Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.06.2010, Az. VIII ZR 230/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5565

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Gegenstand

Wohnraummiete: Wirksamkeit einer formularmäßigen Verlängerungsklausel in einem auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag


Leitsatz

In einem vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes abgeschlossenen, auf ursprünglich fünf Jahre befristeten Mietvertrag hält eine formularmäßige Verlängerungsklausel folgenden Inhalts der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB stand:

"Wird das Mietverhältnis nicht auf den als Endtermin vorgesehenen Tag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt, so verlängert es sich jedes Mal um 5 Jahre."

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 14. Juli 2009 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit Vertrag vom 1. Juli 1999 mieteten die Beklagten eine Wohnung des [X.] in [X.] an. Das Mietverhältnis begann zum 15. August 1999 und sollte zum 31. Juli 2004 enden. In § 2 Ziffer 2 Buchst. b des Mietvertrags ist unter der Überschrift "Verträge mit [X.]" folgende formularmäßig vorgedruckte und maschinenschriftlich um die Zahl "5" vervollständigte [X.] enthalten:

"Wird das Mietverhältnis nicht auf den als Endtermin vorgesehenen Tag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt, so verlängert es sich [X.] um 5 Jahre."

2

Außerdem ist im Mietvertrag geregelt, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung hiervon unberührt bleibt (§ 2 Ziffer 3) und dass bei der Nutzung als Wohnraum die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen zur Anwendung kommen (§ 2 Ziffer 5). Die Beklagten erklärten mit Schreiben vom 22. Januar 2008 die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30. April 2008 und räumten die Wohnung zum 1. Mai 2008. Zwischen den Parteien herrscht Streit über die Berechtigung der Beklagten zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu diesem Termin.

3

Der Kläger, der die Wohnung ab 1. Oktober 2008 neu vermietet hat, hat die Beklagten auf Zahlung der Miete für den Zeitraum von Mai 2008 bis einschließlich September 2008 zuzüglich Nebenkosten, insgesamt 2.880,71 €, und auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Die Beklagten haben im Wege der Widerklage Auszahlung der von ihnen geleisteten Mietkaution verlangt, die sich einschließlich Kautionszinsen unstreitig auf 1.748,62 € beläuft.

4

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Zurückweisung im Übrigen in Höhe von 1.490,84 € (1.748,62 € abzüglich unstreitiger Nebenkostenforderung von 257,78 €) stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.], der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7

Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei durch die von den [X.] am 22. Januar 2008 ausgesprochene Kündigung mit Ablauf des 30. April 2008 beendet worden. Die [X.] seien an die vereinbarte Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses um jeweils [X.] nicht gebunden gewesen, weil die [X.] in § 2 Ziffer 2 des Mietvertrags vom 1. Juli 1999 unwirksam sei. Zwar greife das Mietrechtsreformgesetz aus dem [X.] nicht in vor seinem Inkrafttreten abgeschlossene [X.]mietverträge mit [X.] ein, so dass solche Verträge auch nach dem 31. August 2001 an sich nur zu dem im Vertrag vereinbarten Ablauftermin gekündigt werden könnten.

8

Bei der in Frage stehenden [X.]mietvereinbarung mit [X.] handele es sich jedoch um eine Formularklausel nach § 1 Abs. 1 [X.], die einer Inhaltskontrolle nach dem hier anwendbaren § 9 [X.] nicht standhalte. Die Parteien hätten einen [X.] geschlossen, der angesichts der vorgesehenen Befristungen auf jeweils [X.] mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 565 Abs. 2 BGB aF nicht mehr zu vereinbaren sei. Die genannte Vorschrift lege eine Kündigungsfrist von längstens zwölf Monaten fest. Eine vertragliche Regelung, die im Ergebnis zu Kündigungsfristen von [X.]n führe, sei hiermit nicht in Einklang zu bringen. Denn ein Mieter, der in der angemieteten Wohnung nicht verbleiben könne oder wolle, sei darauf angewiesen, entweder einen [X.]achmieter zu finden oder über Jahre hinweg Mietzahlungen für die nicht mehr benötigte Wohnung zu erbringen. Die Möglichkeit, das befristete Mietverhältnis nach § 564c Abs. 1 [X.] in ein unbefristetes Mietverhältnis umzuwandeln, gleiche diesen nicht hinzunehmenden [X.]achteil nicht hinreichend aus.

