Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.10.2015, Az. IX ZR 265/12

9. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3873

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Gegenstand

Grenzüberschreitende Insolvenz: Zahlungsklage des Insolvenzverwalters einer nach österreichischem Recht gegründeten GmbH nach Anfechtung einer nach Eröffnung des deutschen Insolvenzverfahrens aufgrund einer vor diesem Zeitpunkt durchgeführten Kontenpfändung seitens einer österreichischen Drittschuldner-Bank erfolgten Zahlung


Leitsatz

Ist die Zahlungsklage des Verwalters in einem in Deutschland eröffneten Insolvenzverfahren über eine Gesellschaft nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates (hier: Österreich) gegen einen Insolvenzgläubiger nach deutschem Recht begründet, weil das der nach Eröffnung erfolgten Auszahlung zugrunde liegende Pfändungspfandrecht infolge der Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO und die Auszahlung an den Gläubiger gemäß § 91 InsO unwirksam waren, steht der Umstand, dass das Pfändungspfandrecht nach der lex causae (hier: dem österreichischen Recht) wirksam geblieben ist, dem Erfolg der Klage nicht entgegen, wenn die Auszahlung ihrerseits nach der lex causae insolvenzrechtlich wirksam angefochten worden ist. Die Auszahlung des Geldes ist jedoch nach dem Recht der lex causae in keiner Weise angreifbar im Sinne des Art. 13 EuInsVO, wenn die nach diesem Recht geltenden Verjährungs-, Anfechtungs- oder Ausschlussfristen oder die Formvorschriften nicht eingehalten sind (im Anschluss an EuGH, 16. April 2015, C-557/13, ZIP 2015, 1030).

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 28. September 2012 und das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 28. September 2011 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die [X.] E.  GmbH mit Sitz in [X.]       ([X.]) betrieb einen Autohandel. Für den [X.] Markt bediente sie sich dazu einer Tochtergesellschaft, der [X.] E.  Autohandel GmbH (fortan: Schuldnerin) mit Sitz in [X.] ([X.]). Der [X.] Beklagte kaufte bei der Schuldnerin ein Auto, das jedoch nicht geliefert wurde. Wegen seines Schadens aus einem Deckungskauf erwirkte er am 17. März 2008 beim Bezirksgericht [X.] einen vollstreckbaren Zahlungsbefehl gegen die Schuldnerin über 9.566 € zuzüglich Zinsen. Am 20. Mai 2008 bewilligte das Bezirksgericht [X.] als Vollstreckungsgericht die Fahrnis- und Forderungsexekution, mit der drei Konten der Schuldnerin gepfändet wurden. Die Forderungsexekution ging bei der [X.] am 23. Mai 2008 ein.

2

Auf Eigenantrag vom 13. April 2008 eröffnete das [X.] ([X.]) mit Beschluss vom 4. August 2008 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, in welchem die Klägerin als Insolvenzverwalterin bestellt ist. Etwa sieben Monate später, am 17. März 2009, zahlte die S.               als Drittschuldnerin aufgrund der Pfändung den streitgegenständlichen Betrag von 11.778,48 € an den Beklagten aus, nachdem der damalige Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 10. März 2009 mitgeteilt hatte, dass er keine Gegenrechte gegenüber der S.                geltend machen werde, sich jedoch eine Insolvenzanfechtung vorbehalte.

3

Rund zehn Monate nach Insolvenzeröffnung erklärte der damalige Insolvenzverwalter durch außergerichtliches Schreiben vom 3. Juni 2009 die Insolvenzanfechtung bezüglich der Fahrnis- und Forderungsexekution vom 20. Mai 2008 und der Auszahlung vom 17. März 2009. Mit der am 14. Oktober 2009 eingereichten und am 23. Oktober 2009 zugestellten Klage begehrte er die Rückgewähr des vereinnahmten Betrages zur Masse. Der Beklagte hält die Insolvenzanfechtung nach dem [X.] Insolvenzanfechtungsrecht für ausgeschlossen, weil die Anfechtung nicht binnen eines Jahres nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mittels Klage geltend gemacht worden sei.

