Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2002, Az. KZR 38/99

Kartellsenat | REWIS RS 2002, 1471

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[X.] D[X.]S VOLK[X.]SURT[X.]ILKZR 38/99Verkündet am:24. September 2002WalzJustizamtsinspektorals [X.] dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaVorleistungspflicht[X.] § 20 Abs. 1; [X.] § 9; BGB n.F. § 307a)[X.]in [X.], der seine Leistungen nicht ausschließlich durch Toch-terunternehmen anbietet, darf die über sein Tochterunternehmen geworbe-nen Kunden im Verhältnis zu anderen Kunden grundsätzlich nicht ungleichbehandeln.b)[X.]ine in [X.] festgelegte Vorleistungspflicht benachteiligt dann unangemes-sen, wenn mit ihr nicht lediglich sichergestellt werden soll, daß der [X.] sein [X.]ntgelt erhält, ehe er unwiederbringlich seine Leistung erbrachtund jedes Druckmittel verloren hat.[X.], [X.]eil vom 24. September 2002 - [X.] LG Hamburg- 2 -Der [X.] des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Präsidenten des [X.]Prof. [X.] und [X.] Dr. Goette, [X.], Prof. [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des [X.], 3. Zivilsenat, vom 18. November1999 aufgehoben.Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und [X.]ntschei-dung, auch über die Kosten der Revision, an den [X.] als [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist eine Werbeagentur, die insbesondere auch in Telefonbü-chern und Branchenverzeichnissen Werbetexte plaziert. Die Beklagte [X.] für den norddeutschen Raum und vertreibt dort auch die "[X.]", ein nach Branchen geordnetes Telefonbuch. Wenn die Klägerin für [X.] Anzeigen schaltet, schließt sie mit der [X.] im eigenen [X.] ab. Diesen Verträgen liegen die [X.] -der [X.] zugrunde. Ziffer 16 dieser [X.]lautet unter anderem wie folgt:Zahlungsbedingungen: Der Rechnungsbetrag ist vor [X.] 30 Tagen nach Rechnungserhalt ohne Abzug fällig,zahlbar unter Angabe der Auftragsnummer. ...Die Beklagte, die zunächst - wie andere [X.] auch - je-denfalls bei Werbeagenturen ihre Rechnungen erst bei [X.]rscheinen des Tele-fonbuches fällig gestellt hatte, änderte ihre Praxis im Laufe des Rechtsstreitsdergestalt, daß sie nunmehr gegenüber sämtlichen Kunden entsprechend [X.] in Ziffer 16 ihrer [X.] verfährt. [X.] der frühestmöglichen Bestellung einer Anzeige und dem [X.] liegen 5 ½ bis 6 ½ Monate; das jeweilige Telefonbuch erscheint 2 ½ bis4 ½ Monate später. Die Tochtergesellschaft der [X.], die Werbeagentur[X.], wirbt damit und praktiziert dies auch so, daß ihre Kunden erstnach [X.]rscheinen der Telefonbücher eine Rechnung erhalten.Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, daß sie [X.], die Vergütung erst bei [X.]rscheinen der Telefonbücher, hilfsweise einen Mo-nat nach dem von der Klägerin angegebenen Redaktionsschluß zu bezahlen.Sie hält die ihr von der [X.] abverlangte Vorleistungspflicht für unzulässig.[X.]ine Vorleistungspflicht verstoße gegen § 9 [X.], weil diese mit dem [X.] nicht vereinbar sei. Die Praxis der [X.] bedeute auch einekartellrechtswidrige Behinderung, da die Tochtergesellschaft der [X.] ih-ren Kunden erst nach [X.]rscheinen der Telefonbücher eine Rechnung stelle. [X.] Verhalten verstoße gegen § 20 Abs. 1 [X.].- 4 -Das [X.] hat die Klage - mit Ausnahme mittlerweile erledigterTeilanträge - abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben([X.]/[X.] D[X.]