9

Folglich stehe dem Kläger ein Anspruch auf die verlangten Mietzahlungen nicht zu, während die [X.] Rückzahlung der geleisteten Kaution (1.748,62 €) verlangen könnten, allerdings verringert um die vom Kläger zur Aufrechnung gebrachte [X.]ebenkostenforderung von 257,78 €.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher [X.]achprüfung nicht stand. Dem Kläger steht nach § 535 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Miete für den [X.]raum von Mai 2008 bis einschließlich September 2008 sowie auf Ausgleich abgerechneter [X.]ebenkosten zu. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die von den Parteien vereinbarte befristete Verlängerung des Mietverhältnisses und der damit verbundene Ausschluss der Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung (§ 564 Abs. 1 BGB aF) wirksam. Das Mietverhältnis konnte von den [X.] daher nicht zum 30. April 2008 gekündigt werden. [X.]ach Abzug der unstreitig von den [X.] zu beanspruchenden Kaution (1.748,62 €) belaufen sich die verbleibenden Forderungen des [X.] auf die ihm vom Amtsgericht zugesprochenen 2.880,71 €. Daneben kann der Kläger gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 2 BGB Erstattung der angefallenen außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 316,18 € verlangen. Die [X.] können dagegen die mit der Widerklage geltend gemachte Rückzahlung der geleisteten Kaution nicht beanspruchen, da diese Forderung infolge der vom Kläger erklärten Aufrechnung erloschen ist (§ 389 BGB).

1. Mit dem am 1. Juli 1999 geschlossenen Mietvertrag sind die Parteien ein Mietverhältnis auf bestimmte [X.] (ursprüngliche Laufzeit bis zum 31. Juli 2004) eingegangen und haben zugleich wirksam bestimmt, dass sich dieses mangels Kündigung um jeweils [X.] verlängert. Das bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes (1. September 2001) geltende Wohnraummietrecht eröffnete Mietvertragsparteien in § 565a Abs. 1 [X.] die Möglichkeit, einen zeitlich befristeten Mietvertrag abzuschließen und eine Verlängerung des Mietverhältnisses bei unterbleibender Kündigung vorzusehen. Auch wenn das seit 1. September 2001 geltende neue Mietrecht keine entsprechende Regelung mehr vorsieht, berührt dies den Bestand befristeter Mietverträge mit [X.]n nicht, sofern sie vor dem 1. September 2001 wirksam abgeschlossen worden sind. Denn bei Mietverträgen, die - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes zustande gekommen sind, ist nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB die bis dahin geltende Bestimmung des § 565a Abs. 1 [X.] weiterhin anzuwenden (vgl. etwa [X.]surteile vom 6. April 2005 - [X.], [X.]JW 2005, 1572, unter [X.]; vom 20. Juni 2007 - [X.], [X.]JW 2007, 2760, [X.]. 8, 10; vom 11. Juli 2007 - [X.], [X.], 513, [X.]. 7; vom 12. März 2008 - [X.], [X.], 1661, [X.]. 17). Dass die Verlängerung der ursprünglichen Mietdauer erst nach dem 1. September 2001 erfolgt ist, ist hierfür unerheblich, denn durch die mangels Kündigung eintretende Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses um einen bestimmten [X.]raum (hier: [X.]) wird kein neues Mietverhältnis begründet, sondern das bestehende unverändert fortgesetzt (vgl. [X.]surteil vom 20. Juni 2007, aaO, [X.]. 11 m.w.[X.].).