4

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Abweisungsbegehren weiter.

5

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 hat der Senat die Sache dem [X.] zur Vorabentscheidung vorgelegt ([X.], Vorlagebeschluss vom 10. Oktober 2013 - [X.], [X.], 2167). Mit Urteil vom 16. April 2015 hat der Gerichtshof die vorgelegten Fragen bejaht ([X.], Urteil vom 16. April 2015 - [X.]/13, [X.], 1030).

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision ist begründet. Die Klage ist abzuweisen.

I.

7

Das Berufungsgericht hat gemeint, nach dem gemäß Art. 4 [X.]. 1 und [X.]. 2 Buchst. m EuInsVO anwendbaren [X.] Insolvenzrecht sei der Beklagte verpflichtet, den von der S.           ausbezahlten Betrag von 11.778,48 € zur Masse zurück zu gewähren. Die Zahlung sei nach § 131 [X.]. 1 Nr. 1 [X.] anfechtbar. Zwar sei auf das Pfändungspfandrecht geleistet worden, dieses sei aber nach § 88 [X.] mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam geworden. Ein treuwidriges Verhalten des [X.] liege nicht vor.

8

Dem [X.] könne der Beklagte nicht nach Art. 13 EuInsVO die Einrede entgegenhalten, er habe das Geld nach [X.] Recht in unangreifbarer Weise erworben. Die Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages sei nach dem für den mit dem hier maßgebenden Zeitraum anwendbaren [X.] Recht anfechtbar und damit angreifbar im Sinne des Art. 13 EuInsVO. Zwar habe die S.          auf das im Wege der Zwangsvollstreckung erworbene Pfändungspfandrecht des Beklagten geleistet. Dieses Pfandrecht sei nach [X.] Recht auch [X.], weil es der Beklagte mehr als 60 Tage vor der Eröffnung am 4. August 2008 erworben habe.

9

Die Zahlung sei aber nach § 31 [X.]. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar. Denn der Beklagte habe zu Lasten der Masse zu einem Zeitpunkt eine Befriedigung erlangt, zu dem ihm nicht nur der Insolvenzeröffnungsantrag, sondern sogar die Insolvenzeröffnung bekannt gewesen sei. Die Auszahlung sei für die Masse auch nachteilig gewesen, weil das Pfändungspfandrecht des Beklagten seinerseits in anfechtbarer Weise erworben gewesen sei. Die nach § 30 [X.]. 1 Nr. 1 [X.] gegebene Anfechtbarkeit des [X.] habe dem Beklagten die Position eines [X.]onderungsberechtigten genommen.

Dass die Klage nach Ablauf der in § 43 [X.] vorgesehenen Jahresfrist zur Ausübung des Anfechtungsrechts erhoben worden sei, mache den Erwerb des Beklagten in [X.] nicht unangreifbar. Denn das [X.] Recht sei nur für den Anfechtungstatbestand maßgeblich, nicht aber für die Art und Weise der Geltendmachung des Anfechtungsrechts. Zwar sehe § 43 [X.] vor, dass die Insolvenzanfechtung durch Klageerhebung erfolgen müsse. Dabei handele es sich aber um eine prozessuale Frage, für die das [X.] Recht maßgebend sei. Deshalb habe der Kläger die Anfechtungsfrist eingehalten, indem er die Anfechtung mit außergerichtlichem Schreiben vom 3. Juni 2009 geltend gemacht habe. Der Beklagte habe von da an nicht mehr auf einen Eintritt der [X.] dürfen. Das bloße Vertrauen darauf, dass die Insolvenzanfechtung nur mit Klage geltend gemacht werden könne, werde von Art. 13 EuInsVO nicht geschützt, wie schon Art. 4 EuInsVO zeige.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 10. Oktober 2013 ausgeführt hat, findet auf die Frage der Nichtigkeit, Anfechtbarkeit oder relativen Unwirksamkeit der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages gemäß Art. 4 [X.]. 1, [X.]. 2 Buchst. m EuInsVO [X.]s Insolvenzrecht Anwendung. Nach dem maßgeblichen [X.] Recht ist diese Rechtshandlung vorliegend nicht anfechtbar, weil sie erst sieben Monate nach Verfahrenseröffnung erfolgte (Vorlagebeschluss, aaO Rn. 7).

