Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2017, Az. AK 43/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 4949

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:210917BAK43.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 43/17
vom
21. September 2017
in dem Strafverfahren
gegen

wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen [X.]
u.a.

-
2
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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der [X.] sowie des Angeschuldigten und seines Verteidi-gers am 21.
September 2017 gemäß §§
121, 122 [X.] beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe:
I.
Der Angeschuldigte wurde auf Grund des Haftbefehls der [X.] vom 23.
Februar 2017 am 28.
Fe-bruar 2017 festgenommen und befindet sich seit dem 1.
März 2017 in Untersu-chungshaft, unterbrochen durch die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe vom 23.
März bis zum 28.
März 2017.
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe in [X.] und anderswo

durch zwei selbständige Handlungen (gemeinschaftlich handelnd) jeweils eine ausländische [X.] unterstützt, deren Zwecke oder deren Tä-tigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§
211 StGB), Totschlag (§
212 1
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StGB), Völkermord (§
6 [X.]), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§
7 [X.]) oder Kriegsverbrechen (§§
8, 9, 10, 11 oder 12 [X.]) zu begehen, und durch jeweils dieselbe Handlung eine schwere [X.] Gewalttat, insbesondere gegen das Leben in den Fällen des §
211 StGB oder des §
212 StGB oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des §
239a StGB oder des §
239b StGB, die nach den [X.] bestimmt und geeignet sei, den Bestand oder die Sicherheit ei-nes Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der [X.] zu besei-tigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben, vorbereitet, indem er für deren Begehung nicht unerhebliche Vermögenswerte gesammelt, entgegengenommen oder zur Verfügung gestellt habe, sowie

durch eine weitere selbständige Handlung über eine Kriegswaffe sonst die tatsächliche Gewalt ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächli-chen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollge-setz beruht habe,
strafbar gemäß §
89a Abs.
1, 2 Nr.
4 aF, §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
5 Satz 1, §
129b Abs.
1 Satz 1, 2, §
25 Abs.
2, §§
52, 53 StGB, §
22a Abs.
1 Nr.
6 [X.] i.V.m. Teil
B Abschnitt
V Nr.
29 Buchst.
c der Anlage zu §
1 Abs.
1 [X.] (Kriegswaffenliste).
Mit Anklageschrift vom 29.
Mai 2017 hat die [X.] am 16.
Juni 2017 Anklage gegen den Angeschuldigten wegen der im Haftbefehl geschilderten Taten zum [X.] erhoben.

