Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2010, Az. B 1 SF 2/10 R

1. Senat | REWIS RS 2010, 2950

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des [X.] vom 14. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

I. Die klagende Krankenkasse ([X.]) wendet sich gegen einen [X.] der beklagten [X.] ([X.]).

2

Das [X.] ([X.] vom [X.], [X.]) hat die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) zum 1.1.2009 durch Einführung eines Gesundheitsfonds neu geregelt. Danach verwaltet das [X.] ([X.]) den Gesundheitsfonds als Sondervermögen (§ 271 Abs 1 [X.]). Aus dem Fonds erhalten die [X.]n Zuweisungen zur Deckung ihrer Aufwendungen (§ 270 Abs 1 [X.]). Ab 1.1.2009 legt die [X.]regierung durch Rechtsverordnung den allgemeinen Beitragssatz nach Auswertung der Ergebnisse eines beim [X.] gebildeten Schätzerkreises fest (§ 241 Abs 1 [X.]). Soweit die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds den Finanzbedarf einer [X.] übersteigen, kann sie in ihrer Satzung bestimmen, dass Prämien an ihre Mitglieder ausgezahlt werden (§ 242 Abs 2 Satz 1 [X.]). Soweit der Finanzbedarf einer [X.] durch die Zuweisungen aus dem Fonds nicht gedeckt ist, hat sie in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein Zusatzbeitrag erhoben wird (§ 242 Abs 1 Satz 1 [X.]).

3

Die Klägerin informierte zusammen mit Vertretern anderer acht [X.]n am [X.] in [X.] in einer Pressekonferenz über das Thema "Finanzentwicklung in der [X.] - Einstieg in den Zusatzbeitrag". Die anwesenden Vertreter der [X.]n gaben eine Presseerklärung ab, wonach 2010 Zusatzbeiträge die Regel würden. Fast alle [X.]n müssten bis Ende des Jahres 2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich rund 8 Euro erheben. Das erwarteten Gesundheitsökonomen und andere Experten. Die Klägerin erhebt von ihren Mitgliedern seit 1.2.2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich 12 Euro, [X.] der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds. Die Beklagte gab der Klägerin daraufhin unter Hinweis auf § 59 iVm §§ 1, 32 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ([X.]) auf, einen Fragenkatalog zu beantworten sowie Daten und Unterlagen im Zusammenhang mit der Erhebung des [X.] und dessen Bekanntgabe gemeinsam mit acht weiteren [X.]n in einer Pressekonferenz zu übermitteln, da der Anfangsverdacht einer nach § 1 [X.] unzulässigen Preisabsprache zwischen Unternehmen bestehe (Beschluss des [X.] vom [X.]).

4

Die Aufsichtsbehörde des [X.] verpflichtete die Klägerin mit Bescheid vom [X.], den [X.] im Rechtsweg anzugreifen; gegen diesen Bescheid ist ein [X.] der Klägerin beim [X.] anhängig ([X.] KR [X.]).

5

Die Klägerin hat darüber hinaus am [X.] Klage gegen den [X.] beim [X.] erhoben und sich im Wesentlichen auf ihre Aufgabenwahrnehmung nach dem [X.] und die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts als Trägerin der Sozialversicherung gestützt. Zudem hat sie am [X.] vorsorglich beim [X.] Beschwerde gegen den [X.] eingelegt, das die Beschwerde an das [X.] (OLG) [X.] weitergeleitet hat (anhängig seit [X.] unter dem [X.] 4/10).

6

Vor dem [X.] hat die Klägerin in dem Verfahren gegen den [X.] beantragt, die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vorab festzustellen. Die Beklagte hat Verweisung des Rechtsstreits an das OLG [X.] beantragt. Das [X.] hat das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit (bei dem OLG [X.]) verneint und die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht (Beschluss vom [X.]).

