Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.12.2020, Az. III ZR 160/19

3. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1513

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Gegenstand

Notarhaftung: Richterspruchprivileg bei notarieller Vollstreckbarerklärung eines Anwaltsvergleichs


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 24. Oktober 2019 wird gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Streitwert: 6.112.918,80 €

Gründe

I.

1

Die vom Berufungsgericht (beschränkt) zugelassene Revision des [X.] ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat. Der [X.] nimmt insoweit in vollem Umfang auf die Gründe des Beschlusses vom 12. August 2020 Bezug, mit dem er auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen hat.

II.

2

Die Ausführungen des [X.] in der Stellungnahme vom 22. Oktober 2020 zu dem Hinweisbeschluss des [X.]s geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.

3

1. Entgegen der Auffassung des [X.] hat das Berufungsgericht die Revision, was sich klar und eindeutig aus den Urteilsgründen ergibt, nur beschränkt zugelassen.

4

In dem Berufungsurteil wird unterschieden zwischen Amtspflichten im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung des [X.] vom 7. November 2001 nach §§ 796b, 796c ZPO, bei deren Verletzung eine Haftungsprivilegierung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB in Betracht kommt ([X.]-7 unter II.1), und "anderen Handlungen des Beklagten, bei denen das [X.] nicht gilt" ([X.] unter II.2). Letzteres bezieht sich auf die Unleserlichkeit der Unterschrift des Bevollmächtigten der [X.] auf der erteilten vollstreckbaren Ausfertigung, die unterbliebene Eintragung der Vollstreckbarerklärung in die [X.] (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 [X.]) und die Nichtbeachtung des § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] hinsichtlich der Verwahrung der Urschrift des [X.].

5

Zugelassen hat das Berufungsgericht die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO allein zur Klärung der Frage, "ob die Tätigkeit des Notars, der einen Anwaltsvergleich gemäß § 796c ZPO für vollstreckbar erklärt, dem [X.] gemäß § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB unterliegt" ([X.]). Die zur Zulassung führende Rechtsfrage betrifft ausschließlich etwaige Amtspflichtverletzungen bei der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung des [X.]. Dabei handelt es sich um einen selbständigen Teil des [X.]. Das Berufungsurteil ist deshalb dahin auszulegen, dass die Revision nur insoweit zugelassen worden ist. Anders als die Revision meint, bezieht sich die [X.] nicht nur auf Aspekte oder Elemente eines einheitlichen Anspruchstatbestands.

6

2. Soweit der Kläger geltend macht, das Berufungsgericht habe den Streitstoff unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht vollständig zur Kenntnis genommen und gewürdigt, erschöpft sich seine Stellungnahme im Wesentlichen in einer Wiederholung des bisherigen Revisionsvorbringens und läuft darauf hinaus, die tatrichterliche Würdigung zum Misslingen des [X.] nach § 418 Abs. 2 ZPO, die - wie der [X.] im Hinweisbeschluss vom 12. August 2020 im Einzelnen ausgeführt hat (Rn. 19 ff) - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, durch eigene Wertungen zu ersetzen. Dies ist im [X.] unbeachtlich.

7

a) Die Behauptung des [X.], er hätte die "maßgeblichen Mitarbeiter der [X.]" nur ins Blaue hinein benennen können, ist nicht nachvollziehbar. Unabhängig davon, dass er etwaige - ihm zumutbare - Erkundigungen nicht einmal behauptet, ist das Schreiben des Beklagten vom 4. Mai 2010, das der Kläger als Anlage [X.] vorgelegt hat, unmittelbar an die in der Rechtsabteilung der [X.] für den Vorgang zuständige Sachbearbeiterin gerichtet. Diese hätte der Kläger daher ohne weiteres sofort als Zeugin benennen können.

8

b) Allein der Umstand, dass die Aufbewahrungsfrist nach § 5 Abs. 4 Satz 1, 4 [X.] inzwischen abgelaufen sein mag, besagt nicht, dass die Nebenakten des Beklagten dem Kläger zu keinem Zeitpunkt als Beweismittel zur Verfügung standen (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 5 [X.]).