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4
-
II.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft
über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Der Angeschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vom 23.
Februar 2017 zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
a) Im Sinne eines dringenden Tatverdachts ist von folgendem [X.] auszugehen:
aa) Die [X.]"
Bei der [X.] (auch "[X.] ash-Sham", übersetzt: "Soldaten [X.]s") handelt es sich um eine Gruppierung, die im August 2013 erstmals medial in Erscheinung trat und die auf Seiten der islamistischen Gegner des [X.] in
den [X.] eingriff. Ihr Anführer ist der Tschetschene Muslim Margoshvili alias Muslim [X.], der über Kampfer-fahrung aus den [X.] [X.]kriegen verfügt und als [X.] einer in [X.] operierenden Gruppierung fungiert hatte. Da ihm die Rück-kehr nach [X.] nicht gelang, entschloss er sich im [X.] zu-sammen mit einem Teil seiner Kämpfer, überwiegend Tschetschenen, aber auch Angehörige westlicher [X.], zur Auswanderung nach [X.], um dort am Kampf gegen das Assad-Regime teilzunehmen.
Er sah seine Verbündeten vor allem in weiteren in [X.] kämpfenden Gruppierungen kaukasischer Herkunft und unterhielt unter anderem enge Be-ziehungen zu [X.], der sich im Juli 2013 mit mehrheitlich nord-kaukasischen Kämpfern von einer anderen jihadistischen Organisation, der "[X.] wal-Ansar" (kurz: [X.]), getrennt hatte, nachdem diese sich dem sog. "Islamischem Staat im [X.] und Großsyrien" ([X.]) zugewandt 5
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hatte. Die [X.] führte mit [X.] und seinen Anhän-gern sowie mit einer Gruppierung um [X.] gemeinsame Ope-rationen durch und blieb -
trotz enger Zusammenarbeit mit anderen Gruppie-rungen wie etwa der [X.], der sich wiederum [X.] angeschlossen hatte, oder gemeinsamen Aktionen mit dem [X.] -
selbständig, ohne sich einer anderen Gruppierung unterzuordnen. Die Eigenständigkeit der Organisation bekräftigte [X.] mit einer am 30.
Juni 2014 über [X.] veröffentlichten [X.], in der er erklärte, [X.] einer eigenen Gruppe zu sein, die sich schon seit zwei Jahren in [X.] aufhalte und auch Kämpfer aus [X.] in ihren Reihen habe. Die [X.] bekennt sich zudem dazu, "junge [X.], die aus der ganzen Welt zum [X.] kommen", zu trai-nieren.
Anführer der [X.] ist -
wie dargelegt -
Muslim [X.], dem sein Stellvertreter [X.] sowie mehrere Kommandeure zur Seite stehen. Die Stärke der Gruppierung ist nicht bekannt; die Anzahl der Kämpfer
wird auf mehrere Hundert geschätzt.
Ziel der [X.] ist der Kampf gegen die "Ungläubigen" in [X.] und die Errichtung eines islamistischen Gottesstaates dort und in den angren-zenden Ländern sowie darüber hinaus letztlich auch im [X.]. Dieses Ziel sucht sie durch militärische Operationen zu erreichen. Im August 2013 [X.] sich die Gruppierung an den Kämpfen gegen die Regierungstruppen um die Hügelkette von [X.] nahe [X.]. Im Februar 2014 nahm sie gemeinsam mit der [X.] am Angriff auf das Zentralgefängnis in [X.] teil, den Muslim [X.] befehligte. Im März 2014 führte die [X.] eine weitere Operation in der Nähe von [X.] namens "Anhöhe Turm 45" durch.
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bb) Die Tathandlungen des Angeschuldigten
(1) Anfang
oder Mitte des Jahres 2013 fassten der Angeschuldigte sowie die Mitangeschuldigten D.

und [X.].

, die allesamt extremistisch-islamisch eingestellt sind und der sog. Salafistenszene angehören, gemeinsam den Ent-schluss, die [X.] durch die Lieferung von Kraftfahrzeugen nach [X.] zu unterstützen. Ihnen kam es darauf an, dass die Fahrzeuge von Mitglie-dern der [X.] bei Kampfhandlungen in [X.] eingesetzt und somit der Fortbestand und die Betätigung der Organisation gefördert werden. In [X.] nahmen der Angeschuldigte und die beiden [X.] die folgenden zwei Lieferungen vor:
(a) Am oder nach dem 2.
Juli 2013 beschafften sie sich einen gebrauch-ten Krankentransportwagen [X.], den der Angeschuldigte am 15.
Juli 2013 auf sich zuließ. Er und der Mitangeschuldigte D.

brachten das Fahrzeug ab dem 16.
Juli 2013 im Rahmen eines von der [X.]" durchgeführten [X.] von [X.] nach [X.], wo der Angeschuldigte [X.] Ausfuhrkennzeichen anbringen ließ, und von dort über [X.], [X.], [X.] und [X.] in die [X.]. In [X.] stieg am 19.
Juli 2013 der Mitangeschuldigte [X.].

zu. Gemeinsam fuhren die drei Angeschuldigten weiter über den [X.] Grenzort [X.] nach [X.], wo sie im Laufe des 24.
Juli 2013 ankamen. Bis zum 29.
Juli 2013 übergaben sie den Krankentransportwagen Mitgliedern der [X.].
(b) Im Zeitraum vom 20.
September bis zum 26.
November 2013 kaufte der Angeschuldigte -
teilweise allein, teilweise zusammen mit den [X.] und teilweise über von ihm beauftragte Dritte -
sechs gebrauchte Kraftfahrzeuge, nämlich einen Geländewagen [X.], zwei ge-ländegängige Pick-Ups [X.], zwei Vans Chrysler Grand Voyager so-13
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wie einen [X.]. Gemäß dem vom Mitangeschuldigten [X.].

in Abstimmung mit dem Angeschuldigten erteilten Auftrag brachte eine Spedition die Fahrzeuge in die [X.]:
Am 27.
November 2013 holte sie ein Mitarbeiter des Unternehmens mit einem Autotransporter in [X.] ab; dort verluden
sie der [X.] sowie die anderweitig Verfolgten [X.]