2. Die von den Parteien auf der Grundlage des § 565a Abs. 1 [X.] gewählte Konstruktion eines befristeten Mietvertrags mit [X.] ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB (früher § 9 [X.]) unwirksam.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung gewertet.

aa) Zwar ist die vom Berufungsgericht herangezogene Bestimmung des § 1 Abs. 1 [X.] zwischenzeitlich nicht mehr anwendbar, weil die Übergangsregelung des Art. 229 § 5 EGBGB die Fortgeltung des [X.] nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (1. Januar 2002) bei Dauerschuldverhältnissen auf den [X.]raum bis 31. Dezember 2002 beschränkt hat. Dies ist jedoch unschädlich, weil der Regelungsgehalt des § 1 Abs. 1 [X.] inhaltlich unverändert in die [X.]achfolgebestimmung des § 305 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB übernommen worden ist.

bb) Der Einordnung der [X.] in § 2 Ziffer 2 Buchst. b des Mietvertrags vom 1. Juli 1999 als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen, dass die - hier in Rede stehende - Dauer des [X.] durch maschinenschriftliche Ergänzung einer Leerstelle des im Übrigen vorgedruckten Textes auf [X.] festgelegt worden ist (vgl. [X.]surteil vom 6. April 2005 - [X.], [X.]JW 2005, 1574, unter [X.] b).

(1) Die Schriftart ist nach § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB ohne Bedeutung. Dass die vorgenommene [X.]bestimmung individuell ausgehandelt worden ist, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Vergeblich verweist die Revision in diesem Zusammenhang auf den vom Berufungsgericht nach § 540 Abs. 1 ZPO in Bezug genommenen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, in dem ausgeführt ist, der formularmäßig vorgedruckte [X.] sei durch die Zahl 5 "individuell ergänzt" worden. Anders als die Revision meint, ist mit diesem Passus nicht die Feststellung verbunden, die Parteien hätten die vereinbarte [X.] im Einzelnen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt. Das Amtsgericht hat durch seine Ausführungen bei verständiger Würdigung nur zum Ausdruck gebracht, dass die Dauer der Verlängerung des Mietverhältnisses nicht bereits formularmäßig vorgedruckt war, sondern einer auf das konkrete Mietverhältnis zugeschnittenen Ergänzung bedurfte. Damit ist jedoch nicht die Feststellung verbunden, die [X.] hätten die ernsthafte Möglichkeit erhalten, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (vgl. etwa [X.], 232, 236 m.w.[X.].). Die Revision zeigt weder auf, dass sich der Kläger in den Tatsacheninstanzen auf ein individuelles Aushandeln des jeweiligen Verlängerungsintervalls berufen hat, noch dass die [X.] ein solches Vorbringen unstreitig gestellt haben.

(2) Dass das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund die Möglichkeit einer Individualabrede nicht gesondert erörtert, sondern sich mit der Feststellung begnügt hat, es liege ein der Inhaltskontrolle nach § 9 [X.] unterworfener formularmäßig vereinbarter Mietvertrag mit Befristungen auf jeweils [X.] vor, stellt daher keinen durchgreifenden Verfahrensfehler dar. Insbesondere liegt - entgegen der Auffassung der Revision - nicht der absolute Revisionsgrund des § 547 [X.]r. 6 ZPO (fehlende Urteilsgründe) vor. Diese Bestimmung ist nicht schon dann anwendbar, wenn Urteilsgründe - wie hier - sachlich unvollständig sind (vgl. etwa [X.], 333, 338; vgl. ferner [X.], Urteil vom 26. April 1991 - [X.], [X.]JW 1991, 2761, unter [X.] a). Auch ist dem Berufungsgericht kein entscheidungserheblicher Verstoß gegen § 139 ZPO oder Art. 103 Abs. 1 GG anzulasten, weil es die Parteien nach Aktenlage nicht darauf hingewiesen hat, dass die in Frage stehende Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (früher § 9 [X.]) unterliegt. Zwar ist ein Berufungsgericht grundsätzlich nach § 139 ZPO gehalten, einer in erster Instanz siegreichen Partei rechtzeitig einen Hinweis zu erteilen, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 27. [X.]ovember 2008 - [X.], [X.] 2009, 241, unter [X.]). Letztlich kann offen bleiben, ob ein entsprechender - in den Akten nicht dokumentierter - Hinweis unterblieben ist, denn die Revision führt nicht - wie erforderlich - aus, was der Kläger auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen hätte (vgl. hierzu [X.]sbeschluss vom 16. Juni 2008 - [X.], [X.], 615, [X.]. 11; [X.], Beschluss vom 12. [X.]ovember 2008 - [X.], [X.] 2009, 22, [X.]. 16).

