Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2010, Az. 4 BN 60/09

4. Senat | REWIS RS 2010, 8093

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Gegenstand

Spielräume der Gemeinde bei Struktur- und Funktionsbewertung; FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und naturschutzrechtliche Beeinträchtigung


Leitsatz

Der Gemeinde ist bei der Bewertung der zukünftigen Struktur und Funktion eines Sanierungsgebiets ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt.

Wenn Ordnungs- und Baumaßnahmen nach § 146 Abs. 1 BauGB, die mit entsprechenden Beeinträchtigungen eines FFH-Gebietes verbunden sein können, entweder verboten sind oder aus rechtlichen Gründen nicht ohne vorherige FFH-Vorprüfung bzw. FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführt werden dürfen, kann es auf Grundlage der Sanierungssatzung nicht zu naturschutzrechtlich relevanten Beeinträchtigungen kommen.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Frage,

ob den [X.]n bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals "städtebaulicher Missstand" im Sinne des § 136 Abs. 2 [X.] ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht (Beschwerdebegründung S. 8 - 10),

dürfte auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Beschwerdebegründung nicht den [X.] gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügen. Die Beschwerde zeigt keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf, sondern rügt, das [X.] habe "in Anerkennung eines 'weiten [X.]' darauf (verzichtet), auf die diesseitige Kritik an der Annahme städtebaulicher Missstände vollumfänglich einzugehen", habe nur einige Teilaspekte des erstinstanzlichen Vortrags gewürdigt und lasse unbegründet, "woraus sich seine ausgesprochen extensive Interpretation des Tatbestandmerkmals 'städtebaulicher Missstand' ergeben soll. Darlegungen, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll, lässt die Beschwerde vermissen. Ungeachtet der [X.] lässt sich die Frage aber auch ohne Weiteres auf der Grundlage des Gesetzes mit dem [X.] bejahen.

3

Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Ob ein Gebiet städtebauliche Missstände aufweist, beurteilt sich nach der Gesamtsituation des Einzelfalls ([X.], Urteil vom 8. Mai 1980 - [X.] - [X.]Z 77, 338 - juris Rn. 14) und beruht auf prognostischen Annahmen (vgl. auch Urteil vom 10. Juli 2003 - BVerwG 4 [X.]N 2.02 - [X.] 406.11 § 136 [X.] Nr. 6 - juris Rn. 21). Das gilt insbesondere im Fall der Funktionsschwächensanierung. Gerade für den Tatbestand der Funktionsschwächensanierung ist es kennzeichnend, dass der städtebauliche Missstand mit der zukünftigen Struktur und Funktion des [X.] im gemeindlichen Bereich begründet wird (Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 [X.] 14.81 - [X.] 406.15 § 15 StBauFG Nr. 6 - juris Rn. 23). Die Bewertung der zukünftigen Struktur und Funktion eines [X.] knüpft an die gemeindliche [X.] an. Es ist Sache der [X.], wie sie ihre Planungshoheit handhabt. Hierzu gehört insbesondere die planerische, auch durch eine [X.] zum Ausdruck kommende Entschließung, wie und in welcher Richtung sie sich städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Das Gesetz räumt damit der [X.] einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum ein (vgl. auch [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand Oktober 2009, § 142 Rn. 19; [X.]., in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., 2009, § 136 Rn. 11). Die [X.] muss allerdings beachten, dass Sanierungsmaßnahmen nur bei Vorliegen städtebaulicher Missstände in Betracht kommen und erforderlich sein müssen. Ob ein bestimmtes Gebiet sanierungsbedürftig ist und ob seine Sanierung aus der maßgeblichen Sicht der [X.] erforderlich ist, lässt sich abschließend nur unter Berücksichtigung des - seinerseits auf einer Abwägung beruhenden - Sanierungskonzepts und aller übrigen öffentlichen und privaten Belange, also im Wege einer Abwägung, entscheiden (Urteil vom 4. März 1999 - BVerwG 4 [X.] 8.98 - [X.] 406.11 § 142 [X.] Nr. 5 - juris Rn. 19).

