Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. VIII ZR 135/17

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9419

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:090518UVII[X.]135.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII
ZR
135/17

Verkündet am:

9. Mai 2018

Vorusso

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 80; [X.] § 43, § 73, § 78; [X.] § 1; [X.] § 132
Auf Einzelimportarzneimittel im Sinne des § 73 Abs. 3 [X.] findet das Preis-recht der Arzneimittelpreisverordnung keine Anwendung (Abgrenzung zu [X.], Beschluss vom 9. September 2010 -
I [X.], [X.], 3724 Rn.
12; Urteil vom 10. Dezember 2014 -
5 [X.], [X.], 591 Rn. 26).
[X.], Urteil vom 9. Mai 2018 -
VIII ZR 135/17 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9.
Mai 2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richter Prof.
Dr.
Achilles und Dr.
Schneider, die Richterin Dr.
[X.] sowie [X.]
Bünger

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 18. Mai 2017 wird [X.].

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens unter Einschluss der Kosten der Streithelferin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine private Krankenversicherung, beansprucht aus über-gegangenem Recht einer inzwischen verstorbenen Versicherungsnehmerin die teilweise Rückerstattung des Kaufpreises für das Krebsmedikament [X.]

. Der Beklagte, der eine Apotheke betreibt, hatte das Medikament im Jahre 2013 -
aus Sicht der Klägerin unter Verstoß gegen zwingendes Arzneimittelrecht zu einem überhöhten Preis -
an die Versicherungsnehmerin geliefert. Dieser war das Medikament des [X.] Herstellers [X.]

, welches -
anders als in [X.] -
in der [X.] erst ab Anfang 2014 [X.]
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lassen war, im [X.]raum von Ende August bis Ende Dezember 2013 insgesamt sechsmal ärztlich verordnet worden. Der mit der Ausführung der ärztlichen [X.] betraute Beklagte beschaffte das Medikament mit den insgesamt ver-ordneten 18 Einheiten zu je 100 mg über die als Arzneimittelgroßhändlerin täti-ge Streithelferin; diese kaufte das Medikament ihrerseits jeweils von einer Züri-cher Apotheke und importierte es ins Inland.

Der Beklagte berechnete der Versicherungsnehmerin einen Kaufpreis e 100 mg. Diesen erstattete ihr die Klägerin ungeachtet der aus ihrer Sicht bestehenden günstigeren Bezugsmöglichkeiten für das [X.] jeweils vollständig. Ihren aus übergegangenem Recht (§ 194 Abs. 2, § 86 Abs. 1 [X.]) erhobenen Rückzahlungsanspruch stützt die Klägerin darauf, dass der Beklagte, auch wenn ein (einheitlicher) Herstellerabgabepreis von [X.]

in [X.] nicht bekannt sei, das Medikament zu einem Preis von höchstens

auch der Vertrieb dieses im Wege des Einzelimports aus dem Ausland bezogenen Medikaments den zwingenden Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (im Folgenden: [X.]) unterfalle, habe der Beklagte den Abgabepreis nicht frei bestimmen können, sondern nur die nach dieser Verordnung zugelassenen und sich im Streitfall auf lediglich 38,50

n-netto je 100 mg überhöht und deshalb nicht geschuldet gewesen, was bei den e-

Das Landgericht hat -

netto je 100 mg und nach Arzneimittelpreisrecht zulässigen Zuschlägen in Höhe -
den Beklagten unter Abweisung der weiterge-2
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-

Auf die hiergegen gerichteten Berufungen des Beklagten und der Streithelferin hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Auf den Vertrieb des im Jahre 2013 in der [X.] zwar noch nicht zugelassenen, aber nach Maßgabe von § 73 Abs. 3 Satz 1 des [X.]es (im Folgenden: [X.]) rechtmäßig im Wege des [X.] eingeführten Medikaments [X.]

