Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2008, Az. 5 StR 206/08

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 1416

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5 [X.]/08 [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 16. Oktober 2008 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 16. Okto-ber 2008, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] [X.], [X.] Dr. Raum, [X.] Dr. Brause, [X.] [X.], [X.] [X.]als beisitzende [X.], [X.]in am Amtsgericht

als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger, Rechtsanwältin [X.]als Vertreterin der Nebenklägerin, Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 3. Januar 2008 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e 1 Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der [X.] mit vorsätzlicher Körperverletzung freigesprochen. Hier-gegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Nebenklägerin. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrü-ge Erfolg, da die Beweiswürdigung des [X.] Rechtsfehler aufweist. Auf die Verfahrensrüge kommt es nicht mehr an. 1. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen: 2 a) Der Angeklagte und die an einer paranoiden Schizophrenie [X.] Nebenklägerin waren seit längerer [X.] miteinander bekannt. Am [X.] des 24. August 2003 verabredeten sie sich zu einem Treffen in einem Lokal. Von dort fuhr die Nebenklägerin, bei der zu diesem [X.]punkt keine akute psychotische Symptomatik bestand, in ihre Wohnung zurück, wo kurze 3 - 4 - [X.] darauf auch der Angeklagte eintraf. Was sich in der Wohnung sodann ereignete, konnte das [X.] nicht sicher feststellen. Die Nebenklägerin begab sich am späten Nachmittag oder frühen Abend zu ihrer Mutter. Dabei trug sie keine Unterhose und wies eine Schwellung des linken Unterkiefers und ein Hämatom am rechten Jochbein auf. Sie spülte sich den Mund aus und beschuldigte den Angeklagten, sie vergewaltigt zu haben. b) Der Angeklagte hat den Tatvorwurf der Vergewaltigung bestritten. Nach seiner Einlassung habe die Nebenklägerin ihm in der Wohnung ihre Liebe gestanden und bei geöffnetem Fenster gedroht, hinauszuspringen. Er habe ihr einen kräftigen Schlag in das Gesicht versetzt, damit sie —wieder normalfi werde. Er sei kurz darauf weggegangen. Diese Einlassung hat das [X.] nicht zu widerlegen vermocht und den Angeklagten hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung unter Anwendung des § 34 StGB freige-sprochen. 4 5 Die Nebenklägerin hat den Angeklagten im Sinne des Anklagevor-wurfs belastet. Nach ihren Angaben habe er sie mit einem Schraubendreher bedroht, mit dem Kopf auf den Boden geschlagen und sie auf diese Weise gezwungen, sein Glied in den Mund zu nehmen und an seinen Brustwarzen zu lecken. Er habe aber keine Erektion bekommen, woran auch der an-schließende Versuch des [X.] gescheitert sei. Mit der psychiatrischen Sachverständigen geht das [X.] davon aus, dass die Nebenklägerin uneingeschränkt aussagetüchtig und ihre Wahrnehmungsfähigkeit am Tattag nicht beeinträchtigt gewesen sei. Entge-gen der zudem hinzugezogenen psychologischen Gutachterin ist es von zahlreichen Widersprüchen und mehrfacher Inkonstanz in den Aussagen der Nebenklägerin ausgegangen und hat diese deswegen für nicht glaubhaft er-achtet. 6 - 5 - 2. Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt [X.] dem Tatrichter. Spricht er einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an [X.] Täterschaft nicht überwinden kann, so ist das durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsge-richt angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hin-sicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lü-ckenhaft ist, namentlich wesentliche rechtsfehlerfrei festgestellte Umstände nicht erörtert werden, die geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (vgl. [X.], 925, 928, insoweit nicht in [X.]St 50, 299 abgedruckt; [X.], Urteil vom 28. August 2007 [X.] 5 StR 31/07 Rdn. 23). So liegt es hier: 7 8 a) Die Freisprechung vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung hat keinen Bestand. Es begegnet durchgreifenden Bedenken, dass das [X.] die Art der ärztlich festgestellten Verletzungen der Nebenkläge-rin nicht näher bewertet hat. Sofern es darauf abstellt, diese seien als Folge des von dem Angeklagten geschilderten Geschehensablaufs denkbar, [X.] diese Erwägung einer nachvollziehbaren Grundlage. Denn es er-schließt sich nicht, wie ein einzelner kräftiger Schlag zu Verletzungen sowohl in der linken unteren als auch in der rechten mittleren Gesichtsregion führen kann. b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass eine vertiefte Auseinan-dersetzung mit diesen [X.] mit der Einlassung des Angeklagten nicht in Über-einstimmung zu bringenden, hingegen nach der Version der Nebenklägerin ohne weiteres möglichen [X.] Verletzungsfolgen für die Überzeugungsbildung auch im Übrigen hätte bedeutsam werden können. 9 Dies gilt insbesondere, weil sich das [X.] mit festgestellten Aspekten des [X.] und deren Darstellung durch die [X.] - 6 - gerin nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. Zwar erkennt es, dass der Umstand, dass die Nebenklägerin unmittelbar nach dem Geschehen in ihrer Wohnung ohne Unterhose bei der Mutter erschienen war und sich den Mund ausgespült hatte, nicht ohne Beweisbedeutung für die Würdigung ihrer Schil-derung eines Sexualdelikts sein könnte. Diese Bedeutung meint es jedoch mit dem Hinweis auf eine intentionale Falschbezichtigung entkräften zu [X.]. Dabei nimmt es nicht in den Blick, dass die Nebenklägerin den [X.] sogar festgestellten [X.] Umstand der fehlenden Wäsche erstmals, zudem auf Vorhalt in der Hauptverhandlung, mithin über vier Jahre nach der Tat und der Straf-anzeige, bekundet hat. Inwieweit sich die späte Bekundung dieses Vorgangs durch die Nebenklägerin mit der Annahme des [X.] in Übereinstim-mung bringen lässt, die Auffälligkeiten nach dem behaupteten Tatgeschehen seien mit einer Falschbezichtigung zu erklären, also Teil eines geplanten Vorgehens zur Untermauerung einer unwahren Schilderung, bleibt unerklärt. 11 3. Sollte sich das neue Tatgericht von der Schuld des Angeklagten überzeugen können, was angesichts der für die Sachaufklärung schwierigen Verdrängungshaltung der Nebenklägerin auf besondere Probleme stoßen dürfte, wird es den [X.]abstand zwischen der Tat und der Anklage einerseits und dem Beginn der Hauptverhandlung andererseits zu beachten und unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Gebots der zügigen Verfahrenser-ledigung zu würdigen haben (vgl. hierzu [X.]St [[X.]] 52, 124). Insbesondere sofern nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht mehr als eine Verur-tei-- 7 - lung wegen Körperverletzung in Betracht kommen sollte, wird die Anwen-dung des § 154 StPO im Blick auf die gravierende Nachverurteilung des [X.] nahe liegen. [X.] Raum Brause [X.] [X.]

Meta

5 StR 206/08

16.10.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2008, Az. 5 StR 206/08 (REWIS RS 2008, 1416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1416

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