Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2012, Az. VII ZB 48/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5616

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 48/10

vom

14. Juni 2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 727; [X.] § 152 Abs. 1, § 93 Abs. 1
[X.], das nach vorangegangener Zwangsverwaltung zwangsversteigert worden ist, ist nicht Rechtsnachfolger des früheren Zwangs-verwalters. Hat der Verwalter gegen einen Mieter einen Titel auf Räumung und Herausgabe des der Beschlagnahme unterliegenden Mietobjekts erstritten, kann der Ersteher die Erteilung einer auf ihn lautenden vollstreckbaren Ausfertigung dieses Titels gemäß §
727 ZPO jedenfalls nach der Beendigung der Zwangsver-waltung nicht verlangen.
[X.], Beschluss vom 14. Juni 2012 -
VII ZB 48/10 -
LG Berlin

AG Charlottenburg

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.]s hat am 14.
Juni
2012 durch den Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
[X.], die [X.]in [X.], den [X.] [X.], den [X.] [X.] und den [X.] Prof. Leupertz
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers
gegen den Beschluss der Zivilkammer 65 des [X.] vom 15.
Juni
2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] werden dem An-tragsteller
auferlegt.

Gründe:
I.
Der Beteiligte,
Rechtsanwalt R.,
wurde durch Beschluss vom 21.
Dezember
2004 zum Zwangsverwalter über Wohnungseigentumseinheiten der [X.] bestellt. In dieser Eigenschaft erwirkte er gegen den
Antragsgegner als Mieter einiger Räume im Dachgeschoss
einen seit 2006
rechtskräftigen Titel, mit dem der
Antragsgegner unter anderem dazu verurteilt wurde, die Räume
zu räumen und an den damaligen Kläger [X.]. Im Zwangsversteigerungsverfahren wurde dem Antragsteller durch Beschluss vom 28.
Januar
2009 das Eigentum an der
Wohnungseigen-tumseinheit
zugeschlagen. Die Zwangsverwaltung wurde durch Beschluss vom 20.
Mai
2009 aufgehoben. Daraufhin hat der Antragsteller die Umschreibung des Räumungstitels auf ihn als Rechtsnachfolger des [X.] ge-1
-
3
-
mäß §
727 ZPO beantragt. Das Amtsgericht
hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der [X.] sein auf Umschreibung des Räumungstitels gerichtetes Anliegen weiter.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2, §
575 ZPO statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Erteilung der [X.] gemäß §
727 ZPO abgelehnt, weil der Ersteher des der Zwangsverwaltung [X.] Grundeigentums nicht Rechtsnachfolger des [X.] sei. Deshalb könne und müsse er
die Räumung und Herausgabe des von ihm ersteigerten Grundeigentums durch den gekündigten Mieter selbst dann im ver-einfachten Klauselerteilungsverfahren
nach §
93 Abs.
1 [X.] betreiben, wenn der Zwangsverwalter -
wie hier
-
bereits einen Räumungstitel gegen den Mieter erstritten habe.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach §
727 Abs.
1 ZPO
liegen nicht vor. Der Antragsteller ist nicht Rechtsnachfolger des [X.] im Sinne dieser Vorschrift.
a) Rechtsnachfolger des Gläubigers im Sinne des §
727 ZPO ist derjeni-ge, der an Stelle des im Titel genannten Gläubigers den nach dem Titel zu voll-streckenden Anspruch selbst oder jedenfalls die Berechtigung erworben hat, den Anspruch geltend zu machen
([X.], Beschluss vom 29.
Juni
2011 2
3
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6
-
4
-

VII
ZB
89/10, [X.]Z 190, 172 Rn.
16 m.w.[X.]). Beides trifft für den [X.] hinsichtlich des
für den Zwangsverwalter R. titulierten Räumungs-
und [X.] nicht zu.
aa)
Gemäß §
152 Abs.
1 [X.] hat der Verwalter das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das der Be-schlagnahme unterliegende Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestande
zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Er tritt gemäß §
152 Abs.
2 [X.] in bereits bestehende, das beschlagnahmte Objekt betreffende Mietverhältnisse ein und ist berechtigt, alle Rechte des Eigentümers aus diesen [X.] selbständig geltend zu machen, wozu auch die Kündigung ([X.], Urteil vom 9.
März
2005 -
VIII
ZR
330/03, NJW-RR 2005, 1029, 1030 m.w.[X.])
und der sich hieraus gemäß §
546 BGB ergebende Anspruch auf Rückgabe der [X.] gehören. Die dem Verwalter nach §
152 Abs.
1 [X.] obliegende ordnungs-gemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks schließt die Befugnis ein, auch solche Ansprüche zu verfolgen, die sich aus einer rechtsgrundlosen Be-nutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Sache sowie der Verletzung von Besitzrechten ergeben. Denn die Durchsetzung dieser Rechte dient dazu, eine Schmälerung der nach §
155 [X.] zu verteilenden Nutzungen abzuwen-den ([X.], Urteil vom 29.
Juni
2006 -
IX
ZR
119/04, NJW-RR 2007, 265; Urteil vom
23.
Juli
2003 -
XII
ZR
16/00, NJW-RR 2003, 1308; Urteil vom 14.
Mai
1992

