Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2012, Az. V ZB 13/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2166

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]
vom

18. Oktober 2012

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 63 Abs. 3 Satz 2
Werden mehrere Grundstücke sowohl einzeln als auch gemeinsam ausgeboten und ist dem nach
§
63 Abs.
3 Satz
2 [X.] günstigeren Gesamtmeistgebot wegen Nichter-reichens der Wertgrenze des §
85a [X.] der Zuschlag zu versagen, ist auf die [X.] zurückzugreifen.

[X.], Beschluss vom 18. Oktober 2012 -
V [X.] -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 18. Oktober 2012
durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richter Prof. Dr.
Schmidt-Räntsch und Dr.
Roth und die Richterinnen Dr.
Brückner und [X.]
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel
der Beteiligten zu 3 werden der Beschluss des [X.] vom 6. Mai 2011, soweit eine Entschei-dung über das von der Beteiligten zu 3 abgegebene [X.] auf das [X.] unterblieben ist, und der Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 27.
Dezember
2011 aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entschei-dung an das [X.] zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

für die Vertretung der Beteiligten zu 3.

Gründe:
I.
Auf Antrag der Beteiligten zu 1 ordnete das Amtsgericht die [X.] der im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten, dem Schuldner gehörenden beiden Grundstücke an. Die Beteiligten zu 2 und 3, weitere Gläubi-gerinnen des Schuldners, traten dem Verfahren bei. Im Versteigerungstermin wurden die Grundstücke antragsgemäß neben dem [X.] im [X.] ausgeboten. Auf das [X.] für das eine der [X.]
-
3
-
cke gab die Beteiligte zu 3, auf das [X.] der Beteiligte zu 4 das [X.] ab.
Das Amtsgericht, dessen [X.] zugunsten des [X.] ausfiel, hat dem hierauf abgegebenen Gebot des Beteiligten zu 4 den Zuschlag versagt, weil dieses die 5/10 Grenze des § 85a Abs. 1 [X.] nicht er-reicht habe. Ob der
Zuschlag auf das Einzelmeistgebot der Beteiligten zu
3 zu erteilen ist, hat es nicht geprüft, weil es meint, auf dieses Gebot nicht zurück-greifen
zu dürfen.
Die gegen die unterlassene Entscheidung über ihr Gebot gerichtete so-fortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 ist vor dem [X.] erfolglos ge-blieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will sie die Erteilung des [X.] auf ihr [X.] auf das [X.] erreichen.

II.
Nach Auffassung des [X.] kann auf das [X.] der Beteiligten zu 3 auf die [X.]e nicht zurückgegriffen werden. Durch den in §
63 Abs.
3 Satz
2 [X.] angeordneten [X.] sei vorgegeben, nach welcher Verwertungsart -
"Zuschlag auf [X.]e"
oder "Zuschlag auf [X.]"
-
sich die Verwertung im konkreten Versteigerungstermin richte. Ein Rückgriff auf die durch § 63 Abs. 3 Satz 2 [X.] ausgeschlossene Verwertungsart sei in diesem Termin
auch dann nicht möglich, wenn das Meist-gebot in der maßgeblichen Verwertungsart

wie
hier

unterhalb der Wertgren-ze des § 85a [X.] liege. Dies folge aus dem Wortlaut des §
85a [X.], der sys-tematischen Stellung des § 63 [X.] sowie aus teleologischen Überlegungen.
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III.

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und nach §
575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das [X.] hätte, nachdem es auf das Gesamtmeistgebot des Beteiligten zu 4 den Zuschlag gemäß
§
85a [X.] versagt hat, sich mit dem [X.] befassen und prüfen müssen, ob dieser
der Zuschlag zu erteilen ist.
1. Nach überwiegender Meinung, die sich auf eine Entscheidung des [X.] vom 19. Mai 1995 stützt (Rpfleger 1995, 512, 513), kann bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke, wenn der [X.] nach §
63 Abs. 3 Satz 2 [X.] zugunsten des [X.]s ausfällt, aber im Hinblick auf § 85a oder § 74a [X.] eine Zuschlagserteilung ausscheidet, im Versteigerungstermin auf die Ergebnisse der [X.]e auf die [X.]e zurückgegriffen werden. Der Grundsatz des [X.] (§
63 Abs. 1 [X.]) werde durch ein in der Gesamtheit günstigeres, für den Zuschlag aber unzulängliches Ergebnis beim [X.] nicht verdrängt (vgl. nur [X.], [X.], 20.
Aufl., § 74a Rn. 3.4 und §
85a Rn.
2.7; [X.], [X.], 5.
Aufl., §
85a Rn. 7; Siwonia in [X.], [X.], §
63 Rn.
17; [X.] in Kindl/[X.]Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, §
63 [X.] Rn.
20; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/
[X.], [X.], 13. Aufl., §
63 Rn.
44). Nach einer Gegenauffassung ist im Hinblick auf das Interesse aller Beteiligten an einer möglichst günstigen Verwer-tung der Grundstücke ein Rückgriff auf die -
gegenüber dem [X.] ungünstigeren -
[X.]e unzulässig ([X.], Rpfleger 1959, 57, 58).

