Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. VII ZR 70/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8939

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:170518UVIIZR70.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
VII ZR 70/17

Verkündet am:

17.
Mai 2018

Boppel,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17.
Mai
2018 durch [X.]
Kartzke, [X.] und Prof.
Dr.
Jurgeleit
und die Richterinnen [X.] und Dr. Brenneisen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 1.
März 2017
-
1 [X.]/16 -
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, ein Unternehmen,
das im Bereich der Werbe-
und Medien-technik tätig ist, verlangt von dem [X.]n die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im [X.].
Der [X.] beauftragte die Klägerin mit schriftlichem Vertrag
vom 15.
Juli 2014, unter der Domain
"[X.]....de"
eine Werbeanzeige e-ren. Die Klägerin hat

u-züglich Zinsen und Nebenkosten
geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
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3
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu [X.], da der [X.] in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsge-mäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 22.
Januar
2015 -
VII
ZR
87/14, WM
2015, 531 Rn.
8; Urteil vom 4.
April
1962 -
V
ZR
110/60, [X.]Z 37, 79, 81
ff., juris Rn. 12
f.).

I.
Das Berufungsgericht
hat zur Begründung ausgeführt, der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen. Bei einem [X.]-Werbevertrag als Sonderform des Werkvertrags erschöpfe sich der von der Klägerin geschuldete Erfolg im Sinne des § 631 Abs. 1 BGB jedoch nicht in der Erstellung und bloß faktischen Einstellung der Anzeige im [X.]. Die Besonderheit des [X.] liege darin, dass es dem [X.] entscheidend darauf ankomme, mit dem in Auftrag gegebenen Werbemittel das Produkt, das er bewerben möchte, bei einem möglichst großen Kreis poten-tieller Kunden bekannt zu machen. Dies sei auch erkennbar das ausschließli-che Interesse der [X.]n gewesen. Wenn -
wie hier
-
eine [X.]-Werbeanzeige auf einer Website des Unternehmers geschaltet werden solle, 4
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4
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habe der Unternehmer für die Verbreitung der Anzeige Sorge zu tragen. Der Besteller habe darauf keinen Einfluss.
Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rück-schlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer sol-chen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leis-tung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer
Vergütung verpflichten wolle.
Der Vertragsinhalt sei bei [X.] nur dann hinreichend be-stimmt, wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des [X.] enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom [X.] nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsäch-lich erzielt werden könne beziehungsweise tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. "clicks") auf der von der Klägerin unterhaltenen [X.]seite in einem bestimmten Zeit-raum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivi-tät der Seite für interessierte [X.]nutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit be-stimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.
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II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung
in einem entscheidenden Punkt
nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zurückweisung der Berufung der Klägerin nicht gerechtfertigt werden
(siehe bereits [X.], Urteile
vom 22. März 2018 -
VII ZR 71/17 und [X.]/17).
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht
den zwischen den Parteien [X.]n [X.] einer Werbeanzeige unter der im [X.] angegebenen Domain rechtlich als Werkvertrag gemäß § 631 BGB qualifi-ziert.
a) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, § 631 Abs. 1 BGB.
Für die Abgrenzung von Dienst-
und Werkver-trag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien [X.]. Es kommt darauf an, ob auf dieser Grundlage eine Dienstleistung als sol-che oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg geschuldet wird. Bei der tatrichterli-chen Feststellung, was bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung Vertragsge-genstand ist, sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2002 -
X ZR 27/01, [X.]Z 151, 330, 332, juris Rn.
14; Urteil vom 19. Juni 1984 -
X [X.], NJW 1984, 2406 f., juris Rn. 13 m.w.N.). Ein Vertrag, durch den es eine Vertragspartei übernimmt, auf eine be-stimmte Dauer Werbeplakate der anderen Vertragspartei an bestimmten [X.] zum Aushang zu bringen, ist danach rechtlich als Werkvertrag einzu-ordnen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juni 1984 -
X [X.], aaO, S. 2406, juris Rn. 12). Gleiches gilt für einen Vertrag, der das Zeigen von Werbespots auf einem Videoboard mit einer bestimmten Wiederholungsfrequenz zum Gegen-stand hat (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2008 -
X [X.], NJW-RR 2008, 1155 Rn.
13) und für einen Vertrag, der die Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis zum Gegenstand hat (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juli 2012

VII ZR 282/11, NJW-RR 2012, 1261), sowie einen Vertrag über die Erstellung 10
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und Betreuung einer [X.]präsentation

sog. "[X.]-System-Vertrag"

(vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2011
-
VII [X.], [X.]Z 188, 149
Rn. 9; Urteil vom 4. März 2010 -
III ZR 79/09, [X.]Z 184, 345 Rn. 15).
b) Der hier zu beurteilende Vertrag ist als Werkvertrag einzuordnen. Mit der Einstellung einer elektronischen Werbeanzeige auf einer bestimmten Domain
für die Dauer der Vertragslaufzeit ist ein bestimmtes Arbeitsergebnis als die von der Klägerin geschuldete Leistung vereinbart worden. Eine Werk-leistung verliert ihren erfolgsbezogenen Charakter nicht dadurch, dass sie [X.] zu erbringen ist oder es sich um dauernde Leistungen handelt (vgl. [X.], Urteil vom 7.
März
2002
III
ZR
12/01, NJW 2002, 1571, 1573, juris Rn.
12 m.w.N.). Der [X.] einer elektronisch gestalteten Werbeanzeige unter einer bestimmten Domain ist ebenso wie ein Vertrag über das Zeigen von Werbespots auf einem Videoboard mit einer bestimmten [X.] und ebenso wie ein Vertrag über die Schaltung einer Wer-beanzeige in einem Printmedium oder als Plakataushang darauf gerichtet, eine bestimmte Werbemaßnahme in der im Vertrag festgelegten Form dem potenti-ellen Kundenkreis zur Kenntnis zu bringen. Darin besteht der vom Unternehmer zu erbringende Werkerfolg.
Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des [X.] vom 21. April 2016 ([X.], NJW-RR 2016, 1511 Rn. 11) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Ausführungen des [X.], es lasse keinen Rechtsfehler erkennen, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, die [X.] habe sich gegenüber der Klägerin rechtswirksam zur Zahlung inen Eintrag in das elektronische Branchenverzeichnis der Klägerin mit einer Laufzeit von 36 Monaten verpflich-tet, betreffen lediglich die Rechtswirksamkeit eines solchen [X.] nicht jedoch seine rechtliche Einordnung als Dienst-
oder Werkvertrag. Über diese für die damalige Entscheidung nicht erhebliche Frage hat der [X.] damals nicht entschieden.
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2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der von den Parteien [X.] Werbevertrag sei mangels näherer Vereinbarungen zur
Werbewirk-samkeit der in Auftrag gegebenen Anzeige nicht hinreichend bestimmt und [X.] unwirksam, ist dagegen von [X.] beeinflusst.
Die von der Klägerin geschuldete Leistung ist nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag hinreichend bestimmt. Vertragliche Regelun-gen, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann, gehören -
vorbehaltlich einer anderweiti-gen Vereinbarung der Vertragsparteien -
nicht zum wesentlichen Inhalt eines auf die Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige gerichteten Vertrags. Ihr Fehlen führt daher nicht dazu, dass ein solcher Vertrag als unwirksam anzuse-hen wäre. Vielmehr trägt der Besteller grundsätzlich das Risiko, dass mit der in Auftrag gegebenen Werbemaßnahme
die gewünschte Werbewirkung tatsäch-lich erzielt werden kann. Aus den tatrichterlich getroffenen Feststellungen ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung eine solche ausdrückliche Vereinbarung zur Werbewirksamkeit der Werbeanzeige nicht zu entnehmen.
Aus der Entscheidung
des [X.] vom 19.
Juni
1984 (X
ZR
93/83,
NJW 1984, 2406 f., juris Rn. 13) ergibt sich nichts anderes. Der Werkerfolg des dort zu beurteilenden [X.] bestand darin, dass an geeigneten Standorten Plakate angebracht wurden und dort für den gesamten vereinbarten Zeitraum ausgehängt blieben. Dieser dauernde Aushang der Pla-kate während der Vertragszeit als Arbeitsergebnis war der vertragsgemäß ge-schuldete Erfolg. Lediglich auf dieses Arbeitsergebnis bezog sich die vom Un-ternehmer geschuldete "einheitliche und fortdauernde planmäßig erzielte [X.]". Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Klä-gerin die vom [X.]n ihrer Form und Art nach gebilligte Werbeanzeige unter der im Vertrag angegebenen Domain während der Vertragslaufzeit einzustellen hatte.

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Die vom Berufungsgericht herangezogene Instanzrechtsprechung (vgl. LG
Mönchengladbach, Urteile vom 11.
Juli
2006 -
2
S
176/05, juris, und vom 7.
April
2006 -
2 S 172/05, juris; [X.], NJW-RR 1999, 1655; [X.], NJW-RR 1998, 631; [X.], Urteil vom 25.
Juli
2002

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C
176/02, juris; AG
Köpenick, NJW 1996, 1005) bezieht sich im Übrigen nicht auf Verträge über die Platzierung einer Werbeanzeige unter einer konkret bezeichneten Domain. Die dort im Einzelfall angestellten Erwägungen, wonach für die Bestimmtheit eines [X.] Regelungen zur Beurteilung der Wir-kungsweise der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige erforderlich seien, sind daher auf den vorliegenden Sachverhalt nicht ohne weiteres übertragbar.
3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus fol-gerichtig keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die übrigen [X.] vorliegen,
und der Rechtsstreit daher nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.
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Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des [X.] kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim [X.] in [X.], [X.] 45a,
[X.] r u c h

einlegen. Der Einspruch muss von einem beim [X.] zugelassenen Rechts-anwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.
Die Einspruchsschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfech-tung zu bezeichnen.

Kartzke

[X.]

Jurgeleit

[X.]

Brenneisen

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.07.2016 -
23 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 01.03.2017 -
1 [X.]/16 -

Meta

VII ZR 70/17

17.05.2018

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. VII ZR 70/17 (REWIS RS 2018, 8939)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8939

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 70/17

VII ZR 71/17

VII ZR 72/17

VII ZR 133/10

III ZR 79/09

I ZR 276/14

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