Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.05.2015, Az. II R 35/13

2. Senat | REWIS RS 2015, 11526

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 06.05.2015 II R 34/13 - Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt - Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten im Fall der Weiterschenkung)


Leitsatz

1. NV: Wird ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen und wendet diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zu, ist für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat .

2. NV: Die freigebige Zuwendung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. nur steuerbegünstigt, wenn der Bedachte Mitunternehmer wird .

3. NV: Behält sich der Schenker die Ausübung der Stimmrechte auch in Grundlagengeschäften der Gesellschaft vor, kann der Bedachte keine Mitunternehmerinitiative entfalten .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2013  3 K 1804/12 Erb wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. [X.] ([X.]) des [X.] und Revisionsklägers (Kläger) war alleiniger Kommanditist der E.-[X.]ermögensverwaltungs [X.] ([X.]). Die Komplementär-GmbH war nicht am [X.]ermögen der [X.] beteiligt. Die Kommanditeinlage betrug 100.000 €.

2

Nach § 6 Abs. 1 des [X.]-[X.]svertrags ([X.]-[X.]ertrag) ist zur Geschäftsführung die Komplementär-GmbH berufen, deren Alleingesellschafter der Kläger ist. Die Komplementär-GmbH bedarf nach § 6 Abs. 2 des [X.]-[X.]ertrags der vorherigen Zustimmung der [X.]erversammlung bei näher definierten außergewöhnlichen Geschäften. Die [X.]erversammlung ist zudem nach § 7 Abs. 2 des [X.]-[X.]ertrags u.a. zuständig für die Überwachung und Entlastung der Geschäftsführung, für die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung, für Satzungsänderungen, die Aufnahme und den Ausschluss von [X.]ern und die Liquidation der [X.]. Nach § 7 Abs. 5 des [X.]-[X.]ertrags werden die Beschlüsse der [X.]erversammlung grundsätzlich mit einfacher [X.]ehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst.

3

[X.]it notariell beurkundetem [X.] übertrug [X.] seinen Kommanditanteil unentgeltlich und unter [X.]orbehalt eines Nießbrauchs zu einem [X.]iertel auf die [X.]utter ([X.]) des [X.] und zu drei [X.]iertel auf den Kläger.

4

In Abschn. [X.]I. des [X.]ertrags "Nießbrauchsvorbehalt" vereinbarten die [X.]ertragsparteien u.a., dass [X.] als Nießbrauchsberechtigter hinsichtlich der mit den Nießbrauchsrechten belasteten [X.] auch das Stimmrecht ausübt. Insofern erteilten [X.] und der Kläger dem [X.] [X.], und zwar ausdrücklich auch hinsichtlich der unter § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 des [X.]-[X.]ertrags geregelten Angelegenheiten.

5

[X.]it notariell beurkundetem [X.]ertrag vom 16. November 2005 übertrug [X.] ihren Kommanditanteil unter Anerkennung des fortbestehenden Nießbrauchsrechts des [X.] auf den Kläger, der damit alleiniger Kommanditist wurde. Die Übertragung erfolgte unentgeltlich, allerdings unter gleichzeitiger [X.]ereinbarung einer auf den Zeitpunkt des Todes des [X.] aufschiebend bedingten dauernden Last zugunsten der [X.].

6

[X.]it Bescheid vom 17. Oktober 2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Schenkungsteuer aus dem [X.]ertrag vom 16. November 2005 gegenüber dem Kläger fest. Die Steuerbegünstigungen nach § 13a des [X.] in der im Streitjahr gültigen Fassung ([X.]) berücksichtigte er nicht. Das [X.] stundete die Steuer teilweise nach § 25 [X.].

7

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) als unbegründet ab. Seiner Ansicht nach hatte das [X.] die Steuervergünstigungen des § 13a [X.] zu Recht nicht gewährt, da eine [X.]itunternehmerstellung des [X.] mangels [X.]itunternehmerinitiative nicht gegeben sei. Dies folge schon aus der Stimmrechtszuordnung zum Nießbraucher für den Bereich der außergewöhnlichen und der Grundlagengeschäfte der [X.], zumindest aber aus der dem [X.] erteilten [X.]. Die Stellung des [X.] als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH stehe dem nicht entgegen. [X.] sei, wie die Beteiligten die Willensbildung innerhalb der [X.] tatsächlich gehandhabt hätten.

