PARTEIEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT NPD PARTEIENFINANZIERUNG Hinzufügen
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Erfolgloses Ablehnungsgesuch (Richter Müller) im Organstreitverfahren der NPD gegen den Bundestag wegen des Beschlusses von Art 1 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (BT-Drucks 18/12357 und 18/12846; juris: Art 1 GGArt21ÄndG) am 22.06.2017 - keine Besorgnis der Befangenheit
Die Ablehnung des Richters Müller wird als unbegründet zurückgewiesen.
1. Mit Antragsschrift vom 13. September 2017 hat die Antragstellerin das vorliegende Organstreitverfahren initiiert und zugleich den [X.] wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung ihres [X.] trägt sie im Wesentlichen vor:
a) [X.] habe sich in seiner Zeit als Ministerpräsident des [X.] von 1999 bis 2011 mehrfach abwertend über die Antragstellerin geäußert. In einem Artikel des [X.]s vom 29. Januar 2005 mit dem Titel "Müller gegen staatliche Finanzierung der [X.]" werde berichtet, dass er sich dafür ausgesprochen habe, verfassungsfeindlichen [X.]en generell die staatliche Finanzierung zu entziehen. Dem Artikel zufolge habe er gefordert, zu prüfen, ob es rechtlich möglich sei, dass verfassungsfeindliche [X.]en keine staatliche Finanzierung erhielten, und gesagt, dass dann die Antragstellerin, die unstreitig verfassungsfeindliche Ziele verfolge, von der [X.]enfinanzierung ausgeschlossen werden könne.
Auf [X.] ONLINE finde sich ein Artikel aus dem [X.], laut dem [X.] sich zustimmend zu einer [X.] Initiative betreffend ein Verbot der Antragstellerin geäußert habe. Schließlich behaupte die [X.] in einem Artikel aus dem [X.], dass [X.] sich gegenüber der [X.] im [X.] wie folgt über die Antragstellerin geäußert habe:
Es ist unstreitig, dass die [X.] verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und rassistische Inhalte vertritt. Das Gedankengut der [X.] finde ich Ekel erregend.
b) Diese Äußerungen begründeten die Besorgnis der Befangenheit. [X.] lasse keinen Zweifel daran, dass er der Antragstellerin zutiefst ablehnend gegenüberstehe und sie als "Ekel erregend" ansehe. Eine solche derbe Wortwahl lasse auf eine [X.] Haltung des [X.]s gegenüber der Antragstellerin schließen. Dies gelte umso mehr, als [X.] die Forderung erhoben habe, die Antragstellerin im Bereich der staatlichen [X.]enfinanzierung zu diskriminieren. Die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit dieser Forderung und ihrer Umsetzung stelle die zentrale Rechtsfrage des vorliegenden Verfahrens dar. Die Annahme, ein [X.] ziehe es in Betracht, die Umsetzung seiner politischen Forderungen für verfassungswidrig zu erklären, erscheine abwegig. Es dürfte einleuchten, dass die Unvoreingenommenheit eines [X.]s, der einen Verfahrensbeteiligten als "Ekel erregend" bezeichne, dessen Verfassungswidrigkeit als unstreitig ansehe und offen zu dessen parteienfinanzierungsrechtlicher Diskriminierung auffordere, durchgreifenden Bedenken ausgesetzt sei.
c) Der Beschluss des Senats vom 1. März 2016 in dem Verfahren 2 BvB 1/13 ([X.] 142, 18 ff.) nötige zu keiner abweichenden Beurteilung. Er sei bereits unwirksam, weil er unter Mitwirkung des damals ebenfalls abgelehnten [X.]s [X.] gefasst worden sei. Zudem sei die psychologische Hemmschwelle, sich aufgrund verfestigter Rechtsmeinungen zum Ausspruch eines [X.]verbots hinreißen zu lassen, deutlich höher als beim Ausspruch eines bloßen Entzugs der [X.]enfinanzierung. Soweit der Senat im damaligen Verfahren eine [X.] bezüglich des [X.]s Müller mit dem Argument abgelehnt habe, er habe sich gerade gegen ein Verbot und stattdessen für einen Entzug der [X.]enfinanzierung ausgesprochen, kehre sich dies hier in sein Gegenteil.