4

2. Mit der Frage,

ob funktionale städtebauliche Missstände im Sinne des § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 [X.] bereits dann anzunehmen sind, wenn die tatsächlichen Gegebenheiten in einem Gebiet auf Grundlage einer Prognoseentscheidung der [X.] hinter dessen Entwicklungsmöglichkeiten zurückbleiben (Beschwerdebegründung S. 10 - 13),

macht die Beschwerde geltend, ein städtebaulicher Mangel sei etwas anderes als ein nicht "gehobenes Entwicklungspotential". Die Frage, mit der die Beschwerde der Sache nach die Erforderlichkeit des Sanierungskonzepts thematisiert, beruht auf Annahmen, die sich nicht mit den Feststellungen des [X.] decken, und erschöpft sich - wie auch die Begründung, das Gebiet müsse erheblich beeinträchtigt sein, erhellt - ungeachtet der allgemein gehaltenen Formulierung in Angriffen gegen die Sachverhaltswürdigung. Das [X.] ist nicht - wie die Beschwerde meint - davon ausgegangen, "dass immer dann, wenn ein Gebiet nach den Vorstellungen der [X.] noch entwicklungsfähig ist, bereits ein städtebauliche Missstand begründet wäre" (Beschwerdebegründung S. 11). Es hat vielmehr festgestellt, die Augenscheinseinnahme habe eindeutige Schwächen der derzeitigen Gestaltung des Aufstiegs zur Drachenfelsruine bestätigt ([X.]). Darüber hinaus hat das [X.] nicht nur auf bestehende bauliche Mängel von Gebäuden oder Wegen hingewiesen, sondern auch Defizite hinsichtlich der baulichen Nutzung, insbesondere der gastronomischen Nutzung festgestellt ([X.]). Insofern verfängt auch nicht der Hinweis in der ergänzenden Beschwerdebegründung, allein die Gefahr des Entstehens einer Funktionsschwäche reiche nicht aus.

5

Die weitere unter II.2. aufgeworfene Frage (Beschwerdebegründung S. 13 - 16) beruht auf der Annahme, es sei im Zuge der Aufstellung der [X.] ungeklärt geblieben, inwieweit das angenommene Potential im Hinblick auf eine Stärkung des Tourismus wegen gebietsübergreifenden Natur- und FFH-Schutzes überhaupt gesteigert werden könne (Beschwerdebegründung S. 13). Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, es liege auf der Hand, dass die beabsichtigten Maßnahmen dem Schutzziel der [X.] (Beschwerdebegründung S. 15). Auch das deckt sich nicht mit den Feststellungen des [X.]. Zur Begründung, dass der Umsetzung keine dauernden rechtlichen Hindernisse entgegenstünden, weil naturschutzrechtliche Ausnahmen oder Befreiungen in Betracht zu ziehen seien ([X.]), hat das [X.] in revisionsrechtlich bindender Auslegung der landesrechtlichen [X.] ausgeführt, dass sich die [X.] hinsichtlich der Blickbeziehungen mit einem Anliegen der [X.] decke. Im Übrigen stelle die [X.] selbst bereits auf Zusammenhänge ab, die angesichts der Bedeutung des Aufstiegs zum [X.] als Ziel auch des überörtlichen Tourismus bei Erlass der [X.] nicht zu verkennen gewesen seien ([X.] f.). Die [X.] stehe darüber hinaus baulichen Änderungen - die das [X.] mit Blick auf die Ziele der [X.] präzisiert - nicht generell entgegen ([X.]). Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass "vollständig offen geblieben" sei (Beschwerdebegründung S. 15), inwieweit die Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmen und Befreiungen überhaupt vorliegen. In der ergänzenden Beschwerdebegründung beschränkt sich die Beschwerde darauf, diesen Vorwurf zu wiederholen und darzulegen, warum nach ihrer Auffassung nicht von einer Zielkongruenz ausgegangen werden kann.

6

3. Die Frage, ob sich ein städtebauliche Missstand auch aus einem Zusammenspiel von Substanzmängeln und Funktionsmängeln ergeben kann (Beschwerdebegründung S. 16 - 17), lässt sich, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, ohne Weiteres auf der Grundlage des Gesetzes mit dem [X.] bejahen.