9

c) [X.] des Streits der Parteien war und ist die Frage, ob der Anwaltsvergleich bei der Vollstreckbarerklärung vorgelegen hat. Insoweit kann dem vom Beklagten als Anlage [X.] vorgelegten Schreiben vom 29. Oktober 2004 die Behauptung entnommen werden, die [X.] habe bei ihm den Anwaltsvergleich in Urschrift mit dem Auftrag in Verwahrung gegeben, diesen für vollstreckbar zu erklären. Er habe sowohl den Verwahrungsauftrag als auch den Antrag auf Vollstreckbarerklärung angenommen. In dem Schreiben an die [X.] vom 4. Mai 2010 (vom Kläger als Anlage [X.] vorgelegt) hat der Beklagte sodann Folgendes ausgeführt:

"Das Original meines Beschlusses vom 24.11.2004 befindet sich in meiner Urkundensammlung; es liegt [X.] zum Zeitpunkt dieses Diktats im Original auf dem Schreibtisch.

Entsprechend habe ich [X.]    bzw. der [X.] seinerzeit nicht das Original meines Beschlusses zur Verfügung gestellt. Richtig ist vielmehr, dass ich mit Schreiben vom 25.11.2004 [X.]    und der [X.] zu Händen der Rechtsanwälte … eine Ausfertigung meines Beschlusses vom 24.11.2004 zugestellt habe …

Fest verbunden mit der zugestellten Ausfertigung des Beschlusses war der [X.] nebst Vollmachten in beglaubigter Abschrift.

Dass [X.] seinerzeit der [X.] im Original vorgelegen hat, kann ich ebenfalls bestätigen unter Hinweis darauf, dass ich dies bereits mit meinem Schreiben an Sie vom 27.04.2007 – unter seinerzeitiger Rückgabe des Originals des [X.] – bestätigt hatte."

Weiterer Sachvortrag zu der Aufbewahrung und dem Verbleib der Urschrift des [X.] war von dem Beklagten auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der sekundären Darlegungslast beim Beweis negativer Tatsachen nicht zu verlangen.

Wie der [X.] in dem Hinweisbeschluss bereits ausgeführt hat, brauchte sich das Berufungsgericht mit der Randbemerkung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten in den Schriftsätzen vom 23. Februar 2005 ([X.]) und vom 20. Mai 2019 ([X.]), das Original des [X.] befinde sich noch in der Obhut des Beklagten, nicht explizit zu befassen. Diese Behauptung betraf nicht den [X.] des Streits der Parteien, der sich um die Frage drehte, ob der Anwaltsvergleich in Urschrift im November 2004 bei der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung vorgelegen hat. Nichts Anderes gilt für den Umstand, dass auf der der Vollstreckbarerklärung beigehefteten Kopie des [X.] die Unterschrift des Bevollmächtigten der [X.] nicht lesbar ist, während sie auf der beglaubigten Kopie eines anderen Notars zu erkennen ist. Dass sich das Berufungsgericht mit diesen Fragen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat, zwingt - wie im Hinweisbeschluss ausgeführt (Rn. 25) - nicht zur Annahme einer lückenhaften Beweiswürdigung.

3. Der Hinweis der Revision, dass nach der Rechtsprechung des [X.]s das [X.] des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht für Entscheidungen in der Zwangsvollstreckung gilt (Urteil vom 23. März 2000 - [X.], [X.], 3358, 3360), ist für die Beurteilung des vorliegenden Falles unbehelflich. Die Vollstreckbarerklärung eines [X.] durch einen Notar nach §§ 796b, 796c ZPO dient der Schaffung eines Vollstreckungstitels (§ 794 Abs. 1 Nr. 4b ZPO), wobei Prüfungsumfang und Entscheidung sich nicht von dem gerichtlichen Erkenntnisverfahren unterscheiden (Hinweisbeschluss Rn. 26). Die Vollstreckbarerklärung stellt somit keine Zwangsvollstreckungsmaßnahme dar. Sie schafft vielmehr erst die Voraussetzungen für die Einleitung solcher Maßnahmen.

[X.]     

      

Reiter     

      

Arend 

      

Kessen     

      

Herr     

      

Meta

III ZR 160/19

01.12.2020

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 12. August 2020, Az: III ZR 160/19, Beschluss

§ 19 Abs 1 S 3 BNotO, § 839 Abs 2 S 1 BGB, § 794 Abs 1 Nr 4b ZPO, § 796b ZPO, § 796c ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.12.2020, Az. III ZR 160/19 (REWIS RS 2020, 1513)

Papier­fundstellen: WM2021,129 REWIS RS 2020, 1513


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. III ZR 160/19

Bundesgerichtshof, III ZR 160/19, 01.12.2020.

Bundesgerichtshof, III ZR 160/19, 12.08.2020.


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