7

Gegen diesen Rechtswegbeschluss richtet sich nunmehr die vom [X.] zugelassene Rechtswegbeschwerde der Beklagten. Sie trägt im Wesentlichen vor, die [X.]frage, ob [X.]n bei Koordinierung ihrer Beitragerhöhung als Unternehmen anzusehen seien, richte sich streitentscheidend nach kartellrechtlichen Normen. § 63 [X.], dessen Voraussetzungen erfüllt seien, gehe anderen Bestimmungen des Rechtswegs vor. Dass sich die Klägerin auf die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts berufe, sei unerheblich.

8

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des [X.] vom 14. Juni 2010 aufzuheben, den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das [X.] [X.] zu verweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II. Die Rechtswegbeschwerde der beklagten [X.], vertreten durch das [X.], gegen den Beschluss des [X.] vom [X.] ist statthaft und zulässig (dazu 1.), jedoch unbegründet (dazu 2.). Im Rahmen der Rechtswegbeschwerde ist (noch) nicht darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zu Recht die Anwendbarkeit des [X.] bei Verdacht koordinierter Ankündigung von [X.]n bejaht hat, Zusatzbeiträge zu erheben. Zu klären ist nur, ob die Klägerin gegen die Entscheidung der Beklagten den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschreiten darf. Dies ist der Fall. Für das [X.] der klagenden B[X.] gegen den [X.] des [X.] ist gemäß § 51 [X.] der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

1. Die Rechtswegbeschwerde der Beklagten ist zulässig.

a) Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass der Zulässigkeit des [X.]s eine Rechtshängigkeit vor dem OLG [X.] nicht nach § 17 Abs 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz ([X.]) entgegensteht. Nur eine bereits eingetretene Rechtshängigkeit stellt ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Prozesshindernis dar und bewirkt die Unzulässigkeit eines zweiten, denselben Streitgegenstand betreffenden [X.]s, über das dann durch Prozessurteil zu entscheiden ist (vgl nur [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.]5 mwN). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bereits am [X.] Klage gegen den [X.] beim [X.] erhoben und erst anschließend am [X.] vorsorglich auch beim [X.] Beschwerde gegen den [X.] eingelegt, welches die Beschwerde an das OLG [X.] weiterleitete, wo es seit [X.] anhängig ist. Da es inhaltlich um denselben Streitgegenstand geht (Beseitigung der Verpflichtungen der Klägerin, welche aus dem [X.] des [X.] vom [X.] resultieren), war das [X.] als eher angerufenes Gericht zur Entscheidung über den Rechtsweg berufen und ist das OLG [X.] aufgrund der [X.] des § 17 Abs 1 Satz 2 [X.] an einer Entscheidung gehindert.

b) Die Beklagte hat mit ihrer Beschwerde zum [X.] nach § 17a Abs 4 Satz 4 [X.] den statthaften Rechtsbehelf gegen die Rechtswegentscheidung des [X.] eingelegt.

Ist nach Anrufung eines Gerichts streitig, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, kann das Gericht vorab aussprechen, dass es den beschrittenen Rechtsweg für zulässig hält (vgl § 17a Abs 3 Satz 1 [X.]). Das Gericht muss vorab entscheiden, wenn eine [X.] bzw ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt (vgl § 17a Abs 3 Satz 2 [X.]). Gegen einen solchen Beschluss ist gemäß § 17a Abs 4 Satz 3 [X.] die "sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben". Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluss des oberen [X.] an den obersten Gerichtshof des [X.] nur zu, wenn sie in dem Beschluss zugelassen worden ist (§ 17a Abs 4 Satz 4 [X.]). Für das sozialgerichtliche Verfahren bedeutet dies, dass gegen einen Rechtswegbeschluss des [X.] binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim [X.] schriftlich die zugelassene Beschwerde durch einen postulationsfähigen Vertreter einzulegen ist.

