Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.03.2020, Az. XI R 18/18

11. Senat | REWIS RS 2020, 3289

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Gegenstand

Zur Bestimmung der bewegten Lieferung in einem Reihengeschäft


Leitsatz

Bei einem Reihengeschäft mit drei Lieferungen und vier Beteiligten setzt die Zuordnung der Versendung zu der zweiten Lieferung insbesondere die Feststellung voraus, ob zwischen dem Erstabnehmer und dem Zweitabnehmer die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die Versendung erfolgte (Fortführung der Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 28.05.2013 - XI R 11/09, BFHE 242, 84; vom 25.02.2015 - XI R 30/13, BFHE 249, 336; vom 25.02.2015 - XI R 15/14, BFHE 249, 343).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 04.05.2018 - 1 K 2413/16 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

A.

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Lieferung von [[[[[X.].].].].]rsatzteilen im Rahmen eines grenzüberschreitenden Reihengeschäftes umsatzsteuerfrei ist.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein [[[[[X.].].].].]inzelunternehmen; Gegenstand des Unternehmens sind Vertrieb und Service im Bereich der ...technik sowie ...arbeiten. Im September 2012 wurde sie von der im [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]) ansässigen [[[[[X.].].].].]. mit der Lieferung von [[[[[X.].].].].]rsatzteilen für eine ...maschine beauftragt. Dem lag eine Bestellung der Firma [[[[[X.].].].].] aus den [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]) zugrunde, wobei jene Bestellung auf eine Bestellung der Firma [[[[[X.].].].].] aus der [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]) zurückging. Die Lieferung sollte unmittelbar von der [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]) nach [[[[[X.].].].].] erfolgen.

3

Am 11.10.2012 erteilte die Klägerin der [[[[[X.].].].].]. eine Abschlagsrechnung über eine [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]öhe von 30.438,36 €; Umsatzsteuer wurde nicht berechnet ("Tax 0 %"). Die [[[[[X.].].].].]. zahlte den Betrag in zwei Raten (am 16.10.2012 und am 17.10.2012). Am 17.12.2012 fakturierte die [[[[[X.].].].].]. gegenüber der [[[[[X.].].].].] (Lieferung der [[[[[X.].].].].]rsatzteile; 77.409,28 USD ohne Umsatzsteuer).

4

Unter dem 19.12.2012 stellte die Klägerin der [[[[[X.].].].].]. die Lieferung zum Preis von 50.649,90 € in Rechnung (Restbetrag nach der [[[[[X.].].].].]: [[[[[X.].].].].]); Umsatzsteuer wurde nicht gesondert ausgewiesen. Die Rechnung enthielt vielmehr die Zusätze: "Steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 6 [[[[[X.].].].].] i. V. mit § 4 Nr. 1 a [[[[[X.].].].].]" und "Taxfree delivery", "Tax 0%", "Bewegte Lieferung" und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Abnehmerin (G[[[[X.].].].]...). Die [[[[[X.].].].].]. zahlte den Restbetrag.

5

Der [[[[[X.].].].].]hemann der Klägerin nahm wegen des Transports der [[[[[X.].].].].]rsatzteile Kontakt mit der [[[[[X.].].].].]ition [[[[[X.].].].].], Inland, auf. In einer [[[[[X.].].].].]-Mail vom 20.12.2012 heißt es u.a.: "Wir benötigen das Angebot für Versendung unverzollt und unversteuert - Kosten zu Lasten des [[[[[X.].].].].]mpfängers oder unseres Auftraggebers in [[[[[X.].].].].]. Für uns ist das eine - Bewegte Lieferung - Steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 6 [[[[[X.].].].].] i. V. m. § 4 Nr. 1a [[[[[X.].].].].]." Unter diesem Datum erstellte die Klägerin einen Lieferschein Nr. 959/1212 (fünf Seiten) über die einzelnen Teile (drei Packstücke, Lieferanschrift: [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].], durch Auftrag: [[[[[X.].].].].]., Rechnungsanschrift: [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].], "Abholung, Versandart: [[[[[X.].].].].]. [[[[[X.].].].].]" "ab Werk - Unfreisendung - [[[[[X.].].].].][[[[X.].].].]W").

6

Am 03.01.2013 teilte die [[[[[X.].].].].] der [[[[[X.].].].].] mit, dass sie selbst als Versender im Frachtbrief aufgeführt sein müsse. Alle Dokumente sollten an die [[[[[X.].].].].] adressiert werden. Die Fracht sollte als vorausbezahlt ausgezeichnet werden. [[[[[X.].].].].]in Beispielsfrachtbrief wurde als Anlage beigefügt.