7

Die [X.] ist nicht darauf beschränkt, mit ihrem Sanierungskonzept Ziele zu verfolgen, die auf die Verbesserung der baulichen Struktur des Gebiets gerichtet sind. Das Baugesetzbuch grenzt die Art der zulässigen Ziele der Sanierung nicht ein. Sanierung ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein Prozess, der als Gesamtmaßnahme eine Koordination sehr unterschiedlicher Einzelmaßnahmen erfordert (Urteil vom 24. Mai 2006 - BVerwG 4 [X.] 9.04 - BVerwGE 126, 104 Rn. 22). § 136 Abs. 2 [X.] unterscheidet zwei Grundfälle, die jedoch nicht - wie es der Beschwerde [X.] scheint - in einem Verhältnis der Exklusivität nach dem Muster eines "entweder-oder" stehen, sondern - wie in der Praxis häufig - auch zusammentreffen können (vgl. auch [X.] a.a.O. § 136 Rn. 94). Ob ein städtebaulicher Missstand vorliegt, beurteilt sich auf der Grundlage einer Gesamtschau, bei der alle ermittelten Mängel, d.h. sowohl Substanzmängel als auch Funktionsmängeln zu würdigen und zu gewichten sind.

8

4. Die Frage,

ob eine [X.] vor Ausweisung eines Sanierungsgebietes in einem Naturschutz- und FFH-Gebiet mit der übergeordneten Zielsetzung "Stärkung des Tourismus" ihr Sanierungskonzept auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Gebietes hin überprüfen muss, um abwägungsfehlerfrei sicherzustellen, dass das beabsichtigte Gesamtkonzept durchführbar und das Sanierungsziel erreichbar ist (Beschwerdebegründung S. 18 - 22),

stellt sich in dieser Allgemeinheit nicht; sie bedarf der Präzisierung.

9

Projekte sind nach § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]atSchG (a.F.) (§ 48d Abs. 4 LG NRW) vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung hin zu überprüfen. Sie dürfen grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann (Urteil vom 12. März 2008 - [X.] 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 67). Das [X.] hat offen gelassen, ob die [X.] ein Plan im Sinne dieser Bestimmung sei, weil die Satzung jedenfalls nach den Umständen des Einzelfalls nicht geeignet sei, ein Gebiet von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung zu beeinträchtigen. Es hat - mit Blick auf § 10 Abs. 1 Nr. 12 [X.]atSchG (a.F.) - bereits die Möglichkeit einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele, deren Schutz die [X.] bezweckt, verneint und dies zum einen damit begründet, dass eine [X.] von vornherein nicht geeignet sei, das FFH-Gebiet zu beeinträchtigen, und zum anderen mit den Regelungen der (landesrechtlichen) [X.] begründet. Ob es sich dabei um "Umstände des Einzelfalls" handelt, kann dahingestellt bleiben. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage muss jedenfalls mit Blick auf die [X.] präzisiert werden. Auch dann bedarf es jedoch nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um mit dem [X.] die Frage zu verneinen.