2. [X.] hat in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 29. Oktober 2020 mitgeteilt, dass die von der Antragstellerin zur Begründung des [X.] in Bezug genommenen Zitate inhaltlich zutreffend wiedergegeben seien. Er sehe sich deswegen nicht als befangen an. Er habe diese mehr als 15 Jahre zurückliegenden Äußerungen in seinem früheren Amt als Ministerpräsident des [X.] im Rahmen des politischen Meinungskampfes getätigt. Eine verfassungsrechtliche Bewertung hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren zu entscheidenden Rechtsfragen sei darin weder enthalten, noch sei diese intendiert gewesen. Dies dokumentiere insbesondere der Artikel des [X.]s vom 29. Januar 2005, in dem lediglich die rechtliche Prüfung der Möglichkeit eines Ausschlusses der Antragstellerin von der staatlichen [X.]enfinanzierung gefordert werde.
3. Der Antragsgegner hat unter dem 18. Dezember 2020 mitgeteilt, dass er von einer Stellungnahme insbesondere zu dem Ablehnungsgesuch absehe.
4. a) Die Antragstellerin hat zu der dienstlichen Stellungnahme des [X.]s Müller mit [X.] vom 12. Januar 2021 insbesondere vorgetragen, dem Umstand, dass die beanstandeten Verlautbarungen schon geraume Zeit zurücklägen, komme keine gesteigerte Bedeutung zu, wie der Beschluss des Senats vom 12. Februar 2018 ([X.] 148, 1 ff.) anschaulich zeige.
b) Soweit [X.] darauf verweise, er habe lediglich eine rechtliche Prüfung der Möglichkeit eines Entzugs der [X.]enfinanzierung angeregt, lasse sich dies schwerlich mit dem Wortlaut des vorgelegten Artikels des [X.]s in Einklang bringen, in dem es heiße:
Der [X.] Ministerpräsident, [X.] ([X.]), hat sich dafür ausgesprochen, verfassungsfeindlichen [X.]en generell die staatliche Finanzierung zu entziehen.
Diese - von ihm selbst als zutreffend wiedergegeben bezeichnete - Aussage gehe über die bloße Forderung nach einer (ergebnisoffenen) Prüfung hinaus und deute auf eine inhaltliche [X.] hinsichtlich der mit diesem Themenkomplex verbundenen Rechtsfragen hin. Dieser sich einem verständigen Verfahrensbeteiligten aufdrängende Eindruck werde durch die weiteren Äußerungen des [X.]s Müller über das "Ekel erregende" Gedankengut der Antragstellerin sowie den Umstand, dass diese "unstreitig" verfassungswidrige Ziele verfolge, verstärkt.
c) Es komme hinzu, dass [X.] trotz des [X.] in der Jahresvorschau des Gerichts für das [X.] als "Berichterstatter" geführt werde, er sich aber aufgrund des [X.] jeglicher aufschiebbarer Amtshandlung in dem Verfahren zu enthalten habe. Sollte er sich weiterhin als Berichterstatter betätigt haben, könne dies einen weiteren Grund darstellen, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Es werde daher die Einholung einer diesbezüglichen Stellungnahme beantragt.
Zur Mitwirkung an dem vorliegenden Beschluss sind alle Senatsmitglieder mit Ausnahme des abgelehnten [X.]s Müller berufen. Von der Mitwirkung ist insbesondere [X.] [X.] nicht ausgeschlossen, obwohl gegen ihn ebenfalls eine Ablehnung wegen behaupteter Besorgnis der Befangenheit geltend gemacht worden ist. Denn wegen der besonderen Organisation des [X.] kann über jedes Ablehnungsgesuch gesondert entschieden werden, um der Gefahr zu begegnen, dass das Gericht durch eine Vielzahl von [X.] und eine daraus sich ergebende Beschlussunfähigkeit nach Ausschöpfung aller Vertretungsmöglichkeiten (vgl. § 15 Abs. 2 [X.]) seiner Handlungsfähigkeit beraubt wird (vgl. [X.] 2, 295 <298>).