-R 424). Hiergegen richtet sich die Revision derKlägerin, mit der sie ihre Feststellungsanträge weiterverfolgt.[X.]ntscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.[X.] [X.] hat die Fälligkeitsregelung in Ziffer 16 der [X.] Geschäftsbedingungen nicht nach § 9 [X.] als unwirksam angesehenund gleichfalls kartellrechtliche Ansprüche nach § 20 Abs. 1 [X.] verneint. [X.] hat es ausgeführt:Die Beklagte habe ein berechtigtes Interesse an einer Vorleistungsver-pflichtung. Allein der Umstand, daß die Klausel bei frühzeitiger [X.] einer ganz erheblichen zeitlichen Vorleistung, nämlich bis zu acht [X.] [X.]rscheinen des Telefonbuchs, führen könne, rechtfertige keine andere Be-trachtung. In diesen Fällen habe es nämlich der Auftraggeber in der Hand, [X.] möglichst spät zu erteilen. Soweit die Beklagte in Schreiben um [X.] frühe Auftragserteilung unter Hinweis auf eine einwandfreie Abwick-lung werbe, sei damit keine Verpflichtung für die Kunden verbunden. [X.] dies dazu, den Risiken und den fehlenden Korrekturmöglichkeiten beieiner späten Auftragserteilung entgegenzutreten. Die Klägerin behaupte [X.] selber nicht, daß spät erteilte Aufträge nicht mehr [X.] 5 -[X.]ine kartellrechtswidrige Diskriminierung nach § 20 Abs. 1 [X.] bestehenicht. Die Klägerin habe nicht einmal substantiiert vorgetragen, wie sich die [X.] im Hinblick auf ihr Tochterunternehmen selbst verhalte. So könne [X.] der Klägerin nicht entnommen werden, daß gerade die Beklagte denspäten Zahlungszeitpunkt ermögliche und dies nicht nur eine Serviceleistungder Werbeagentur [X.] darstelle. Im übrigen sei es nicht unbillig, wennein Konzernunternehmen von der Konzernmutter gegenüber anderen Wettbe-werbern bevorzugt werde. [X.] man die Beklagte und die Werbeagentur [X.]als unternehmerische [X.]inheit an, dann handele die Werbeagentur [X.] mittelbarer Stellvertretung für die Beklagte. Da die Kunden an die [X.] direkt heranträten, stünden ihre Kunden nicht den Kun-den der Klägerin gleich, weil diese sich durch die Klägerin mittelbar vertretenließen. [X.]s fehle dann an der Gleichartigkeit. [X.]s sei nämlich ein [X.], ob die unternehmerische [X.]inheit in direkter Kundenbeziehung ste-he oder ob die Kunden verdeckt über die Klägerin an die Beklagte heranträten.Zu berücksichtigen sei aber vor allem, daß, wenn man bei den von der [X.] vermittelten Kunden mit der Fälligstellung warte, die [X.] ein wirtschaftliches Risiko trage. Für sie bestehe dann die Gefahr, [X.] zu bewirken, andererseits aber den Vergütungsanspruchnicht realisieren zu können. [X.]s sei im Wettbewerb ein legitimes Mittel, durchgünstige Fälligkeitsbedingungen um Kunden zu werben. Im Verhältnis zu ihrenKunden könne die Klägerin in gleicher Weise vorgehen.I[X.] Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Über-prüfung nicht stand.- 6 -1. [X.] hat einen kartellrechtlichen Anspruch nach § [X.]. 