Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2017, Az. 1 StR 112/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 5070

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200917U1STR112.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR
112/17

vom
20. September 2017
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 20.
Septem-ber 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof.
Dr.
Jäger,
Prof.
Dr.
[X.],
[X.]in am Bundesgerichtshof
Dr.
Fischer
und [X.] am Bundesgerichtshof
Dr.
[X.],

Staatsanwältin

als Vertreterin der
Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung
-,
Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung
-

als Verteidiger,

Justizobersekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] ([X.]) vom 17.
November 2016 aufgehoben
a)
im Fall B.II.2. der Urteilsgründe,
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie
c)
hinsichtlich der Aussetzung der Vollstreckung der Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsan-stalt.
2.
Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu
neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverlet-zung sowie mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und wegen Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. [X.] ist dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. 1
-
4
-
Die Vollstreckung von Strafe und Maßregel hat das [X.] jeweils zur [X.] ausgesetzt.
Gegen das Urteil wendet sich die zuungunsten des Angeklagten einge-legte Revision der Staatsanwaltschaft mit sachlich-rechtlichen Beanstandungen gegen Teile des Schuldspruchs sowie insgesamt gegen den [X.].
Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
I.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und [X.] getroffen:
1.
Der u.a. an einem Hang zu übermäßigem Konsum von Cannabis und später geschädigten Zeugen [X.]

im [X.] 2015 etwa 120 bis 140
g Marihua-
na auf [X.]. Als Kaufpreis waren 1.200
Euro vereinbart worden. Die Zahlung des entsprechenden Betrags blieb jedoch trotz mehrerer Nachfragen des Angeklagten aus. Selbst seine Drohung gegenüber [X.]

, diesen bei der
Polizei mit der Behauptung anzuzeigen, [X.]

habe den Betrag gestohlen, führ-
te nicht zur Zahlung.
a)
Nachdem mehrere Versuche, den Zeugen [X.]

anzutreffen, erfolglos
geblieben waren, begab sich der Angeklagte am Tattag erneut zu diesem, um den Kaufpreis einzufordern. Dabei war dem Angeklagten bewusst, dass er den l-a-2
3
4
5
6
-
5
-
fenden Zeugen in dessen [X.] auf und fragte, was mit seinem (des Ange-klagten) Geld sei. Als [X.]

antwortete, dieses werde der Angeklagte nicht be-
kommen, wurde dieser wütend. Er entschloss sich nunmehr, den Zeugen [X.]

durch Anwendung von Gewalt zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises zu bewegen. Er schlug den Geschädigten mit der Faust in das Gesicht, was bei diesem zu einer leichten Schwellung und einem Bluterguss am Auge führte. Als sich der Zeuge [X.]

gegen weitere befürchtete Schläge des Angeklagten wehr-
te, sprühte dieser Pfefferspray aus einer mitgeführten Dose in Richtung des Geschädigten, ohne diesen allerdings zu treffen. [X.]

gelang es aus dem
[X.] zu fliehen, dessen Tür von außen zu verschließen und telefonisch die Polizei zu informieren (Fall
B.II.1. der Urteilsgründe).
b)
Der Angeklagte entschloss sich seinerseits,
durch das Fenster des [X.]s zu entfliehen. Zuvor nahm er jedoch aufgrund eines nunmehr gefass-ten Tatentschlusses einen im [X.] aufgefundenen, dem Zeugen [X.]

gehö-
renden [X.] mit einem Wert von ca. 300
Euro an sich, um ihn auf Dauer zu behalten. Anschließend sprang der Angeklagte mit seiner Beute aus dem [X.], warf außerhalb des Hauses die Dose mit dem Pfefferspray weg und ließ sich von einem weiteren Zeugen zunächst vom Tatort wegfahren. [X.] später rief er jedoch selbst bei der Polizei an und kehrte zum Tatort zurück,
so dass das [X.] zeitnah wieder an den Geschädigten [X.]