Die [X.] ist ähnlich wie die städtebauliche Entwicklungssatzung Ausdruck einer auf Durchführung angelegten Gesamtmaßnahme (vgl. zu § 165 Abs. 6 [X.] Beschluss vom 31. März 1998 - BVerwG 4 [X.] 5.98 - [X.] 406.11 § 165 [X.] Nr. 2 - juris Rn. 5). Sie stellt eine Rahmenordnung dar, die auf Konkretisierung angelegt ist und hat eine andere Aufgabe als ein Bebauungsplan: Sie löst die Genehmigungsvorbehalte des § 144 [X.] aus, ohne dabei materiell auf die bestehende bauplanungsrechtliche Ausgangslage unmittelbar Einfluss zu nehmen. Sie erfüllt - mit den Genehmigungsvorbehalten, soweit diese für Vorhaben im Sinne des § 29 [X.] gelten - vor allem den Zweck der Sicherung der Bauleitplanung, den sonst die Instrumente der §§ 14, 15 [X.] erfüllen (Beschluss vom 15. Juli 1994 - BVerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 34 [X.] Nr. 170 - juris Rn. 10; vgl. auch Urteil vom 20. Oktober 1978 - BVerwG 4 [X.] 48.76 - [X.] 406.15 § 50 StBauFG Nr. 1 - juris Rn. 20). Für den Erlass einer [X.] genügt ein Sanierungskonzept mit der Feststellung, dass städtebauliche Missstände vorliegen, der Benennung der Ziele und Zwecke der Sanierung und der Feststellung, dass die Sanierung im Allgemeinen (§ 141 Abs. 1 Satz 1 [X.]) durchführbar erscheint. Die [X.] bedürfen der Konkretisierung durch nachfolgende Planung. Eine [X.] leidet nicht an einem Rechtsfehler, wenn die [X.] im Zeitpunkt des [X.] noch nicht konkretisiert sind (Urteil vom 27. Mai 1997 - BVerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 145 [X.] Nr. 5 - juris Rn. 3; vgl. auch Urteil vom 7. September 1984 - BVerwG 4 [X.] 20.81 - BVerwGE 70, 83 <90>). Auch ist ein Sanierungsbebauungsplan nicht aus der [X.] zu entwickeln (vgl. auch [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand Oktober 2009, § 142 Rn. 50). Das scheint die Beschwerde mit ihrem Einwand, die [X.] habe auch Einfluss auf nachfolgende Umsetzungsmaßnahmen (Beschwerdebegründung S. 20 f.), nicht zu beachten. Eine [X.] vermag daher schon aus Rechtsgründen eine erhebliche Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes in für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen nicht zu bewirken.

Davon zu unterscheiden sind Maßnahmen der Durchführung. Nach § 146 Abs. 1 [X.] umfasst die Durchführung der Sanierung die Ordnungsmaßnahmen (§ 147 [X.]) und die Baumaßnahmen (§ 148 [X.]) innerhalb des förmlich festgelegten [X.], die nach den Zielen und Zwecken der Sanierung erforderlich sind. Grundsätzlich könnten daher auch solche Ordnungs- und Baumaßnahmen auf der Grundlage einer [X.] veranlasst und durchgeführt werden, obwohl sie mit naturschutzrechtlich relevanten Beeinträchtigungen verbunden sein könnten. Wenn indes Ordnungs- und Baumaßnahmen, die mit entsprechenden Beeinträchtigungen verbunden sein können, entweder verboten sind oder aus rechtlichen Gründen nicht ohne vorherige FFH-Vorprüfung bzw. FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführt werden dürfen, kann es auf Grundlage der [X.] nicht zu naturschutzrechtlich relevanten Beeinträchtigungen kommen.

So liegt der Fall hier. Das [X.] hat in Auslegung der [X.] und damit für die revisionsrechtliche Beurteilung bindend ausgeführt, dass die [X.] verhindere, dass die abstrakt möglichen Maßnahmen, wenn es denn tatsächlich zu entsprechenden Beeinträchtigungen kommen könne, auf Grundlage der [X.] ohne vorherige [X.] durchgeführt werden könnten. Die in Betracht zu ziehenden Maßnahmen seien - soweit sie nicht ohnehin nur auf eine bloße Rechtsänderung wie den Grundstückserwerb zielten - nach der [X.] von vornherein verboten, soweit sie zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Gebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen könnten (vgl. § 5 Nr. 1 Satz 1 [X.]). Gleiches gelte nach Satz 2 der Nr. 1 für Handlungen, die zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der in § 3 genannten Biotope sowie der Lebensräume und Populationen der dort genannten Pflanzen- und Tierarten führen könnten. Soweit Ausnahmen von der Verbotsnorm der [X.] zugelassen würden und diese zu erheblichen Beeinträchtigungen führen könnten, sehe das Schutzregime der [X.] eine vorangehende FFH-Verträglichkeitsprüfung vor. Danach löst die mit einer [X.] grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, Ordnungs- und Baumaßnahmen ergreifen zu dürfen, keine Pflicht zur [X.] aus, weil eine tatsächliche Beeinträchtigung aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Der Einwand, für große Teile des [X.] sei eine gebietsübergreifende Untersuchung der FFH-Verträglichkeit auf der [X.] nicht annähernd sichergestellt (Beschwerdebegründung S. 21), führt nicht weiter. Er beruht auf der Annahme, dass es zu Maßnahmen kommt, die nach der [X.] verboten sind oder für die die Voraussetzungen einer Ausnahme oder Befreiung nicht vorliegen.