Der Antrag auf Ablehnung des [X.]s Müller gemäß § 19 Abs. 1 [X.] ist zulässig, aber unbegründet.
1. a) Die Besorgnis der Befangenheit eines [X.]s oder einer [X.]in des [X.] nach § 19 [X.] setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit des [X.]s oder der [X.]in zu rechtfertigen (vgl. [X.] 82, 30 <37>; 98, 134 <137>; 101, 46 <50 f.>; 102, 122 <125>; 108, 122 <126>; 142, 9 <14 Rn. 14>; 142, 18 <21 Rn. 11>; 142, 302 <307 Rn. 18>; 148, 1 <6 Rn. 17>; 152, 332 <337 Rn. 15>; 154, 312 <316 Rn. 13>; [X.], Beschluss des [X.] vom 12. Januar 2021 - 2 BvR 2006/15 -, Rn. 21). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der [X.] oder die [X.]in tatsächlich parteilich oder befangen ist oder sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit des [X.]s oder der [X.]in zu zweifeln (vgl. [X.] 20, 1 <5>; 73, 330 <335>; 82, 30 <37 f.>; 108, 122 <126>; 135, 248 <257 Rn. 23>; 142, 9 <14 Rn. 14>; 142, 18 <21 Rn. 11>; 142, 302 <307 Rn. 18>; 148, 1 <6 Rn. 17>; 152, 332 <337 Rn. 15>; 154, 312 <316 Rn. 13>; [X.], Beschluss des [X.] vom 12. Januar 2021 - 2 BvR 2006/15 -, Rn. 21). Das ist der Fall, wenn die Umstände Anlass zur Sorge geben, dass ein [X.] oder eine [X.]in aus persönlichen oder anderen Gründen schon so festgelegt ist, dass er oder sie sich gedanklich nicht mehr lösen kann oder will und entsprechend für Gegenargumente nicht mehr offen ist. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass [X.]innen und [X.] des [X.] über jene innere Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, in Unvoreingenommenheit und Objektivität zu entscheiden. Bei den Vorschriften über die Besorgnis der Befangenheit geht es aber auch darum, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit zu vermeiden (vgl. [X.] 108, 122 <129>; 148, 1 <6 Rn. 17>; 152, 332 <337 f. Rn. 15>; [X.], Beschluss des [X.] vom 12. Januar 2021 - 2 BvR 2006/15 -, Rn. 21).
b) Die Kundgabe politischer Meinungen, die ein [X.] oder eine [X.]in zu einer Zeit geäußert hat, als er oder sie noch nicht Mitglied des [X.] war und daher den besonderen Anforderungen dieses [X.]amts noch nicht Rechnung zu tragen hatte, rechtfertigt grundsätzlich eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nicht (vgl. [X.] 99, 51 <56>; 142, 9 <14 Rn. 17>; 142, 18 <21 Rn. 14>; 148, 1 <7 Rn. 18>; 154, 312 <316 Rn. 15>). Den Bestimmungen über die Wahl von [X.]innen und [X.]n des [X.] (Art. 94 Abs. 1 GG, §§ 3 ff. [X.]) liegt als selbstverständlich, sogar als erwünscht, zugrunde, dass auch Personen, die als Repräsentanten von [X.]en politische Funktionen in den Parlamenten ausgeübt oder politische Ämter in den Regierungen bekleidet haben, zu Mitgliedern des [X.] gewählt und ernannt werden können, um ihre politischen Erfahrungen für die Verfassungsrechtsprechung fruchtbar zu machen (vgl. [X.] 99, 51 <56 f.>; 142, 9 <14 Rn. 17>; 142, 18 <21 Rn. 14>; 148, 1 <7 Rn. 18>). Damit geht die Erwartung des Verfassungs- und Gesetzgebers einher, dass [X.]innen und [X.] des [X.] über jene Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, in Unvoreingenommenheit und Objektivität zu entscheiden (vgl. [X.] 35, 171 <173 f.>), und dass sie ihre Rolle unabhängig von früheren parteipolitischen Auseinandersetzungen ausüben werden (vgl. [X.] 99, 51 <57>; 142, 9 <14 f. Rn. 17>; 142, 18 <21 f. Rn. 14>; 148, 1 <7 Rn. 18>). Wenn ein [X.] oder eine [X.]in zuvor Aufgaben politischer Gestaltung zu erfüllen hatte und in diesem Zusammenhang am Wettstreit unterschiedlicher politischer Auffassungen teilnahm, genügt dies für sich genommen nicht, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. [X.] 99, 51 <56>; 148, 1 <7 Rn. 18>).