, M.

, Ka.

und K.

. Der Autotransporter fuhr die Fahrzeuge nach [X.]. Von dort wurden sie am 7.
Dezember 2013 nach [X.] ([X.]) verschifft, wo sie am 19.
Dezember 2013 ankamen. Entsprechend dem gemeinsamen [X.] veranlasste der [X.] D.

am 27.
September 2013 die Überweisung des von der Spedition in Rechnung gestellten Transporte

Der Angeschuldigte organisierte zwischen dem 7.
Februar und dem 17.
Februar 2014 bei dem Funktionär Mu.

des sog. [X.] ("Mesjid Sahabe") die für den Weitertransport der Fahrzeuge von der [X.] nach [X.] erforderlichen 8.000 US-$. [X.] gelangten dementsprechend kurz vor dem oder am 17.
Februar 2014 über den Grenz-übergang [X.] nach [X.] zu einem Mitglied der [X.] na-mens "A.

", der sie nach Rücksprache mit dem und auf Anweisung des Angeschuldigten weiterverteilte. Mehrere der Fahrzeuge wurden an den Anfüh-rer ("[X.]") der [X.], Muslim [X.], übergeben.
(2) Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 10.
September 2013, vermutlich zwischen dem 23.
und dem 30.
Juli 2013, als sich der [X.] bei Übergabe des [X.] (oben [X.])) in der
näheren Umgebung der [X.] Ortschaft [X.] und/oder in der Gegend um den [X.] Grenzort [X.] in [X.] aufhielt, hatte er die Sachherr-schaft über ein vollautomatisches Sturmgewehr Kalaschnikow AK
47 inne.
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-
(3) Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Haftbefehl der [X.] vom 23.
Februar 2017 und die An-klageschrift der [X.] vom 29.
Mai 2017 verwie-sen.
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich hinsichtlich der ausländischen terroristischen [X.] [X.] insbesondere aus den Gutachten des islamwissenschaftlichen Sachverständigen Dr.
S.

vom 22.
März 2014 und vom 28.
April 2015.
Zu den Tatvorwürfen hat sich der Angeschuldigte ebenso wie die Mitan-geschuldigten [X.].

und D.

bisher nicht eingelassen. Insoweit gründet sich der dringende Tatverdacht auf die in der Anklageschrift angegebenen Be-weismittel. Nach Aktenlage werden die dem Angeschuldigten angelasteten Ta-ten vor allem durch die Aussagen staatsanwaltlich und polizeilich einvernom-mener Zeugen, die Einträge in den Reisepässen des Angeschuldigten sowie der Mitangeschuldigten, die Auswertung der bei ihnen sichergestellten Mobil-telefone und Computer (Laptop, [X.]), die Ergebnisse der Telefonüberwachung sowie die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, namentlich auf Grund von
[X.], belegt.
Von besonderer Relevanz ist dabei die Beweislage zu den Übergaben des [X.] und der sechs anderen Kraftfahrzeuge an die [X.]. Dass dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich die Fahr-zeuge -
dem [X.] entsprechend -
überlassen wurden,
ergibt sich insbeson-dere aus den Angaben der Zeugen

Kan.

und

P.

sowie den aufgezeichneten Äußerungen der drei Angeschuldigten und des "A.