IX
ZR 241/91, [X.], 2487). Dementsprechend ist der Verwalter nach der Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen einer zweckentsprechenden Verwaltung dazu berufen, die Rechte des Eigentümers auf Räumung und Her-ausgabe des Mietobjekts wahrzunehmen, zu deren -
auch gerichtlichen
-
Durchsetzung er befugt ist ([X.], [X.], 19.
Aufl., §
152 Rn.
5.4).
Darin zeigt sich, dass der Zwangsverwalter seine Befugnisse aus der Rechtsposition des Eigentümers ableitet, dessen Rechte und Pflichten er in den 7
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5
-
Grenzen wahrnehmen kann und muss, die ihm durch die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Verwaltung des beschlagnahmten Grundeigentums gesetzt sind
(vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar 1954 -
VI
ZR 257/52, [X.], Nr.
2 zu §
265
ZPO). Er
handelt von Amts wegen im eigenen
Namen und aus eigenem Recht, ohne selbst Eigentümer zu werden oder Eigentumsrechte zu erwerben ([X.], [X.], 19.
Aufl., §
152 Rn.
3.2). Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung erlö-schen die Wirkungen der Beschlagnahme und die hieran geknüpften [X.] des Verwalters
([X.], Urteil vom 27.
Januar
1954 -
VI
ZR
257/52, aaO).
bb)
Der [X.] hat bereits entschieden, dass der Ersteher eines Grundstücks, das nach vorangegangener Zwangsverwaltung zwangsver-steigert worden ist, nicht Rechtsnachfolger des [X.] ist und des-halb nach Beendigung der Zwangsverwaltung nicht als Partei in einem vom Zwangsverwalter gegen einen Grundstücksmieter geführten Rechtsstreit über die Bezahlung von Mietzinsforderungen eintreten kann ([X.], Urteil vom 27.
Januar
1954 -
VI
ZR
257/52, aaO; bestätigt in [X.], Urteil vom 7.
April
1978 -
V
ZR
154/75, [X.]Z 71, 216, 219). Die hierzu entwickelten Grundsätze, die der [X.] entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch auf solche Mietzinsforderungen angewendet hat, die bereits während der Dauer der Zwangsverwaltung fällig geworden waren,
gelten in gleicher Weise für die Beantwortung der Frage, ob der Ersteher des zwangsversteigerten [X.] Rechtsnachfolger des [X.] im Sinne des §
727 ZPO ist und die Umschreibung eines von diesem gegen Mieter des Versteigerungsobjekts erwirkten Räumungstitels verlangen kann.
(1)
Mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erwirbt der Er-steher gemäß §
90 Abs.
1 [X.] originär
und nicht vom Schuldner abgeleitet
Eigentum am [X.]. Er ist nicht Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers, weil durch den konstitutiv wirkenden Hoheitsakt 9
10
-
6
-
des Zuschlags Eigentum nicht übertragen, sondern in der Person des [X.] neu begründet
wird ([X.], Urteil vom 19.
Oktober
1959 -
VII
ZR 68/58, [X.], 25, 26; Urteil vom 15.
Mai
1986 -
IX
ZR
2/85, NJW-RR 1986, 1115; Urteil vom 29.
Juni
2004 -
IX
ZR 258/02, [X.]Z
159, 397). Dann aber kann es erst Recht keinem Zweifel unterliegen, dass der Ersteher hinsichtlich der sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte auch nicht Rechtsnachfolger des Zwangs-verwalters ist, der selbst keine Eigentumsrechte innehat und lediglich dazu be-rufen ist, diejenigen des Schuldners von Amts wegen wahrzunehmen. Für die von der Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf [X.], [X.], 19.
Aufl., §
90 Rn.
2.1 und §
161 Rn.
6.10, befürwortete Anwendung des § 727 ZPO ist des-halb kein Raum.
(2)
Aus dem Umstand, dass der titulierte Herausgabeanspruch materiell-rechtlich aus §
546 BGB und damit aus dem durch Kündigung beendeten Miet-verhältnis zwischen dem Antragsgegner und dem
vormaligen Eigentümer [X.] werden kann, ergibt sich nichts anderes.
Der Antragsteller ist auch in-soweit nicht Rechtsnachfolger des [X.], der den vertraglichen Rückgabeanspruch des vormaligen Eigentümers und Vermieters im eigenen Namen gerichtlich hat titulieren lassen.
Allerdings schreibt §
57 [X.] durch Bezugnahme auf die Vorschrift des §
566 BGB vor, dass der Ersteher in bestehende Mietverhältnisse eintritt, so-weit das der Beschlagnahme unterliegende Grundstück dem Mieter überlassen ist. Die ihm hierdurch zufallenden Rechte umfassen den vertraglichen Rück-gabeanspruch des Vermieters auch dann, wenn das Mietverhältnis -
wie hier
-
bereits vor der Erteilung des Zuschlags wirksam gekündigt worden war ([X.], Urteil vom 28.
Juni
1978 -
VIII
ZR
139/77, NJW 1978, 2148 -
zu §
557 Abs.
1 [X.]).
11
12
-
7
-
Daraus folgt indes nicht,
dass der Ersteher durch
Rechtsnachfolge in die Rechtsposition eintritt, die der Zwangsverwalter in Ausübung seines Amtes durch Geltendmachung des Anspruchs aus §
546 BGB gegenüber den Mietern gerichtlich erstritten hat. Das Gegenteil ist der Fall. Denn ebenso wie der [X.] nach Beendigung der Zwangsverwaltung keinen Rechtsstreit mehr über die künftigen Mieteinkünfte führen darf
([X.], Urteil vom 27.
Januar
1954