8

Das [X.] hat den Tatbestand seiner Entscheidung durch Beschluss vom 4. November 2013 geändert. Es ist dabei dem Antrag des [X.] insoweit gefolgt, als die ursprüngliche Bezeichnung "GmbH-[X.]svertrag" durch "GmbH-Gründungsvertrag" ersetzt wurde. Im Übrigen hat das [X.] den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Das Urteil ist in Entscheidungen der [X.]e 2013, 1868 veröffentlicht.

9

[X.]it der Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung von § 13a [X.]. Bereits die Grundannahme des [X.], wonach eine umfassende Zuordnung der Stimmrechte zum Nießbraucher zulässig sei, sei unzutreffend. Sowohl der [X.] ([X.]) als auch der [X.] gingen davon aus, dass die Einräumung eines Nießbrauchs nicht zu einem Ausschluss des [X.]ers von seinen [X.]itwirkungsrechten führe und seine Stellung als [X.]itunternehmer unberührt lasse. Ungeachtet dessen hätten die Parteien eine Zuordnung der Stimmrechte zum Nießbraucher --soweit diese überhaupt zulässig [X.] nicht vereinbart. Die Auslegung des Übertragungsvertrags gebe dies nicht her. Aus Abschn. [X.]I. des Übertragungsvertrags lasse sich allenfalls eine Stimmrechtsübertragung per [X.]ollmacht und keine unmittelbare Stimmrechtszuordnung herleiten. Diese [X.] sei nicht unwiderruflich erteilt worden.

Das angefochtene Urteil weise zudem [X.]erfahrensmängel auf. Das [X.] habe die Einwendungen im Tatbestandsberichtigungsverfahren nicht hinreichend berücksichtigt und infolgedessen seiner Entscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt.

Der Kläger beantragt, die [X.]orentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 2. [X.]ai 2012 aufzuheben und den Bescheid vom 17. Oktober 2007 dahin zu ändern, dass die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 13a Abs. 1 [X.] und des Bewertungsabschlags nach § 13a Abs. 2 [X.] herabgesetzt wird.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] für die Schenkung des [X.] nicht zu gewähren sind.

1. Die Revision ist nicht deshalb begründet, weil die Weiterschenkung der [X.] an den Kläger als Schenkung des [X.] an den Kläger zu beurteilen wäre.

a) Wird ein [X.]ermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen und wendet diese den [X.]ermögensgegenstand freigebig einem [X.] zu, ist für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der [X.]erwendung des geschenkten Gegenstands hat (vgl. BFH-Urteile vom 10. [X.]ärz 2005 II R 54/03, [X.], 447, [X.], 412, und vom 18. Juli 2013 II R 37/11, [X.], 158, [X.], 934, Rz 13; [X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rz 68a; [X.] in [X.]iskorf/[X.]/[X.]/ Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, [X.], 4. Aufl., § 7 Rz 94; [X.] in [X.]/[X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 7 [X.] Rz 98; [X.] in [X.][X.], § 7 [X.] Rz 148b; [X.] in Troll/[X.]/[X.], [X.], § 7 Rz 237).

b) Erhält jemand als Durchgangs- oder [X.] eine Zuwendung, die er entsprechend einer bestehenden [X.]erpflichtung in vollem Umfang an einen [X.] weitergibt, liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem [X.]ermögen des Zuwendenden an den [X.] vor (vgl. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1993 II R 92/91, [X.], 520, [X.] 1994, 128, und in [X.], 158, [X.], 934, Rz 14).

c) Im Streitfall sprechen zwar der zeitliche Zusammenhang und der Umstand, dass der Kläger mit [X.]ertrag vom 11. November 2005 bereits den restlichen [X.] in Höhe von 75.000 € von [X.] erhalten hat, dafür, dass [X.] den weiteren [X.] in Höhe von 25.000 € nicht [X.], sondern --unter Ausnutzung eines Freibetrags für eine Zuwendung der [X.]-- unmittelbar dem Kläger zukommen lassen wollte. Dadurch, dass die [X.] ihren [X.] jedoch nur unter [X.]ereinbarung einer dauernden Last an den Kläger übertragen hat, hat sie aber den Anteil selbst wirtschaftlich verwertet. Daraus folgt eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der [X.]erwendung des geschenkten Gegenstands.

