Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2017, Az. VII ZB 22/16

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 16328

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:010217BVIIZB22.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 22/16
vom

1. Februar 2017

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 766, 732, 724
Die materielle Richtigkeit der erteilten Vollstreckungsklausel ist grundsätzlich nicht zur Überprüfung des Vollstreckungsgerichts gestellt. Seiner Nachprüfung unterliegt es, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hin-gegen, ob sie erteilt werden durfte (im [X.] an [X.], Beschlüsse vom 25.
Oktober
2012

VII
ZB
57/11, NJW-RR 2013, 437; vom 23.
Mai
2012

VII
ZB
31/11, NJW-RR 2012, 1148; vom 12.
Januar 2012

VII
ZB
71/09, NJW-RR 2012, 1146).
[X.], Beschluss vom 1. Februar 2017 -
VII ZB 22/16 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
1.
Februar
2017 durch [X.]
Eick, [X.] und die Richterinnen [X.] und Borris
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des
Schuldners
gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] [X.]
vom 11. April
2016
wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Der Schuldner wendet sich gegen einen vom Gläubiger erwirkten Pfän-dungs-
und Überweisungsbeschluss.
Grundlage der Vollstreckung bildet der
Zuschlagsbeschluss des [X.] vom 24.
Mai
2012, mit dem der Schuldner ein zum Nachlass seines verstorbenen [X.], Gerhard W.,
gehörendes Grundstück in [X.] ersteigert hat. Erben sind neben dem Schuldner sein Bruder und der [X.] seines Bruders, der Gläubiger
des hiesigen Verfahrens. Nach Abschluss des
Verteilungsverfah-rens stellte das Amtsgericht [X.]
mit Beschluss vom 28.
August
2012 fest, dass der Erbengemeinschaft gegen den Schuldner noch eine Forderung in Höhe von 152.306,60

zusteht. Über diese
Forderung der Erbengemeinschaft wurde dem Gläubiger vom Amtsgericht [X.] am 2.
September
2014 eine vollstreckbare 1
2
-
3
-

Ausfertigung des [X.] mit folgender Vollstreckungsklausel erteilt:
"Vorstehende Ausfertigung wird dem ehemaligen Miteigentümer [X.] ([X.].:
Gläubiger) zum Zwecke der Zwangsvollstre-ckung gegen den Ersteher
Dr. [X.] ([X.].:

wegen folgender Forderung erteilt:

Daniel
W. und [X.] zustehender unverteilt gebliebener Erlös-überschuss."
Auf Antrag des Gläubigers hat
das Amtsgericht

Vollstreckungsgericht

am 6.
Oktober
2015 einen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss
erlassen, mit dem unter anderem der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung der zu seinen Gunsten bestehenden Guthaben seiner sämtlichen Girokonten bei der Drittschuldnerin einschließlich der Ansprüche auf Gutschrift der eingehenden Beträge, die gegenwärtige und künftige Forderung des Schuldners gegenüber der
Drittschuldnerin auf Auszahlung eines vereinbarten Dispositionskredits, soweit
der Schuldner den Kredit in Anspruch nimmt, sowie der Anspruch auf Auszahlung eines bestehenden [X.] gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurden. Unter dem Punkt "Sonstige Anordnungen"
ist angeordnet worden, dass die Leistung durch Hinterlegung bei der Hin-terlegungsstelle
des Amtsgerichts zugunsten der Erbengemeinschaft nach Gerhard
W., bestehend aus dem Schuldner, [X.] und dem Gläubiger,
zu erbringen ist.

3
-
4
-

Gegen den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss hat der Schuldner Erinnerung
eingelegt. Er ist der Auffassung, dass der Gläubiger zu Unrecht im Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss als Gläubiger aufgeführt werde. Gläu-bigerin des zugrunde liegenden Anspruchs sei vielmehr die Erbengemeinschaft. Das Amtsgericht

Vollstreckungsgericht

hat die Erinnerung des Schuldners zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist ebenfalls ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möch-te der Schuldner weiterhin die Aufhebung des Pfändungs-
und Überweisungs-beschlusses erreichen.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2, §
575 ZPO statthaf-te und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache nicht be-gründet.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, der am 6.
Oktober
2015 erlassene Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss sei rechtlich nicht zu beanstanden. Auch wenn die Gläubigerbezeichnung durch Nennung nur eines Miterben
in formaler Hinsicht ungenau erscheine, da die
Erbengemeinschaft nach Gerhard
W. Forderungsinhaberin sei, weise der Pfändungs-
und Überwei-sungsbeschluss die richtige Gläubigerbezeichnung auf.
Die Geltendmachung von Nachlassansprüchen durch einen Miterben allein

auf Leistung an alle

sei nach §
2039 BGB zulässig. Dieser gesetzlichen Interessenbewertung sei auch für das Zwangsvollstreckungsverfahren Rechnung zu tragen. Die Vorschrift des 4
5
6
7
-
5
-