So liegt der Fall hier. Das angerufene [X.] hat vorab entschieden, dass der von der klagenden [X.] gegen den angefochtenen Beschluss des [X.] zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Es hat die Rechtswegbeschwerde zum [X.] zugelassen. Hieran ist der erkennende Senat gemäß § 17a Abs 4 Satz 6 [X.] gebunden. Die Beklagte hat hiergegen form- und fristgerecht Beschwerde zum [X.] eingelegt. Der erkennende Senat hat darüber zu entscheiden, ob das [X.] den [X.] zu Recht für zulässig angesehen hat. Diese Frage ist zu bejahen.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten ist der [X.] eröffnet, da § 51 Abs 1 Satz 2 [X.] den Rechtsstreit den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuordnet (dazu a). Die hierdurch begründete Zuständigkeit ist gegenüber derjenigen der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit aus § 63 [X.] spezieller (dazu b).

a) Der vorliegende Streit ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der [X.] (§ 51 Abs 1 [X.] [X.]). Nach § 51 Abs 1 [X.] [X.] entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten ua in Angelegenheiten der [X.], auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Eine Ausnahme ist insoweit nur für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 [X.] aufgrund einer Kündigung von [X.] vorgesehen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser gelten. Des Weiteren entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der [X.], auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. § 87 [X.] findet ausdrücklich keine Anwendung (vgl § 51 Abs 2 Satz 1 und 2 [X.] idF durch Art 1 [X.] des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes <[X.]ArbGGÄndG> vom [X.], [X.]).

Bereits der umfassende Wortlaut, der alle die [X.] betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat oder öffentlich-rechtlicher Art, weist sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der [X.]n, der unmittelbar ihre öffentliche Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu. Ihre umfassende Zuständigkeit wird durch die Entwicklungsgeschichte der Norm bestätigt (vgl ausführlich zur Entwicklung der Zuständigkeit für das Leistungserbringungsrecht [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.] 56 ff und zB [X.], NZS 2000, 213 ff; derselbe in: jurisPK-[X.], § 69 Rd[X.] 152 ff; ebenso Möschel, [X.], 601, 604 ff aus Sicht des Kartellrechts mit der Forderung nach Beseitigung der Rechtswegzuweisung an die Sozialgerichte). Die Zuständigkeitsvorschriften des [X.] einschließlich des § 51 [X.] sind zwingend und begründen ausschließliche Zuständigkeiten ([X.], vgl zB [X.] SozEntsch [X.] 1/4 § 51 [X.] 17; speziell zu § 51 [X.] zB [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.] 56).

Die in § 51 Abs 1 [X.] enthaltene Zuweisungsklausel umfasst ua alle Streitigkeiten, die aus Anlass der Durchführung der öffentlichen Aufgabe "Sozialversicherung" entstehen, sofern die Streitigkeiten ihre materiell-rechtliche Grundlage im Sozialversicherungsrecht haben (vgl zB bereits zur früheren Rechtslage BVerwG Urteil vom 17.12.1959 - 1 C 96.56 - NJW 1960, 1409 f; BVerwG Urteil vom 6.2.1986 - 3 C 74.84 - NVwZ 1986, 467). Hier ist speziell eine Angelegenheit der Krankenversicherung betroffen, nämlich der Anspruch auf kompetenzgerechte Aufsicht, und nicht - wie die Beklagte meint - eine Angelegenheit kartellrechtlicher Natur, für die der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 63 [X.]) eröffnet wäre.