sei die Arzneimittelpreisverordnung nicht anwendbar. Zwar bestimme der seit 2004 geltende § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.], dass auf Arzneimittel nach Abs. 3 Satz 1 [X.] die Vorschrift des § 78 [X.] Anwendung finde, welche die Ermächtigung zum [X.]ass einer Rechtsver-ordnung etwa betreffend die Preisspannen für die Abgabe von Arzneimitteln im Großhandel oder in Apotheken im Wiederverkauf enthalte. Allerdings ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang der Verordnungsermächtigung, dass die Arzneimittelpreisverordnung allein für in der [X.] zugelassene Arzneimittel gelte. Der Zweck der Verordnung bestehe näm-4
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lich in der Gewährleistung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises für ver-schreibungspflichtige Arzneimittel. Er könne aber nur erreicht werden, wenn die in §
4 Abs. 18 [X.] definierten pharmazeutischen Unternehmer einen einheitli-chen Abgabepreis sicherstellten. Einen solchen pharmazeutischen Unterneh-mer als dem Inhaber der Zulassung eines zulassungspflichtigen Arzneimittels habe es im Streitfall (noch) nicht gegeben, so dass auch niemand vorhanden sei, der einen einheitlichen Abgabepreis, auf dessen Verwirklichung
die [X.] nach ihrem Zweck angelegt sei, hätte sicherstellen können.

Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertige der mit der [X.] erstrebte Zweck einer Begrenzung von [X.] für sich allein nicht die Anwendbarkeit der Arzneimittelpreisverordnung mit dem danach be-stehenden Erfordernis eines einheitlichen Arzneimittelabgabepreises. [X.] davon, dass bereits kein zugelassenes Fertigmedikament mit einheitlichem Abgabepreis existiere, erfordere auch die Beschaffung eines in [X.] nicht zugelassenen Medikaments sowohl von dem Apotheker als auch von dem Importeur einen erheblichen Aufwand, der in keinem Verhältnis zu demjenigen bei der Beschaffung im Inland zugelassener Medikamente stehe. Wäre es nicht möglich, diesen Mehraufwand abzuwälzen, würde dies den Einzelimport nicht zugelassener Medikamente vielmehr unwirtschaftlich machen und zu Lasten der darauf angewiesenen Patienten letztlich zum [X.]iegen bringen.

Für die Richtigkeit dieser Auffassung spreche zugleich der im Jahr 2012 in § 78 Abs. 1 [X.] eingefügte Satz 4, wonach die aufgrund von dessen Satz 1 erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für Arzneimittel gelte, welche ge-mäß § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]a [X.] von einer Apotheke in einem Mitgliedstaat der Europäischen
Union oder einem dem [X.] nach den dortigen, dem inländischen Apothekenrecht 7
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entsprechenden Vorschriften zulässigerweise an Endverbraucher versandt würden. Die hierbei vorgenommene ausdrückliche Erstreckung des [X.] Arzneimittelpreisrechts auf den Versandhandel mit Arzneimitteln füge sich in-soweit in die Systematik und die innere Logik des § 78 [X.] ein, als es auch bei diesen Arzneimitteln um im Inland zugelassene Arzneimittel gehe, für [X.] die pharmazeutischen Unternehmer nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 [X.] einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen hätten.

Daran fehle es im Streitfall aber schon deshalb, weil die Streithelferin das Medikament nicht vom [X.] Hersteller [X.]

, sondern von einer [X.] Apotheke bezogen habe und die Weitergabe des Medikaments vom ausländischen Hersteller an eine dort ansässige Apotheke keine Verbindung zum Geltungsbereich des [X.] aufweise. Das [X.] Arzneimittelpreisrecht könne allenfalls bei der Veräußerung des Medikaments von der Streithelferin an den Beklagten sowie von diesem an die Versicherungsnehmerin der Klägerin eingreifen und die jeweiligen Großhandels-
und Apothekenzuschläge regeln, ohne aber in der Lage zu sein, einen einheitlichen Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Denn insoweit fehle es an der dafür erforderlichen klaren gesetz-lichen Regelung. Der pauschale Verweis in § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.] auf § 78 [X.] ohne ausdrückliche Nennung der [X.] reiche hierzu jedenfalls nicht aus.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Prüfung jedenfalls im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