Soweit die Beschwerde geltend macht, es sei fraglich, ob die Antragsgegnerin die Prüfung der Vereinbarkeit ihres Sanierungskonzepts mit den Erhaltungszielen des Naturschutz- und FFH-Gebiets auf nachfolgende Planungs- und Realisierungsebenen verlagern durfte (Beschwerdebegründung S. 19), zeigt sie nicht auf, inwieweit die Rechtsprechung des [X.]s zu den Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf nachfolgende Planungsebenen einer Weiterentwicklung bedürfte. Im Übrigen hat das [X.] ausführlich begründet, dass die Aussicht bestehe, dass sich die städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen innerhalb eines absehbaren Zeitraums durchführen lassen ([X.] f.). Dass bestimmte Maßnahmen voraussetzen, dass ihre FFH- und naturschutzrechtliche Verträglichkeit zuvor festgestellt werden kann, stellt die Realisierbarkeit des Sanierungskonzepts nicht generell in Frage, wie die vom [X.] angeführten Beispiele zur Umsetzung belegen.

5. Auch die Frage,

ob es im Hinblick auf die Anforderungen der [X.] erforderlich ist, vor Erlass einer [X.] in einem FFH-Gebiet eine Umweltprüfung durchzuführen (Beschwerdebegründung S. 22 - 26),

lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage des Gesetzes beantworten. Art. 3 Abs. 2 [X.] regelt vorbehaltlich des Absatzes 3, bei welchen Plänen eine Umweltprüfung vorgenommen wird. Die Variante nach Abs. 2 Buchst. a) scheidet mangels Anhaltspunkten für UVP-pflichtige Maßnahmen von vornherein aus. Aber auch die Variante nach Abs. 2 Buchst. b), mit der auf Art. 6 oder 7 der [X.] verwiesen wird, ist nicht einschlägig, weil - wie unter 4. dargelegt - eine [X.] jedenfalls im Zusammenspiel mit einer [X.], die eine vorangehende FFH-Verträglichkeitsprüfung sicherstellt, bereits aus rechtlichen Gründen zu keiner entsprechenden Beeinträchtigung führen kann. Das [X.] hatte daher keinen Anlass, an der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie durch den Bundesgesetzgeber zu zweifeln, und etwa im Wege einer europarechtkonformen Auslegung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung auch im Fall einer [X.] zu bejahen. Die Beschwerdebegründung wie auch die ergänzende Beschwerdebegründung wiederholen letztlich nur den Einwand, das Sanierungskonzept beeinflusse maßgeblich alle weiteren planerischen Entscheidungen der [X.].

6. Die vier Fragen zur Abgrenzung des [X.] rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.

6.1 Bei der auf die Zulässigkeit der Einbeziehung weitläufiger Außenbereichsflächen ohne Sanierungsbedarf zielenden Frage (Beschwerdebegründung S. 26 - 29) verkennt die Beschwerde, dass sich Fragen der Abgrenzung eines [X.] nicht verallgemeinernd beantworten lassen, sondern von den räumlichen Gegebenheiten im Einzelfall mit Blick auf die [X.] abhängen. Der Sache nach wendet sich die Beschwerde - ungeachtet der allgemein gehaltenen Formulierung - nur gegen die Würdigung des [X.], wonach die relativ weiträumige (allerdings nur wenige Parzellen umfassende) Ausdehnung des [X.] östlich der [X.] nicht zu beanstanden sei, weil erst der Einbezug in ein über den [X.] hinausgehendes Gesamtkonzept das gesamte Entwicklungspotential des Gebiets und damit auch des [X.]s eröffne ([X.]). Mit dem in der ergänzenden Beschwerdebegründung erhobenen Vorwurf, es fehle eine klare Konzeption für die Flächen, wird kein Klärungsbedarf dargelegt.