Zweifel an der Objektivität eines [X.]s oder einer [X.]in des [X.] können allerdings berechtigt sein, wenn sich aufdrängt, dass ein innerer Zusammenhang zwischen einer - mit Engagement geäußerten - politischen Überzeugung und seiner oder ihrer Rechtsauffassung besteht (vgl. [X.] 35, 246 <253 f.>; 73, 330 <337>; 142, 9 <15 Rn. 18>; 142, 18 <22 Rn. 15>; 148, 1 <7 Rn. 19>), oder wenn frühere Forderungen des [X.]s oder der [X.]in nach einer Rechtsänderung in einer konkreten Beziehung zu einem während der Amtszeit beim [X.] anhängigen Verfahren stehen (vgl. [X.] 148, 1 <7 f. Rn. 19> m.w.N.). Entscheidend ist, dass das jeweilige Verhalten den Schluss zulässt, dass der [X.] oder die [X.]in einer der eigenen Ansicht widersprechenden Rechtsauffassung nicht mehr frei und unvoreingenommen gegenübersteht, sondern festgelegt ist (vgl. [X.] 35, 246 <254>; 142, 9 <15 Rn. 18>; 142, 18 <22 Rn. 15>; 148, 1 <8 Rn. 19>; [X.], Beschluss des [X.] vom 12. Januar 2021 - 2 BvR 2006/15 -, Rn. 22). Dabei kann der Eindruck der [X.] aus der maßgeblichen Sicht der Verfahrensbeteiligten umso eher entstehen, je enger der zeitliche Zusammenhang mit einem solchen Verfahren ist. Je länger hingegen eine politische Äußerung zurückliegt, desto weniger kann sie die Besorgnis der Befangenheit begründen. Das Zeitmoment ist allerdings für die Beurteilung im Rahmen von § 19 [X.] nicht allein maßgeblich. Erforderlich ist stets eine Gesamtwürdigung von Inhalt, Form und Rahmen (Ort, Adressatenkreis) der jeweiligen Äußerung sowie dem sachlichen und zeitlichen Bezug zu einem anhängigen Verfahren (vgl. [X.] 142, 9 <15 Rn. 18>; 142, 18 <22 Rn. 15>; [X.], Beschluss des [X.] vom 12. Januar 2021 - 2 BvR 2006/15 -, Rn. 24 f.; jeweils m.w.N.).