gelangte
(Fall
B.II.2. der Urteilsgründe).
2.
Das [X.] hat den Fall
B.II.1. als versuchte besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie mit versuchter gefährlicher Körperverletzung gewertet und eine dem Strafrah-men des §
250 Abs.
3 [X.] entnommene [X.] von einem Jahr und acht 7
8
-
6
-
Monaten verhängt. Im Fall
B.II.2. ist eine Verurteilung wegen Diebstahls zu
einer Geldstrafe von 120
Tagessätzen erfolgt.
II.
1.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Schuldspruch im Fall
B.II.2. der Urteilsgründe sowie auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
a)
Die Beschwerdeführerin hat zwar in der [X.] einen unbeschränkten Aufhebungsantrag gestellt. Die Revisionsbegründung lässt jedoch erkennen, dass das Rechtsmittel den Schuldspruch
im Fall
B.II.1. nicht erfassen soll.
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegrün-dung, ist unter Berücksichtigung von Nr.
156 Abs.
2 [X.] das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 11.
Juni 2014

2
StR
90/14, [X.], 285;
vom 22.
Februar 2017

5
StR
545/16;
vom
26.
April 2017

2
StR
47/17, [X.], 201
und vom 6.
Juli 2017

4
StR
415/16, [X.] 2017, Nr.
8, 18). Dies führt zu der genannten Beschränkung. Un-geachtet der in der Revisionsbegründung enthaltenen Wendung, die Ausfüh-
umfassende Revision vor. Die Begründung des Rechtsmittels, das erkennbar, wenn auch nicht ausdrücklich ausschließlich zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist, enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass auch der Schuldspruch im Fall
B.II.1.
angefochten werden soll. Dieser bildet vielmehr gerade die Grundla-ge der von der Beschwerdeführerin insoweit erhobenen Einwendungen gegen die Bemessung der entsprechenden [X.].
9
10
11
-
7
-
b)
Die Rechtsmittelbeschränkung ist wirksam. Bei den dem Schuldspruch zugrunde liegenden Taten handelt es sich angesichts der durch die Flucht des Zeugen [X.]

aus [X.] gebildeten Zäsur sowie dem erst anschließend
gefassten Tatentschluss zur Wegnahme des [X.]s um verschiedene [X.] Taten im Sinne von §
53 [X.].
c)
Mit der ausdrücklichen Beanstandung des Strafausspruchs ist [X.] auch der [X.], zu dem sich das Rechtsmittel der [X.] nicht verhält, angefochten. Da die Beschwerdeführerin auch die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung bean-standet, schließt §
67b Abs.
1 Satz
2 [X.] eine getrennte Entscheidung über den Vollzug von Strafe einerseits und Maßregel andererseits aus.
2.
Der Schuldspruch hält im Fall
B.II.2. der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hätte das [X.] den Angeklagten nicht lediglich wegen Diebstahls gemäß §
242 [X.], sondern wegen Diebstahls mit Waffen gemäß §
244 Abs.
1 Nr.
1a [X.] verurteilen müssen.
a)
Das Pfefferspray ist ein von §
244 Abs.
1 Nr.
1a [X.] erfasstes Tat-

Fischer, [X.], 64.
Aufl., §
244 Rn.
4; [X.],

andere

Juni 2012

3
StR
186/12, [X.], 308 [bzgl. §
250 Abs.
2 Nr.
1 [X.]], wohl auch [X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2008

5
StR
445/08, [X.]St 52, 376, 377 Rn.

Begriff grundlegend [X.], Beschluss vom 4.
Februar 2003

GSSt
2/02, [X.]St 48, 197,
203
ff.) könnte sprechen, dass mit Pfefferspray gefüllte Dosen als trag-bare Gegenstände gemäß §
1 Abs.
2 Nr.
2 Buchst.
a [X.] (i.V.m.
Anlage
1 12
13
14
15
-
8
-
Abschnitt
1 Unterabschnitt
2 Nr.
1.2.2.) sogar als Waffen im waffenrechtlichen Sinn in Betracht kommen (MünchKomm[X.]/[X.], 2.
Aufl., Band
8, [X.] §
1 Rn.
117; [X.]/[X.], [X.], Anlage
1 Rn.
105
f.; siehe auch
[X.] aaO). Jedenfalls h
, Beschluss vom 12.
Juni 2012