" bei überwachten Telefongesprächen am 15.
Juni 2013, am 8.
und 17.
August 2013, am 3.
März 2014 sowie am 19.
und 28.
April 2014. 20
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9
-
Beweisbedeutung hat auch die [X.] der Angeschuldigten betreffend den hochrangigen [X.]-al-Sham-Kämpfer

C.

vom 2.
und 15.
Oktober 2013, 22.
November 2013 sowie 9.
Januar 2014, ebenso das diesen zeigende auf dem Mobiltelefon [X.] des [X.]n gespeicherte Lichtbild.
Ferner ist die Ausübung der Sachherrschaft über das vollautomatische Sturmgewehr Kalaschnikow AK
47 auf -
durch die Ermittlungen gewonnenen -
Lichtbildern zu erkennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf das in der Anklageschrift ausführlich dargelegte wesentliche Ergebnis der bisherigen Er-mittlungen.
c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass der Angeschuldigte jedenfalls dringend verdächtig ist, sich wegen Unterstützung einer terroristischen Vereini-gung im Ausland (§
129a Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 Satz
1, §
25 Abs.
2 StGB) in zwei Fällen sowie (§
53 StGB) wegen vorsätzlicher Ausübung der
tat-sächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe (§
22a Abs.
1 Nr.
6 [X.]) strafbar gemacht zu haben.
aa) Die Gruppierung [X.] stellt nach den vorliegenden Er-kenntnissen eine außereuropäische terroristische [X.] dar, die der [X.] durch jede der beiden Lieferungen von Kraftfahrzeugen jeweils als Mittäter unterstütze.
Bei einem vollautomatischen ([X.] handelt es sich um eine Kriegswaffe im Sinne von Teil
B Abschnitt
V Nr.
29 Buchst.
c der Anlage zu §
1 Abs.
1 [X.] (Kriegswaffenliste), so dass der unmittelbare Besitz sowohl nach ungenehmigtem derivativen als auch nach nicht angezeigtem originären Erwerb 24
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-
(s. hierzu MüKoStGB/[X.], 2.
Aufl., §
22a [X.] Rn.
75; [X.]-dorf/[X.], Waffenrecht, 10.
Aufl., §
22a [X.] Rn.
8, 8b)
den Straftatbe-stand des §
22a Abs.
1 Nr.
6 Buchst.
a oder
b [X.] erfüllt.
Anhaltspunkte dafür, dass der [X.] der Übergabe des [X.] an die [X.] diente, bestehen nicht. Daher begegnet die Annahme von Tatmehrheit keinen rechtlichen Bedenken.
[X.] Strafrecht ist anwendbar (zum Strafanwendungsrecht in den Fällen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an oder Unterstützung einer außer-europäischen terroristischen [X.] sowie der Ausübung der tatsächli-chen Gewalt über eine Kriegswaffe in [X.] s. im Einzelnen [X.], Beschluss vom 6.
Oktober 2016 -
AK 52/16, juris Rn.
33
ff.).
Die nach §
129b Abs.
1 Satz
2 und
3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Unterstützern der [X.] liegt in der Fassung vom 28.
März 2014 vor.
bb) Da bereits der dringende Tatverdacht bezüglich der genannten [X.] die Fortdauer der Untersuchungshaft trägt, kann offen bleiben, ob das [X.] Ermittlungsergebnis auch den dringenden Verdacht der mit den zwei Unter-stützungshandlungen jeweils idealkonkurrierenden Vorbereitung einer schwe-ren staatsgefährdenden Gewalttat (§
89a Abs.
1, 2 Nr.
4 StGB aF) begründet. Dies könnte vor allem zweifelhaft sein, weil die Kampfhandlungen, für die die Angeschuldigten der [X.] die Kraftfahrzeuge zur Verfügung stellten, nicht ansatzweise konkretisiert sind (vgl. auch [X.], Beschluss vom 6.
April 2017 -
3
StR 326/16, juris Rn.
12, 14, 17
ff.).
2. Beim Angeschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§
112 Abs.
2 Nr.
2 [X.]).
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-
Die Gesamtwürdigung der Umstände des Falls macht es wahrscheinli-cher, dass sich der Angeschuldigte, würde er aus der Haft entlassen, dem Strafverfahren entzieht, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde. Der Angeschuldigte ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zweimal bei der Beschaffung von Kraftfahrzeugen für die [X.] unterstützend tätig geworden; jede Tat ist im Regelfall mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht (§
129a Abs.
5 Satz
1 StGB). Ihm liegt nach den bisherigen Ermittlungen des Weiteren ein Verbrechen gemäß §
22a Abs.
1 Nr.
6 [X.] zur Last, für das der Regelstrafrahmen Freiheitsstrafe zwischen einem und fünf Jahren vorsieht. Der Angeschuldigte hat daher mit einer empfindlichen Gesamt-freiheitsstrafe zu rechnen, die einen hohen Fluchtanreiz bietet.
Fluchthemmende Umstände, die geeignet sind, dem von der zu erwar-tenden Haftstrafe ausgehenden Fluchtanreiz hinreichend entgegenzuwirken, liegen nicht vor; im Gegenteil: Der Angeschuldigte, über dessen Schul-
und Be-rufsausbildung keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen und der in [X.] keiner geregelten Arbeit nachgegangen war, war mit seiner Familie am 10.
Juli 2016 auf Dauer nach [X.] umgesiedelt. Zwar war er im Inland noch mit einem Nebenwohnsitz bei einem Angehörigen der Salafistenszene gemel-det; dessen vormalige Wohnung unter der Meldeanschrift steht allerdings seit dem 30.
Januar 2017 leer und ist bereits anderweitig vermietet. Außerdem hat der Angeschuldigte auf Grund seiner Einbindung in ein salafistisches Netzwerk gute Kontakte zu Personen im In-
und Ausland, die seine extremistisch-islami-sche Einstellung teilen. Er entfaltete in der Vergangenheit eine rege Reisetätig-keit, insbesondere auch in die [X.] und nach [X.]. Daher steht zu befürch-ten, dass er seine Beziehungen und Erfahrungen nutzt, um sich -
auf freien Fuß entlassen -
dem Zugriff der [X.]n Strafgewalt zu entziehen.

