Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.07.2010, Az. V ZR 240/09

5. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5186

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Gegenstand

Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Zustimmung zur Löschung einer vormerkungswidrigen Belastung des Grundstücks


Leitsatz

Der Anspruch nach § 888 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass der Vormerkungsberechtigte bereits als Eigentümer (oder sonstiger Rechtsinhaber) in das Grundbuch eingetragen worden ist .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 18. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 30. März 2006 kaufte der Kläger ein Grundstück von einer GmbH, welches ihm lastenfrei übertragen werden sollte. Seit Mai 2006 ist zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Im Oktober 2008 wurde zugunsten des Beklagten eine [X.] eingetragen. Die Eigentumsumschreibung auf den Kläger ist noch nicht erfolgt.

2

Der Kläger verlangt von dem Beklagten, die Löschung der [X.] zu bewilligen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht meint, ein [X.]r könne den Anspruch nach § 888 Abs. 1 [X.] grundsätzlich erst nach seiner Eintragung als Eigentümer geltend machen. So sei es auch hier. Der Eigentumserwerb des [X.] sei nicht von der Löschung der Sicherungshypothek abhängig. Zwar beeinträchtige die Hypothek seinen Anspruch auf Erwerb [X.] Eigentums. Vor der Eigentumsumschreibung sei aber offen, ob es tatsächlich zu einer Vollrechtseintragung komme und sich die in § 879 Abs. 1 [X.] geregelte Rangwahrung verwirkliche. Ein Löschungsanspruch des [X.] bestehe daher erst, wenn er mit dem Rang der Vormerkung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sei.

II.

4

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Frage, ob der [X.] die Löschung einer nachrangigen [X.] erst dann verlangen kann, wenn er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, höchstrichterlich geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann der Anspruch nach § 888 Abs. 1 [X.] geltend gemacht werden, wenn der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch entstanden und fällig ist, also gegenüber dem Anspruchsgegner durchgesetzt werden könnte. Nicht erforderlich ist, dass dieser den Anspruch bereits erfüllt hat oder rechtskräftig dazu verurteilt worden ist. Daraus folgt zugleich, dass die Durchsetzung des Anspruchs gemäß § 888 Abs. 1 [X.] die Eintragung des [X.] im Grundbuch nicht voraussetzt (vgl. Senat, [X.], 385, 388; Senat, [X.]. v. 31. Oktober 1980, [X.], NJW 1981, 446, 447; [X.]. v. 24. Juni 1988, [X.], NJW-RR 1988, 1357; [X.]. v. 14. Juli 2000, [X.], [X.], 3496; [X.], [X.]. v. 26. April 2007, [X.], [X.], 1137; ebenso [X.]/[X.], [X.] [2008], § 888 Rdn. 49; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 888 Rdn. 11; Kesseler, [X.] 2007, 88, 92 f.; Wolf, [X.], 29).

6

2. Die von dem Berufungsgericht angeführten Gegenstimmen ([X.] NJW-RR 2007, 87; [X.] 2007, 223; [X.] NJW-RR 1999, 1177; OLG Stuttgart OLGR 1998, 285, 286; ebenso: [X.]/ [X.], [X.], 69. Aufl., § 888 Rdn. 5; [X.], [X.], 2. Aufl., § 888 Rdn. 5; PWW/Huhn, [X.], 5. Aufl., § 888 Rdn. 3; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 1529; [X.], NJ 2007, 176) geben keinen Anlass zu einer Änderung der Rechtsprechung.

7

a) Die Auffassung, ein Auflassungsvormerkungsberechtigter könne erst nach seiner Eintragung als Eigentümer die Zustimmung zur Löschung einer vormerkungswidrigen Belastung des Grundstücks verlangen, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sie zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen unterschiedlichen Ausgestaltung des Anspruchs nach § 888 Abs. 1 [X.] je nach Art der vormerkungswidrigen Verfügung führte. Besteht diese in der Übertragung des Eigentums an einen [X.], kann der [X.] erst als Eigentümer eingetragen werden, nachdem der [X.] die nach § 888 Abs. 1 [X.] geschuldete Zustimmung hierzu erteilt hat. Bei einer solchen erfüllungsvereitelnden Verfügung ist es denknotwendig ausgeschlossen, die Entstehung des Anspruchs nach § 888 Abs. 1 [X.] von der Eintragung des [X.] als Eigentümer abhängig zu machen. Weshalb dies anders sein soll, wenn der gleiche Anspruch - wie hier - gegen einen nach der Auflassungsvormerkung eingetragenen Grundpfandrechtsgläubiger geltend gemacht wird, dessen Recht den vorgemerkten Anspruch beeinträchtigt, ist nicht nachvollziehbar. In beiden Fällen ist die Verfügung dem [X.] gegenüber unwirksam (§ 883 Abs. 2 Satz 1 [X.]); das gilt auch dann, wenn sie - wie hier - im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt (§ 883 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