Maßgebend für die Zuordnung zu den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art in Angelegenheiten der Sozialversicherung ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird ([X.]E 58, 247, 248 = [X.] 1500 § 51 [X.] 38 S 59), nicht - wie die Beklagte (unter Hinweis auf [X.] Hamburg, Beschluss vom [X.] KR 22/[X.]) meint - ihr Verteidigungsvorbringen. Die Maßgeblichkeit der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird, harmoniert mit der bisherigen Rechtsprechung zu Parallelfällen. So richtet sich die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt (vgl [X.] [X.] 1500 § 51 [X.] 53 S 108 = [X.], 284, 286). Die Klägerin leitet ihr Klagebegehren aus dem im materiellen Sozialrecht begründeten Recht auf Selbstverwaltung im Zusammenhang mit ihrer Pflicht zur Kooperation mit anderen [X.]n her, nicht aber aus dem Kartellrecht. Sie begehrt die Aufhebung einer Auskunftsanordnung mit der Rechtsbehauptung, dass sie - als [X.] - zusammen mit anderen [X.]n über anstehende Einführungen von Zusatzbeiträgen informieren darf, ohne Anordnungen der Beklagten ausgesetzt zu sein. Damit bezieht sie sich auf ihr Rechtsverhältnis als Sozialversicherungsträger zur Staatsverwaltung, das herkömmlich durch die Rechtsfiguren Selbstverwaltung (eigener Wirkungsbereich), Weisungsfreiheit und Beschränkung auf Körperschaftsaufsicht (Rechtsaufsicht) gekennzeichnet wird (§§ 29, 87 [X.]).

Die Klägerin ist als Krankenversicherungsträger und damit als Träger der Sozialversicherung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs 1 [X.], § 4 Abs 1 [X.]). In Verbindung mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit folgt aus der grundsätzlichen Verleihung des Rechts zur Selbstverwaltung, dass die Versicherungsträger ein subjektives Recht gegenüber der Staatsverwaltung auf Wahrung ihrer gesetzlich eingeräumten Kompetenzen haben [X.] in [X.]/[X.]/von [X.]/Merten, [X.] zum Sozialgesetzbuch, [X.], 2. Aufl 1992, § 29 Rd[X.]7). Dieses Recht können sie im [X.] verteidigen bzw durch Feststellungsklage geltend machen, wenn es von der staatlichen Exekutive nicht respektiert oder der ihnen zur Eigenverantwortung überlassene Wirkungsbereich unzulässig eingeschränkt wird ([X.]E 58, 247 = [X.] 1500 § 51 [X.] 38). Das gilt auch, soweit weitergehende Aufsichtsmaßnahmen und sie vorbereitende Akte - wie hier die Auskunftsanordnung - sich auf das Gebiet der Kooperation von [X.]n bei Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben erstrecken. So ist zu Recht für Streitigkeiten, bei denen es im [X.] etwa um die Pflicht von [X.]n zur engen Zusammenarbeit geht, allgemein anerkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (vgl zum Streit zwischen [X.]n über zulässige Mitgliederwerbung zB [X.] [X.] 1500 § 51 [X.] 53 S 110 = [X.], 284, 289). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Konkurrenzverhältnis zwischen den [X.]n einem Sonderrecht der Träger öffentlicher Aufgaben unterworfen ist, nämlich sozialversicherungsrechtlichen Normen, die den Interessen der Allgemeinheit dienen (vgl [X.] [X.] 1500 § 51 [X.] 53 S 108 f = [X.], 284, 287).