§
2039 BGB sei dahin zu verstehen, dass sie einen Miterben auch für die Zwangsvollstreckung ermächtige, eine der Erbengemeinschaft zustehende For-derung alleine beizutreiben

mit der Anordnung der Leistung an alle oder der Hinterlegung. Entscheidend sei, dass nicht dem Gläubiger, sondern der Erben-gemeinschaft die Leistung wirtschaftlich zugutekomme. Letzteres sei jedoch durch die Hinterlegungsanordnung im Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss der Fall.
Vermöge ein einzelner Miterbe nach §
2039 BGB hiernach seinen [X.] gerichtlich und außergerichtlich allein geltend zu machen, dürfe er, wenn in einem zugrunde liegenden Erkenntnisverfahren auch bei gemeinschaftlicher Klage keine notwendige Streitgenossenschaft gegeben wäre, für das folgende Vollstreckungsverfahren ebenso wenig auf ein gemeinsames Vorgehen mit den übrigen Gläubigern oder auf eine Abstimmung unter ihnen verwiesen werden. Die notwendige Unabhängigkeit voneinander in der Zwangsvollstreckung sei aber nur gewährleistet, wenn jeder Miterbe für
sich eine vollstreckbare Ausferti-gung in [X.] halte. Der Schuldner werde durch eine solche Verfahrensweise nicht unvertretbar belastet. Einem Fall mehrfacher Zwangsvollstreckung könne er mit der [X.] (§
767 ZPO) entgegentreten.
Die
weiteren Einwendungen des Schuldners, welche sich gegen die zu-grunde liegende titulierte Forderung richteten, seien im Erinnerungsverfahren nicht zu berücksichtigen.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Der Schuldner wendet
sich gegen den Erlass des Pfändungs-
und
Überweisungsbeschlusses vom 6.
Oktober
2015. Amts-
und Landgericht haben 8
9
10
11
-
6
-

sein beim Vollstreckungsgericht eingelegtes Rechtsmittel deshalb als Vollstre-ckungserinnerung gemäß §
766 ZPO behandelt. Dies begegnet keinen
rechtli-chen Bedenken.
b) Es kann dahinstehen, ob dem Gläubiger nach §
132 Abs.
2 [X.] zu Recht eine vollstreckbare Ausfertigung des [X.] des [X.] vom 24.
Mai 2012 über eine der
Erbengemeinschaft nach Gerhard
W. gegen den Schuldner zustehende Forderung über 152.306,60

ist und ob eine korrekte Gläubigerbezeichnung, wie das Beschwerdegericht meint,
deswegen vorliegt, weil im Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss eine Hinterlegungsanordnung zugunsten der Erbengemeinschaft enthalten ist. Die hiergegen gerichteten Einwände des Schuldners sind im Verfahren über die Erinnerung nach §
766 ZPO nicht zu berücksichtigen.
aa) Es ist nicht Sache des mit der Vollstreckung des Titels befassten [X.], die Wirksamkeit der Klausel am Inhalt des Titels zu [X.]. Über dahingehende Einwendungen des Schuldners gegen die Klausel ent-scheidet gemäß §
732 ZPO vielmehr dasjenige Gericht, dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt hat. Sie sind der Nachprüfung durch das Voll-streckungsorgan entzogen und können deshalb auch nicht im [X.] nach §
766 ZPO vor dem Vollstreckungsgericht und dem ihm überge-ordneten Beschwerdegericht geltend gemacht werden
(vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Januar
2012

VII
ZB
71/09, NJW-RR 2012, 1146 Rn.
15; Beschluss vom 23.
Mai
2012

VII
ZB
31/11, NJW-RR 2012, 1148 Rn.
12; Beschluss vom 25.
Oktober 2012

VII
ZB
57/11, NJW-RR 2013, 437 Rn.
9).
So liegt der Fall hier.