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-

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der [X.] bei Abgabe des im Streit stehenden Medikaments an die Versicherungs-nehmerin der Klägerin keinen preisrechtlichen Bindungen unterlegen hat, die zu einer Teilnichtigkeit der getroffenen Kaufpreisvereinbarung gemäß § 134 BGB und in der Folge zu einem dem überzahlten Teil entsprechenden [X.] nach § 812 Abs. 1 BGB hätten führen können (vgl. etwa [X.], Urteil vom 12. Mai 2016 -
I [X.], [X.], 1845 Rn. 20 [X.]).

Denn die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung vom 14. No-vember 1980 ([X.]), zuletzt geändert durch Art. 6 des [X.] in der [X.] vom 4. Mai 2017 ([X.]
I S.
1050), finden nach ihrem in § 1 bezeichneten Anwendungsbereich auf [X.], die -
wie im Streitfall vor dem 1. Januar 2014 -
unter den Vo-raussetzungen des § 73 Abs. 3 Satz 1 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 1 Nr. 65 Buchst. d des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 ([X.] I S. 1990) in den Geltungs-bereich des [X.]es verbracht und nach Maßgabe von § 73 Abs.
3 Satz 2 [X.] abgegeben worden sind, entgegen der Auffassung der Revision keine Anwendung. Ebenso wenig hat der durch Art. 1 Nr.
52 Buchst. c des [X.] zur Änderung des [X.]es vom 30. Juli 2004 ([X.] I S. 2031) in § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.] eingefügte Verweis auf eine An-wendbarkeit der arzeimittelpreisrechtlichen Ermächtigungsgrundlage des § 78 [X.], zuletzt geändert durch Art. 5 Nr. 5 des genannten Gesetzes vom 4. Mai 2017 (aaO), für Arzneimittel im Sinne von §
73 Abs. 3 [X.] für sich allein be-reits preisrechtliche Wirkungen entfalten können.

1. Gemäß § 73 Abs. 3 [X.] in seiner im [X.]punkt der streitgegenständli-chen Arzneimittelimporte nach Maßgabe des vorgenannten Gesetzes vom 11
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17.
Juli 2009 (aaO; im Folgenden: [X.] 2009) geltenden Fassung durften [X.], die zur Anwendung bei Menschen bestimmt und -
wie das Medi-kament [X.]

vor dem 1. Januar 2014 -
nicht zum Verkehr im Geltungsbe-reich dieses Gesetzes zugelassen oder von der Zulassung freigestellt sind, un-ter anderem dann in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, wenn

"1.
sie von Apotheken auf vorliegende Bestellung einzelner Personen in geringer Menge bestellt und von diesen Apotheken im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis abgegeben werden,

2.
sie in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, und

3.
für sie hinsichtlich des Wirkstoffs identische und hinsichtlich der Wirkstärke vergleichbare Arzneimittel für das betreffende [X.] im Geltungsbereich des Gesetzes nicht zur Verfügung stehen,"

wobei es für die Bestellung und Abgabe von Arzneimitteln, die nicht aus [X.] oder anderen Vertragsstaaten des [X.] bezogen worden sind, einer ärztlichen Verschreibung bedurft hat (im Folgenden: [X.]en). Dass diese Voraussetzungen im Streitfall gegeben sind, hat das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt und lässt auch sonst einen Rechtsfehler nicht erken-nen.

2. Auf diese seit langem im Arzneimittelrecht zugelassenen Einzeleinfuh-ren (dazu [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, Stand 2017, § 73 [X.] Anm. 46) war das [X.] von Anfang an nur eingeschränkt anwendbar (vgl. §
73 Abs. 4 des [X.] des [X.] vom 24.
August 1976 [[X.] I S. 2445]).