b) [X.]icht frei von [X.] ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die vereinbarte wiederkehrende Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses auf bestimmte [X.] sei deswegen nach § 307 Abs. 2 [X.]r. 1 BGB unwirksam, weil die damit verbundene fünfjährige Bindung der [X.] nicht mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 565 Abs. 2 BGB aF in Einklang zu bringen sei, der eine Kündigungsfrist von höchstens zwölf Monaten vorsah. Die [X.] ist als Laufzeitabrede zwar nicht dem einer Inhaltskontrolle entzogenen Kernbereich (§ 307 Abs. 3 BGB) zuzuordnen (vgl. [X.]Z 127, 35, 41 f.; vgl. ferner [X.]surteil vom 6. April 2005 - [X.], aaO); sie weicht aber nicht in unzulässiger Weise von der genannten gesetzlichen Regelung ab.

Die Bestimmung des § 565 Abs. 2 BGB aF sieht eine Kündigungsfrist von höchstens einem Jahr vor (Satz 1 und 2) und erklärt abweichende Vereinbarungen, die Kündigungen nur zum Schluss bestimmter Kalendermonate zulassen, für unwirksam (Satz 4). Die Regelung in § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF ist jedoch nicht auf befristete Mietverhältnisse mit [X.] anzuwenden (vgl. [X.]surteile vom 6. April 2005 - [X.], aaO, unter [X.] a bb; vom 7. Februar 2007 - [X.], [X.], 202, [X.]. 10; vom 20. Juni 2007, aaO, [X.]. 9; vom 12. März 2008, aaO, [X.]. 16). Dies folgt aus § 565a Abs. 1 [X.], der voraussetzt, dass Mietverträge auf bestimmte [X.] mit [X.] zulässig sind; hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn mietvertragliche Befristungen mit [X.]n von vornherein nach § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF unwirksam wären ([X.]surteil vom 6. April 2005, aaO). Da solchen Mietverhältnissen eine vom Gesetzgeber gebilligte, den Anwendungsbereich des § 565 Abs. 2 BGB einschränkende Sonderstellung zukommt, verbietet es sich, eine unangemessene Benachteiligung der [X.] im Sinne des § 307 Abs. 2 [X.]r. 1 BGB daraus abzuleiten, dass ihnen eine Lösung vom Vertrag innerhalb einer [X.]spanne verwehrt wird, die der in § 565 Abs. 2 BGB vorgesehenen längstmöglichen Kündigungsfrist von zwölf Monaten entspricht. Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 [X.]r. 1 BGB hat sich wegen der Besonderheiten der gewählten Vertragskonstruktion vielmehr ausschließlich am Maßstab des § 565a Abs. 1 [X.] auszurichten. § 565a [X.] soll lediglich sicherstellen, dass die für den Fall der Vertragsbeendigung zum Schutz des Mieters bestehenden Vorschriften nicht durch vertragliche Beendigungsvereinbarungen umgangen werden ([X.]/Blank, Mietrecht, 7. Aufl. § 565a [X.]. 1). Sie soll dagegen den Mieter nicht vor einer längeren Bindung an den Vertrag schützen (vgl. für einen [X.]mietvertrag im Sinne des § 575 Abs. 4 BGB nF: [X.]surteile vom 22. Dezember 2003 - [X.], [X.]JW 2004, 1448, unter [X.], und vom 30. Juni 2004 - [X.], [X.]JW 2004, 3117, unter [X.]). Dem beschriebenen Schutzzweck des § 565a Abs. 1 [X.] werden die zwischen den Parteien getroffenen Abreden gerecht. Die in Frage stehende Klausel stellt in Verbindung mit der Regelung in § 2 Ziffer 5 des Mietvertrags sicher, dass das Mietverhältnis vom Vermieter nur unter Einhaltung der jeweils geltenden gesetzlichen Kündigungsfrist und unter Beachtung der Kündigungsschutzbestimmungen beendet werden kann.