Allerdings ist das mit der Fahrnis- und Forderungsexekution am Kontoguthaben erworbene Pfändungspfandrecht nach dem hier anwendbaren [X.] Recht gemäß § 88 [X.] im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung unwirksam geworden. Die anschließend erfolgte Auszahlung des gepfändeten Kontoguthabens war gemäß § 91 [X.]. 1 [X.] unwirksam. Der streitgegenständliche Betrag ist folglich dem Beklagten ohne ein materielles Befriedigungsrecht ausbezahlt worden, so dass er die Befriedigung der Masse gegenüber ohne Rechtsgrund erlangt hat und den Betrag gemäß § 812 [X.]. 1 Satz 1 Fall 1, § 818 [X.]. 1 BGB herauszugeben hat (Vorlagebeschluss, aaO Rn. 8). Dem steht die Zustimmung des Insolvenzverwalters zur Auszahlung nicht entgegen (Vorlagebeschluss, aaO Rn. 9).

2. Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass die Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages nach der lex causae, hier dem [X.] Recht (vgl. Vorlagebeschluss, aaO Rn. 11), infolge des Ablaufs einer Ausschlussfrist im Sinne des Art. 13 EuInsVO in keiner Weise mehr angreifbar sei und deshalb ein Anspruch nach [X.]m Recht ausscheide.

a) Der Senat ist in seinem Vorlagebeschluss (aaO Rn. 8) davon ausgegangen, dass es sich bei dem Pfändungspfandrecht nach [X.] Recht um ein dingliches Recht im Sinne des Art. 5 [X.]. 1 EuInsVO handelt, was aber der Nichtigkeit, Anfechtbarkeit oder relativen Unwirksamkeit nach Art. 4 [X.]. 2 Buchst. m EuInsVO nach Art. 5 [X.]. 4 EuInsVO nicht entgegensteht.

Der [X.] hat hierzu im Urteil vom 16. April 2015 in seinen Vorbemerkungen (aaO, Rn. 23 ff) gemeint, dass es sich bei dem Pfändungspfandrecht tatsächlich um ein dingliches Recht im Sinne von Art. 5 [X.]. 1 EuInsVO handeln könne, sofern dieses Recht nach [X.] Recht gegenüber den übrigen Gläubigern der Schuldnerin ausschließlichen Charakter hatte, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen sei. Er hat zudem darauf hingewiesen, dass der Senat als vorlegendes Gericht auch überprüfen könne, ob die Anwendung des Art. 88 [X.] - und insofern die ohne weiteres eintretende Ungültigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pfändung der Konten - dadurch ausgeschlossen gewesen sei, dass nach Art. 13 EuInsVO [X.]s Recht anzuwenden gewesen sei.

An der Auffassung, dass es sich bei dem Pfändungspfandrecht nach [X.] Recht um ein dingliches Recht im Sinne des Art. 5 EuInsVO handelt, hält der Senat fest. Dies wird in dem von den Vorinstanzen eingeholten Sachverständigengutachten zum [X.] Recht ausdrücklich festgestellt und ergibt sich schon daraus, dass das Pfändungspfandrecht dem Pfandrechtsgläubiger nach [X.]s Recht das ausschließliche Recht gibt, die gepfändete Forderung einzuziehen (Gutachten vom 18. Oktober 2010, [X.], 12 ff).