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Zwar ist die Anwendbarkeit der Bestimmungen des [X.]es auf derartige [X.]en im Laufe der [X.] zunehmend erweitert worden (vgl. etwa § 73 Abs. 4 [X.] in der Fassung von Art. 1 Nr. 22 Buchst. b des Ers-ten Gesetzes zur Änderung des [X.]es vom 24. Februar 1983 [[X.] I S. 169]). Eine Anwendbarkeit arzneimittelrechtlicher Preisvorschriften ist jedoch erstmals dadurch ermöglicht worden, dass nach der durch Art. 1 Nr.
52 Buchst. c des [X.] zur Änderung des [X.]es vom 30. Juli 2004 (aaO) geänderten Fassung des § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.] nunmehr auch die in der Aufzählung der anwendbaren Vorschriften bis dahin noch nicht genannte Bestimmung des §
78 [X.] auf [X.]en für an-wendbar erklärt worden ist. Im streitgegenständlichen [X.]raum hat danach § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.] mit folgender, durch Art. 1 Nr.
65 Buchst. f des
genannten Gesetzes vom 17. Juli 2009 (aaO -
[X.] 2009) geregelter Fassung in Geltung gestanden:

[X.] keine Anwendung mit Ausnahme der §§ 5, 6a, 8, 13 bis 20a, 52a, 64 bis 69a und 78, fAusnahme der §§ 48, 95 Absatz 1 Nummer 1 und 3a, Absatz 2 bis 4, §
96 Nummer 3, 10 und 11 sowie § 97 Absatz 1, 2 Nummer 1 und 9 so-wie Absatz 3."

Die seit dem [X.] des [X.]
vom 24. Au-gust 1976 (aaO) durchgängig geltende, wenn auch mehrfach geänderte und erweiterte Bestimmung des § 78 [X.] ermächtigt das zuständige Bundesminis-terium, mit Zustimmung des Bundesrates unter anderem Preisspannen für Arz-neimittel, die im Großhandel,
in Apotheken oder von Tierärzten zum Wiederver-kauf abgegeben werden, unter Beachtung näher bezeichneter Vorgaben fest-zusetzen. Auf der Grundlage dieser Ermächtigung ist zunächst die Verordnung 15
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über Preisspannen für Fertigarzneimittel vom 17. Mai 1977 ([X.] I S. 789) und im [X.] daran die Arzneimittelpreisverordnung vom 14. November 1980 (aaO) erlassen worden. Eine Anpassung der Verordnung ist insoweit nach der beschriebenen Änderung des [X.]es vom 30. Juli 2004 (aaO) nicht erfolgt. Den Anwendungsbereich der Verordnung hat der Verordnungsge-ber für die hier interessierende Fallgestaltung durch § 1 Abs. 1 [X.] und 2 [X.], und zwar in einer von Beginn an unveränderten Fassung, [X.] umschrieben:

"Für Arzneimittel, die im Voraus
hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (Fertigarzneimittel) und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 des [X.] den Apotheken vorbehalten ist, werden durch diese [X.] festgelegt
1.
die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederver-kauf an Apotheken oder Tierärzte (§ 2),
2.
die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf (§§ 3, 6 und 7),
3.

"

3. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung sind -
anders als die Revision meint -
auf die im Streit stehenden [X.]en nicht anwend-bar.

a) Zwar handelt es sich nach den vom Berufungsgericht unangegriffen getroffenen Feststellungen bei dem über
die Streithelferin eingeführten und von dem Beklagten an die Versicherungsnehmerin der Klägerin abgegebenen Me-dikament [X.]