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2. Die herrschende
Meinung
trifft zu. Aus dem gesetzlichen Vorrang der [X.]e folgt, dass sie nicht in Wegfall geraten, wenn das [X.] auf das [X.]
nach §
85a Abs.
1 [X.]
nicht zuschlagsfähig ist.
a) [X.] geht auch bei mehreren in [X.] zu versteigernden Grundstücken (§ 18 [X.]) von dem Grundsatz der [X.] aus (§
63 Abs. 1 [X.]); nur ausnahmsweise können neben dem [X.] alle Grundstücke zusammen ausgeboten werden (§
63 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.]). Nach §
63 Abs.
3 Satz
2 [X.] wird der [X.] auf Grund des [X.]s nur erteilt, wenn das hierauf abgege-bene [X.] höher ist als das Ergebnis der [X.]e. Im Umkehr-schluss bedeutet dies, dass bei der Zuschlagsentscheidung die [X.]e auf die [X.]e grundsätzlich den Vorrang haben (Siwonia in [X.], [X.], §
63 Rn.
17). Werden neben dem [X.] alle Grundstücke zusammen ausgeboten, verdrängt das [X.] das [X.] daher nicht, sondern tritt diesem nur als zusätzliche Versteigerungsmodalität zur Seite (Se-nat, Beschluss vom 30. Oktober 2008 -
V [X.], NJW-RR
2009, 158). Dies macht auch die Regelung des §
63 Abs. 3 Satz 1 [X.] deutlich, wonach eine Erhöhung des geringsten Gebots bei dem [X.] um den Mehrbetrag erfolgt, wenn bei einem [X.] auf eines der Grundstücke ein Gebot abgegeben wird, das mehr beträgt als das geringste Gebot für dieses Grund-stück; dem Gläubiger sollen also die Vorteile aus den abgegebenen Einzelaus-geboten erhalten bleiben ([X.], Rpfleger 1995, 512, 513). Wegen des gesetzlichen Vorrangs des [X.]s sind für die Entscheidung über den Zuschlag daher nicht nur dann die Einzelgebote maßgeblich, wenn der Gebots-vergleich nach §
63 Abs.
3 Satz 2 [X.] zu ihren Gunsten ausfällt, sondern auch dann, wenn ein Zuschlag auf das in der Gesamtheit günstigere Gesamtgebot wegen Nichterreichens der Wertgrenze des §
85a [X.] zu versagen ist.
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b) Dem steht nicht -
wie das Beschwerdegericht meint -
der Wortlaut des §
85a Abs. 1 [X.] entgegen. Diese Regelung, die die Gewährleistung des ver-fassungsrechtlich gebotenen Schutzes des Schuldners vor einer Verschleude-rung seines Grundbesitzes in der Zwangsversteigerung bezweckt (Senat, [X.] vom 18. Oktober 2007 -
V
ZB 75/07, NJW-RR 2008, 688, 689; [X.] vom 10. Mai 2007 -
V
ZB 83/06, [X.]Z 172, 218, 224), besagt nichts über das Verhältnis von [X.] und [X.].
c) Auch der im Zwangsversteigerungsverfahren geltende Grundsatz, dass bei dem Zuschlag das Gebot zum Zuge kommen soll, welches das für alle Beteiligten günstigste Ergebnis der Versteigerung herbeiführt (vgl. Senat, [X.] vom 28. September 2006 -
V
ZB 55/06, NJW-RR 2007, 1139, 1140), führt zu keinem anderen Ergebnis (so aber [X.], Rpfleger 1959, 57, 58). Dieser Gesichtspunkt trägt in den Fällen gerade nicht, in denen auf das [X.] im Hinblick auf §
85a [X.] der Zuschlag nicht erteilt werden kann. [X.] man einen Rückgriff auf die [X.]e ab, hätte dies zur Folge, dass ein unter der Wertgrenze des § 85a Abs. 1 [X.] liegendes Meist-gebot auf das [X.] ein [X.], das über der Wertgrenze des §
85a Abs. 1 [X.] liegt, zu Fall bringen könnte. Da in einem neuen Verstei-gerungstermin der Zuschlag auf das [X.] nicht nach §
85a Abs.
1 [X.] verweigert werden darf (§
85a Abs.
2 Satz
2 [X.]), bestünde die Gefahr, dass entgegen dem Anliegen des Gesetzes gerade nicht der bestmögliche Verwertungserlös erzielt wird.

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IV.
Die
angefochtene Entscheidung ist danach aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen

577 Abs.
4 Satz
1 ZPO), da die erforderlichen Feststellungen dazu fehlen, ob der Zuschlag auf das Gebot der Beteiligten zu 3 erteilt werden könnte
(vgl. § 85a Abs. 3 [X.]). Dabei hat der Senat entsprechend § 572 Abs. 3 ZPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, auch den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben, soweit eine Entscheidung über das von der Beteiligten zu 3 abgegebene [X.] auf das Einzelaus-gebot unterblieben ist, und die Sache unmittelbar an das Vollstreckungsgericht zurückzuverweisen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011

[X.], NJW-RR
2012, 87, 88; [X.], Beschluss vom 22. Juli 2004

IX ZB 161/03, [X.]Z 160, 176, 185
f.). Dieses hat
die Entscheidung
über den Zuschlag auf das von der Beteiligten zu 3 abgegebene Gebot
nachzuholen.
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V.
Der Gegenstandswert für die außergerichtliche Vertretung der Beteiligten zu 3
bemisst sich nach dem Wert des Grundstücks, auf das sich ihr Gebot be-zieht (§ 26 Nr. 1 Halbsatz 4
RVG).

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Roth

Brückner

[X.]

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 06.05.2011 -
K 14/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 27.12.2011 -
4 [X.] -

12

Meta

V ZB 13/12

18.10.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2012, Az. V ZB 13/12 (REWIS RS 2012, 2166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2166

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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