3
StR
186/12, [X.], 308 [bzgl. §
250 Abs.
2 Nr.
1 [X.]]), weil das in der Dose enthaltene Pfefferspray nach seiner konkreten objektiven Beschaffenheit geeignet ist,
einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen (zum Maßstab [X.], Beschluss vom 21.
Juni 2012

5
StR
286/12, [X.], 571
f. [X.]; grundle-gend Beschluss vom 3.
Juni 2008

3
StR
246/07, [X.]St 57, 257, 269 Rn.
32).
b)
Aus den zu den Taten und dem Nachtatgeschehen getroffenen Fest-stellungen ergibt sich, dass der Angeklagte das Pfefferspray während der ge-samten Ausführungsphase des Diebstahls am [X.] bei sich geführt hat. Für dieses Merkmal genügt

wie bei der weitgehend inhaltsgleichen Qualifikation aus §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG ([X.], Urteil vom 14.
Januar 1997

1
StR
580/96, [X.]St 42, 368, 371; [X.]
244 Rn.
27), wenn der Täter den fraglichen Gegenstand bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn sich der Gegenstand derart in räumlicher Nähe befindet, dass ein Zugriff ohne nen-nenswerten Zeitaufwand und ohne nennenswerte Schwierigkeiten möglich ist; dafür genügt in räumlicher Hinsicht Griffweite (näher [X.], Urteil vom 12.
Ja-nuar 2017

1
StR
394/16, [X.], 378 Rn.
7 [X.] [zu §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG]). Ausweislich des festgestellten tatsächlichen Geschehens zu Tat
B.II.1. hatte der Angeklagte das Pfefferspray zeitlich kurz vor dem Diebstahl in Rich-tung des Zeugen [X.]

eingesetzt. Die Dose mit dem Pfefferspray warf er erst
weg, nachdem er mit dem an sich genommenen [X.] aus dem Fenster des vom Zeugen bewohnten [X.]s gesprungen war (UA S.
14). Das belegt die 16
-
9
-
objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Qualifikation gemäß §
244 Abs.
1 Nr.
1a [X.].
c)
Für die Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen kommt es nicht [X.] an, dass sich zum Zeitpunkt dieser Tat keine andere Person als der Ange-klagte in [X.] aufhielt, nachdem dem Zeugen [X.]

seine Flucht und
das Einschließen des Angeklagten gelungen waren. Der Grund für die gegen-über dem Grundtatbestand höhere Strafdrohung liegt gerade in der mit dem Beisichführen eines gefährlichen Gegenstandes einhergehenden erhöhten ab-strakt generellen Gefährlichkeit der Tatbegehung, die ihrerseits ihre Ursache in der latenten Gefahr des Einsatzes der fraglichen Gegenstände als Nötigungs-mittel findet ([X.], Beschluss vom 3.
Juni 2008

