Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.08.2016, Az. 2 StR 585/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 6294

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:250816B2STR585.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR
585/15

vom
25. August
2016
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
zu 1.: versuchten Totschlags u.a.

zu 2.: Beihilfe zum versuchten Totschlag u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts
und der
Beschwerdeführer
am 25. August
2016 gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2015 im Ausspruch über die Adhäsionsanträge wie folgt abgeändert:
a)
Der Anspruch des Adhäsionsklägers S.

gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz aller imma-teriellen Schäden aus dem Ereignis vom 10.
September 2014 ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, dass der Adhäsionskläger S.

ge-gen die Angeklagten als Gesamtschuldner einen [X.] auf Ersatz aller künftigen materiellen Schäden aus dem genannten Ereignis hat, soweit nicht Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte überge-gangen sind.
Es wird festgestellt, dass die Schmerzensgeldansprüche auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen.
Im Übrigen wird von einer Entscheidung im [X.] über die Anträge des Adhäsionsklägers S.

ab-gesehen.
b)
[X.] zugunsten der Adhäsionskläge-rin N.

wird aufgehoben. Insoweit wird von einer Ent-scheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen.
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-
2.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten M.

gegen das vorgenannte Urteil wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die den [X.] insoweit entstandenen notwendigen Auslagen und die dem Neben-
und Adhäsionskläger S.

im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten zu tragen.
Die aufgrund des Antrags der Adhäsionsklägerin N.

entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der [X.] auferlegt. Die insoweit entstandenen eigenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
3.
Auf die Revision des Angeklagten D.

wird das vorge-nannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels des Angeklagten D.

, an eine andere Jugendkam-mer des [X.] zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten D.

wird verworfen.

-
4
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten M.

wegen gefährlicher Kör-perverletzung und wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Den Angeklagten D.

hat es wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum ver-suchten Totschlag und zur gefährlichen Körperverletzung unter Einbeziehung eines früheren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem hat das [X.] festgestellt, dass die Angeklagten als Gesamt-schuldner verpflichtet sind, den [X.] alle materiellen und immateriel-len Schäden aus dem Schadensereignis vom 10.
September 2014 zu erstatten, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. i-ner vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Im Übrigen hat es von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.
1. [X.] S.

ist teilweise abzuändern.

d-berichtigt insoweit die Urteilsformel, soweit es um den Anspruch des [X.] S.

auf Ersatz aller immateriellen Schäden geht.

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Insofern hatte er eine auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 175.000
Euro nebst Prozesszinsen gerichtete Leistungsklage erhoben, über die das [X.] durch Teilurteil dem Grunde nach zu seinen Gunsten [X.] hat. Ein Vorbehalt für den Fall des Forderungsübergangs auf Sozialversi-cherungsträger (§
116 Abs.
1 SGB
X) oder andere Dritte (§
86 Abs.
1 [X.]) ist in dem Grundurteil nicht auszusprechen, zumal ein Forderungsübergang beim Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich nicht in Frage kommt.
b) Hinsichtlich der bisher entstandenen und künftigen materiellen [X.] hat der Adhäsionskläger S.

einen Feststellungsantrag gestellt, der nur zum Teil zulässig und begründet
ist.
aa) Hinsichtlich
der bereits entstandenen materiellen Schäden hat der Adhäsionskläger S.

weder geltend gemacht noch ist aus seinem Vortrag ansonsten ersichtlich, welche Schäden bereits entstanden sein könnten und warum er nicht in der Lage ist, diese Schäden schon jetzt zu beziffern. Für die Feststellungsklage mangelt es insoweit an dem erforderlichen Feststellungsin-teresse (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Juli 2015 -
4 [X.] mwN).
[X.]) Hinsichtlich der künftigen materiellen Schäden, die angesichts der erheblichen
Verletzungen des Adhäsionsklägers S.

in Betracht kommen, aber von ihm noch nicht beziffert werden können, ist ein Feststellungsaus-spruch zulässig und in der Sache gerechtfertigt. Bei schweren Verletzungen kann ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftigen Schaden nur dann verneint werden, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 1997 -
VI [X.], [X.]R ZPO §
256 Feststel-lungsinteresse 43). Das ist hier nicht der Fall.

