Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2016, Az. 4 StR 75/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 9403

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Gegenstand

Konkurrenzverhältnis bei Betrug: Einreichung mehrerer Kreditanträge am selben Tag bei demselben Bankinstitut ohne Rückzahlungswillen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Oktober 2015 wird

a) das Verfahren im Fall [X.] der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt; insoweit hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen;

b) das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, dass

aa) der Angeklagte des banden- und gewerbsmäßigen Betruges in zwölf Fällen, des Betruges in zwei Fällen, des versuchten Betruges und der Anstiftung zum Missbrauch von [X.] in sieben Fällen schuldig ist;

bb) eine der für die Fälle II.13 und [X.] jeweils verhängten Freiheitsstrafen entfällt und die verbleibende Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten durch eine solche von einem Jahr ersetzt wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in 14 Fällen, Betrugs, versuchten Betrugs und Anstiftung zum Missbrauch von [X.] in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO und § 74 StGB getroffen. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 StPO und zu den aus dem Tenor ersichtlichen Änderungen im Schuld- und Strafausspruch; im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Soweit der Angeklagte im Fall [X.] der Urteilsgründe wegen Anstiftung zum Missbrauch von [X.] verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des [X.] aus den Gründen der Zuschrift vom 29. Februar 2016 gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein.

3

2. Die Verurteilung wegen zweier zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehenden Taten des banden- und gewerbsmäßigen Betruges gemäß § 263 Abs. 5 StGB in den [X.] und [X.] der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

4

a) Nach den Feststellungen plante der im Kraftfahrzeughandel tätige Angeklagte spätestens ab dem [X.] bei verschiedenen Banken über von ihm beherrschte [X.] Darlehensverträge zur (vermeintlichen) Finanzierung von [X.] abzuschließen. Dabei sollte den Banken eine Rückzahlungsbereitschaft der jeweiligen Darlehensnehmer lediglich vorgetäuscht werden. Die im Vertrauen hierauf ausgezahlten Valuta wollte der Angeklagte für sich vereinnahmen, um sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahmequelle zu sichern. "Im Laufe des Jahres 2012" kam der Angeklagte mit den gesondert Verfolgten [X.]    , [X.]       und [X.]       überein, bei weiteren plangemäßen Taten arbeitsteilig vorzugehen. Am 2. Juli 2012 stellte die [X.] über die von dem Angeklagten geleitete [X.] bei der [X.] einen Darlehensantrag für die Finanzierung des Ankaufs eines Pkw der Marke [X.] über 27.124,51 Euro (Fall II.13 der Urteilsgründe) und einen weiteren Darlehensantrag zur Finanzierung des Ankaufs eines – tatsächlich nicht existierenden – Pkw der Marke [X.] über [X.] Euro (Fall [X.] der Urteilsgründe). Im Vertrauen darauf, dass die [X.] zur Rückzahlung der Darlehen bereit und in der Lage sei, schloss der zuständige Mitarbeiter der [X.] Darlehensverträge ab und übergab dem Angeklagten am 17. Juli 2012 zwei Verrechnungsschecks über 22.499 Euro (Fall II.13 der Urteilsgründe) und 21.499 Euro (Fall [X.] der Urteilsgründe). Das [X.] hat in der Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und den anderweitig Verfolgten [X.]    , [X.]      und [X.]       eine [X.] im Sinne des § 263 Abs. 3 Nr. 1 [X.]. 2, Abs. 5 StGB gesehen.

5

b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass die am 2. Juli 2012 gegenüber der [X.] gestellten Darlehensanträge von der vom [X.] rechtsfehlerfrei als [X.] im Sinne des § 263 Abs. 3 Nr. 1 [X.]. 2, Abs. 5 StGB gewerteten Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und den gesondert Verfolgten [X.]    , [X.]      und [X.]       umfasst waren. Denn die vom [X.] für die [X.] getroffene Zeitbestimmung ("im Laufe des Jahres 2012") lässt auch die Möglichkeit offen, dass es erst nach dem 2. Juli 2012 zu der Vereinbarung kam. In diesem Fall würde es sich bei den an diesem Tag begangenen Taten nicht um Bandentaten handeln.

6

Zudem hat das [X.] bei der Bewertung des [X.] nicht erkennbar bedacht, dass die an einem Tag bei demselben [X.] eingereichten Kreditanträge möglicherweise zusammen vorgelegt worden sind oder zwischen beiden ein so enger Zusammenhang besteht, dass eine natürliche Handlungseinheit und damit jeweils auch nur eine Tat im Rechtssinne in Betracht kommt (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2014 – 4 [X.], [X.], 17 mwN).

7

3. Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter noch genauere Feststellungen zum Zeitpunkt der [X.] und zu den Modalitäten bei der Einreichung der Kreditanträge am 2. Juli 2012 treffen könnte. Insoweit gilt deshalb der Zweifelsgrundsatz ([X.], Beschluss vom 11. September 2014 – 4 [X.], [X.], 17; Beschluss vom 12. Februar 2008 – 4 [X.], [X.], 1394), sodass davon auszugehen ist, dass sich der Angeklagte in den [X.] und 14 der Urteilsgründe lediglich wegen (gewerbsmäßigen) Betrugs gemäß § 263 Abs. 1; Abs. 3 Nr. 1 1. [X.]. StGB schuldig gemacht hat und nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Der Schuldspruch war in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO abzuändern. § 265 StPO steht nicht entgegen; denn der geständige Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.

8

Damit entfällt eine der in den [X.] und [X.] der Urteilsgründe verhängten [X.]n von zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe. Die verbleibende [X.] kann nicht bestehen bleiben, weil infolge der Schuldspruchänderung ein niedrigerer Strafrahmen anzusetzen ist. Da das [X.] im Fall eines nur versuchten Betrugs im Fall II.16 der Urteilsgründe bei sonst gleichen Tatmodalitäten eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt hat, kann der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die verhängte [X.] von zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe durch eine solche von einem Jahr ersetzen (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Juli 2002 – 3 [X.], [X.], 293; Beschluss vom 31. Mai 2001 – 1 [X.]). Der Angeklagte ist dadurch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt beschwert; dass das [X.] auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine noch niedrigere [X.] verhängt hätte, ist auszuschließen.

9

Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass das [X.] vor dem Hintergrund der Anzahl und Höhe der verbleibenden 22 [X.]n zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und zwei Monaten Freiheitsstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2015 – 3 [X.], [X.], 139, 140).

4. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

[X.]Franke

                         Bender                         [X.]

Meta

4 StR 75/16

23.06.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Leipzig, 7. Oktober 2015, Az: 11 KLs - 216 Js 44352/13

§ 52 StGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2016, Az. 4 StR 75/16 (REWIS RS 2016, 9403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9403

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