8

b) Das Interesse des nach § 888 Abs. 1 [X.] in Anspruch genommenen [X.], seine Rechtsposition erst aufgeben zu müssen, wenn feststeht, dass der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch besteht, ist unabhängig davon schutzwürdig, ob die zu seinen Gunsten vorgenommene Verfügung diesen Anspruch beeinträchtigt oder ihn vereitelt. Es wird dadurch geschützt, dass der Dritte gegenüber dem [X.] alle Einreden und Einwendungen gegen die Vormerkung und den durch sie gesicherten Anspruch erheben kann, namentlich auch den Einwand, der gesicherte Anspruch sei untergegangen (vgl. Senat, [X.]. v. 14 Juli 2000, [X.], aaO). Dabei muss der [X.] Bestehen und Fälligkeit des gesicherten Anspruchs darlegen und beweisen ([X.]/[X.], [X.] [2008], § 888 Rdn. 68; [X.]/ [X.], [X.], 69. Aufl., § 888 Rdn. 7). Das gilt auch dann, wenn der Schuldner des gesicherten Übereignungsanspruchs bereits rechtskräftig zur Auflassung des Grundstücks an den [X.] verurteilt worden ist (vgl. Soergel/Stürner, [X.], 13. Aufl., § 888 Rdn. 8).

9

c) Eines weitergehenden Schutzes bedarf der Dritte nicht. Insbesondere muss er nicht befürchten, seine Eintragung als Eigentümer oder sein Grundpfandrecht nebst dazugehörigem Rang zu verlieren, wenn der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch später [X.] aufgehoben wird und es deshalb nicht zu einer Übereignung des Grundstücks an den [X.] kommt. Denn der [X.] kann die Löschung des vormerkungswidrig eingetragenen Rechts nur im Zuge der Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs erreichen.

§ 888 Abs. 1 [X.] begründet einen unselbständigen Hilfsanspruch, der allein der Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dient (vgl. Senat, [X.]Z 49, 263, 267; [X.]. v. 5. Dezember 2003, [X.] 341/02, [X.], 1601, 1602; [X.]/[X.], § 888 Rdn. 1; Wolf, [X.], 29, 31). Während § 883 Abs. 2 [X.] für das materielle Recht die relative Unwirksamkeit des [X.] des [X.] anordnet, stellt die Vorschrift des § 888 [X.] sicher, dass die nach dem formellen Grundbuchrecht notwendige Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) erwirkt werden kann (vgl. Senat, [X.]. v. 5. Dezember 2003, [X.] 341/02, [X.], 1601, 1602). Der akzessorische Charakter des Anspruchs wird materiellrechtlich durch den Erklärungsgehalt der abzugebenden Zustimmung sichergestellt; dieser richtet sich nach dem Inhalt des vormerkungsgesicherten Anspruchs (Senat, [X.]. v. 14. Juli 2000, [X.], [X.], 3496; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 888 Rdn. 13). Ist er - wie hier - auf die Übertragung [X.] Eigentums gerichtet, kann der [X.] nicht die Zustimmung zu einer sofortigen Löschung des Grundpfandrechts verlangen, sondern nur die Zustimmung dazu, dass das Grundpfandrecht mit der Eintragung des [X.] als Eigentümer gelöscht wird (vgl. Senat, [X.]. v. 14. Juli 2000, [X.], aaO, zu der von einem Zwischenerwerber geschuldeten Zustimmung).

Auf [X.] des formellen Grundbuchrechts scheitert eine isolierte, d.h. von der Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs losgelöste Löschung des Grundpfandrechts durch den [X.] daran, dass ihm die nach § 13 GBO erforderliche Antragsbefugnis fehlt (vgl. [X.] Rpfleger 2007, 69; [X.], 1482 f. sowie [X.]/ [X.], [X.] [2008], § 888 Rdn. 49 m.w.N.). Auch deshalb ist es unbedenklich, die Klage nach § 888 [X.] vor der Eintragung des [X.] als Eigentümer zuzulassen (so zutreffend [X.], Die Vormerkung, S. 433 f.).

d) Andererseits kann dem [X.] entgegen einer teilweise geäußerten Auffassung ([X.] 2007, 223, 224) nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchsetzung des Zustimmungsanspruchs (§ 888 [X.]) mit der Begründung abgesprochen werden, als nur mittelbar Betroffenem fehle ihm die nach § 13 GBO erforderliche Antragsberechtigung und damit die Rechtsmacht, den Anspruch aus § 888 Abs. 1 [X.] durchzusetzen.