7

Mit [[[[[X.].].].].]-Mail vom 10.01.2013 und 15.01.2013 bat [[[[[X.].].].].] die Klägerin, ihr die ausgefüllte [[[[[X.].].].].] zukommen zu lassen, damit das [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]) für sie erstellt werden könne; dem kam die Klägerin am 17.01.2013 nach. Am 23.01.2013 wurde der Klägerin vom [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].], eine [[[[[X.].].].].]ORI-Nummer ([[[[[X.].].].].]conomic Operators' Registration and Identification number) erteilt.

8

Am 05.02.2013 teilte [[[[[X.].].].].] der Klägerin mit, dass die [[[[[X.].].].].]mpfänger bislang noch keine Kosten bestätigt hätten. Da es sich um eine Ab Werk-Lieferung handle, müsse sie sich schriftlich die Kosten für den Transport sichern, bevor die Sendung abgeholt und verschifft werde. Auch die Kosten für die [[[[[X.].].].].]rstellung der [[[[[X.].].].].]e müssten bestätigt werden. Da die Ware nun verpackt bei einer Verpackungsfirma in [[[[[X.].].].].] (Inland) zur Abholung bereit stehe, sei [[[[[X.].].].].]ile geboten.

9

[[[[[X.].].].].] teilte der [[[[[X.].].].].] mit, dass sie zum Versand der Ware eine [[[[[X.].].].].] (Shipper [[[[[X.].].].].]xport Declaration) benötige. Da die [[[[[X.].].].].] der Auffassung war, dass diese Papiere immer vom Verkäufer erstellt würden, und sie von den [[[[[X.].].].].] aus nicht in der Lage sei, dies zu regeln, wurde die [[[[[X.].].].].]. gebeten, mit der Klägerin Kontakt aufzunehmen. Daraufhin informierte die [[[[[X.].].].].]. (durch [[[[X.].].].]) die Klägerin und stellte noch einmal klar, dass es sich bei dem von der [[[[[X.].].].].]. abgerechneten Betrag um einen "Ab [[[[X.].].].] gehandelt habe (ohne Versandkosten).

Unter dem 19.02.2013 bestätigte [[[[[X.].].].].] den Auftrag (Lieferbedingungen "[[[[[X.].].].].][[[[X.].].].]W [[[[[X.].].].].]" Ladehafen I - [[[[X.].].].], Absender: Notify [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]TS 02.03.2013, [[[[[X.].].].].]TA 31.03.2013, 3 Pallets 1 337,3 kg, [[[[X.].].].] 959/1212, INVOIC[[[[[X.].].].].]-NR. 1283/01). Am 11.03.2013 erhielt die Klägerin von [[[[[X.].].].].] den Ausgangsvermerk für die streitgegenständliche Lieferung nach [[[[[X.].].].].] vom 02.03.2013. Dort ist die Klägerin als Absender der Sendung ([[[[[X.].].].].]. 2) und als Anmelder ([[[[[X.].].].].]. 14) aufgeführt ([[[[[X.].].].].]. 7 Bezugsnummer ...technik 959/1212, [[[[[X.].].].].]. 17 Bestimmungsland [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 20 Lieferbedingung [[[[[X.].].].].][[[[X.].].].]W [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 22 Währung und in Rechnung gestellter Gesamtbetrag USD 77.409,28, [[[[[X.].].].].]. 35 Rohmasse (kg) 1 337,3).

[[[[[X.].].].].]ine Rechnung der [[[[[X.].].].].] an die Klägerin existiert nicht. Die Frachtkosten wurden von der [[[[[X.].].].].] getragen, die [[[[[X.].].].].] mit der Abholung der [[[[[X.].].].].]rsatzteile in [[[[[X.].].].].] und dem Transport nach [[[[[X.].].].].] beauftragt hat.

Im April 2013 wurde über das Vermögen der [[[[[X.].].].].]. in [[[[[X.].].].].] das Insolvenzverfahren eröffnet. Die [[[[[X.].].].].]. wurde aufgelöst.

Die Umsatzsteuererklärung für das [[[[X.].].].] reichte die Klägerin am 04.02.2014 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[[[[X.].].].]--) ein. Sie erklärte eine festzusetzende Umsatzsteuer in [[[[[X.].].].].]öhe von 45.335,95 € und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in [[[[[X.].].].].]öhe von 75.132 € (darin enthalten: 50.649,90 € - Lieferung an die [[[[[X.].].].].].).