1 [X.] nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.a) Zutreffend und auch von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen,geht das Berufungsgericht von einer [X.] der [X.] [X.] des § 20 Abs. 1 [X.] aus. Die Beklagte ist dieser Bewertung des [X.] in der Revisionsinstanz mit Recht nicht entgegengetreten. [X.] verlegt für einen umgrenzten räumlichen Bereich ausschließlich diesogenannten amtlichen Telefonbücher, wozu die "Gelben Seiten" zählen. [X.] Medium ist durch andere Werbemittel nicht zu ersetzen, weil es eine um-fassende Gliederung nach Branchen enthält und praktisch in jedem [X.] ist. [X.]s dient für den von ihm erfaßten Bereich einer vollständigenGesamtübersicht über die Branchenmitglieder und stellt eine umfassende Aufli-stung der entsprechenden Fax- und Telefonnummern der Branchenangehöri-gen dar. Für die Sicherstellung der Ansprechbarkeit durch potentielle Kundensind Telefonbücher von besonderer Bedeutung, weil sie in den einzelnen Haus-halten - im Gegensatz zu anderen Werbemitteln - aufbewahrt und für den Be-darfsfall griffbereit gehalten werden. Auf diesem Markt für [X.] [X.] stehen sich die Beklagte als Anbieterin und die Klägerin alsNachfragerin gegenüber.b) Durchgreifenden Bedenken begegnen jedoch die Ausführungen [X.] zu den - häufig nebeneinander vorliegenden (vgl. [X.], [X.]. 14.7.1998 - [X.], [X.]/[X.] D[X.]-R 201, 203 - Schilderpräger im Landrats-amt) - [X.] der Diskriminierung und der unbilligen Behinde-rungen. Zu Unrecht hat es das Berufungsgericht in diesem Zusammenhangoffengelassen, ob die Beklagte und die Werbeagentur [X.] als unter-nehmerische [X.]inheit anzusehen sind. Die Klägerin hat schon im landgerichtli-- 7 -chen Verfahren unwidersprochen vorgetragen, daß die Werbeagentur [X.]- mit der Gelbe Seiten S. D. & Co. GmbH als persönlich haften-der Gesellschafterin - eine Tochtergesellschaft der [X.] ist. Die Prozeß-bevollmächtigte der [X.] hat auf Nachfrage des Senats in der Revisions-verhandlung ausdrücklich bestätigt, daß die Beklagte Komplementärin der [X.] ist. Allein die mit dieser Stellung der [X.] verbun-dene [X.]influßmöglichkeit auf die Werbeagentur [X.] rechtfertigt die An-nahme einer unternehmerischen [X.]inheit zwischen der [X.] und [X.]) Diese aus der [X.] und der Werbeagentur [X.] beste-hende unternehmerische [X.]inheit behandelt die Klägerin unterschiedlich im Sin-ne des § 20 Abs. 1 [X.]. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] es dabei nicht auf einen Vergleich zwischen den Kunden der [X.] solchen der Werbeagentur [X.] an. Maßgeblich ist vielmehr, ob dieKlägerin selbst gegenüber den über die Werbeagentur [X.] akquiriertenKunden ungleich behandelt wird. Die Klägerin beauftragt nämlich die [X.] nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im eigenen Na-men; ihr gegenüber wird Rechnung erteilt. Insoweit befindet sich die Klägerinauf derselben Handelsstufe wie andere Kunden der [X.] auch, [X.] diese über die Werbeagentur [X.] als unselbständigen Unter-nehmensbestandteil der [X.] die Telefonbucheinträge in Auftrag gegebenhaben sollten. Deshalb bilden diese auf derselben [X.] angesie-delten Kunden der Werbeagentur [X.] im Verhältnis zur Klägerin dierelevante Bezugsgruppe bei der Prüfung des [X.].Vergleicht man diese Kunden mit der Klägerin, zeigt sich die [X.]. Während die Beklagte gegenüber der Klägerin nämlich entsprechend [X.] in Ziffer 16 der [X.] ihre Rechnung- 8 -fällig stellt, erhalten die über die Werbeagentur [X.] gebundenen Inse-renten überhaupt erst nach [X.]rscheinen des [X.] eine Rechnung. [X.] der [X.] und ihrem Tochterunternehmen bestehende unternehmeri-sche [X.]inheit bevorzugt diese Kunden im Hinblick auf die Fälligstellung der [X.] im Verhältnis zur Klägerin. Hierin liegt eine Diskriminierung der [X.] Sinne des § 20 Abs. 1 [X.].bb) [X.]ntgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann hier auch nichtdas Merkmal der fehlenden Gleichartigkeit im Geschäftsverkehr ausgeschlos-sen werden. An dieses [X.]rfordernis, wonach es sich um einen gleichartigen Un-ternehmen zugänglichen Geschäftsverkehr handeln muß, dürfen keine zu ho-hen Anforderungen gestellt werden ([X.], [X.]