3
StR
246/07, [X.]St 52, 257, 268 Rn.
30 [X.]). Diese erhöhte generelle Gefährlichkeit hat den Gesetzgeber des [X.] (vom 28.
Januar 1998, BGBl.
I S.
164) veranlasst, den Anwendungsbereich der Qualifikation über die zuvor allein erfassten Schusswaffen hinaus zu erweitern (vgl. BT-Drucks. 13/9064, S.
18).
d)
Da die Aufhebung des Schuldspruchs zu Tat
B.II.2. ihren Grund allein in einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung des [X.] bei rechtsfehler-frei getroffenen Feststellungen hat, bleiben diese bestehen (vgl. §
353 Abs.
2 StPO).
3.
Bereits die vorgenannte Aufhebung des Schuldspruchs entzieht der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe insgesamt die Grundlage. Angesichts des gegenüber dem Diebstahl deutlich höheren gesetzlichen Strafrahmens des §
244 Abs.
1 [X.] kann der Senat die Verhängung einer höheren Gesamtstrafe nicht sicher ausschließen, wenn das [X.] die [X.] für die Tat
B.II.2. der Urteilsgründe auf der Grundlage von §
244 [X.] zugemessen 17
18
19
-
10
-
hätte. Das gilt erst recht angesichts des Umstands, dass die [X.] von 120
Tagessätzen Geldstrafe lediglich bei Annahme eines minder
schweren [X.] (§
244 Abs.
3 [X.]) und unter den zusätzli-chen Voraussetzungen von §
47 Abs.
2 Satz
2 [X.] hätte verhängt werden können. Vor dem Hintergrund der festgestellten besonderen Umstände der [X.] und des [X.] des Angeklagten wird der neue Tatrichter die Möglichkeit einer Bestrafung aus dem Strafrahmen des minder
schweren Falls aber nicht aus dem Blick verlieren.
Die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs bei bewährungsweiser Aussetzung der Strafvollstreckung führt wegen der durch §
67b Abs.
1 Satz
2 [X.] hergestellten Verknüpfung auch zur Aufhebung des Ausspruchs über die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt.
4.
Der Strafausspruch im Fall
B.II.1. der Urteilsgründe enthält keinen durchgreifenden, den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler.
a)
Es ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] einen minder schweren Fall der versuchten besonders schweren räuberi-schen Erpressung bejaht und deshalb die verhängte [X.] dem Ausnah-mestrafrahmen des §
250 Abs.
3 [X.] entnommen hat.
aa)
Ob ein derart besonderer Ausnahmefall vorliegt, dass die Anwen-dung des Regelstrafrahmens nicht mehr angemessen erscheint, ist daran aus-zurichten, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maß
abweicht, dass die Anwendung eines Ausnahmestrafrah-mens
geboten erscheint. In die damit gebotene Gesamtwürdigung sind alle 20
21
22
23
-
11
-
Umstände einzubeziehen, die für die Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorangehen oder ihr nachfolgen (st. Rspr.; siehe nur [X.], Urteil vom 15.
März 2017

2
StR
294/16, [X.], 2776 Rn.
16 [X.], zur Veröffentlichung in [X.]St vorgesehen).
Die Annahme oder Ablehnung eines (unbenannten) minder schweren Falls durch das Tatgericht unterliegt revisionsgerichtlicher Prüfung

wie die Strafzumessung insgesamt

lediglich auf Rechtsfehler hin (zum Maßstab nä-her [X.], Urteil vom 13.
Juli 2017

1
StR
536/16, Rn.
64 [X.]). Eine ins Ein-zelne gehende [X.] ist ausgeschlossen (st. Rspr.; [X.], [X.] vom 10.
April 1987

GSSt
1/86, [X.]St 34, 345, 349; Urteil vom 12.
Januar 2016

1
StR
414/15, [X.], 107 und vom 13.
Juli 2017

1
StR
536/16, Rn.
64 [X.]).
bb)
Das [X.] hat seinen Erwägungen zur Anwendung des [X.] in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Gesamt-würdigung sowohl der die Tat als auch die Person des Angeklagten prägenden Umstände zugrunde gelegt. Entgegen der von der Revision erhobenen Bean-standung
erschöpft sich diese Würdigung nicht in einer schlichten Aufzählung von Strafschärfungs-
und Strafmilderungsgründen. Vielmehr hat das [X.] erkennbar eine Gewichtung der berücksichtigten Strafzumessungskriterien vorgenommen, wie sich insbesondere an
den Ausführungen zu der Bedeutung der früheren Straffälligkeit des Angeklagten und des Umstandes zeigt, dass die verfahrensgegenständlichen Taten während laufender Bewährung begangen wurden. Soweit der Tatrichter dabei den als Jugendlicher und Heranwachsen-der begangenen früheren Straftaten des Angeklagten einen deutlich geringeren

21)

offenbar im Vergleich zur Aburteilung auf der 24
25
-
12
-
Grundlage des allgemeinen Strafrechts

beigemessen hat, erweist sich dies nicht als durchgreifender Rechtsfehler. Der äußere Unrechtsgehalt einer von jugendlichen oder heranwachsenden Tätern verübten Tat unterscheidet sich zwar nicht von dem bei der Tatbegehung durch nicht in den [X.] fallende Täter (vgl. MünchKomm[X.]/[X.], 2.
Aufl., Band
6, [X.] §
17 Rn.
20
f.). Allerdings ist das für die Strafzumessung bedeutsame Ausmaß des vorwerfbar, also schuldhaft verwirklichten Unrechts bei jugendli-chen und

ggf. (vgl. §
105 Abs.
1 [X.])