c) Eine unangemessene Benachteiligung der [X.] im Sinne des § 307 Abs. 2 [X.]r. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Der mit der wiederkehrenden Befristung des Mietverhältnisses verbundene vorübergehende beiderseitige Kündigungsausschluss schränkt keine grundlegenden Rechte der Mieter ein. Insbesondere gebietet der Schutzzweck des § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF keine Beschränkung der Dauer der befristeten Verlängerung, da der Gesetzgeber in § 565a Abs. 1 [X.] den bei einem befristeten Mietvertrag mit [X.] verbundenen vorübergehenden Ausschluss des Kündigungsrechts gebilligt und [X.]mietverträge - von den in § 564c Abs. 2 [X.] genannten Ausnahmen abgesehen - keinen zeitlichen Beschränkungen (vgl. § 564 Abs. 1 BGB aF) unterworfen hat (auch dem Schutzzweck der in § 573c Abs. 4 BGB nF enthaltenen [X.]achfolgeregelung zu § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF hat der [X.] keine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts entnommen: [X.]surteile vom 22. Dezember 2003, aaO, unter [X.] c; vom 30. Juni 2004, aaO; vom 6. Oktober 2004 - [X.], [X.], 672, unter II).

d) Die Befristung des Mietverhältnisses mit wiederkehrender Verlängerung um [X.] hält schließlich auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Danach ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vorneherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.]Z 143, 103, 113; [X.]surteil vom 23. [X.]ovember 2005 - [X.], [X.], 1056, [X.]. 21; jeweils m.w.[X.]). Das ist hier nicht der Fall.

aa) Der [X.] hatte sich bislang nicht mit der Frage zu befassen, ob eine vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes formularmäßig vereinbarte wiederkehrende Verlängerung eines befristeten Mietverhältnisses um jeweils [X.] den Mieter unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt. Die Revisionserwiderung will im Hinblick auf den mit einer solchen Befristung verbundenen Ausschluss einer ordentlichen Kündigung während des jeweiligen Verlängerungsintervalls (vgl. hierzu etwa [X.]surteile vom 20. Juni 2007, aaO, [X.]. 12, und vom 18. April 2007 - [X.], [X.]JW 2007, 2177, [X.]. 19; [X.]sbeschluss vom 16. September 2008 - [X.], [X.], 48, [X.]. 1) die der Rechtsprechung des [X.]s zur Frage der Gültigkeit eines formularmäßig vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzichts zugrunde liegenden Erwägungen auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Dabei berücksichtigt die Revisionserwiderung jedoch nicht hinreichend, dass sich die beiden Fallkonstellationen in wesentlichen Punkten grundlegend unterscheiden.

bb) Die Rechtsprechung des [X.]s zur Wirksamkeit eines formularmäßig vereinbarten befristeten Kündigungsverzichts beider Mietvertragsparteien bezieht sich ausschließlich auf Fälle, in denen im Rahmen eines nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes abgeschlossenen unbefristeten Mietvertrags ein vorübergehender Verzicht auf die ordentliche Kündigung vorgesehen war (vgl. hierzu etwa [X.]surteile vom 30. Juni 2004, aaO; vom 14. Juli 2004 - [X.], [X.], 543, unter [X.]; vom 6. Oktober 2004, aaO; vom 15. Juli 2009 - [X.], [X.]ZM 2009, 779, [X.]. 16 ff.). Dabei hatte sich der [X.] auch mit einer Formularbestimmung zu befassen, die beiden Parteien eines unbefristeten Mietvertrags über Wohnraum für die Dauer von [X.]n die Möglichkeit einer Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung verwehrte ([X.]surteil vom 6. April 2005 - [X.], aaO, unter [X.]). Der [X.] hat im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit der Mietrechtsreform verfolgte Zielsetzung, der Mobilität und Flexibilität in der heutigen modernen Gesellschaft Rechnung zu tragen, einen solchen lang andauernden formularmäßigen Kündigungsverzicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam gehalten ([X.]surteil vom 6. April 2005 - [X.], aaO, unter [X.] d). Vereinzelte Stimmen im Schrifttum wollen diese Rechtsprechung auch auf [X.] übertragen, die vor dem 1. September 2001 formularmäßig vereinbart wurden (vgl. [X.], Mietrecht aktuell, 4. Aufl., [X.]. X 8).