Im Zuge einer [[[[X.].].].] vertrat die Prüferin die Auffassung, dass es sich bei der Lieferung an die [[[[[X.].].].].]. um eine Lieferung in einem Reihengeschäft handle und dass die Versendung der Ware nur der Lieferung an die [[[[[X.].].].].] oder an den Abnehmer in [[[[[X.].].].].] zugeordnet werden könne, weil die [[[[[X.].].].].] die Waren versendet hätte. In beiden Fällen sei die Lieferung der Klägerin an die [[[[[X.].].].].]. die ruhende Lieferung, die in [[[[[X.].].].].] steuerbar und steuerpflichtig sei. Die erklärten innergemeinschaftlichen (steuerfreien) Umsätze seien daher um 50.649,90 € zu mindern und die steuerpflichtigen Umsätze um 42.562,94 € (= 50.649,90 € : 1,19) zu erhöhen.

Das [[[[X.].].].] schloss sich der Auffassung der Prüferin an und setzte die Umsatzsteuer 2012 auf 53.422,92 € fest.

Nach erfolglosem [[[[[X.].].].].]inspruch ([[[[[X.].].].].]inspruchsentscheidung vom 19.07.2016) wies das Finanzgericht ([[[[X.].].].]) [[[[X.].].].] die Klage mit Urteil vom 04.05.2018 - 1 K 2413/16 U ([[[[[X.].].].].]ntscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1306) ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das [[[[X.].].].] sei verpflichtet gewesen, die Zeugen [[[[X.].].].] (Geschäftsführer der [[[[[X.].].].].].) und die [[[[X.].].].] Insolvenzverwalterin zu vernehmen. Das [[[[X.].].].] hätte auch die notwendigen Unterlagen beim [[[[X.].].].] bzw. der zuständigen Finanzbehörde aufgrund bilateraler Vereinbarungen anfordern können. Die Tatsachenfeststellung, der [[[[X.].].].] sei für den Transport verantwortlich, sei fehlerhaft.

Die vom [[[[X.].].].] angestellten Vermutungen bzw. subjektiven [[[[[X.].].].].]rwägungen seien unbeachtlich. Die Annahme der Übertragung der Verfügungsmacht vom [[[[[X.].].].].]rsterwerber auf den [[[[X.].].].] beruhe allein auf Vermutungen des [[[[X.].].].]. Das [[[[X.].].].] stelle eine bloße Behauptung auf, wenn es annehme, dass die Gefahrtragung aufgrund einer Vereinbarung zwischen der [[[[[X.].].].].]. und dem [[[[X.].].].] bereits bei Abholung (ab Werk) auf den [[[[X.].].].] oder den Dritterwerber habe übergehen sollen.

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 17.11.2015 in Gestalt der [[[[[X.].].].].]inspruchsentscheidung vom 19.07.2016 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 8.086,96 € herabgesetzt wird.

Das [[[[X.].].].] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

[[[[[X.].].].].]s trägt vor, dass die Sachaufklärungsrüge wegen Verzichts auf die Rüge nicht mehr durchgreife. Das [[[[X.].].].] habe auch nicht die Pflicht zur Sachaufklärung verletzt. Dem [[[[X.].].].] hätten alle für eine [[[[[X.].].].].]ntscheidung erforderlichen Informationen vorgelegen. [[[[[X.].].].].]ine Zeugenvernehmung des [[[[X.].].].] und der [[[[X.].].].]n Insolvenzverwalterin sei nicht erforderlich gewesen.

Auch sei eine weitere Aufklärung des Sachverhalts im [[[[[X.].].].].]inblick auf den genauen Wortlaut der Vereinbarungen zwischen der [[[[[X.].].].].]. und der [[[[[X.].].].].] nicht angezeigt gewesen. [[[[[X.].].].].]s handle sich bei der Feststellung des [[[[X.].].].], dass die Verfügungsmacht an den [[[[X.].].].] oder Dritterwerber übertragen worden sei, nicht um Vermutungen, sondern um eine Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls. Die Gefahrtragung habe bereits bei Abholung ab Werk auf den Zweit-/Dritterwerber übergehen sollen. Dies habe das [[[[X.].].].] aus der [[[[[X.].].].].]-Mail des [[[[X.].].].] vom 05.02.2013 zutreffend entnommen. [[[[[X.].].].].]ine weitere Zeugenvernehmung des [[[[X.].].].] sei daher entbehrlich gewesen.

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Entscheidung des [X.] ist revisionsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.

