB, § 675 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.06.2016, Az. III ZR 282/14 (REWIS RS 2016, 9818)

Papier­fundstellen: WM2017,1569 REWIS RS 2016, 9818


Verfahrensgang

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Az. III ZR 282/14

Bundesgerichtshof, III ZR 282/14, 16.06.2016.


Az. 7 U 4376/13

OLG München, 7 U 4376/13, 08.11.2017.


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