. v. 13.11.1990 - [X.]/89,[X.]/[X.] 2683, 2686 - Zuckerrübenanlieferungsrecht). [X.]s ist erfüllt, wenn diezum Vergleich herangezogenen Unternehmen im wesentlichen gleiche Funktio-nen ausüben ([X.], [X.]. v. 19.3.1996 - [X.], [X.]/[X.] 3058, 3063 - Pay-TV-Durchleitung). Die Aufträge für die [X.] werden vonverschiedenen Unternehmen erteilt. Dies reicht aus, um die Gleichartigkeit [X.] dieses Merkmals zu bejahen. Die Vielzahl von nachfragenden Unterneh-men belegt, daß es sich hier um einen gleichartigen Unternehmen [X.] handelt. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Teil der [X.] über das Tochterunternehmen der [X.] vermittelt wurde. Die [X.] daneben nämlich mit anderen Unternehmen - wie im übrigen auch mitder Klägerin - unmittelbar Verträge über [X.] ab.cc) [X.]in sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung im Sinne des § [X.]. 1 [X.] ist den [X.]eilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Soweit das Be-rufungsgericht sich auf den Gesichtspunkt stützt, die Bevorzugung des [X.] stelle einen solchen Rechtfertigungsgrund dar, erweistsich diese Begründung nicht als tragfähig.Allerdings hindert das Diskriminierungsverbot den [X.]engrundsätzlich nicht daran, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystemnach eigenem [X.]rmessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvollund richtig erachtet ([X.], [X.]. v. 17.3.1998 - [X.], [X.]/[X.] D[X.]-R 134,136 - Bahnhofsbuchhandel; Beschl. v. 25.10.1988 - KVR 1/87, [X.]/[X.] 2535,2539 f. - [X.]; [X.]. v. 10.2.1987 - [X.], [X.]/[X.] 2360, 2366- Freundschaftswerbung). Dies umfaßt grundsätzlich das Recht des Norm-adressaten, seinen Vertrieb auch über unternehmenseigene [X.] zu organisieren. [X.]ntschließt sich der [X.] jedoch prinzipiell,seine Leistungen nicht nur durch von ihm beherrschte Tochterunternehmen an-zubieten, trifft ihn die grundsätzliche Pflicht zur Gleichbehandlung gleichartigerUnternehmen. [X.]ine Benachteiligung einzelner Abnehmer ist dann nur bei [X.] besonderer rechtfertigender Umstände möglich (vgl. [X.]/Mestmäcker, [X.], 3. Aufl., § 20 Rdn. 153).Hier bietet die Beklagte [X.] sowohl selbst als auch- verbunden mit einer werblichen Beratung - über ihre Tochtergesellschaft, dieWerbeagentur [X.], an. Maßgeblich ist mithin, ob ein sachlicher Grunddafür besteht, die Kunden, die über diese - mit der [X.] zu einer unter-nehmerischen [X.]inheit verbundenen Werbeagentur - inserieren, gegenüber derKlägerin besser zu stellen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung anhand [X.] umfassenden Interessenabwägung der Beteiligten unter [X.] auf die Freiheit des [X.] gerichteten Zielsetzungen des Kartellge-setzes zu bestimmen ([X.] [X.]/[X.] D[X.]-R 134, 135 - Bahnhofsbuchhandel).- 10 -Die hierfür angeführten Gründe des Berufungsgerichts überzeugenschon deshalb nicht, weil das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang [X.] darauf abgestellt hat, daß die Klägerin als Werbeagentur tätig ist. [X.] ist nicht tragfähig, weil - wie ausgeführt - die Klägerin selbst [X.] geworden ist. [X.]s geht deshalb nicht um die Frage, inwieweit die [X.] ihre eigene Werbeagentur gegenüber anderen Werbeagenturen - zu de-nen die Klägerin zählt - bevorzugen darf. