Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2017, Az. 3 StR 404/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 15285

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:210217B3STR404.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 404/16
vom
21. Februar 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung

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2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] am 21.
Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17.
Juni 2016 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen we-gen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Mona-ten verurteilt; die Vollstreckung der Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
Nach den Feststellungen des [X.] erzwang der Angeklagte, der seit
2011 mit der Nebenklägerin zusammenlebte, an einem Tag im Juni oder Juli 2014 den Geschlechtsverkehr mit ihr, indem er sich zu ihr aufs Bett legte, sie gewaltsam auf den Bauch drehte, sich auf sie legte und sich so schwer machte, dass sie flach auf dem Bett lag. Anschließend spreizte er die Beine der Nebenklägerin und drang trotz heftiger Gegenwehr mit seinem Penis vaginal in sie ein.
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Die Verurteilung des -
den Tatvorwurf bestreitenden -
Angeklagten hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Beweiswürdigung
ist rechtsfehlerhaft.
Die Beweiswürdigung ist allerdings Sache des Tatrichters, dem es ob-liegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Beweiswürdi-gung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 31. Mai 2016 -
3 [X.], juris Rn.
11).
So liegt es hier; die Beweiswürdigung des [X.] ist lückenhaft. Denn den Urteilsgründen kann nicht entnommen werden, dass das Tatgericht alle Umstände, die geeignet waren, seine Entscheidung zu beeinflussen, er-kannt und in seine Überlegungen miteinbezogen hat. Dies ist zwar generell er-forderlich, insbesondere aber dann unabdingbar, wenn der Tatrichter -
wie vor-liegend -
seine Feststellungen zum [X.] allein auf die Angaben des (vermeintlichen) Tatopfers stützt und daher seine Urteilsfindung maßgeb-lich von der Beantwortung der Frage abhängt, ob diesem zu glauben ist oder nicht. Hat der einzige Belastungszeuge zudem weitere Straftaten behauptet, von denen sich das Gericht nicht zu überzeugen vermag, so gewinnt das in diesem Rahmen
besonderer Bedeutung und bedarf näherer Erörterung ([X.], Urteil vom 20. Februar 2014 -
3 [X.], juris Rn. 14 mwN).
Dem Angeklagten war neben der Vergewaltigung zur Last gelegt [X.], die Nebenklägerin in der [X.] von September bis Dezember 2013 in
zehn Fällen mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich misshan-delt zu haben, indem er sie [X.] in eine Decke einwickelte, so dass sie die Arme nicht mehr bewegen konnte, mit [X.] ein Kissen 3
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bzw. eine andere Decke auf
ihr Gesicht drückte, sich auf sie setzte und sie [X.] stark würgte, dass sie befürchtete, sterben zu müssen, wobei er zumindest in einem Fall mit dem beschuhten Fuß auf sie eintrat (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5, § 53 StGB). Der Angeklagte hat auch diese Vorwürfe bestritten. Das [X.] hat insoweit -
auch gestützt auf die Aussage der Zeugin K.

-
festgestellt, dass der Angeklagte die Nebenklägerin in mindestens zehn Fällen auf dem Sofa in eine Decke einwickelte, sich auf sie setzte und ihr mehrmals ein Kissen auf das Gesicht drückte. Sie hat ferner festgestellt, dass er einmal nach der Nebenklägerin trat. Den Freispruch hat das [X.] damit be-gründet, dass eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung aus tatsächlichen Gründen ausscheide, weil nicht feststellbar gewesen sei, ob die Nebenklägerin Schmerzen erlitten habe, als der Angeklagte ihr das Kissen auf das Gesicht gedrückt und sie getreten habe.
Welche Erwägungen dem zugrunde liegen, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Daraus ergibt sich nicht, warum das [X.] abweichend von den [X.] nicht zu der Feststellung gelangt ist, dass der Ange-klagte das Kissen "mit [X.]" auf das Gesicht der Nebenklägerin drückte und sie "derart stark würgte, dass sie befürchtete,
sterben zu müssen". Dies lässt besorgen, dass die Strafkammer den Angaben der Nebenklägerin zur In-tensität und zu den Folgen dieser Übergriffe keinen Glauben geschenkt hat, ohne zu erkennen, dass sich daraus Zweifel auch an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage zu dem Vergewaltigungsgeschehen ergeben konnten.
Auf diesem Erörterungsmangel beruht das angefochtene Urteil, denn der Senat vermag angesichts der besonderen Beweiskonstellation nicht [X.], dass das [X.] zu einer abweichenden Überzeugungsbildung 7
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gelangt wäre, wenn es die Gründe für den Teilfreispruch in seine Erwägungen zum Vorwurf der Vergewaltigung miteinbezogen hätte.
[X.] Schäfer Gericke

Tiemann Hoch

Meta

3 StR 404/16

21.02.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2017, Az. 3 StR 404/16 (REWIS RS 2017, 15285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15285

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 404/16

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