Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. AnwZ (Brfg) 15/15

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2015, 8363

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] ([X.]) 15/15
vom

10. Juli
2015

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.],
hat durch
den Vorsitzenden Richter Prof. [X.], die Richterin
Lohmann, den Richter
Seiters
und
die
Rechtsanwälte
Dr. [X.] und Dr. Kau

am
10. Juli 2015
beschlossen:

Der Antrag des
[X.]
auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil
des 1. Senats des [X.] vom 26.
Januar 2015
wird abgelehnt.

Der
Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger
ist seit 1994
im Bezirk
der [X.]
zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.
Mit Bescheid vom
2. Juli
2014
widerrief
die Beklagte die
Zulassung wegen [X.].
Die Klage gegen diesen Bescheid
ist
erfolglos ge-blieben. Nunmehr
beantragt der
Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.]s.

1
-

3

-

II.

Der Antrag des [X.]
ist nach § 112e
Satz 2
[X.], § 124a Abs.
4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beste-hen
nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.], Beschluss vom 29. Juni 2011 -
[X.] ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn.
3
m.w.[X.]). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächli-cher Feststellungen füllen den [X.] aber dann nicht aus, wenn sol-che Zweifel nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen ([X.], Beschluss vom 24.
November 2014 -
NotZ ([X.]) 7/14, [X.], 898 Rn. 8; vgl. auch
[X.] 134, 106 = NJW 2013, 3506 Rn. 40).

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] wird ein Vermögensverfall unter ande-rem dann vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht gemäß § 882b ZPO zu führende Verzeichnis eingetragen worden ist. Der [X.] hat die tatsächlichen Voraussetzungen dieses Vermutungstat-bestandes für gegeben angesehen, weil der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des [X.] am 2. Juli 2014 in sechs Zwangsvollstreckungsverfah-ren in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts B.

eingetragen gewe-sen sei; in drei der Verfahren sei die der Eintragung zugrunde liegende Forde-rung auch nach Darstellung des [X.] noch nicht erfüllt gewesen.

b) Diese Begründung ist teilweise unrichtig, trägt jedoch das Ergebnis, zu welchem der [X.] gelangt ist.
2
3
4
5
-

4

-

[X.]) Das Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO wird gemäß § 882h ZPO seit dem 1. Januar 2013 für jedes Bundesland von einem zentralen Voll-streckungsgericht geführt. Der [X.] hat das Amtsgericht H.

zum zentralen Vollstreckungsgericht bestimmt. Eine Eintragung in dem bei diesem Gericht geführten Verzeichnis ist Grundlage der gesetzlichen Vermutung ge-mäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 [X.].

[X.]) Der Kläger war am 2. Juli 2014 aufgrund der Eintragungsanordnung der Gerichtsvollzieherin C.

Z.

vom 4. November 2013 wegen Nicht-abgabe der Vermögensauskunft, Aktenzeichen [X.]

, im [X.] eingetragen. Diese Eintragung ist erst am 14. August 2014 aufge-hoben worden.
Der Kläger hat jedoch im Verfahren vor dem [X.] dargelegt, dass er die dieser Eintragung zugrunde liegende Forderung der Gläubigerin G.

AG schon am 20. Januar 2014 vollständig beglichen hatte, und eine entsprechende Bescheinigung der Ge-richtsvollzieherin Z.

beigefügt.
Der [X.] hat die Erledigung dieser Forderung seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

[X.]) Richtig ist die angefochtene Entscheidung insoweit, als sie die Ver-mutungswirkung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] an das im Zeitpunkt des [X.] noch nicht erledigte Zwangsvollstreckungsverfahren mit dem Aktenzeichen 1
M

anknüpfte, welches auch dem Widerrufsbescheid der [X.] zugrunde
lag. Das Amtsgericht B.

hat am 2. Dezember 2013 einen Haft-befehl gegen den Kläger erlassen, weil dieser im Verfahren mit dem Aktenzei-chen [X.]

nicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung er-schienen war. Das genannte Vollstreckungsverfahren ist, wie sich aus dem [X.] ergibt, durch einen Auftrag eingeleitet worden, welcher noch im Jahr 6
7
8
-

5

-

2012 bei der zuständigen Gerichtsvollzieherin eingegangen ist. Für Vollstre-ckungsaufträge, die vor dem
1. Januar 2013 beim Gerichtsvollzieher eingegan-gen sind, gilt gemäß § 39 Nr. 1 EGZPO die Zivilprozessordnung in der Fassung vor Inkrafttreten des [X.] in der Zwangs-vollstreckung vom 29.
Juli 2009 ([X.] I, 2258). Unanwendbar sind insbeson-dere die oben genannten Vorschriften über das beim zentralen Vollstreckungs-gericht geführte Schuldnerverzeichnis. Der Haftbefehl vom 2. Dezember 2013 war also nicht in dieses Verzeichnis einzutragen, sondern in das gemäß §
915 ZPO a.F. beim Vollstreckungsgericht -
hier: dem Amtsgericht B.