cc) Im Streitfall steht aber nicht die Wirksamkeit eines Kündigungsverzichts nach neuem (oder altem) Recht in Frage, sondern die Zulässigkeit eines befristeten Mietvertrags mit wiederkehrender Verlängerung im Sinne des § 565a Abs. 1 [X.]. Die Erwägungen, die den [X.] bewogen haben, einen formularmäßigen beiderseitigen Kündigungsverzicht im Rahmen eines - nach neuem Recht abgeschlossenen - unbefristeten Mietvertrags in der Regel auf die Dauer von höchstens vier Jahren zu begrenzen (vgl. hierzu [X.]surteile vom 6. April 2005 - [X.], aaO, unter [X.] d; vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 17), lassen sich nicht auf die hier zu beurteilende Konstellation übertragen (so auch [X.], [X.], 79, 82; [X.], [X.], 196 f.).

(1) Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine der zentralen Zielsetzungen des Mietrechtsreformgesetzes darin bestand, der in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmend verlangten Mobilität und Flexibilität und damit dem Interesse des Mieters an einer kurzfristigen Aufgabe der Wohnung, insbesondere beim Wechsel des Arbeitsplatzes oder bei einer gesundheitsbedingten Übersiedlung in ein Alters- oder Pflegeheim durch Verkürzung der Kündigungsfristen Rechnung zu tragen (vgl. [X.]. 14/4553, [X.], 67; [X.]surteile vom 22. Dezember 2003, aaO, und vom 6. April 2005 - [X.], aaO). Dies hat den [X.] veranlasst, einen unter der Geltung des neuen Mietrechts formularmäßig vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzicht auf die - in § 557a Abs. 3 BGB (früher § 10 Abs. 2 MHG) zum Ausdruck gekommene - Höchstdauer von vier Jahren zu begrenzen (vgl. [X.]surteile vom 6. April 2005 - [X.], aaO, und vom 15. Juli 2009, aaO). [X.]ach früherer Rechtslage kam diesen Interessen aber eine geringere Bedeutung zu. Diese unterschiedliche Gewichtung darf bei der Beurteilung der Frage nicht außer [X.] gelassen werden, ab welcher Dauer sich die Einengung der Dispositionsfreiheit des Mieters, die mit einem befristeten, sich mangels Kündigung periodisch verlängernden Mietvertrag verbunden ist, für diesen als untragbar erweist.

(2) Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich bei einem vor dem 1. September 2001 erfolgten Abschluss eines befristeten Mietvertrags die Interessenlage der Vertragsparteien anders darstellt als bei einem nach diesem [X.]punkt abgeschlossenen unbefristeten Mietvertrag mit vorübergehendem Kündigungsausschluss. Der Gesetzgeber hat nicht nur im Rahmen der Mietrechtsreform, sondern davor in sogar weitaus größerem Maße ein praktisches Bedürfnis für den Abschluss befristeter Mietverträge ([X.]mietverträge) anerkannt. Einem Mieter ist daran gelegen, während der Vertragslaufzeit keiner ordentlichen Kündigung ausgesetzt zu werden, während ein Vermieter Planungssicherheit erstrebt (vgl. [X.]. 14/4553, [X.], 70). [X.]ach dem bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes geltenden Recht konnte diesem Anliegen auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden. [X.]eben dem Abschluss eines befristeten Mietvertrags mit befristeten Verlängerungen (§ 565a Abs. 1 [X.]) gab es die Möglichkeit, einen [X.]mietvertrag mit gesetzlichem Verlängerungsanspruch einzugehen (§ 564c Abs. 1 [X.]) oder einen auf [X.] begrenzten, nicht verlängerungsfähigen "qualifizierten" [X.]mietvertrag nach § 564c Abs. 2 [X.] abzuschließen. [X.]unmehr haben die Vertragsparteien nur noch die Wahl zwischen der ihnen in § 575 BGB nF in Anlehnung an die frühere Regelung des § 564c Abs. 2 [X.] verliehenen Befugnis, unter bestimmten Vorrausetzungen einen - allerdings nicht mehr wie bisher auf [X.] begrenzten, sondern keinen zeitlichen Einschränkungen unterliegenden - "echten" [X.]mietvertrag (vgl. [X.]. 14/4553, aaO) abzuschließen oder ein unbefristetes Mietverhältnis mit vorübergehendem beiderseitigen Verzicht auf eine ordentliche Kündigung einzugehen (vgl. hierzu [X.]surteil vom 30. Juni 2004, aaO).