I. Die Auffassung des [X.], die Lieferung von Ersatzteilen durch die Klägerin im Rahmen eines grenzüberschreitenden [X.] unterliege der Umsatzsteuer, hält den Angriffen der Revision stand.

1. Schließen --wie im [X.] mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand [X.] ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 des [X.]es (UStG) die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

a) Ein solches Reihengeschäft ist auch bei Ausfuhrlieferungen möglich (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 15.03.1994 - XI R 83/92, [X.], 137, [X.] 1994, 956, unter [X.], Rz 16; s. dazu jetzt auch § 3 Abs. 6a Satz 6 UStG in der im Streitjahr noch nicht geltenden Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019, [X.], 2451).

b) Die beteiligten Unternehmer führen dabei mehrere aufeinander folgende Lieferungen aus (vgl. Urteil des Gerichtshofs der [X.] --[X.]-- [X.] [X.] vom 06.04.2006 - [X.]/04, [X.]:C:2006:232, [X.], Beilage 3, 294; [X.]-Urteil vom 28.05.2013 - XI R 11/09, [X.], 84, Rz 36). Für die innergemeinschaftliche Lieferung war bereits entschieden, dass es sich bei der Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG, Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--) und der Beförderung bzw. Versendung in den anderen Mitgliedstaat (§ 3 Abs. 6 UStG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL) um zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale handelt, die getrennt voneinander (s. dazu sogleich unter [X.] und 3.) zu prüfen sind (vgl. [X.]-Urteil vom 25.02.2015 - XI R 15/14, [X.], 343, Rz 55 und 57). Für die Ausfuhrlieferung gilt nichts anderes.

2. In Bezug auf das zunächst zu prüfende Tatbestandsmerkmal der Verschaffung der Verfügungsmacht hat das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Klägerin eine Lieferung an die [X.]. ausgeführt hat. Diese ist bereits im Streitjahr erfolgt.

a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u.a. Lieferungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Lieferungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

b) Diese Vorschrift setzt Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL (vormals Art. 5 Abs. 1 der [X.]/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern) in nationales Recht um (vgl. [X.]-Urteil vom 09.09.2015 - XI R 21/13, [X.], 597, Rz 19). Danach gilt als "Lieferung von Gegenständen" die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

c) Der unionsrechtliche Begriff "Lieferung von Gegenständen" bezieht sich nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen; er umfasst vielmehr jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 08.02.1990 - [X.], [X.]:[X.], [X.], 289, Rz 7 f.; [X.] vom 06.02.2003 - [X.]/01, [X.]:C:2003:73, [X.] 2003, 137, Rz 32; [X.] vom 16.02.2012 - [X.], [X.]:[X.], [X.], 230, Rz 39; [X.] vom 02.07.2015 - [X.]/14, [X.]:C:2015:440, Mehrwertsteuerrecht --[X.]-- 2015, 636, Rz 29, m.w.N.). Der [X.] umschreibt diesen Vorgang ebenfalls in ständiger Rechtsprechung als Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag, ohne damit inhaltlich von der Rechtsprechung des [X.] abzuweichen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 343, Rz 66, m.w.N.).

aa) Auch wenn eine Lieferung danach nicht zwangsläufig voraussetzt, dass das Eigentum am Gegenstand der Lieferung auf den Erwerber übergeht (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 10.07.2019 - [X.]/18, [X.]:[X.], [X.] --[X.]-- 2019, 820, Rz 36, m.w.N.), ist die Verschaffung der Verfügungsmacht in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden (vgl. [X.]-Urteile vom 24.11.1992 - V R 80/87, [X.]/NV 1993, 634, unter [X.]1.; vom 21.04.2005 - V R 11/03, [X.]E 211, 50, [X.] 2007, 63; vom 01.02.2007 - V R 41/04, [X.]E 217, 40, unter [X.]1.b). Eine Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] u.a. in der Eigentumsübertragung auf den Erwerber zu sehen sein, auch wenn sie nicht allein maßgebend ist (vgl. [X.]-Urteil [X.] CZ vom 19.12.2018 - [X.]/17, [X.]:[X.]:1027, [X.], 101, Rz 78; [X.]-Urteile in [X.], 84, Rz 72; in [X.], 343, Rz 66; s.a. [X.], [X.], 593, 600; Schlussanträge der Generalanwältin [X.] in der Rechtssache Herst vom 03.10.2019 - [X.]/18, [X.]:[X.], Rz 35); denn die Möglichkeit, über einen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, steht typischerweise --vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen o.Ä., die dies ausnahmsweise ausschließen-- seinem Eigentümer zu. Er kann grundsätzlich von Rechts wegen die Entscheidungen treffen, die sich auf die rechtliche Situation des betreffenden Gegenstands auswirken, sofern dies nicht aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise anders sein sollte.