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Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Insoweit bedarf der [X.] nur der Einschränkung für den Fall des Forderungsübergangs auf [X.] oder sonstige Dritte.
2. Soweit sich
die Revisionen gegen den Adhäsionsausspruch zuguns-ten
der Adhäsionsklägerin N.

richten, sind sie begründet. Deren [X.] genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen gemäß §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO. Daher ist von einer Adhäsionsentscheidung zu ihren Gunsten abzu-sehen.
a) Die Adhäsionsklägerin N.

hat zunächst beantragt, die Ange-klagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des

§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt die bestimmte Angabe des Gegen-standes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Er steht der Zulässigkeit eines unbezifferten Klageantrags nur dann nicht entgegen, wenn zugleich die tatsächlichen Grundlagen für die [X.] mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend ge-macht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Oktober 1981 -
VI [X.], NJW 1982, 340). Deshalb fehlt es an der von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO geforderten Bestimmtheit des unbe-zifferten Klageantrags, wenn der Kläger keine Angaben zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes macht (vgl. [X.], Urteil 28.
Februar 1984 -
VI
ZR 70/82, NJW 1984, 1807, 1809). Das gilt erst recht im Fall einer offenen Teilkla-ge.
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b) Soweit die Adhäsionsklägerin N.

u-stellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Neben-klägerin alle absehbaren und nicht absehbaren Folgeschäden aus dem Scha-densereignis vom 14.
Jul-
von der fehler-haften Datierung der unerlaubten Handlung abgesehen
-
unklar. Was unter al-für die Schadensersatz begehrt wird, hat die Adhäsionsklägerin nicht erklärt. Daraus ist bereits nicht zu entnehmen, ob es um den Ersatz künftiger materiel-ler oder immaterieller Schäden gehen soll und wie sich diese Klage zur Teilkla-ge auf ein Schmerzensgeld verhält.

II.
Die Revision des Angeklagten M.

ist unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuld-
und Strafausspruch rich-tet. Die rechtsfehlerhafte Annahme von Tateinheit der gegen die höchstpersön-lichen Rechtsgüter der Nebenkläger gerichteten Handlungen beschwert ihn nicht.
Die Kostenentscheidung zum Rechtsmittel des Angeklagten M.

be-ruht auf §
473 Abs.
4, §
472a Abs.
2 StPO.

III.
1. Die Revision des Angeklagten D.

ist im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Der [X.] über die Jugendstrafe kann dagegen keinen Bestand haben.
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n-gels Erläuterung ist dies nicht nachprüfbar.
b) Die Notwendigkeit der Verhängung einer Jugendstrafe ist im Urteil dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Der Schuldgehalt der Tat bei der [X.] durch heranwachsende Täter, auf die das Jugendstrafrecht Anwendung des § 17 Abs. 2 JGG wird daher nicht vorrangig anhand des äußeren [X.] und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht be-stimmt. Vielmehr ist auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 19.
Februar 2014 -
2 StR 413/13, [X.], 407, 408). Die Urteilsgründe set-zen sich damit nicht auseinander.
c) Schließlich begegnet der Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Gemäß § 18 Abs. 2 JGG bemisst sich die Höhe der Jugendstrafe vor-rangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen des-halb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken
die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist. Die [X.] lassen nicht erkennen, dass
das [X.] dem Erziehungsgedanken Bedeutung beigemessen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 22.
April 2015 -
2 StR 503/14, [X.], 105). Es hat alleine auf das Tatunrecht abgestellt und nur Strafzu-messungserwägungen aus dem allgemeinen Strafrecht genannt. Die verhängte -

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net. Unter erzieherischen Gesichtspunkten hätte es
zum Beispiel -
ge-gebenenfalls
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auf eine positive Entwicklung eingehen müssen, die der Ange-klagte seit der Tat genommen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4.
Dezember 2012 -
2 StR 376/12, [X.], 758). An derartigen Erwägungen zum [X.] fehlt es in den Urteilsgründen.
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten auf den [X.] beruht. Deshalb verweist er die Sache insoweit an das [X.] zurück.
Fischer [X.]Eschelbach

Ott

Zeng

20

Meta

2 StR 585/15

25.08.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.08.2016, Az. 2 StR 585/15 (REWIS RS 2016, 6294)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6294

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 413/13

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