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Kläge-rin als Beteiligte eines auf [X.] gerichteten Vertrages im Ver-hältnis zu anderen Kunden deshalb schlechter gestellt werden darf, weil sie ei-ne Werbeagentur ist und hinter ihr die von den Telefonbucheinträgen tatsäch-lich Betroffenen stehen. [X.]ine solche Diskriminierung wäre mit den Zielsetzun-gen des Kartellrechts nicht vereinbar. Sie würde darauf hinauslaufen, daß der[X.] in seiner Konditionengestaltung danach unterscheidet, mit wel-chen Personen seine Vertragspartner wiederum kontrahieren bzw. welche Lei-stungen sie diesem gegenüber erbringen. Für einen derartigen Durchgriff aufdie in den nachgelagerten Märkten tätigen Unternehmen ist ein sachlich ge-rechtfertigter Grund nicht ersichtlich.Aus diesen Gründen kann der weitere vom Berufungsgericht angeführteGesichtspunkt gleichfalls keine Rechtfertigung bilden, wonach die Beklagte einlegitimes Interesse daran habe, in Kontakt zu den hinter der Klägerin stehendenUnternehmen zu kommen, um so deren Bonität einschätzen und daran indivi-duelle [X.] knüpfen zu können. Maßgeblich kann für die [X.] nur die Bonität ihres Vertragspartners sein. Dies ist aber die Klägerin.Nur wenn hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit der Klägerin selbst Zweifel [X.], könnte die Beklagte zur Sicherung des [X.]rhalts der Gegenleistung den [X.]. Solche Sicherungsmaßnahmen bildeten dannauch einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung gegenüber solchen- 11 -Kunden, bei denen entsprechende Bonitätsprobleme nicht bestehen. Ob hierAnhaltspunkte bei der Klägerin vorhanden sind, war zwar Gegenstand vonstreitigen [X.]rörterungen im landgerichtlichen Verfahren, wurde dann aber [X.] anderen rechtlichen Ausgangspunktes im Berufungsverfahren nicht weiter-verfolgt. Der [X.], die als [X.]in die Voraussetzungen einessachlich gerechtfertigten Grundes darlegen muß und hierfür auch die Beweis-last trägt ([X.] [X.]/[X.] 2683, 2687 - Zuckerrübenanlieferungsrecht), ist inso-weit Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 9 [X.] - jetzt ohne in-haltliche Änderung § 307 BGB n.F. - begegnen gleichfalls durchgreifenden Be-denken. Auch insoweit bedarf der Rechtsstreit weiterer [X.]) Ohne Rechtsverstoß geht das Berufungsgericht zunächst davon aus,daß solche Vorleistungsklauseln nicht schlechthin unzulässig sind. Die hier zubeurteilenden Vereinbarungen über die Aufnahme einer Werbeanzeige in [X.] hat es dabei zutreffend als Werkvertrag qualifiziert (vgl. [X.], [X.]. 5.11.1991 - [X.], [X.], 1450, 1451). Bei Werkverträgen bestehtallerdings nach der gesetzlichen Regelung (§ 641 Abs. 1, § 646 BGB) eineVorleistungspflicht des Unternehmers. Damit liegt zwar eine Abweichung [X.] gesetzlichen Leitbestimmung vor. Nicht jede Abweichung von einer ge-setzlichen Leitbestimmung führt aber zur Unwirksamkeit der Klausel. [X.] durch höherrangige Interessen des Verwenders, die in der Natur des [X.] Schuldverhältnisses liegen, gerechtfertigt sein (vgl. [X.], [X.]