Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2010, Az. IX ZB 76/09

9. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10424

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Gegenstand

Nachlassinsolvenzverfahren: Örtliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts; grenzüberschreitende Insolvenz; wohnsitzlose Person als Erblasser


Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 14. Zivilkammer des [X.] vom 14. Februar 2009 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 6, 7, 34 Abs. 1 [X.]), jedoch unzulässig. Die nach § 574 Abs. 2 ZPO geltend gemachten Zulässigkeitsgründe liegen nicht vor; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

2

1. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit des [X.] für die Eröffnung des [X.] wäre schon nicht entscheidungserheblich, wenn die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nicht gegeben wäre. Wäre § 3 EuInsVO für das Nachlassinsolvenzverfahren anwendbar (nach wohl herrschender Meinung ist dies zu bejahen; vgl. HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 315 Rn. 8 m.w.N.), schiede die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte aus, weil der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen in [X.] hatte. Ein [X.] wird insoweit nicht dargelegt.

3

2. Ist § 3 EuInsVO nicht anwendbar, wird für die internationale und örtliche Zuständigkeit § 315 [X.] maßgebend. Ausschließlich zuständig ist danach das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. Dies richtet sich gemäß § 13 ZPO nach dem Wohnsitz. Bei [X.] Personen ist gemäß § 16 ZPO allgemeiner Gerichtsstand der Aufenthaltsort im Inland, wenn ein solcher nicht bekannt ist der Ort des letzten Wohnsitzes. Hat die Person einen Wohnsitz im Ausland, ist dagegen § 16 ZPO nicht anwendbar, und es besteht keine inländische Zuständigkeit (MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 315 Rn. 8; MünchKomm-[X.]/Ganter, aaO § 3 Rn. 17). Das Beschwerdegericht hat einen Wohnsitz im Ausland bejaht.

4

Die Frage, wann jemand wohnsitzlos im Sinne des § 16 ZPO ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist geklärt, wann ein Wohnsitz vorliegt. Der Wohnsitz wird gemäß § 7 Abs. 1 BGB dort begründet, wo sich eine Person ständig niederlässt. Erforderlich ist eine tatsächliche Niederlassung mit dem Willen, den Ort zum ständigen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen. Die Niederlassung erfordert eine eigene Unterkunft, ein Obdachloser hat keinen Wohnsitz. Es genügt jedoch eine behelfsmäßige Unterkunft. Der [X.] muss darauf gerichtet sein, den Ort zum ständigen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen. Dies kann sich aus den Umständen ergeben. Beides war hier der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass das [X.] den Begriff verkannt hätte. Es hat auch nicht Obdachlosigkeit mit Wohnsitzlosigkeit verwechselt, sondern lediglich angedeutet, dass Obdachlose keinen Wohnsitz haben.

5

Aus der öffentlichen Zustellung des vom Antragsteller erwirkten [X.] ergibt sich schon deshalb nichts anderes, weil völlig offen ist, ob damals die hierfür erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich vorgelegen haben und sich zwischenzeitlich auch nichts geändert hat.

6

3. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers liegt nicht darin, dass das Beschwerdegericht kein Partikularinsolvenzverfahren eröffnet hat. Die Eröffnung eines solchen Verfahrens war nicht - auch nicht hilfsweise - beantragt worden. Dessen Voraussetzungen hatte der Gläubiger auch nicht dargelegt, sein Interesse hieran nicht glaubhaft gemacht. Das Vorliegen inländischen Vermögens wurde nicht substantiiert dargelegt. Die Grundstücke liegen in [X.] und stehen im Eigentum [X.] Gesellschaften. Ob auf die Gesellschaftsanteile des Schuldners zugegriffen werden kann und ob sie werthaltig sind, ist unklar. Lediglich eine geschäftsführend tätige Gesellschaft soll ihren Sitz in B. S. haben.

7

Eine örtliche Zuständigkeit des [X.] besteht hierfür jedenfalls nicht (vgl. § 354 Abs. 3 [X.]; Art. 102 § 1 Abs. 2 und 3 EG[X.]). Der Gläubiger hatte auch keinen Verweisungsantrag gemäß § 281 ZPO, § 4 [X.] gestellt.

Ganter                                  Gehrlein                                  Vill

                    Lohmann                                    Fischer

Meta

IX ZB 76/09

14.01.2010

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG München I, 14. Februar 2009, Az: 14 T 352/09, Beschluss

§ 315 InsO, § 13 ZPO, § 16 ZPO, § 3 EGV 1346/2000

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2010, Az. IX ZB 76/09 (REWIS RS 2010, 10424)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10424

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZB 217/09

IX ZB 217/09

IX ZB 76/09

1 AR 152/19

1 AR 67/19

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