Zum Recht auf Selbstverwaltung gehört das Recht der Klägerin auf Unterlassung kompetenzwidriger Aufsichtsmaßnahmen, das Recht auf Erhebung eines Zusatzbeitrags von ihren Mitgliedern kraft Satzungsbestimmung bei Finanzbedarf (§ 242 Abs 1 Satz 1 [X.]) und das Recht, das eigene Verhalten an der Pflicht der [X.]n zur Zusammenarbeit auszurichten, speziell im Zusammenhang mit einer möglichen Koordinierung des Termins zur Einführung von [X.]n-Zusatzbeiträgen. Im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der [X.] arbeiten die [X.]n und ihre Verbände sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 [X.]). Die Auskunftsanordnung des [X.] zielt darauf ab, ein Verfahren vorzubereiten, in dem es im [X.] um das Recht und die Reichweite der Pflicht der Klägerin geht, mit anderen [X.]n bei der Einführung von Zusatzbeiträgen eng zusammenzuarbeiten. Das [X.] nimmt insoweit Hoheitsbefugnisse für sich in Anspruch, zu denen die Klägerin vorträgt, sie verletzten mangels Kompetenz ihr Selbstverwaltungsrecht. Nur in diesem Zusammenhang, wenn der Klägerin ein Recht darauf zusteht, dass kompetenzwidrige Aufsichtsmaßnahmen unterbleiben, ist zu prüfen, ob die Normen des [X.] Aufsichtsrechte über [X.]n bei Ausübung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungstätigkeit begründen. Das Verwaltungshandeln der Klägerin, das die Beklagte zum Anlass ihrer Anordnung genommen hat und rechtlich hinterfragt, ist Ausprägung dieser dem Sozialversicherungsrecht, dem [X.] entstammenden Rechtspflicht zur Kooperation. Verstöße gegen die Pflicht der [X.]n, eng zusammenzuarbeiten, unterliegen zwar der Rechtsaufsicht durch die zuständigen Aufsichtsbehörden. Die betroffenen [X.]n können sich aber hiergegen und erst recht gegen Maßnahmen [X.] Behörden vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Abs 1 [X.]) mit der eigens hierfür vorgesehenen Aufsichtsklage wehren (vgl § 29 Abs 2 [X.], § 54 Abs 3 [X.]). Nur deshalb, weil das hierzu berufene Gericht alle Normen des Aufsichtsrechts über [X.]n durchzuprüfen hat und sich die Beklagte auf das [X.] beruft, ist der Rechtsstreit entgegen der Ansicht der Beklagten kein solcher nach § 63 [X.]. Es bliebe die - wie dargelegt - allein maßgebliche Natur des Rechtsverhältnisses unbeachtet, aus dem der [X.] hergeleitet wird. Die Klägerin macht nämlich gerade geltend, dass ein von außen "in das Sozialrecht einbrechender" Rechtsakt vorliegt, der die dort bestehenden aufsichtsrechtlichen Strukturen und Befugnisse verkennt.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Zuständigkeit nach § 51 Abs 1 [X.] [X.] nicht durch die in § 63 [X.] geregelte Zuständigkeit verdrängt. Vielmehr ist § 51 Abs 1 [X.] [X.] gegenüber der [X.]-Regelung beim Streit über einen Anspruch aus dem Selbstverwaltungsrecht von Sozialversicherungsträgern auf Unterlassen kompetenzwidriger Aufsichtsmaßnahmen spezieller. Denn § 51 Abs 1 [X.] [X.] kommt die spezifische Aufgabe zu, Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Aufsicht über die Selbstverwaltungsträger, die im Selbstverwaltungsrecht dieser Träger wurzeln, der Sozialgerichtsbarkeit zuzuordnen. Diese Aufgabe hat [X.] gegenüber den allgemeinen, hinsichtlich der Ausgestaltung der Aufsicht über sozialversicherungsrechtliche Selbstverwaltungsträger unspezifischen Regelungen des [X.] ganz unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt anwendbar sind oder - mangels Unternehmenseigenschaft der [X.]n - gerade nicht (vgl dazu zB [X.] Urteil vom [X.] - B 1 A 1/09 R - Rd[X.]2 ff mwN, zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] 4-2500 § 53 [X.] 1 bestimmt).