um ein Fertigarzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.]. Es ist aber -
was die Revision übersieht -
nicht ein Arzneimittel, dessen Abgabe nach § 43 Abs. 1 [X.] den Apotheken vorbehalten ist. Denn §
73 Abs. 4 Satz 2 [X.] 2009 sieht für [X.]en nach § 73 Abs. 3 [X.] 2009 eine Anwen-dung des § 43 [X.] gerade nicht vor, sondern bestimmt im Gegenteil, dass die 17
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Vorschriften des [X.]es insoweit keine Anwendung finden. [X.] hat -
von den im Streitfall nicht relevanten §§ 48, 52a [X.] einmal abge-sehen -
das Inverkehrbringen der in § 73 Abs. 3 [X.] 2009 beschriebenen Ein-zeleinfuhren in dieser Bestimmung eine auf die darin geregelten besonderen Verhältnisse abgestimmte eigenständige Regelung außerhalb der [X.] des 7. Abschnitts des [X.]es betreffend die Abgabe von [X.] erfahren (vgl. Sander, Arzneimittelrecht, Stand Mai 2017, [X.]. § 73 [X.] Anm. 11). Ebenso wenig hat der Verordnungsgeber, nachdem er den An-wendungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung von Anfang an stets auf sol-che Fertigarzneimittel beschränkt hatte, die unter § 43 Abs.
1 [X.] fallen (vgl. dazu schon [X.]. 265/80, [X.],
13), einen Bedarf nach Erweiterung die-ses in § 1 [X.] umschriebenen Anwendungsbereichs zwecks Regulierung der Preisgestaltung auch für die in § 73 Abs. 4 Satz
2 [X.] 2009 bezeichneten, von §
43 [X.] allerdings nicht erfassten Arzneimittel zu irgendeinem
[X.]punkt angesprochen oder sonst zum Ausdruck gebracht.

b) Der zum [X.]ass einer Rechtsverordnung nach § 78 [X.] ermächti-gende Gesetzgeber selbst hat ebenfalls nicht zu erkennen gegeben, dass er
-
anders als dies etwa in § 78 Abs. 1 Satz 4 [X.] hinsichtlich der in § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]a [X.] genannten Arzneimittel geschehen ist -
mit der in §
73 Abs.
4 Satz 2 [X.] 2009 vorgenommenen Erweiterung des [X.] der arzneimittelrechtlichen Vorschriften auf die in § 73 Abs. 2 und 3 [X.] 2009 bezeichneten Arzneimittel diese automatisch in das Arzneimittelpreisrecht einbezogen wissen wollte. Denn in den Materialien zum [X.] zur Änderung des [X.]es vom 30. Juli 2004 (aaO) ist nicht zum Aus-druck gekommen, welcher Zweck mit der darin erstmalig vorgesehenen [X.] des § 78 [X.] auf die genannten Arznei-mittel und deren Verbringung ins Inland genau verfolgt werden sollte (vgl. [X.]
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12
-
Drucks. 15/2109, [X.], 37; 15/2360, [X.] f.; 15/2849, S.
37, 62). Vielmehr hat der Gesetzgeber die Erweiterung der anwendbaren Vorschriften lediglich [X.] mit einer Erhöhung der Sicherheitsanforderungen für die erfassten Im-portarzneimittel begründet, ohne darüber hinaus auf die vorgesehene [X.] auch des §
78 [X.] einzugehen, dessen Zusammenhang mit [X.] indes eher fern liegt (vgl. BT-Drucks. 15/2109, [X.]; ähn-lich undeutlich BT-Drucks. 15/4736, [X.] zur Änderung des § 73 Abs. 4 [X.] im Zuge des [X.] zur Änderung des [X.]es). Jedenfalls ist danach nicht zu erkennen, dass es sich bei der Aufnahme des §
78 [X.] in die Liste der auf [X.]en anwendbaren Vorschriften des [X.]es um mehr als nur eine der Einschätzung des [X.] zum Vorliegen eines Regelungsbedarfs auch für die in § 73 Abs. 2 und 3 [X.] 2009 beschriebenen Sonderfälle eines Einzelimports anheim gegebene Vorratsermächtigung handeln sollte.