VI
ZR
257/52, aaO), ist er ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr befugt, die Herausgabe des
nicht mehr von der Beschlagnahme umfassten Mietobjekts zu betreiben. Dann aber hält er auch keine Rechtsposition mehr inne, in die der Ersteher durch den Erwerb des Eigentums eingerückt sein könnte
(i.E. ebenso: [X.], Beschluss vom 6.
September
2010 -
4
W
137/10, bei juris).
In Erwägung dessen
braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Er-steher überhaupt an die Stelle des im Titel als Gläubiger ausgewiesenen [X.]s treten kann, indem er den nach dem Titel zu vollstreckenden Anspruch selbst oder jedenfalls die Berechtigung erwirbt, den Anspruch geltend zu ma-chen. Daran ist schon deshalb zu zweifeln, weil der Verwalter keine eigenen Rechte ausübt, sondern lediglich dazu berufen ist, diejenigen des Eigentümers wahrzunehmen, wobei er, wie sich aus §
155 [X.] ergibt, neben den Interessen des Eigentümers auch diejenigen der Realgläubiger zu berücksichtigen hat. Vor diesem Hintergrund könnten, ohne dass der Senat hierzu endgültig Stellung nehmen muss, auch unabhängig von den mit der Beendigung der Zwangsver-waltung einhergehenden Folgen
Bedenken bestehen, den Ersteher des [X.] im Wege der Rechtsnachfolge in die
Rechtsposition eines mit derlei Aufgaben betrauten [X.] einrücken zu lassen.
b)
Ein
praktisches Bedürfnis, dem Antragsteller gemäß §
727 ZPO eine Umschreibung des auf den Verwalter lautenden Räumungstitels zu ermögli-chen, besteht nicht. Ihm ist durch §
93 Abs.
1 Satz
1 [X.] die Möglichkeit eröff-13
14
15
-
8
-
net, die Räumung und Herausgabe der
vom Antragsgegner
innegehaltenen Räume
im Wege der Zwangsvollstreckung zu betreiben. Die Besorgnis, gemäß §
93 Abs.
1 Satz
2, §
57 [X.] an der Räumungsvollstreckung aus dem [X.] gehindert zu sein, besteht nicht, weil in Ansehung der [X.] der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Gerichtsverfahren davon auszugehen ist, dass dem Antragsgegner
nach wirksamer Kündigung der Miet-verträge kein Recht zum Besitz an den herauszugebenden Räumen
mehr zu-steht. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass es im Verfahren gemäß §
93 Abs.
1 Satz
2 [X.] nach der Rechtsprechung des [X.]s nicht ausreicht, dass der Mieter sich auf ein Recht zum Besitz beruft. Vielmehr müs-sen -
von ihm im Einzelnen darzulegende
-
Anhaltspunkte gegeben sein, die sein Besitzrecht zumindest nahe legen ([X.], Beschluss vom 14.
Februar
2008

V
ZB
108/07, [X.] 2008, 170; Beschluss vom 27.
Februar
2004

IXa
ZB
269/03, Rpfleger 2004, 368). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der
Antragsgegner solche Anhaltspunkte wird
darlegen können.

-
9
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]
[X.]
Eick

[X.]
Leupertz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.11.2009 -
213 [X.] -

LG Berlin, Entscheidung vom 15.06.2010 -
65 T 183/09 -

16

Meta

VII ZB 48/10

14.06.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2012, Az. VII ZB 48/10 (REWIS RS 2012, 5616)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5616

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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