. v. 9.7.1992- VII ZR 7/92, [X.], 3158, 3161 m.w.N.). So hat die Rechtsprechung dieFestlegung einer Vorleistungspflicht in [X.] so-gar gegenüber einem Verbraucher dann als zulässig angesehen, wenn für sie- 12 -ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht ([X.]Z 141, 108, 114 f.) und die [X.]r-bringung der Gegenleistung gesichert ist.Ob es bei der Verwendung von solchen Klauseln gegenüber einem Un-ternehmen auch eines sachlich gerechtfertigten Grundes bedarf, kann der [X.] hier offenlassen. [X.]in solcher besteht nämlich in den Besonderheiten [X.], wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Mitihrer Aufnahme in das Telefonbuch entfaltet die Anzeige ihre Werbewirkung biszur Auflage eines neuen [X.]. Damit erreicht der Besteller wirtschaft-lich sein Ziel, das er mit der Aufgabe des Inserates verfolgt hat. Im Falle seinerspäteren Nichtzahlung verfügt der Verlag über kein Druckmittel mehr. Währendansonsten bei einem Werkvertrag im Falle der Nichtzahlung dem [X.] verschiedene Möglichkeiten zur Sicherung seines [X.] eingeräumt sind und er im [X.] in die Lage versetzt wird, dieerbrachte Werkleistung rückgängig zu machen (§ 323 Abs. 1, § 346 Abs. 1 BGBn.F.), ist dem Telefonbuchverleger diese Möglichkeit aus tatsächlichen [X.]. Ihm verbleibt letztlich nur die mühevolle, zudem [X.] häufig erfolglose Beitreibung der Inseratskosten. Das in der Praxis wesent-lich effektivere Mittel der Drohung mit dem [X.]ntzug des für kleinere Betriebehäufig wichtigen Werbeträgers kann der Telefonbuchverlag nicht einsetzen.Andererseits muß er seine Leistung vollumfänglich erbringen, also den Druck-bzw. Fotosatz der Anzeige erstellen.[X.]ntgegen der Auffassung der Revision reicht die in § 321 BGB n.F. vor-gesehene Unsicherheitseinrede nicht aus, um in der Praxis die Rechtsstellungdes [X.] durchgreifend zu verbessern. [X.]r wird nämlich [X.] nicht über die Möglichkeit verfügen, jeweils die finanzielle Situation bei dergroßen Menge seiner Anzeigenkunden zu beobachten, um gegebenenfalls- 13 -Maßnahmen nach § 321 BGB n.F. ergreifen zu können. Da dem [X.] auch keine anderen gleichwertigen Sicherungsmöglichkeiten zur [X.] stehen, rechtfertigen die aufgezeigten, von der Typik eines Werkvertra-ges abweichenden Besonderheiten bei einem Inseratsauftrag für ein Telefon-buch grundsätzlich eine Vorleistungspflicht des [X.]) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen läßt sich jedoch nichtabschließend beurteilen, ob die Klausel in Ziffer 16 der [X.] Geschäfts-bedingungen die an sich sachlich gerechtfertigte [X.] regelt. Bei der Überprüfung solcher Klauseln gilt auch im [X.] überindividuell generalisierender Maßstab ([X.], [X.]. v. 23.6.1988- VII ZR 117/87, NJW 1988, 2536, 2537). Bei dieser Betrachtung kommt es aufdie Verhältnisse des [X.]inzelfalls nicht an; maßgeblich ist vielmehr, daß eine un-angemessene Benachteiligung des Geschäftspartners von vornherein ausge-schlossen ist ([X.], [X.]. v. 7.7.1992 - XI ZR 274/91, [X.], 2626).Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen [X.] sich allerdings nicht abschließend klären, ob eine gegebenenfalls bis zuacht Monaten vor [X.]rscheinen des [X.] liegende Fälligkeit noch [X.] ist. [X.]ine solche nach vorn geschobene Fälligkeitsregelung kann- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - grundsätzlich nicht mit der[X.]rwägung gerechtfertigt werden, daß der Kunde ja entsprechend lange mit [X.] zuwarten könne. Vielmehr wird - was bei [X.] Ge-schäftsbedingungen die Regel ist - der Kunde die Geschäftsbedingung