Dementsprechend trifft die Auffassung, aus der im Jahre 2004 erfolgten Änderung des § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.], wonach auf die im Wege der soge-nannten [X.] gemäß § 73 Abs. 2 [X.] bis 3 und 6 bis 10, Abs. 3 [X.] eingeführten Arzneimittel nunmehr auch die Bestimmung des § 78 [X.] An-wendung finden sollte, sei zu folgern, dass damit jedenfalls für im Wege der [X.] in das Inland verbrachte Arzneimittel die Regelungen des deut-schen Arzneimittelpreisrechts gelten würden (so [X.], A&R
2008, 204, 205; [X.], [X.] 2008, 582, 585; dagegen mit [X.], aaO), nicht zu. Sie berücksichtigt insbesondere nicht, dass -
worauf die Revisionserwiderung [X.] hinweist -
die Erweiterung der Ermächtigung zum [X.]ass einer Rechts-verordnung nach Art. 80 Abs. 1 GG für sich allein allenfalls eine Verpflichtung des [X.] begründen kann, von der Ermächtigung in [X.] Weise Gebrauch zu machen (vgl. [X.] 78, 249, 272; [X.], Parla-20
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13
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ment und Rechtsverordnung, 1999, S.
161 ff. [X.]). Darüber hinausgehende unmittelbare Rechtsfolgen für potentielle Adressaten einer zu erlassenden oder zu ändernden Rechtsverordnung kann die Ermächtigungsnorm dagegen nicht begründen. Das gilt umso mehr, als dem Verordnungsgeber jedenfalls dann, wenn ihm der Verordnungserlass nicht in bestimmter Weise aufgegeben ist
oder die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht sonst davon abhängt, dass von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, grundsätzlich die Entschließungsfreiheit zusteht, die Rechtsverordnung zu erlassen oder von einem [X.]ass abzusehen (vgl. [X.] aaO; [X.], aaO S.
464
ff.; [X.] in [X.]/Kirchhof, Hand-buch des Staatsrechts, Bd. V, 3.
Aufl., § 103 Rn. 50; jeweils [X.]).

Im Streitfall ist im Übrigen nicht einmal eine -
für sich allein zudem auch noch nicht zu einer unmittelbaren Anwendbarkeit der [X.] führende -
Verpflichtung des Verordnungsgebers erkennbar, von der ge-nannten Ermächtigung zur Einbeziehung der in § 73 Abs. 3 [X.] 2009 geregel-ten [X.]en in das Arzneimittelpreisrecht Gebrauch zu machen. Weder enthält die Begründung zu der im Jahre 2004 erfolgten Änderung des § 73 Abs.
4 Satz 2 [X.] dahingehend einen Hinweis noch hängt eine sachgerechte Anwendbarkeit des [X.]es davon ab, dass der in § 73 Abs. 3 [X.] 2009 geregelte Sonderfall der [X.]en den für den Regelfall vor-gegebenen preisrechtlichen Bindungen unterworfen wird. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass § 1 Abs. 3 [X.] ausdrücklich eine Reihe weiterer Fallgestaltungen vom Anwendungsbereich des Arzneimittelpreisrechts und den danach höchstens vergütungsfähigen Preisspannen ausnimmt und dadurch erkennen lässt, dass selbst für Arzneimittel, welche anders als die in § 73 Abs.
2 [X.] bis 3 und 6 bis 10, Abs. 3 [X.]
2009 genannten [X.]en vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1, 2 [X.] erfasst werden, die preis-rechtlichen Vorschriften nicht auf eine lückenlose Geltung hin angelegt sind 21
-
14
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(vgl. dazu [X.], Urteil vom 5. März 2015 -
I [X.], [X.], 1033 Rn.
23 [X.]).