Nur scheinbar steht dieser Auslegung der Wortlaut der [X.]-Norm entgegen. Denn es geht um die Konkurrenz zweier Regelungen - § 51 Abs 1 [X.] [X.] und § 63 [X.] -, die beide jeweils ausschließliche, aber divergierende Zuständigkeiten begründen. Solche Normkollisionen sind nach dem Grundsatz des ausdrücklich angeordneten spezielleren Rechtsweges zu entscheiden (vgl [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.] 50). Das ist beim Streit über einen Anspruch auf kompetenzgemäße Aufsicht sozialversicherungsrechtlicher Selbstverwaltungsträger der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

Für den [X.] des § 51 [X.] spricht letztlich - wenn auch nur ergänzend - auch, dass der Gesetzgeber selbst für das Leistungserbringungsrecht die Anwendbarkeit des [X.] über den gerichtlichen Rechtsschutz gezielt ausgeschlossen hat. Wenn der Gesetzgeber dies schon für das Leistungserbringungsrecht geregelt hat, gilt dieser Grundsatz erst recht für das Aufsichtsrecht. Der Gesetzgeber nahm für mit dem [X.]-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999 ([X.] 2626) ua in § 51 [X.] ab 1.1.2000 prozessrechtliche Klarstellungen vor: Er erweiterte § 51 Abs 2 [X.] um den Satz: "§§ 87 und 96 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen finden keine Anwendung". § 87 Abs 1 [X.] begründet die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung des [X.], der Art 81, 82 des Vertrages zur Gründung der [X.] oder des Art 53 oder 54 des Abkommens über den [X.] betreffen. Diese Vorschrift wurde durch das [X.]-Gesundheitsreformgesetz 2000 um den Zusatz ergänzt, dass dies nicht gilt für Rechtsstreitigkeiten aus den in § 69 [X.] genannten Rechtsbeziehungen, auch soweit Rechte Dritter betroffen sind. Die auf eine Anregung des [X.] zurückgehenden Ergänzungen bei § 51 Abs 2 [X.] und § 87 [X.] wurden zusammenfassend wie folgt begründet: Die Ergänzung stelle auch im [X.] klar, dass für die sich aus den in § 69 [X.] genannten Rechtsbeziehungen ergebenden Rechtsstreitigkeiten die Sozialgerichte bzw die Verwaltungsgerichte zuständig seien (vgl BT-Drucks 14/1977 [X.] zu Art 10a). Auch das [X.]ArbGGÄndG hat der Gesetzgeber nicht zum Anlass genommen, in Kenntnis der Problematik etwas an der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zu ändern. Er hat lediglich in § 51 Abs 2 Satz 2 [X.] die Bezugnahme auf § 96 [X.] beseitigt, da die Norm inzwischen weggefallen ist (vgl zum Ganzen [X.]-1500 § 51 [X.] Rd[X.] 61 ff).

Nach dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 [X.] ist die Beschwerde gegen Verfügungen der Kartellbehörde zulässig. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten 54 Abs 2 und 3 [X.]) zu. Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige [X.], in den Fällen der §§ 35 bis 42 [X.] ausschließlich das für den Sitz des [X.] zuständige [X.], und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des [X.]ministeriums für Wirtschaft und Technologie richtet (§ 63 Abs 4 Satz 1 [X.]).

Die Regelung betrifft aber lediglich den Regelfall, in dem am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligte nicht anderweitig geregelten, ausschließlichen und spezielleren gesetzlich konzipierten Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Wie dargelegt geht es um einen solchen Ausnahmefall gerade im vorliegenden Rechtsstreit. Soweit das Vorbringen der Beklagten die Anwendbarkeit des § 63 [X.] voraussetzt, ist es dementsprechend ohne Belang.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 [X.] iVm § 154 Abs 2 VwGO. § 17b Abs 2 Satz 1 [X.], wonach bei Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht, die Kosten vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird, findet bei Beschlüssen nach § 17a [X.] keine Anwendung, wenn der beschrittene Rechtsweg für zulässig erachtet wird (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 51 [X.] 15; [X.], 2541, 2542; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], VwGO, Stand November 2009, § 17a [X.] Rd[X.] 35 mwN).

Meta

B 1 SF 2/10 R

28.09.2010

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 14. Juni 2010, Az: L 11 KR 199/10 KL, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2010, Az. B 1 SF 2/10 R (REWIS RS 2010, 2950)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2950

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