bb) Eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit hingegen ist keine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Lieferung (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 597, Rz 23 ff.; [X.]-Urteil [X.] CZ, [X.]:[X.], 1027, [X.], 101, Rz 75), so dass eine Lieferung auch dadurch bewirkt werden kann, dass der Liefergegenstand in Vollzug einer auf Eigentumsübertragung gerichteten Vereinbarung durch Einräumung des mittelbaren Besitzes übergeben wird (vgl. [X.]-Urteil vom 08.09.2011 - V R 43/10, [X.]E 235, 501, [X.] 2014, 203, Rz 18).

cc) Außerdem kann die für eine Lieferung notwendige Verschaffung der Verfügungsmacht auch in der freiwilligen Übergabe durch den Eigentümer an den Erwerber zu sehen sein (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 21.11.2013 - [X.]/12, [X.] 2013, 774, Rz 23 f., 27 f.; [X.]-Urteil in [X.], 343, Rz 66). Daraus folgt, dass --von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. [X.]-Urteile vom 11.08.2011 - V R 3/10, [X.]E 235, 43, Rz 19; vom 25.02.2015 - XI R 30/13, [X.], 336, Rz 35)-- dem (ggf. Zweit-)Erwerber Verfügungsmacht verschafft wird, wenn er den Gegenstand abholt (vgl. [X.]-Urteile Toridas vom 26.07.2017 - [X.]/16, [X.]:[X.], [X.], 868; [X.] vom 21.02.2018 - [X.]/16, [X.]:[X.]:84, [X.] 2018, 308, Rz 35 ff.; [X.]-Urteil in [X.], 336, Rz 35).

dd) Ob die Verfügungsmacht übertragen worden ist, ist vom nationalen Gericht festzustellen (vgl. z.B. [X.], [X.]:[X.], [X.] 1991, 289, Rz 13; [X.] vom 15.12.2005 - [X.]/04, [X.]:C:2005:773, [X.] 2006, 418, Rz 63; [X.] vom 18.07.2013 - C-78/12, [X.]:C:2013:486, [X.], 475, Rz 34). Maßgeblich sind die Gesamtumstände des Einzelfalls, d.h. die konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 09.02.2006 - V R 22/03, [X.]E 213, 83, [X.] 2006, 727, unter [X.]1.b aa, Rz 20; vom 16.04.2008 - XI R 56/06, [X.]E 221, 475, [X.] 2008, 909, unter [X.]2.a, Rz 27).

d) Ausgehend davon hält die Auffassung des [X.], die Klägerin habe der [X.]. Verfügungsmacht an den Ersatzteilen verschafft, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

aa) Das [X.] hat in Rz 63 ff. seines Urteils angenommen, dass die [X.]. --wie die Klägerin auch selbst im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen [X.] bereits vor Beginn der physischen Warenbewegung im Inland (gemäß § 3 Abs. 6 oder 7 UStG) von der Klägerin Verfügungsmacht erhalten hat.

Die [X.]. sei nach der (mündlichen) Vereinbarung mit der Klägerin bereits mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises im Dezember 2012 rechtliche Eigentümerin der Ersatzteile geworden. Durch die Lieferbedingungen "[X.]" habe die Klägerin zudem auch ihren Teil des Liefervertrages erfüllt. Auch die übrigen Umstände des Streitfalls ergäben keine abweichende Beurteilung hinsichtlich der Verschaffung der Verfügungsmacht. Zwar habe die [X.]. nach den in der Abschlagsrechnung vom 11.10.2012 aufgeführten Zahlungsbedingungen die letzten 10 % des Kaufpreises erst bei Anlieferung der Teile in [X.] zu zahlen gehabt. Diese Vereinbarung habe dafür sprechen können, dass die Klägerin nach der ursprünglichen Geschäftskonzeption die Verfügungsmacht über die Ersatzteile solange behalten sollte, bis die Gegenstände in [X.] angekommen sind. Da die [X.]. aber abweichend von diesen Zahlungsbedingungen den Kaufpreis am 19.12.2012 vollständig bezahlt habe, habe die Klägerin --wie sie selbst auch einräumt-- das Eigentum an den Ersatzteilen bzw. deren wirtschaftliche Substanz, Wert und Ertrag bereits vor der im März 2013 erfolgten Verschiffung der Gegenstände nach [X.] auf die [X.]. übertragen. Der Umstand, dass die Klägerin im [X.] (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der [X.]) als Versender der Waren bezeichnet worden sei, könne nicht dahingehend gewürdigt werden, dass die Klägerin die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Ersatzteile zu verfügen, noch während des grenzüberschreitenden Transports innegehabt habe. Wie die Klägerin selbst einräume, sei sie insoweit nur als "Hilfsperson" für die [X.] zur Erfüllung der zollrechtlichen Formalien in Erscheinung getreten. Auf die (umsatzsteuerrechtliche) Verschaffung der Verfügungsmacht an den Ersatzteilen auf die [X.]. habe dies keinen Einfluss. Die Verfügungsmacht und das rechtliche Eigentum an den Ersatzteilen seien bereits vor Grenzübertritt auf die [X.] übergegangen.