Die Bandbreite der vom Gesetzgeber unter der Geltung des früheren Mietrechts vorgesehenen Befristungen von Mietverhältnissen zeigt, dass er auch längerfristige Vertragsbindungen im Interesse beider Seiten für angemessen erachtete. Durch die Regelungen in § 564c Abs. 1, 2 [X.] hat er klar gestellt, dass eine Befristung des Mietvertrags beim qualifizierten [X.]mietvertrag auf [X.] und beim einfachen [X.]mietvertrag sogar unbegrenzt möglich sein sollte. Diese Wertung muss auch in die Beurteilung der Frage einfließen, ab welcher Dauer die Bindung des Mieters an einen befristeten Mietvertrag mit wiederkehrender Verlängerung als unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gelten hat (so auch [X.], aaO). Angesichts der bei befristeten Mietverträgen nach altem Recht geltenden besonderen Wertungen des Gesetzgebers verbietet sich ein Rückgriff auf die in § 10 Abs. 2 MHG bei Staffelmietverträgen für einen Kündigungsverzicht gezogene zeitliche Grenze von vier Jahren (vgl. zu diesem Gesichtspunkt bei einem Kündigungsverzicht im Rahmen eines unbefristeten Mietvertrags [X.]surteil vom 6. April 2005 - [X.], aaO).

(3) In Anbetracht der aufgezeigten, dem früheren Recht anhaftenden Besonderheiten stellt die zwischen den Parteien in dem befristeten Mietvertrag vom 1. Juli 1999 formularmäßig vereinbarte [X.], nach der sich die Vertragslaufzeit jeweils um [X.] verlängert, wenn das Mietverhältnis nicht unter Einhaltung der - jeweils geltenden - gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt wird, keine unangemessene Benachteiligung der [X.] dar. Diesen wurde hierdurch die Möglichkeit eröffnet, jeweils für eine [X.]spanne von [X.]n eine ordentliche Kündigung des [X.] zu vermeiden und hierdurch sicherzustellen, dass sie nicht ungewollt aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen werden. Einem möglichen Mobilitätsinteresse des Mieters kommt nach früherem Recht - wie aufgezeigt - nicht die gleiche Bedeutung wie nach derzeit geltendem Recht zu. Eine Vertragsbindung von jeweils [X.]n führt auch nicht zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der [X.], denn die mit einer vorzeitigen Wohnungsaufgabe verbundenen finanziellen Folgen können im Regelfall durch die Stellung eines [X.]achmieters oder - wie hier - durch eine vom Vermieter vorgenommene [X.]euvermietung abgemildert werden (vgl. [X.]surteil vom 22. Dezember 2003, aaO).

Da die Vertragslaufzeit mangels rechtzeitiger Kündigung zum 31. Juli 2004 wirksam um [X.] verlängert worden ist, hat die von den [X.] ausgesprochene Kündigung das Mietverhältnis nicht zum 30. April 2008 beendet. Die [X.] sind daher zur Mietzahlung für die Monate Mai 2008 bis September 2008 sowie der unstreitigen [X.]ebenkostenforderung von 257,78 € abzüglich der von ihnen geleisteten Kaution verpflichtet und haben dem Kläger zudem die diesem entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten zu ersetzen.

III.

Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klage hiernach begründet, die Widerklage dagegen unbegründet ist, ist die Berufung der [X.] gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen.

Ball     

        

Dr. Milger     

        

Dr. Hessel

        

Dr. Fetzer     

        

Dr. Bünger     

        

Meta

VIII ZR 230/09

23.06.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG München II, 14. Juli 2009, Az: 12 S 2015/09, Urteil

§ 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2 BGB, § 565a Abs 1 BGB vom 14.07.1964, Art 229 § 3 Abs 3 BGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.06.2010, Az. VIII ZR 230/09 (REWIS RS 2010, 5565)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5565

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wohnraummiete: Wirksamkeit eines formularmäßigen Kündigungsausschlusses bei Überschreitung eines Zeitraums von 4 Jahren


Referenzen
Wird zitiert von

VIII ZR 261/17

VIII ZR 230/09

IX ZR 140/19

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