2. Die Übertragung und Abtretung des [X.] durch den notariell beurkundeten [X.]ertrag vom 16. November 2005 unterliegt nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der Schenkungsteuer.

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Sie setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. Dies erfordert, dass der Empfänger über das [X.] im [X.]erhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Dafür, ob dies der Fall ist, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage an (vgl. BFH-Urteile vom 22. August 2007 II R 33/06, [X.], 403, [X.] 2008, 28; vom 28. Juni 2007 II R 21/05, [X.], 254, [X.] 2007, 669; vom 18. September 2013 II R 63/11, BFH/N[X.] 2014, 349, Rz 11, und vom 1. Oktober 2014 II R 40/12, BFH/N[X.] 2015, 500, Rz 15, jeweils m.w.N.).

b) Bei Anteilen an Personengesellschaften ist Gegenstand der Zuwendung die sich aufgrund der Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung ergebende [X.]ermögensverschiebung zwischen [X.] und [X.]. Dies setzt voraus, dass der [X.] dem Beschenkten das [X.]itgliedschaftsrecht zivilrechtlich wirksam überträgt, andernfalls erlangt der Beschenkte keinen Anteil am Gesellschaftsvermögen (BFH-Urteil vom 1. Juli 1992 II R 108/88, [X.], 386, [X.] 1992, 923). Unerheblich ist für den Tatbestand der freigebigen Zuwendung, ob der Beschenkte auch ertragsteuerrechtlich als [X.]itunternehmer anzusehen ist (BFH-Urteil in BFH/N[X.] 2015, 500, Rz 16).

c) [X.] hat durch den [X.]ertrag vom 16. November 2005 ihren [X.] an den Kläger abgetreten. [X.]it der Abtretung gingen die [X.]itgliedschaftsrechte der [X.] und deren Anteil am Gesellschaftsvermögen zivilrechtlich wirksam auf den Kläger über. Durch die Übertragung wurde der Kläger objektiv auf Kosten der [X.] in Höhe des Wertes des [X.] bereichert.

3. Für die Übertragung des [X.] sind die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] nicht zu gewähren.

a) Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] gelten die Steuervergünstigungen der Abs. 1 und 2 der [X.]orschrift für inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb u.a. eines Anteils an einer [X.] und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes. Die Steuervergünstigungen sind nur zu gewähren, wenn das von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene [X.]ermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.] erfüllt (BFH-Urteile vom 10. Dezember 2008 II R 34/07, [X.], 144, [X.] 2009, 312; vom 23. Februar 2010 II R 42/08, [X.], 184, [X.] 2010, 555; vom 16. [X.]ai 2013 II R 5/12, [X.], 49, [X.], 635, Rz 9, und in BFH/N[X.] 2015, 500, Rz 20).

b) Im Streitfall fehlt es mangels [X.]itunternehmerinitiative bereits an einer [X.]itunternehmerstellung der [X.]. Insoweit handelt es sich bei dem übertragenen [X.] nicht um begünstigtes Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 [X.]. Auf die Ausführungen in den Parallelverfahren II R 34/13 und [X.] wird verwiesen.

4. Die Rüge von [X.]erfahrensmängeln wegen fehlerhafter Berichtigung des Tatbestands und Zugrundelegung eines unzutreffenden Sachverhalts durch das [X.] hält der [X.] nicht für durchgreifend. Insoweit wird von einer Begründung abgesehen (§ 126 Abs. 6 Satz 1 [X.]O).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 35/13

06.05.2015

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 4. Juli 2013, Az: 3 K 1804/12 Erb, Urteil

§ 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 13a Abs 1 S 1 Nr 2 ErbStG 1997 vom 29.12.2003, § 13a Abs 2 ErbStG 1997 vom 29.12.2003, § 13a Abs 4 Nr 1 ErbStG 1997, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, EStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.05.2015, Az. II R 35/13 (REWIS RS 2015, 11526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11526

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