heranwachsenden Straftätern unter Berücksichtigung der
entwicklungsbedingten Besonderheiten in jugendspezifi-scher Weise zu bestimmen ([X.], Urteile vom 20.
April 2016

2
StR
320/15, NJW 2016, 2050, 2051 und vom 4.
August 2016

4
StR
142/16, [X.], 325, 326 [X.]). Für die [X.] kommt es aber gerade auf die-sen strafzumessungsrelevanten Schuldgehalt früherer Straftatbegehung an.
Die Gewichtung der in die gebotene Gesamtwürdigung eingestellten Strafzumessungskriterien zeigt sich im Übrigen u.a. darin, dass das [X.] lediglich unter Verbrauch des vertypten [X.] aus §
23 Abs.
2 [X.] zum minder schweren Fall gemäß
§
250 Abs.
3 [X.] gelangt ist.
b)
Auch die konkrete Strafzumessung innerhalb des [X.] enthält unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen [X.] keine den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler.
Soweit die Revision die Erörterung von einzelnen Umständen, wie etwa den Wert des erstrebten Vorteils, in der Strafzumessung vermisst, liegt kein Rechtsfehler vor. Der Tatrichter muss nicht sämtliche Strafzumessungsgründe, sondern nur die für die Strafe bestimmenden Umstände angeben (§
267 Abs.
3 Satz
1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägun-gen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher
Strafzumes-26
27
28
-
13
-
sungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 16.
April 2015

3
StR
638/14, [X.], 240;
Beschluss vom 13.
April 2017

4
StR
414/16, [X.], 196).
Angesichts dessen erweist sich die nicht ausdrückliche Berücksichtigung des vom Angeklagten erstrebten [X.] nicht als rechtsfehlerhaft. Die Beanstandung, das [X.] habe bei der konkreten Strafzumessung innerhalb des gemilderten Strafrahmens des §
250 Abs.
3 [X.] durch [X.] auf die Erwägungen zur Annahme des [X.] nochmals das Verbleiben der Tat im Versuchsstadium gewertet, dringt ebenfalls nicht durch. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei bei der [X.] unter [X.] auf §
50 [X.] eine weitere Verschiebung des Strafrahmens aus §
250 Abs.
3 [X.] über §
23 Abs.
2, §
49 Abs.
1 [X.] abgelehnt (UA S.
21/22). Es kann ausgeschlossen werden, dass das Tatgericht bei der [X.] dem vertypten [X.] dennoch nochmals bestimmenden strafmildernden Einfluss beigemessen hätte.
5.
Die Teilaufhebungen des Rechtsfolgenausspruchs bedingen keine Aufhebung der jeweils zugehörigen, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende aber nicht in Widerspruch dazu stehende Feststellungen zu treffen.
6.
Der Senat weist darauf hin, dass die durch das Tatgericht gewährte Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß §
56 Abs.
1 und 2 [X.] sich bei isolierter Prüfung anhand der dafür geltenden Maßstäbe (dazu
[X.], Urteil vom 6.
Juli 2017

4
StR
415/16, Rn.
22 ff. [X.]) als rechtsfehlerfrei erwiese. Das gilt auch für den Ausschluss des [X.] aus §
56 Abs.
3 [X.] (zu
diesem ebenfalls näher [X.] aaO Rn.
29). 29
30
31
-
14
-
Die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt gemäß §
67b Abs.
1 Satz
1 [X.] hielte für sich genommen ebenfalls rechtlicher Überprüfung
stand. Die Aufhebung der insoweit getroffe-nen Bewährungsentscheidung folgt

wie ausgeführt

allein aus der durch §
67b Abs.
1 Satz
2 [X.] hergestellten Koppelung mit der Aussetzungsent-scheidung hinsichtlich der parallel verhängten Freiheitsstrafe.
7.
Der
Schuldspruch im Fall
B.II.2.
der Urteilsgründe und der [X.] insgesamt enthalten keinen Fehler zum Nachteil des Angeklag-ten D.