bb) Diese Beurteilung des [X.] ist möglich, verstößt nicht gegen die unter [X.]c genannten Rechtsgrundsätze, gegen Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze; sie bindet daher den [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

e) Diese Beurteilung führt dazu, dass --worauf das [X.] nicht ausdrücklich eingegangen ist-- die Lieferung der Ersatzteile an die [X.]. noch im Streitjahr 2012 ausgeführt worden ist, da sie auf der am 19.12.2012 erfolgten vollständigen Kaufpreiszahlung sowie der Bereitstellung der Ware zur Abholung, die in der Erstellung des Lieferscheins vom 19.12.2012 zum Ausdruck kommt, beruht.

f) Auf die Frage, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Bezahlung der Rechnung vom Oktober 2012 im Rahmen der Besteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 oder Buchst. b UStG, Art. 65 MwStSystRL (ggf. noch) davon ausgehen durfte, sie werde die Verfügungsmacht an die [X.]. erst in [X.] verschaffen (vgl. dazu [X.], Der [X.], 222, 223), kommt es im Streitfall nicht an, da eine aufgrund der abweichenden tatsächlichen Durchführung möglicherweise erforderliche Berichtigung (vgl. [X.]-Urteil vom 08.09.2011 - V R 42/10, [X.]E 235, 492, [X.] 2012, 248, Rz 31; Abschn. 13.4 des [X.]; Stadie, [X.], 3. Aufl., § 13 Rz 33 und § 17 Rz 90) im Streitjahr vorzunehmen wäre (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG).

3. Ebenso in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das [X.] angenommen, dass diese Lieferung keine steuerfreie Ausfuhrlieferung ist, weil die Versendung der Ersatzteile als zweites zu prüfendes Tatbestandsmerkmal eines [X.] nicht der Klägerin oder der [X.]. zuzuordnen ist, sondern der [X.], nachdem dieser bereits im Inland Verfügungsmacht von der [X.]. verschafft worden war.

a) Die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das [X.], ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat (vgl. [X.]-Urteil vom [X.], [X.]E 225, 243, [X.] 2010, 509, Rz 13).

b) Der [X.] Gesetzgeber setzte damit im Streitjahr Art. 146 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL in nationales Recht um, wonach die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung bzw. durch den Empfänger oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der [X.] versandt oder befördert werden, von der Steuer befreien (vgl. [X.]-Urteil Unitel vom 17.10.2019 - [X.]/18, [X.]:C:2019:876, [X.], 849, Rz 19). Aus dem verwendeten Begriff "versandt" ergibt sich jeweils, dass die Ausfuhr eines Gegenstands durchgeführt worden und die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung anwendbar ist, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über diesen Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist, der Lieferant nachweist, dass der Gegenstand an einen Ort außerhalb der [X.] versandt oder befördert worden ist und der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung das Hoheitsgebiet der [X.] physisch verlassen hat (vgl. [X.]-Urteile [X.] vom 19.12.2013 - [X.]/12, [X.]:[X.], [X.] 2014, 182, Rz 24; [X.] vom 28.02.2018 - C-307/16, [X.]:[X.]:124, [X.] 2018, 436, Rz 25; Unitel, [X.]:C:2019:876, [X.], 849, Rz 21). Eine Ausfuhrfrist existiert außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 147 MwStSystRL nicht (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2014, 182, Rz 26).

c) Beiden Bestimmungen gemeinsam ist daher, dass die Beförderung oder Versendung durch den Lieferer oder den Abnehmer (hier: die Klägerin oder die [X.].) erfolgt sein muss, so dass geprüft werden muss, wem die Beförderung oder Versendung der Ware zuzuordnen ist.

