Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2019, Az. 1 StR 431/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 230

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Gegenstand

Abgrenzung Selbstgeldwäsche von Beteiligung am Betrug in Zusammenhang mit dem Handel von Bitcoins


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Juni 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt sowie Einziehungs- und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die Revision, mit der der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 [X.]).

I.

2

Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

Der Angeklagte erklärte sich spätestens im November 2017 gegenüber den [X.]      und [X.]aus N.     zum Empfang und zur Weiterleitung betrügerisch erlangter Geldbeträge bereit. Er teilte [X.]      die Daten verschiedener Konten mit und vereinbarte mit diesem, dass die betrügerisch erlangten Geldbeträge auf eines seiner Konten überwiesen werden und er diese sofort an die Firma [X.], einen Stofflieferanten der [X.]      , mit Sitz in [X.] (im Folgenden: Firma [X.]     ) weiter überweist. Der bevorstehende Eingang der inkrimierten Gelder wurde dem Angeklagten jeweils per [X.] oder durch einen Anruf angekündigt. Der Angeklagte kannte die gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten der Hintermänner in ihren wesentlichen Grundzügen.

4

1. Der Geschädigte D.     , dem von unbekannten Tätern vorgespiegelt worden war, Bitcoins jeweils 2 % unter Marktpreis liefern zu können, kaufte acht Bitcoins zu einem Gesamtpreis von 43.296,08 €. Im Kaufvertrag war der Angeklagte mit einem Konto bei der [X.] als Zahlungsempfänger angegeben. Der Geschädigte überwies am 15. Oktober 2018 den Betrag auf das Konto des Angeklagten, wo er am selben Tag gutgeschrieben wurde. Nach Rücksprache mit [X.]      überwies der Angeklagte - nach Einbehalt einer Provision - einen Betrag von 48.000 US-$ (41.497,01 €) auf das Konto der Firma [X.]     ([X.] 1 der Urteilsgründe).

5

2. Die Geschädigte Firma [X.] mit Sitz in der [X.] erhielt regelmäßig Rechnungen von der Firma E.       . Unbekannte Täter fingen eine elektronische Rechnung über 521.000 € an die Firma [X.] ab und änderten diese dahingehend, dass sie als Empfängerkonto für die Zahlung ein Konto des Angeklagten bei der [X.] einfügten. Nach Überweisung des Betrages durch die Firma [X.] wurde dieser dem Konto des Angeklagten am 17. Oktober 2018 gutgeschrieben. Aus banktechnischen Gründen scheiterten sowohl ein Einziehungsversuch durch den Prokuristen der Firma [X.]     über einen Betrag von 575.000 US-$ als auch der Versuch des Angeklagten, der Firma [X.]     einen Betrag von 515.214,00 € zu überweisen ([X.] 2 der Urteilsgründe).

II.

6

1. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Geldwäsche hält in beiden Fällen sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat sich nicht mit den Regelungen in § 261 Abs. 9 Satz 2 und 3 StGB auseinandergesetzt, obschon die Feststellungen hierzu drängen.

7

Nach den Feststellungen des [X.]s hatte der Angeklagte in den wesentlichen Grundzügen Kenntnis von den Betrugstaten und stellte den Hintermännern seine Konten zur Verfügung, auf die die Geschädigten tatplankonform unmittelbar die Geldbeträge überwiesen. Vor diesem Hintergrund hätte das [X.] mit Blick auf § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB beweiswürdigend erörtern müssen, ob der Angeklagte aufgrund seiner Zusage zur Mitwirkung an den geplanten Taten und der Benennung der Konten wegen Beihilfe zum Betrug oder wegen (mittäterschaftlichen) Betruges und nicht - wie geschehen - wegen Geldwäsche bestraft werden kann. Das [X.] hat auch nicht weitergehend in den Blick genommen und erörtert, ob für den Fall, dass eine Beteiligung des Angeklagten an den Betrugstaten gegeben wäre, eine Strafbarkeit wegen einer sog. Selbstgeldwäsche nach § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB überhaupt möglich wäre (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 27. November 2018 - 5 [X.], [X.]St 63, 268 Rn. 10 ff. und vom 27. März 2019 - 2 StR 561/18 Rn. 13; [X.], NJW 2019, 536; [X.], NStZ 2018, 634). Im [X.] 2 der Urteilsgründe dürfte dies allerdings fernliegen, da der Angeklagte den erlangten Geldbetrag nicht in den Verkehr gebracht hat, da die beabsichtigte Einziehung des Geldbetrages durch den Empfänger, die Firma [X.]     , und die Überweisung durch den Angeklagten scheiterten.

8

2. Die Aufhebung der Verurteilung entzieht den [X.] die Grundlage. Allerdings weist der Senat darauf hin, dass bislang nicht hinsichtlich aller als Tatmittel im Sinne von § 74 Abs. 1 StGB eingezogenen Gegenstände durch Tatsachen belegt ist, dass diese tatsächlich zur Begehung oder Vorbereitung einer der Taten gebraucht wurden. Während die [X.] festgestellt hat, dass das Smartphone [X.] verfahrensrelevante Chatverläufe enthielt, fehlen Hinweise darauf, inwieweit auch das Smartphone Samsung (nebst SIM-Karte), die [X.] und der [X.] im Rahmen der abgeurteilten Taten Verwendung fanden oder hätten finden sollen.

9

3. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu umfassenden, in sich stimmigen Feststellungen zu geben.

4. Die Aufhebung des strafrechtlichen Teils des angefochtenen Urteils führt zur Aufhebung der zu Gunsten der [X.] ergangenen Adhäsionsentscheidungen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 5 [X.] Rn. 7 ff. [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 62. Aufl., § 406a Rn. 8).

Raum     

        

Jäger     

        

Cirener

        

Hohoff     

        

Leplow     

        

Meta

1 StR 431/19

18.12.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 11. Juni 2019, Az: 316 Js 108366/18 - 12 KLs

§ 261 Abs 9 S 2 StGB, § 261 Abs 9 S 3 StGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2019, Az. 1 StR 431/19 (REWIS RS 2019, 230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 230

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