, worauf die Prüfung des Senats gemäß §
301 StPO wegen der wirk-
samen Beschränkung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft begrenzt ist (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Dezember 2001

1
StR
428/01, insoweit in NStZ 2002, 198 nicht abgedruckt).
a)
Durch die Verurteilung im Fall
B.II.2. lediglich wegen Diebstahls (§
242 [X.]) statt wegen Diebstahls mit Waffen gemäß §
244 Abs.
1 Nr.
1a [X.] (oben Rn.
14-17) ist der Angeklagte nicht nachteilig betroffen.
b)
Die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß §
64 [X.] sind in beanstandungsfreier Weise be-legt.
aa)
Das sachverständig beratene [X.] hat das Vorliegen eines Hangs aufgrund der Abhängigkeit des Angeklagten von Cannabis und syntheti-schen Cannabinoiden rechtsfehlerfrei festgestellt. Die bis zur tatrichterlichen Hauptverhandlung bereits absolvierte stationäre Therapie steht der Abhängig-keitserkrankung nicht entgegen.
32
33
34
35
-
15
-
bb)
Die Feststellungen tragen die Annahme eines symptomatischen [X.] zwischen den hier verfahrensgegenständlichen Taten und dem Hang des Angeklagten, die genannten berauschenden Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Für
diesen Zusammenhang braucht der Hang nicht die [X.] Ursache für die begangenen erheblichen rechtswidrigen Taten zu sein. Es genügt dessen Mitursächlichkeit sowohl für die in der Vergangenheit liegenden Taten als auch für in der Zukunft zu erwartende (vgl. [X.], Urteile vom 8.
De-zember 2016

1
StR
351/16, [X.], 277, 278 und vom 22.
Juni 2017

1
StR
652/16, Rn.
20 sowie Beschluss vom 12.
Januar 2017

1
StR
604/16, [X.], 198). Im Hinblick auf die fraglichen Taten ergibt sich diese [X.] im Ergebnis bereits aus dem Umstand, dass die Tatbegehung in einer Phase intensiven eigenen Drogenkonsums des Angeklagten (vgl. UA S.
5) bei geringen legalen Einkünften erfolgtefrüheren Rauschgiftgeschäft einzutreiben.
cc)
Die aufgrund des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft gebotene Aufhebung des Schuldspruchs im Fall
B.II.2. entzieht weder der Annahme des symptomatischen Zusammenhangs noch der Gefährlichkeitsprognose des [X.] die Grundlage. Die rechtsfehlerfrei zu dieser lediglich fehlerhaft materiell-rechtlich gewürdigten Tat getroffenen Feststellungen liegen als An-knüpfungstatsachen vor. Bezogen auf die Hauptverhandlung als maßgeblichen Zeitpunkt für die tatrichterliche Prognose ([X.], Urteil vom 3.
August 2017

4
StR
193/17, [X.], 309 Rn.
16 [X.]) hat das auch insoweit [X.] beratene [X.] die Wahrscheinlichkeit zukünftiger erheblicher Straftaten beanstandungsfrei festgestellt. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Unterbringungsentscheidung kommt es wegen der Maßgeblichkeit des ge-nannten Urteilszeitpunkts vorliegend nicht darauf an, ob sich möglicherweise in der aufgrund der Teilaufhebung auf Revision der Staatsanwaltschaft hin erfor-36
37
-
16
-
derlichen neuen Hauptverhandlung weitere Erkenntnisse ergeben können, die an sich auch für die Voraussetzungen des §
64 [X.] relevant wären. In ande-ren Konstellationen zur Bewährung ausgesetzter Freiheitsstrafe und kumulativ erfolgter Unterbringung gemäß §
64 [X.], etwa bei der Prüfung der Wirksam-keit einer Rechtsmittelbeschränkung durch einen Beschwerdeführer, kann [X.] gelten (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 16.
Februar 2012

2
StR
29/12, [X.], 202, 203).
Ein hinreichend sicherer Therapieerfolg bei dem Angeklagten wird im angefochtenen Urteil ebenfalls rechtsfehlerfrei dargelegt.
Raum
Jäger
[X.]
Rin[X.] Dr.
Fischer ist im Urlaub und deshalb an der [X.].
Raum
[X.]

38

Meta

1 StR 112/17

20.09.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2017, Az. 1 StR 112/17 (REWIS RS 2017, 5070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5070

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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