c) Den vorstehend abgelehnten Auffassungen von [X.] und [X.] (jeweils aaO) hat sich -
allerdings ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit die-ser Sichtweise -
der I. Zivilsenat des [X.] in einem (Vorlage-) Beschluss vom 9. September 2010 (I [X.], [X.], 3724 Rn.
12) ange-schlossen. Dies wiederum hat -
ebenfalls ohne eigene Begründung
-
der 5.
Strafsenat des [X.] in einem Urteil vom 10. Dezember 2014 (5 [X.], [X.], 591 Rn. 26) aufgegriffen. Vorlagen gemäß § 132 Abs. 2 [X.] sind dadurch indes nicht veranlasst, weil die Entscheidung des er-kennenden Senats nicht im
Sinne dieser Vorschrift von den genannten [X.]en der beiden anderen Senate abweicht.

aa) Die danach erforderliche Divergenz setzt unter anderem voraus, dass die Rechtsauffassung, für im Wege der [X.] in das Inland ver-brachte Arzneimittel würden die Regelungen des [X.] Arzneimittelpreis-rechts gelten, nicht nur beiläufig geäußert worden ist, sondern für die [X.] beiden Entscheidungen (allein) tragend war und diese deshalb hierauf be-ruht haben (vgl. [X.], Urteile vom 8. Januar 1971 -
V [X.], [X.]Z 55, 137, 146; vom 22.
Januar 2004 -
IX ZR 39/03, [X.]Z 157, 350, 360; vom 10.
Juni 2008 -
XI [X.], [X.]Z 177, 69 Rn. 39; ebenso schon [X.], 17, 22; ferner etwa [X.], 112, 116). [X.] sind dabei diejenigen Rechtsauffassungen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele. Daran fehlt es hingegen, wenn die [X.] selbst bei abweichender Beantwortung der Rechtsfrage -
etwa we-gen einer lediglich obiter geäußerten Rechtsauffassung oder einer auf mehrere selbstständig tragende Begründungen erfolgten Stützung des gefundenen Er-22
23
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15
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gebnisses -
nicht anders ausgefallen wäre ([X.], aaO; BFH, [X.] 2001, 736, 737; BSG, Beschlüsse vom 6. Oktober 2016 -
B 5 SF 3/16 AR, juris Rn.
37; vom 23. Februar 2017 -
B 5 SF 5/16 AR, juris Rn. 38; jeweils [X.]). So liegt es im Streitfall.

bb) Der I. Zivilsenat, der im dortigen Rechtsstreit mit der Frage befasst war, ob das [X.] Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des [X.] nach [X.] eingeführte Arzneimittel im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]a [X.] gilt, hat die von ihm bejahte Frage unter anderem damit [X.], dass dann, wenn sogar bei den vom [X.] [X.]re-gime ansonsten weitgehend freigestellten Einzelimporten über den in § 73 Abs.
4 Satz 2 [X.] erfolgten Verweis auf die Geltung des § 78 [X.] das deut-sche Preisrecht gelte, für die im Wege des grenzüberschreitenden [X.] eingeführten Arzneimittel kaum etwas anderes gelten könne ([X.] vom 9. September 2010 -
I [X.], aaO). Er hat diese Auffassung jedoch darüber hinaus auf weitere, jeweils selbstständig tragende Gesichts-punkte vor allem kollisionsrechtlicher Art gestützt, namentlich das Argument, wonach das [X.] in § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]a [X.] eine einseiti-ge Kollisionsnorm enthalte, welche die Anwendung des [X.] Arzneimittel-preisrechts für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt ausdrücklich anordne und die von den Versandapotheken dazu nach inländischem Recht zu erfüllen-den Anforderungen näher ausgestalte (aaO Rn. 17 f.). Der vom [X.] gezogene Erst-recht-Schluss (aaO Rn. 12) kann deshalb ohne Weiteres hinweggedacht werden, ohne dass dadurch zugleich das konkrete Entschei-dungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfallen müsste.