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-
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3. Unter den gegebenen Umständen vermögen Maßnahmen nach §
116 Abs.
1 [X.] nicht
die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nicht außer [X.] zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§
120 Abs.
1 Satz
1 [X.]).
5. Die Voraussetzungen des §
121 Abs.
1 [X.] für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus sind gegeben; der Umfang der Ermittlungen und ihre Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:
Die [X.] umfassen mittlerweile 18
Bände, darunter acht Stehord-ner. Das komplexe Ermittlungsverfahren richtete sich ursprünglich gegen [X.] sieben Personen. Bei der Durchsuchung von Wohnungen und der Überwachung der Telekommunikation mit technischen Mitteln (zuletzt angeord-net durch ermittlungsrichterliche Beschlüsse vom 8.
Februar 2017) wurde [X.] Beweismaterial -
überwiegend in elektronischer Form und fremder Sprache -
gewonnen, welches zeitaufwändig aufbereitet und ausgewertet [X.]. Das [X.] schloss die Ermittlungen zu den Taten, die Gegenstand des Haftbefehls sind, am 22.
Mai 2017 ab.
Die Anklageschrift der [X.] ging am 16.
Juni 2017 beim [X.] ein und wurde dem [X.]n und dessen Verteidiger mit Verfügung des Vorsitzenden des 9.
Strafsenats vom 20.
Juni 2017 zur Stellungnahme binnen drei Wochen zu-gestellt, woraufhin jener mit Schriftsatz vom 14.
Juli 2017 vollständige Akten-einsicht und angemessene Fristverlängerung beantragte.
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13
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In Anbetracht der bereits -
vorbehaltlich der Entscheidung über die Eröff-nung des Hauptverfahrens -
laufenden Planungen für die Durchführung einer Hauptverhandlung ab dem 9.
November 2017 ist von einem Urteil innerhalb angemessener Frist (s. Art.
5 Abs.
3 Satz
1 Halbsatz
2 MRK) auszugehen.

[X.] Berg

41

Meta

AK 43/17

21.09.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2017, Az. AK 43/17 (REWIS RS 2017, 4949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4949

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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