Wie der Senat im Vorlagebeschluss ausgeführt hat (aaO Rn. 12), ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem maßgeblichen [X.] Recht das Pfändungspfandrecht am Kontoguthaben [X.] erworben worden, so dass die Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages mit Rechtsgrund erfolgt ist. Der Beklagte hat mit der Bewilligung der Fahrnis- und Forderungsexekution ein Pfändungspfandrecht an dem Kontoguthaben der Schuldnerin erlangt, als die Bewilligung am 23. Mai 2008 bei der Drittschuldnerin einging. Dabei ist nach § 11 [X.]. 1 [X.] von der Konkursfestigkeit des mit dem Pfändungspfandrecht erworbenen [X.]onderungsrechts auszugehen, weil es schon länger als sechzig Tage vor der Konkurseröffnung bestand (vgl. § 12 [X.]. 1 Satz 1 [X.]). Dieser Anspruch des Beklagten auf abgesonderte Befriedigung gestattet nach § 48 [X.]. 1 [X.] eine Auszahlung des gepfändeten Kontoguthabens an ihn. Durch die Auszahlung des gepfändeten Kontoguthabens ist das Pfändungspfandrecht in entsprechender Anwendung des § 469 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch erloschen und nicht mehr anfechtbar.

Wäre allein auf die Wirksamkeit des [X.] nach [X.] Recht abzustellen, wäre die Klage folglich unbegründet.

b) [X.] wird mit der Klage aber der ausgezahlte Betrag. Nach dem vom [X.] festgestellten [X.]n Recht ist die Auszahlung des Kontoguthabens vom 17. März 2009 nach [X.] Konkursrecht anfechtbar. Gemäß § 31 [X.]. 1 Nr. 2 [X.] ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlung anfechtbar, durch die ein Konkursgläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, wenn ihm die Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnungsantrag bekannt war oder bekannt sein musste. Die Auszahlung des gegenständlichen Betrages gewährte dem Beklagten zu einem Zeitpunkt eine Befriedigung, als ihm der Insolvenzeröffnungsantrag aufgrund eines Schreibens des Insolvenzverwalters vom 10. März 2009 bekannt war. Dabei stellt die im [X.] erlangte Befriedigung nach [X.] Konkursrecht eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der Norm dar. Zudem ist die allgemein von § 31 [X.]. 1 Nr. 2 [X.] vorausgesetzte Deckung auf Kosten der Masse im Streitfall erfüllt. Das erst nach der [X.] mit der Bewilligung der Fahrnis- und Forderungsexekution entstandene Pfändungspfandrecht war mangels Anspruchs auf Sicherung nach § 30 [X.]. 1 Nr. 1 [X.] zwar nur bis zu seinem Erlöschen anfechtbar. Damit erfolgte aber mit der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages eine die Masse schmälernde Vermögensverschiebung. Aufgrund der früheren Anfechtbarkeit des [X.] ist der Beklagte nicht als [X.]onderungsgläubiger, sondern als Konkursgläubiger im Sinne der Vorschrift zu behandeln (vgl. Vorlagebeschluss, aaO Rn. 13).

Damit ist nach dem vom [X.] festgestellten [X.] Recht zwar das Pfändungspfandrecht wegen seines Erlöschens als solches nicht mehr anfechtbar gewesen, wohl aber die aufgrund des [X.] erfolgte Auszahlung, um die es vorliegend geht.

Die Auszahlung ist deshalb nach beiden Rechtsordnungen grundsätzlich angreifbar, nach [X.]m Recht wegen des Eintritts der Unwirksamkeit des [X.], nach [X.] Recht trotz der Wirksamkeit des [X.] wegen der Anfechtbarkeit der Auszahlung, so dass sich allein aus der Konkursfestigkeit des [X.] nach [X.] Recht noch nichts dafür ergibt, dass auch die Auszahlung nach [X.] Recht in keiner Weise angreifbar war.

c) Nach [X.] Recht hätte die erforderliche Anfechtungsklage nach § 43 [X.]. 2 Satz 1 [X.] gleichwohl keinen Erfolg gehabt, weil seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 4. August 2008 bereits mehr als ein Jahr verstrichen war, bevor die Insolvenzanfechtungsklage im Oktober 2009 erhoben wurde. Würde sich die Fristenregelung nicht nach der lex causae, sondern nach dem [X.] gemäß Art. 4 EuInsVO richten, wäre dagegen die Klageerhebung rechtzeitig erfolgt, weil im [X.] Insolvenzanfechtungsrecht gemäß § 146 [X.]. 1 [X.] die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB gilt, die gewahrt ist (Vorlagebeschluss, aaO Rn. 14 f).