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-
16
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cc) Das bei dem 5. Strafsenat anhängig gewesene Revisionsverfahren betraf die Frage, ob der angeklagte Apotheker den Tatbestand des Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB dadurch verwirklicht hat, dass er bei den gegenüber den Krankenkassen abgerechneten Rezepten für die zur Zubereitung von Zy-tostatika-Lösungen verwendeten Fertigarzneimittel diejenigen Preise zugrunde gelegt hat, die sich für entsprechende Ausgangsstoffe aus der so genannten [X.] ergeben haben, obwohl die tatsächlich an die ausländischen Ver-triebsunternehmen gezahlten Einkaufspreise darunter lagen (Urteil vom 10. De-zember 2014 -
5 [X.], aaO Rn. 17).

Bei seiner rechtlichen Prüfung ist der 5. Strafsenat unter [X.] an die Sichtweise des [X.] in dessen Beschluss vom 9. September 2010 (I
[X.], aaO) zwar davon ausgegangen, dass das durch § 78 Abs. 2 Satz 2 [X.] normierte Gebot der Gewährleistung einheitlicher Apothekenabgabeprei-se für verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 73 Abs. 4 Satz 2 [X.] auch für die Abgabe [X.] ausländischer Arzneimittel gelte. Unge-achtet dieses Ausgangspunkts ist er gleichwohl zur Verneinung einer Betrugs-handlung gelangt, weil auch bei Anwendung [X.] Arzneimittelpreisrechts insoweit eine Regelungslücke im abrechnungsrechtlichen System bestanden habe, die nach der festgestellten Retaxierungspraxis der Krankenkassen durch einen Rückgriff auf die [X.] der [X.] für entsprechende auf dem [X.] Markt erhältliche Präparate ausgefüllt worden wäre. [X.] wären auch nicht die tatsächlichen Einkaufspreise, sondern -
wie geschehen -
die am [X.] in der [X.] geltenden Einkaufsprei-se der für parenterale Lösungen eingesetzten Fertigarzneimittel unabhängig vom tatsächlichen Einkaufspreis abzurechnen gewesen (aaO Rn.
26). Somit hätten die im Tatzeitraum geltenden Abrechnungsvorschriften für Fertigarznei-mittel, welche zu zytostatikahaltigen Lösungen verarbeitet worden seien, preis-25
26
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17
-
relevante Angaben tatsächlicher Einkaufspreise weder vorgesehen noch habe sich aus den seinerzeit geltenden preisrechtlichen Vorschriften ergeben, dass der Angeklagte die von ihm
erzielten Einkaufsvorteile an die gesetzlichen Kran-kenkassen hätte weitergeben müssen (aaO Rn. 29).

Für die zur Verneinung des [X.] führende Auffassung des 5.
Strafsenats ist es mithin im Ergebnis nicht entscheidungserheblich ge-wesen, ob das inländische Arzneimittelpreisrecht für die Abgabe einzelimpor-tierter ausländischer Arzneimittel überhaupt Geltung beanspruchen kann oder nicht. Denn an einer Betrugshandlung hat es schon deshalb gefehlt, weil das inländische Arzneimittelpreisrecht selbst bei unterstellter Anwendbarkeit keine preisrechtlichen Vorgaben enthalten hat und deshalb im einen wie dem anderen Fall die festgestellte Retaxierungspraxis für die Abrechnungen maßgeblich war.

27
-
18
-

Die Entscheidung im Revisionsverfahren wäre also auch bei abweichender Be-antwortung der Rechtsfrage, nämlich dass das inländische Arzneimittelpreis-recht auf die Abgabe [X.] ausländischer Arzneimittel bereits keine Anwendung finden kann und deshalb auch keine berücksichtigungsfähigen Ab-rechnungsvorgaben bestehen, nicht anders ausgefallen.

Dr. [X.] Dr. Schneider

Dr. [X.] Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG
[X.], Entscheidung vom 18.05.2016 -
8 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.05.2017 -
10 U 853/16 -

Meta

VIII ZR 135/17

09.05.2018

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. VIII ZR 135/17 (REWIS RS 2018, 9419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9419

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Referenzen
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Zitiert

I ZR 72/08

5 StR 405/13

VIII ZR 135/17

I ZR 5/15

I ZR 185/13

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