nichtkennen; deshalb wird er seine Auftragserteilung auch nicht daran ausrichten.Maßgebend für die Beurteilung der Zeitspanne bis zum [X.]rscheinen des [X.] unter dem Gesichtspunkt des § 9 [X.] ist daher, in welchem [X.] der [X.] als Verwenderin der [X.] Ge-- 14 -schäftsbedingungen berücksichtigt werden durfte, und ob umgekehrt die jewei-lige Klausel die Interessen der Auftraggeber schon unangemessen beeinträch-tigt.Die besondere Interessenlage bei Telefonbucheinträgen bedingt, daß [X.] bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Leistung nicht mehr rückgängigmachen kann, die Vergütung vereinnahmt haben will. Der insoweit [X.] wird regelmäßig der Redaktionsschluß sein, bis zu dem die Beklagte indie Struktur des [X.] redaktionell eingreifen und nicht bezahlte Inse-rate auch wieder herausnehmen kann. Nach dem Redaktionsschluß verliert siejegliches Druckmittel gegenüber den Inseratskunden. Vom zeitlichen Ablauf herbetrachtet, muß es der [X.] deshalb möglich sein, die Fälligkeit schonerheblich vor diesem Zeitpunkt festzulegen. Dabei ist zugunsten der [X.]folgender Zeitbedarf zu berücksichtigen: Nach [X.]intritt der Fälligkeit muß ihr zu-gebilligt werden, zunächst den Zahlungseingang zu überprüfen und im Falle [X.] die Rücktrittsmöglichkeit nach § 323 Abs. 1 BGB n.F. zu ergreifen,die wiederum grundsätzlich eine angemessene Fristsetzung verlangt. [X.] Ablauf dieser Frist ist der [X.] eine weitere Überlegungsfrist [X.], innerhalb deren sie einen Rücktritt gegebenenfalls prüfen kann.Welche Fristen hier im einzelnen anzunehmen sein werden, hängt vonnoch [X.] zu klärenden Vorfragen ab. So fehlen bislang Feststellungenzu der - die Länge der Fristen beeinflussenden - Größenordnung der im [X.] Inseratskosten ebenso wie zu abrechnungstechnischen oder [X.] Gesichtspunkten. Diese letztgenannten Umstände spielen nichtnur eine Rolle für die Bemessung der Überprüfungsfristen. Kann nur mit erheb-lichem abrechnungstechnischem Zusatzaufwand bei solchen Auftraggebern,die sehr frühzeitig den Inseratsauftrag erteilen, die [X.] zu einem- 15 -bestimmten Zeitpunkt fällig gestellt werden, kann dies dazu führen, die Fällig-keitsregelung in Ziffer 16 der [X.] insgesamt alsangemessen anzusehen, selbst wenn ein wenige Wochen später liegender Fäl-ligkeitszeitpunkt an sich die Interessen der [X.] noch ausreichend wahrenkönnte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vorfinanzierten Gelder ausreichendgesichert sind und für den Vorleistenden kein Insolvenzrisiko besteht (vgl. [X.][X.], 3158, 3163).II[X.] Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben (§ 564Abs. 1 ZPO a.F.). [X.]s ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit im Hinblick aufdie vorgenannten Gesichtspunkte zur weiteren Aufklärung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen. Damit besteht für die Parteien auch Gelegenheit, nochzu dem erstmals in der Revisionsinstanz von der Klägerin geltend gemachtenAnspruch nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 [X.] vorzutragen, für dessen Prüfung bislangeine ausreichende tatsächliche Grundlage fehlt.HirschGoette[X.]BornkammRaum

Meta

KZR 38/99

24.09.2002

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2002, Az. KZR 38/99 (REWIS RS 2002, 1471)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1471

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