aa) Hinsichtlich der erforderlichen Zuordnung der Beförderung oder Versendung zu einer Lieferung geht die Finanzverwaltung davon aus, dass für die Zuordnungsentscheidung darauf abzustellen ist, wer die Beförderung durchgeführt oder die Versendung veranlasst hat; dabei sei in der Regel auf die [X.] abzustellen (vgl. Abschn. 3.14 Abs. 7 UStAE).

bb) Dieser Auffassung ist indes nicht zu folgen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 84, Rz 77). Vielmehr ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des [X.] im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls maßgeblich, ob die Zweitlieferung vor der Beförderung oder Versendung stattgefunden hat (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 336; in [X.], 343). Ist dies der Fall, kann die Beförderung oder Versendung nicht mehr der Erstlieferung an den Ersterwerber zugeordnet werden (vgl. [X.]-Urteile Toridas, [X.]:[X.], [X.], 868, Rz 34 bis 36; [X.] CZ, [X.]:[X.]:1027, [X.], 101, Rz 70). Außerdem ist zu berücksichtigen, ob der Erwerber die Beförderung oder Versendung durch Leistung einer Vorauszahlung an den ersten Lieferer selbst veranlasst hat, bevor er selbst die Beförderung oder Versendung durchgeführt hat, ohne Beförderungskosten in Rechnung zu stellen.

d) Nach diesen Grundsätzen ist das [X.] jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung der Klägerin an die [X.]. nicht vorliegen.

aa) Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) ist nicht anwendbar, weil die Ersatzteile nicht auf Veranlassung der Klägerin als leistende Unternehmerin befördert oder versendet worden sind (s. [X.]-Urteil, Rz 49), was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

bb) Aber auch die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL), dass der ausländische Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das [X.] befördert oder versendet hat, liegt im Streitfall nicht vor; denn nach der tatsächlichen Würdigung des [X.], die die Revision ohne Erfolg angreift, hat nicht die [X.]., sondern die [X.] den Gegenstand versendet.

(1) Das [X.] hat in den Rz 59 und 60 seines Urteils den Streitfall dahingehend gewürdigt, dass im Zeitpunkt der Versendung der Ersatzteile weder die Klägerin noch die [X.]. Inhaber der Verfügungsmacht gewesen seien. Der [X.] ([X.]) sei die Verfügungsmacht bereits im Inland von der [X.]. verschafft worden.

(2) Auch diese Würdigung des [X.] ist möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und bindet daher den [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

Zwar hat das [X.] dabei in Rz 62 f. des Urteils auch auf die Incoterms ([X.], [X.]) und die Transportverantwortung der [X.] abgestellt, während nach der unter [X.] zitierten Rechtsprechung des [X.] und des [X.] auf die zeitliche Abfolge von Verschaffung der Verfügungsmacht und Beförderung bzw. Versendung abzustellen ist.

Allerdings hat das [X.] zum rechtlich zutreffenden Ausgangspunkt festgestellt, dass nach den Gesamtumständen mit der Aushändigung der Gegenstände an den von der [X.] beauftragten Spediteur Substanz, Wert und Ertrag der Ersatzteile auf die [X.] übergegangen sei. Diese tatsächliche Würdigung entspricht der unter [X.]c cc zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu "[X.]"; die Vorentscheidung stellt sich deshalb insoweit jedenfalls im Ergebnis als richtig dar (§ 126 Abs. 4 [X.]O).

(3) Dabei wird im Rahmen dieser Beurteilung nicht verkannt, dass bei [X.] als bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (vgl. dazu [X.]-Urteil Teleos u.a. vom 27.09.2007 - [X.], [X.]:C:2007:548, [X.] 2009, 70, Rz 44, 63; [X.]-Urteil vom 19.11.2009 - V R 8/09, [X.]/NV 2010, 1141, Rz 17)-- in der Regel von den Zollbehörden ausgestellte Dokumente vorliegen, die als Nachweise in Betracht kommen (so bereits [X.]-Urteil vom 21.01.2015 - XI R 12/14, [X.]/NV 2015, 957, Rz 39). Wenn alle am Reihengeschäft beteiligten Personen fremde Dritte sind und übereinstimmend davon ausgehen, die Warenbewegung sei einer bestimmten Lieferung zuzuordnen, ist dies ein Indiz dafür, dass dies den tatsächlichen Verhältnissen entspricht (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 336, Rz 39). Allerdings war der Klägerin nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] bekannt, dass sie lediglich als "Hilfsperson" für die [X.] in die zollrechtliche Abwicklung eingebunden war ([X.]-Urteil, Rz 49 und 66). Außerdem ist nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] keine übereinstimmende Zuordnung der Warenbewegung vorgenommen worden, weil die [X.]. gegenüber der [X.] ohne Umsatzsteuer abgerechnet hat, damit wohl ebenfalls von einer steuerfreien Ausfuhrlieferung (an die [X.]) ausgegangen ist ([X.]-Urteil, Rz 5).