2. Ausgehend von diesem Maßstab ist nicht von einer Besorgnis der Befangenheit des [X.]s Müller auszugehen. Die benannten Äußerungen des [X.]s Müller bieten bei vernünftiger Würdigung keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln.
a) Soweit die Antragstellerin auf einen Artikel im [X.] vom 29. Januar 2005 verweist, in dem sich [X.] in seiner damaligen Funktion als [X.]r Ministerpräsident dafür ausgesprochen habe, die rechtlichen Möglichkeiten eines Ausschlusses der [X.] von staatlicher Finanzierung zu prüfen, vermag dies die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen (vgl. dazu bereits [X.] 142, 18 <23 Rn. 18>). Denn mit den dort genannten Aussagen geht gerade nicht einher, dass [X.] eine Verfassungsänderung im Sinne von Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG für mit den Rechten der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 GG vereinbar hält, zumal diese Norm erst über zwölf Jahre nach den Äußerungen mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 21) vom 13. Juli 2017 ([X.]) eingeführt wurde. Vielmehr plädierte er ausweislich des Artikels dafür, zu überprüfen, ob ein Ausschluss der Antragstellerin von der staatlichen Finanzierung nach der damaligen Rechtslage in Betracht komme. Etwas Anderes folgt auch nicht aus der von der Antragstellerin im [X.] vom 12. Januar 2021 vom Kontext losgelöst zitierten Passage. Dabei handelt es sich nicht um ein wörtliches Zitat, sondern um eine journalistische Bewertung. Aus dem nachfolgenden Text ergibt sich, dass [X.] gefordert habe, "zu prüfen, ob es rechtlich möglich sei, dass verfassungsfeindliche [X.]en keine staatliche Finanzierung erhielten". Damit hat er aber keine Rechtsauffassung zu Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG in Bezug auf die Rechte der Antragstellerin geäußert, sondern lediglich eine rechtliche Prüfung angeregt. Soweit [X.] als [X.]r Ministerpräsident ausweislich des Artikels die Antragstellerin als [X.], die "unstreitig verfassungsfeindliche Ziele" verfolge, bezeichnet hat, liegt darin offensichtlich keine juristische Aussage über die Vereinbarkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen des erst wesentlich später in [X.] getretenen Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG mit den Rechten der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 GG, sondern eine politische Bewertung (vgl. [X.] 142, 18 <22 f. Rn.17>).
b) Auch die auf [X.] ONLINE behauptete Zustimmung des damaligen Ministerpräsidenten des [X.] zu einem Verbotsantrag gegen die Antragstellerin kann die Besorgnis der Befangenheit des [X.]s Müller nicht begründen. Es handelt sich hierbei um eine Äußerung aus dem [X.] im Vorfeld des ersten [X.] gegen die Antragstellerin, den [X.] als [X.]r Ministerpräsident im Ergebnis nicht mitgetragen, sondern im Bundesrat abgelehnt hat (vgl. [X.] 142, 18 <23 Rn. 19>). Eine Festlegung hinsichtlich des Ergebnisses des anhängigen Verfahrens über die Verletzung von Rechten der Antragstellerin durch Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.
c) Bei der ausweislich des vorgelegten [X.]-Artikels Ende 2000 in der [X.] getätigten Äußerung von [X.] in seiner damaligen Funktion als Ministerpräsident des [X.], er finde das Gedankengut der [X.] "Ekel erregend", handelt es sich um ein Werturteil im politischen Meinungskampf. Damit hat er zwar eine deutliche Abneigung gegenüber den Positionen der Antragstellerin zum Ausdruck gebracht. Zeitlich weit zurückliegende Äußerungen von Sympathie, Antipathie oder Gleichgültigkeit eines [X.]s oder einer [X.]in gegenüber Verfahrensbeteiligten sind jedoch keine zuverlässigen Anzeichen dafür, dass der- oder diejenige nicht pflichtgemäß ohne Ansehen der Person entscheiden wird (vgl. [X.] 73, 330 <338 f.>; 142, 18 <23 Rn. 20>). Eine Besorgnis der Befangenheit ist hierdurch regelmäßig nicht begründet ([X.] 142, 18 <23 f. Rn. 20>). Auch insoweit kann der Äußerung eine Festlegung hinsichtlich der Verletzung von Rechten der Antragstellerin durch die Einführung von Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG nicht entnommen werden.
d) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass frühere Stellungnahmen im Rahmen der Wahrnehmung politischer Ämter nur dann eine Befangenheit besorgen lassen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die befürchten lassen, dass der [X.] oder die [X.]in auch in dem veränderten institutionellen Rahmen, in den er oder sie als [X.] oder [X.]in des [X.] gestellt ist, nicht unvoreingenommen entscheiden wird (vgl. [X.] 142, 9 <17 Rn. 23>; 142, 18 <24 Rn. 21>). Solche Umstände sind vorliegend hinsichtlich der bereits viele Jahre zurückliegenden Äußerungen des [X.]s Müller nicht ersichtlich. Insbesondere können seine Äußerungen nicht als Verlangen einer Rechtsänderung aufgefasst werden, die in einer konkreten Beziehung zu dem vorliegenden Organstreit stehen.
3. Die Einholung der von der Antragstellerin unter dem 12. Januar 2021 beantragten erneuten dienstlichen Stellungnahme war nicht notwendig.
Ein auf eine etwaige Wahrnehmung der [X.] gestütztes Ablehnungsgesuch gegen den [X.] wäre von vornherein offensichtlich unzulässig, sodass es hierzu schon deshalb keiner weiteren dienstlichen Stellungnahme bedurfte (vgl. [X.] 11, 1 <3>; 133, 377 <405 Rn. 69>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 27. November 2019 - 2 BvR 2046/19 -, juris, Rn. 2). Ein abgelehnter [X.] ist bis zur Entscheidung über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch an der weiteren Mitwirkung am Verfahren nicht gehindert (vgl. [X.] 2, 295 <298>) und erst danach - mit ex-nunc-Wirkung - vom weiteren Verfahren ausgeschlossen (vgl. [X.], in: [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 2015, § 19 Rn. 38; Kliegel, in: [X.], [X.], 2018, § 19 Rn. 20, 53; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2020, § 19 Rn. 33). Vor diesem Hintergrund ist schon nicht zu erkennen, dass hier ein Tätigwerden in der Sache zu beanstanden wäre. Jedenfalls bleibt es dem Senat unbenommen, abweichend von der Einschätzung des Berichterstatters oder der Berichterstatterin zu entscheiden (vgl. [X.] 154, 312 <319 Rn. 22> m.w.N.). Auch deshalb ist nicht ersichtlich, inwieweit aus der weiteren Wahrnehmung der [X.] vorliegend die Besorgnis der Befangenheit mit Blick auf die in der Hauptsache zu treffende Entscheidung folgen sollte.
Meta
23.06.2021
Bundesverfassungsgericht 2. Senat
Beschluss
Sachgebiet: BvE
Art 21 Abs 3 S 1 GG, § 18 Abs 1 Nr 2 BVerfGG, § 19 Abs 1 BVerfGG, § 19 Abs 2 S 1 BVerfGG, Art 1 GGArt21ÄndG
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23.06.2021, Az. 2 BvE 1/17 (REWIS RS 2021, 4715)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 4715
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 BvB 1/19 (Bundesverfassungsgericht)
Erfolgloses Ablehnungsgesuch (Richter Müller) im Verfahren über den Ausschluss der NPD von staatlicher Finanzierung gem …
2 BvB 1/13 (Bundesverfassungsgericht)
Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs im Parteiverbotsverfahren als unbegründet - hier: Ablehnung des Richters Müller
2 BvE 1/17 (Bundesverfassungsgericht)
Erfolgloses Ablehnungsgesuch (Richter Huber) im Organstreitverfahren der NPD gegen den Bundestag wegen des Beschlusses von …
2 BvB 1/19 (Bundesverfassungsgericht)
Erfolgloses Ablehnungsgesuch (Richter Huber) im Verfahren über den Ausschluss der NPD von staatlicher Finanzierung gem …
2 BvE 4/20, 2 BvE 5/20 (Bundesverfassungsgericht)
Offensichtlich unzulässiges Ablehnungsgesuch gegen die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats - Besuch einer Delegation …