Deshalb stellen sich weiterhin die drei Fragen, die der Senat dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt und die dieser bejaht hat.

aa) Wie der Gerichtshof festgestellt hat, ist Art. 13 EuInsVO dahin auszulegen, dass er auch dann anwendbar ist, wenn die von einem Insolvenzverwalter angefochtene Auszahlung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gepfändeten Geldbetrages erst nach Eröffnung dieses Verfahrens erfolgt ist ([X.], aaO Rn. 43). Art. 13 EuInsVO ist demgemäß auf den vorliegenden Fall anwendbar.

bb) Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist Art. 13 EuInsVO dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift enthaltene Ausnahmeregelung auch die [X.], Anfechtungs- und Ausschlussfristen erfasst, die nach dem Recht vorgesehen sind, das für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rechtshandlung gilt ([X.], aaO Rn. 49). Nach [X.] Recht hätte die Anfechtungsklage aber wegen Versäumung der Anfechtungsfrist keinen Erfolg gehabt. Dies führt dazu, dass der Beklagte der Zahlungsklage Art. 13 EuInsVO erfolgreich entgegenhalten kann.

cc) Schließlich richten sich nach dem Urteil des Gerichtshofs die Formvorschriften für die Erhebung einer Insolvenzanfechtungsklage im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Art. 13 EuInsVO nach dem Recht, das für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rechtshandlung gilt ([X.], aaO Rn. 56), im vorliegenden Fall also nach [X.] Recht.

Während § 43 [X.]. 1, [X.], 2 [X.] vorsieht, dass die Anfechtung binnen eines Jahres ab der Konkurseröffnung durch Klage geltend zu machen ist, kann das Anfechtungsrecht nach [X.]m Recht durch Abgabe einer nicht formbedürftigen Willenserklärung ausgeübt werden, die zum Ausdruck bringt, dass der Insolvenzverwalter einen [X.] durchsetzen will. Diese Willenserklärung hat zwar als solche auf den Lauf der Verjährungsfrist nach [X.]m Recht keinen Einfluss, könnte aber das Vertrauen auf die Beständigkeit der Zahlung beseitigen, wie das Berufungsgericht gemeint hat. Eine entsprechende Erklärung hat der vormalige Insolvenzverwalter vor Ablauf der Jahresfrist durch Schreiben vom 3. Juni 2009 abgegeben, indem er die Anfechtung der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages erklärt hat (Vorlagebeschluss, aaO Rn. 27). Da die Art und Weise der Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs sich aber nach der lex causae richtet, hat der Kläger in offener [X.]r Frist die erforderliche Form nicht eingehalten.

III.

Da die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung von Art. 13 EuInsVO auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 [X.]. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Die Klage ist abzuweisen.

Kayser                  Vill                                Lohmann

               Pape                 [X.]

Meta

IX ZR 265/12

15.10.2015

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend EuGH, 16. April 2015, Az: C-557/13, Urteil

Art 4 EGV 1346/2000, Art 13 EGV 1346/2000, § 88 InsO, § 91 InsO, § 129 InsO, § 30 Abs 1 Nr 1 KO AUT, § 31 Abs 1 Nr 2 KO AUT, § 43 Abs 2 S 1 KO AUT

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.10.2015, Az. IX ZR 265/12 (REWIS RS 2015, 3873)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3873


Verfahrensgang

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Az. IX ZR 265/12

Bundesgerichtshof, IX ZR 265/12, 15.10.2015.

Bundesgerichtshof, IX ZR 265/12, 16.01.2014.

Bundesgerichtshof, IX ZR 265/12, 10.10.2013.


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