-
geführ-te, nach § 39 Nr. 5 EGZPO wegen der [X.] fortzuführende
[X.].

dd) Die dem Haftbefehl vom 2. Dezember 2013 zugrunde liegende [X.] L.

war im Zeitpunkt des Erlasses des [X.] nicht erledigt. Der Kläger hat insoweit nur auf eine mit der zuständi-gen Gerichtsvollzieherin getroffene Ratenzahlungsvereinbarung verwiesen.
Dass die Gerichtsvollzieherin insoweit als Vertreterin des Gläubigers gehandelt hat und handeln konnte, ist jedoch weder dargetan noch sonst aus den Akten ersichtlich. Der weitere Hinweis des [X.], es habe sich um eine eher gering-fügige Forderung gehandelt, ändert ebenfalls nichts an der gesetzlichen Vermu-tung des [X.], die an die Eintragung im Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO a.F. geknüpft ist. Wenn der Kläger selbst geringfügige Forde-rungen nur in Raten begleichen kann, spricht dies im Übrigen eher für als ge-gen einen Vermögensverfall.

2. Der Kläger hat keinen Verfahrensfehler, insbesondere keinen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 VwGO, dargelegt, auf 9
10
-

6

-

dem die Entscheidung des [X.]s beruhen kann (§ 112e Satz
2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert darge-legt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungs-maßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen
([X.], Beschluss vom 9. Februar 2015
-
[X.] ([X.]) 46/14, juris
Rn. 19; BVerwG,
NJW 1997, 3328).

b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

[X.]) Der [X.] hat angenommen, der im Zeitpunkt des [X.] im Schuldnerverzeichnis eingetragene Kläger habe die Ver-mutung des [X.] nicht widerlegt, sei nämlich eine substantiierte Vermögensaufstellung unter Angabe aller bestehenden Verbindlichkeiten sowie die Vorlage eines Tilgungsplanes schuldig geblieben. Der Kläger verweist [X.] darauf, dass er eine Vermögensübersicht vorgelegt habe, aus der sich ergebe, dass Gesamtverbindlichkeiten von etwa 300.000

n-vermögen von 554.000

nicht zur Ergänzung dieses Vortrags aufgefordert worden sei.
11
12
13
-

7

-

[X.]) Aus Sicht des [X.]s drängten sich weitere Ermittlun-gen nicht auf. Die Beklagte hatte den Kläger bereits im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 20. März 2014 gebeten, die seine Vermögenssituation be-treffenden Grundbuchauszüge, Darlehensverträge, Mietverträge, Kaufverträge und Kontoauszüge vorzulegen. Darauf hat der Kläger nicht reagiert. Im [X.] vor dem [X.] hat die Beklagte in der Klageerwiderung vom 3.
September 2014 diesen Sachverhalt vorgetragen und die -
zutreffende
-

Rechtsansicht geäußert, dem klagenden Rechtsanwalt habe klar sein müssen, dass er sein Vorbringen belegen müsse. Der Kläger hat daraufhin noch zwei weitere Schriftsätze verfasst, jedoch nach wie vor keinerlei aussagekräftige Un-terlagen eingereicht und auch nicht angekündigt, dass er solches vorhabe.

[X.]) In der Begründung seines Zulassungsantrags legt der Kläger zudem nicht dar, zu welchen Ergebnissen der [X.] gekommen wäre, wenn er nochmals zur Vorlage aussagekräftiger Unterlagen aufgefordert [X.] wäre. Er behauptet zwar, er hätte auf einen gerichtlichen Hinweis hin Grundbuchauszüge und Bankbestätigungen oder Jahreskontoauszüge hinsicht-lich der Immobilien vorgelegt, aus denen sich die Valutierung der Darlehen und die laufende Tilgung der Annuitätendarlehen ergeben hätten; er hätte weiterhin Mietverträge eingereicht, nach denen die Zahlungen weitgehend durch [X.] gesichert seien; er hätte sich schließlich von einem Verein [X.] nicht mit Zahlen unterlegte Vortrag lässt sich nicht auf seine rechtliche Bedeutung überprüfen. Belege hat der Kläger nicht beigefügt.

14
15
-

8

-

3. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft die Sache nicht auf (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser [X.] ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürf-tige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der [X.] an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], Beschlüsse vom 27. März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 291 und vom 6. Februar 2012 -
[X.] ([X.]) 42/11, juris Rn. 25; [X.],
[X.], 515, 518; BVerwG,
NVwZ 2005, 709). Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die [X.]; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des [X.] erforderlich ist ([X.], Beschluss vom 6. Februar 2012, [X.]O).

Der Kläger meint, Sachvortrag zu Tilgungsvereinbarungen im Zeitpunkt des Widerrufs könne durch den Nachweis von Tilgungen im laufenden [X.] ersetzt werden, weil die tatsächliche Tilgung besser als ein Plan zeige, dass der Betroffene zur Ordnung seiner Verhältnisse in der Lage sei.
Eine Grund-satzbedeutung ist mit dieser schlichten Behauptung nicht dargelegt. Der Senat geht in mittlerweile ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es für die Beur-teilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens an-kommt, und hat dies insbesondere im Beschluss vom 29. Juni 2011 ([X.] ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187
Rn. 9 ff.) ausführlich begründet. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger zwar die vollständige oder teilweise Erledi-gung von gegen ihn gerichteten Forderungen behauptet, die Beklagte demge-16
17
-

9

-

genüber jedoch zu neuerlichen Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger sowie weiteren Unregelmäßigkeiten im Umgang mit [X.] vorgetragen hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Kayser
Lohmann
Seiters

[X.]
Kau

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 26.01.2015 -
BayAGH I -
1 -
12/14 -

18

Meta

AnwZ (Brfg) 15/15

10.07.2015

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. AnwZ (Brfg) 15/15 (REWIS RS 2015, 8363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8363

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.