Bei vormerkungswidrigem Rechtserwerb hat der Berechtigte im Normalfall Ansprüche gegen zwei verschiedene Personen: auf Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs (hier: auf lastenfreie Übereignung) gegen den [X.] und auf Zustimmung dazu nach § 888 [X.] gegen den [X.]. Beide Ansprüche müssen geltend gemacht werden, um den vorgemerkten Anspruch zu verwirklichen (vgl. Senat, [X.]. v. 2. April 1958, [X.] 203/56, [X.] 1958, 1225). Denn der Umstand, dass die Belastung vormerkungswidrig ist, entbindet den Schuldner nicht von der Verpflichtung zur [X.] Eigentumsübertragung (Senat, [X.]. v. 5. Dezember 2003, [X.] 341/02, [X.], 1601, 1602).

Auch wenn der [X.] allein mit dem [X.]eil gegen den [X.] die Löschung des vormerkungswidrigen Rechts noch nicht erreichen kann, ist die nach § 888 Abs. 1 [X.] abzugebende Zustimmung des [X.] für die Verwirklichung des vorgemerkten Anspruchs unverzichtbar. Ist sie erklärt, erfolgt die Löschung des Grundpfandrechts mithilfe des [X.]s. Als Grundstückseigentümer ist er gemäß § 13 GBO zur Stellung des Löschungsantrags berechtigt. Im Verhältnis zu dem [X.] verpflichtet ihn der gesicherte Anspruch, diesen Antrag - zusammen mit den übrigen zur Verwirklichung des Anspruchs notwendigen Erklärungen und Anträgen - bei dem Grundbuchamt einzureichen; dabei kann der Schuldner von der Möglichkeit des § 16 Abs. 2 GBO Gebrauch machen.

Da die Verwirklichung des vorgemerkten Anspruchs die Mitwirkung sowohl des Anspruchsschuldners als auch des [X.] erfordert, muss der [X.] parallel gegen sie vorgehen können, um annähernd gleichzeitig gegen beide einen vollstreckbaren Titel zu erlangen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2008], § 888 Rdn. 49). Nach der Rechtsprechung des Senats ist es dem [X.] auch möglich, zunächst nur den [X.] und dann den Schuldner des vorgemerkten Anspruchs zu verklagen oder aber die umgekehrte Reihenfolge zu wählen (Senat, [X.]Z 54, 56, 62; Senat, [X.]. v. 2. April 1958, [X.] 203/56, [X.] 1958, 1225; [X.]. v. 24. Juni 1988, [X.], NJW-RR 1988, 1357; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 888 Rdn. 11). Ob er sich gegen eine die Vormerkung vereitelnde oder diese nur beeinträchtigende Verfügung wendet, ist auch hierbei ohne Belang.

III.

Das angefochtene [X.]eil kann somit keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Der Beklagte wendet ein, dass der Auflassungsanspruch der Klägerin infolge eines vorrangig vorgemerkten Rückkaufrechts einer Verwaltungsgemeinschaft entweder nicht fällig oder aber bereits erloschen ist. Hierzu hat das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent, bislang keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.

Zugleich ist auf eine sachdienliche, dem akzessorischen Charakter des Anspruchs nach § 888 Abs. 1 [X.] Rechnung tragende Antragstellung hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Beispielsweise kann die von dem Beklagten abzugebende Bewilligung die Zustimmung zur Löschung der [X.] bei Umschreibung des Eigentums auf den Kläger zum Inhalt haben. Dem steht nicht entgegen, dass [X.] (zu denen auch [X.] zählen) grundsätzlich bedingungsfeindlich sind und vorbehaltlos erklärt werden müssen. Denn die Bewilligung nach § 19 GBO kann unter dem Vorbehalt abgegeben werden, dass eine andere Eintragung erfolgt (vgl. [X.], GBO, 27. Aufl., § 16 Rdn. 15 m.w.N.).

Krüger     

        

Klein     

        

Lemke

        

Stresemann     

        

Czub     

        

Meta

V ZR 240/09

02.07.2010

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Halle (Saale), 18. Dezember 2009, Az: 2 S 150/09, Urteil

§ 888 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.07.2010, Az. V ZR 240/09 (REWIS RS 2010, 5186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5186

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