6.2 Das gilt auch für die weitere - ebenfalls die Einbeziehung des östlich der [X.] liegenden Gebiets betreffende - Frage (Beschwerdebegründung S. 29 - 30), ob es abwägungsfehlerhaft sei, wenn "dessen funktionaler Zusammenhang mit dem übrigen Sanierungsgebiet ... erst im Zuge der Sanierungsmaßnahme hergestellt werden soll, ohne dass die Realisierbarkeit dieses Konzepts und seine Vereinbarkeit mit dem Natur- und FFH-Schutz untersucht wurde" (Beschwerdebegründung S. 29). Wie die Beschwerde durch ihren Verweis selbst deutlich macht, wiederholt sie letztlich nur den bereits mit der Grundsatzrüge II.2. erhobenen Einwand, die Realisierbarkeit der [X.] sei nicht geprüft worden. Auf die Ausführungen unter 2. wird Bezug genommen.

6.3 Die Frage nach der Einbeziehung eines in Randlage befindlichen Freibades (Beschwerdebegründung S. 30 - 31), wenn es "in das für das Sanierungsgebiet aufgestellte touristische Gesamtkonzept funktional nicht einbezogen ist" (Beschwerdebegründung S. 30), geht an dem rechtlichen Ausgangspunkt des [X.] vorbei. Das [X.] hat dahin gestellt sein lassen, ob hinsichtlich des Lemmerzbades [X.] hinreichend konkret ersichtlich seien; die Abgrenzung eines [X.] sei nicht allein deshalb fehlerhaft, weil einzelne Grundstücke in das Sanierungsgebiet einbezogen seien, auf denen keine Sanierungsmaßnahme beabsichtigt sei ([X.]). Im Übrigen hat der [X.] bereits entscheiden, dass ein Grundstück in ein förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet auch dann einbezogen werden kann, wenn auf ihm selbst keine Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Das ist insbesondere bei der sog. Funktionsschwächesanierung der Fall (Beschlüsse vom 16. Januar 1996 - BVerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 142 [X.] Nr. 3 - juris Rn. 6; vom 19. Mai 2009 - BVerwG 4 [X.] 1.09 - juris Rn. 6). Einzelne Grundstücke, die von der Sanierung nicht betroffen sind, können, müssen jedoch nicht aus dem Gebiet ausgenommen werden. Die [X.] hat insofern einen planerischen Gestaltungsspielraum. Darauf verweist auch das [X.], wenn es ausführt, es sei nicht fehlerhaft, dass die [X.] Sanierungsmaßnahmen für ein Grundstück angebe, die jedoch (noch) nicht hinreichend konkretisiert seien, und zugleich anmerkt, im Übrigen sei die Einbeziehung des Grundstücks jedenfalls zweckmäßig ([X.] f.). Dass die Rechtsprechung des [X.]s zur Einbeziehung eines nicht von Sanierungsmaßnahmen betroffenen Grundstücks im Sanierungsgebiet einer Weiterentwicklung bedürfte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

6.4 Die Frage, mit der die Beschwerde die Abgrenzung des [X.] mit Blick auf die Herausnahme von Grundstücken, die städtebauliche Missstände aufweisen, thematisiert (Beschwerdebegründung S. 31 - 34), lässt sich ebenfalls nicht in verallgemeinerungsfähiger Art und Weise beantworten und beruht abgesehen davon auf der Behauptung, ohne die Grundstücke könne die von der [X.] verfolgte Gesamtkonzeption nicht umgesetzt werden, während das [X.] davon ausgeht, dass sich die Bedeutung der Zuwegung im Grunde erst dann ergeben könne, wenn der Parkplatz aufgewertet sei und Bedeutung für das Touristenaufkommen am Drachenfelsen entfalte ([X.]).

Meta

4 BN 60/09

24.03.2010

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 24. Juli 2009, Az: 7 D 130/08.NE, Urteil

§ 136 Abs 2 BauGB, § 146 Abs 1 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2010, Az. 4 BN 60/09 (REWIS RS 2010, 8093)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8093

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