(4) Die Lieferung von der [X.]. an die [X.] erfolgte im Übrigen auch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des [X.], wonach § 3 Abs. 6 UStG bei Beginn der Beförderung im Inland nicht nur den Ort, sondern auch den Zeitpunkt der Lieferung, der die Beförderung zuzuordnen ist, festlegt (vgl. [X.]-Urteile vom 21.04.1993 - XI R 102/90, [X.]E 171, 132, [X.] 1993, 731, zu § 3 Abs. 7 UStG a.F.; vom 06.12.2007 - V R 24/05, [X.]E 219, 476, [X.] 2009, 490, zu § 3 Abs. 6 UStG a.F.; [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 452, 459 ff.; [X.], Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 201 f.; a.[X.], [X.] 2013, 889 ff.; [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 3 UStG Rz 115). Der [X.] muss deshalb nicht entscheiden, ob er an dieser Rechtsprechung festhält, da das [X.] mit seiner Würdigung zum selben Ergebnis gelangt ist.

4. Die Lieferung der Klägerin an die [X.]. ist auch nicht als innergemeinschaftliche Lieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i.V.m. § 6a UStG umsatzsteuerfrei, wie das [X.] zutreffend angenommen hat.

a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG umsatzsteuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung setzt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG u.a. voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer u.a. den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (Nr. 1). Das physische Verbringen der Gegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat ist für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG eine unverzichtbare Voraussetzung (vgl. [X.]-Urteile Teleos u.a., [X.]:C:2007:548, [X.] 2009, 70; [X.] vom 27.09.2012 - [X.]/10, [X.]:[X.], [X.], 832, Rz 30; Traum vom 09.10.2014 - [X.]/13, [X.]:[X.], [X.], 943, Rz 25; [X.]-Urteil in [X.], 336, Rz 30 ff.).

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil der Liefergegenstand nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist, sondern nach [X.], einem Drittland.

[X.] Die von der Klägerin gegen die Vorentscheidung vorgebrachte Rüge der Verletzung formellen Rechts greift nicht durch. Die Klägerin hat das Vorliegen eines Verfahrensfehlers bereits nicht hinreichend dargelegt und außerdem in Bezug auf die angebliche Verletzung der Sachaufklärungspflicht ihr [X.] verloren.

1. Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das [X.] hätte von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind nach § 120 [X.]O Ausführungen dazu erforderlich, welche konkreten Tatsachen das [X.] hätte aufklären sollen, warum die Klägerin nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat, warum sich die Beweiserhebung dem [X.] auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Beschlüsse vom [X.], [X.]/NV 2010, 919, Rz 6; vom 12.12.2012 - XI B 70/11, [X.]/NV 2013, 705, Rz 34; vom 19.12.2016 - XI B 57/16, [X.]/NV 2017, 599, Rz 18; vgl. auch Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 120 Rz 70).

Hieran fehlt es im Streitfall. Die Klägerin hat insbesondere nicht dargetan, zu welchem Ergebnis die von ihr für erforderlich gehaltenen beiden unterlassenen Zeugeneinvernahmen sowie die Beibringung von Unterlagen geführt hätten (kritisch zum Vorliegen der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen insoweit auch [X.], [X.], 222, 223) und inwieweit dies auf Basis der Rechtsauffassung des [X.] zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

2. Außerdem hat die Klägerin durch ihr Verhalten in der mündlichen Verhandlung des [X.] ([X.]) ihr [X.] gemäß § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung verloren (vgl. allgemein die ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Beschluss vom 02.01.2019 - VIII B 131/18, [X.]/NV 2019, 286, Rz 4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 76 [X.]O Rz 209, m.w.N.).

I[X.] [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Der [X.] erkennt gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren.

Meta

XI R 18/18

11.03.2020

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 4. Mai 2018, Az: 1 K 2413/16 U, Urteil

§ 3 Abs 6 S 5 UStG 2005, § 4 Nr 1 UStG 2005, § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 6a Abs 1 S 1 UStG 2005, Art 14 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 146 Abs 1 Buchst a EGRL 112/2006, Art 146 Abs 1 Buchst b EGRL 112/2006, § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 UStG 2005, UStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.03.2020, Az. XI R 18/18 (REWIS RS 2020, 3289)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3289

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