12
13
-
7
-

bb) Die
Einwendungen
des Schuldners, der im Vollstreckungstitel be-nannte Gläubiger der titulierten Forderung stimme nicht mit dem im Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss genannten Gläubiger überein, eine Vollstre-ckungsstandschaft existiere nicht, der Gläubiger könne nicht durch bloße An-tragstellung im Vollstreckungsverfahren zum Gläubiger der titulierten Forderung werden, betreffen
der Sache nach nicht
die Art und Weise der Zwangsvollstre-ckung, sondern die Zulässigkeit der dem Gläubiger erteilten [X.]. Der Schuldner ist der Auffassung, dass dem Gläubiger als Miterben nach dem verstorbenen Gerhard
W. keine vollstreckbare Ausfertigung des [X.] vom 24.
Mai
2012 zur Vollstreckung gegen den Schuldner hätte erteilt werden dürfen und der auf dieser Grundlage ergangene Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss daher fehlerhaft sei.
Das Vollstreckungsgericht hat bei Erlass eines Pfändungs-
und Überwei-sungsbeschlusses
lediglich zu prüfen, ob zugunsten des Gläubigers eine Voll-streckungsklausel erteilt worden ist. Dies ist hier der Fall.
c)
Ohne Erfolg macht der Schuldner außerdem
geltend, der vom [X.] betriebenen Zwangsvollstreckung fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil dieser
hierdurch unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlan-gen könne. Soweit der Schuldner dies damit begründet hat, dem Gläubiger [X.] es nicht darum, der Erbengemeinschaft die zu vollstreckenden Gelder zuzu-führen oder selbst den ihm zustehenden Anteil an dem Erlös aus der Zwangsversteigerung zu erhalten, steht dies dem Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nicht entgegen. Das Vollstreckungsgericht hat nicht zu prüfen, wie der Gläubiger den vom Schuldner beizutreibenden
Betrag ver-wenden will.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang daher auch der Hinweis 14
15
16
-
8
-

des Schuldners, der Gläubiger strebe eine Auseinandersetzung der Erbenge-meinschaft
nicht an und habe auch in der Vergangenheit hieran nicht mitge-wirkt.
Die vom Schuldner aufgezeigte Möglichkeit
des Gläubigers, nach §
128 Abs.
1 Satz
1 [X.] eine Sicherungshypothek am Grundstück eintragen
zu las-sen, soweit für einen Anspruch die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird, schließt eine Vollstreckung in anderes
Vermögen des Erstehers des Grundstücks
nicht aus.
Der Einwand, es fehle hinsichtlich der Zwangsvollstreckung an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil der Gläubiger wegen eines Betrags
vollstrecke, der
sogleich zurückzuzahlen sei, betrifft
den zu vollstreckenden materiell-rechtlichen Anspruch und kann daher nicht im Verfahren über die Erinnerung nach §
766 ZPO, sondern nur mit der [X.] nach §
767 ZPO geltend gemacht werden.
d)
Das Amtsgericht

Vollstreckungsgericht

hat ferner die
nach §
788 ZPO zugunsten des
Gläubigers festzusetzenden
Kosten der Zwangsvollstre-ckung zutreffend auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 152.317,05

ermittelt, der die zu vollstreckende Forderung einschließlich der [X.] umfasst.
Entgegen der Auffassung des Schuldners ist
der Gegenstandswert nicht gemäß §
25 Abs.
1 Nr.
1 RVG mit dem Betrag
des
Guthabens in Höhe von 6.050

auf seinem von der Pfändung erfassten Girokonto vorhanden war.
Nach §
25 Abs.
1 Nr.
1 RVG
bestimmt sich der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung 17
18
19
20
-
9
-

einschließlich der Nebenforderungen; soll ein bestimmter Gegenstand gepfän-det werden und hat dieser einen geringeren Wert, ist der geringere Wert maß-gebend. Mit dem vom Gläubiger beantragten
Pfändungs-
und Überweisungsbe-schluss sollen neben dem Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des auf seinem Girokonto bei der Drittschuldnerin bestehenden Guthabens auch der
Anspruch auf Gutschrift
der auf dem Konto eingehenden Beträge sowie die ge-genwärtige und künftige Forderung des Schuldners gegenüber der
Drittschuld-nerin auf Auszahlung eines vereinbarten Dispositionskredits, soweit der Schuldner den Kredit in Anspruch nimmt,
gepfändet werden. Die [X.] beschränkt sich damit
nicht auf das im Zeitpunkt des Wirksamwer-dens der Pfändung vorhandene Guthaben.
Für den Gegenstandswert
ist daher
der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der
aufgewendeten
Zustellkosten
maßgeblich.
-
10
-

III.
Die
Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs.
1 ZPO.

Eick
[X.]
Jurgeleit

[X.]

Borris

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.11.2015 -
6 M 15589/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 11.04.2016 -
5 [X.] -

21

Meta

VII ZB 22/16

01.02.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2017, Az. VII ZB 22/16 (REWIS RS 2017, 16328)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16328

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 22/16 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Überprüfung der materiellen Richtigkeit der erteilten Vollstreckungsklausel durch das Vollstreckungsgericht


VII ZB 57/11 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 31/11 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 54/10 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 49/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZB 22/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.