13. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 878
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T a t b e s t a n d :
Der Kläger macht nach Eintritt des Nacherbfalls als alleiniger (Ersatz-) Nacherbe im Wege einer Teilklage Ansprüche gegen die Beklagte als Erbin des zum Vorerben bestimmten Adoptivsohnes des Erblassers wegen Herausgabe bzw. Ersatz für vom Vorerben gezogene Nutzungen, hilfsweise Ersatz für von der Beklagten versteigerte Nachlassgegenstände geltend.
Der am 18.04.1985 verstorbene Erblasser, F., war unter anderem Eigentümer des Hausgrundstücks K. in D. sowie des Hausgrundstücks B. in U.. Letzteres bewohnte der Erblasser zusammen mit seinem Adoptivsohn, I., und dieser nach dem Tode des Erblassers bis zu seinem Tode am 01.03.1997.
In einem handschriftlichen Testament vom 30. September 1983 bestimmte der Erblasser unter anderem folgendes: "Ich ... ordne Vorerbschaft und Nacherbschaft an. Alleiniger Vorerbe ist mein Sohn J.. Der Vorerbe soll von allen Beschränkungen und Verpflichtungen befreit sein, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Er soll jedoch das Hausgrundstück in D. K. nicht verkaufen und nur mit Zustimmung des Testamentsvollstreckers belasten dürfen. Dem Vorerben soll aber eine Nutznießung von monatlich 5.000, - DM (Fünftausend) nach dem heutigen Wert zustehen. Nacherben sollen sein, eventuelle Kinder meines Sohnes oder falls nicht vorhanden je 1/3 der T., D., und 2/3 ein Förderungsverein für junge Künstler, dem mein Sohn vorstehen soll."
Der Erblasser bestimmte sodann einen Freund und ersatzweise eine Nachbarin, die Zeugin M., zu Testamentsvollstreckern und ordnete verschiedene Auflagen an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Testaments (Bl. 64 f. d. A.) Bezug genommen. Im letzten Absatz des Testaments heißt es: "Ich möchte nochmals betonen, dass die Häuser in U.-M., B. und D. F. Pl. direkt in alleinigen Besitz meines Sohnes übergehen, sowie alle übrigen Mobilien und Werte - die ihm ja fast alle schon übereignet wurden."
Das Hausgrundstück K. in D. hatte der Erblasser bereits vor seinem Tod, am 12.03.1985, an seinen Adoptivsohn aufgelassen; dessen Eintragung als Eigentümer erfolgte am 29.07.1985. Eine weitere Umschreibung des Eigentumserwerbs des Adoptivsohnes aufgrund der Erbfolge erfolgte sodann am 13.11.1985 (Grundbuchauszug Bl. 50 ff. d. A. 10 O 506/97 LG Aachen). Seit dem 24.10.1997 ist der Kläger als Eigentümer aufgrund Erbfolge eingetragen.
Der Adoptivsohn des Erblassers ist kinderlos verstorben, ein Förderungsverein für junge Künstler existiert nicht.
Die Beklagte ist die Schwester des Adoptivsohnes und dessen alleinige Erbin aufgrund eines handschriftlichen Testaments des Adoptivsohnes vom 24.06.1985. Sie hat den gesamten Nachlass in Besitz genommen und den größten Teil der Einrichtungsgegenstände des Hauses B. in U. veräußern bzw. versteigern lassen.
Noch während der Auflösung des Nachlasses durch die Beklagte hatte der Kläger in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (10 O 506/97 LG Aachen = 13 U 15/99 OLG Köln) durch Urteil des Landgerichts Aachen vom 16.12.1997 (Bl. 110 d. BA) eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt erwirkt, dass der Beklagten untersagt wurde, über die Immobilien und Werte im Nachlass des verstorbenen Adoptivsohnes zu verfügen, soweit diese aus dem Nachlass des Erblassers stammten. Durch weiteres Urteil des Landgerichts Aachen vom 22.12.1998 (Bl. 203 d. BA) wurde die einstweilige Verfügung im Hinblick auf die Klageerhebung durch den Kläger im vorliegenden Verfahren teilweise aufgehoben, da der Kläger der ihm zwischenzeitlich auf Antrag der Beklagten erteilten Auflage, Klage in der Hauptsache zu erheben, nur zum Teil nachgekommen war. Eine gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat der Kläger zurückgenommen.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger zunächst im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zur Auskunft über die im Nachlass des am 01.03.1997 verstorbenen Adoptivsohnes vorgefundenen Gegenstände zu verurteilen sowie desweiteren zur Auskunft über die zwischenzeitlich durch Versteigerung veräußerten Möbel und Einrichtungsgegenstände bzw. den daraus erzielten Erlös. Nach mehrfacher Änderung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs - wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 3 - 8 des angegriffenen Urteils Bezug genommen (Bl. 179 - 184 d. A.) - und im Hinblick auf eine zwischenzeitlich von der Beklagten erteilte Auskunft haben die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz in Ansehung des Auskunftsanspruches und des Antrages, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern, übereinstimmend für erledigt erklärt und hat der Kläger lediglich noch einen Zahlungsanspruch geltend gemacht, den er mit der Berufung weiterverfolgt.
Der Kläger berühmt sich eines Zahlungsanspruches in Höhe von 672.868,25 DM wegen vom Adoptivsohn des Erblassers angeblich zu Unrecht vereinnahmter Mieten aus dem Hausgrundstück K. in D. sowie einer weiteren Forderung in Höhe von 138.327,39 DM wegen unrechtmäßiger Veräußerung der im Hause B. in U. befindlichen Einrichtungsgegenstände, die nicht zum Nachlass des Adoptivsohnes, sondern zum Nachlass des Erblassers gehört hätten. Von den vorgenannten Forderungen macht er eine Teilforderung in Höhe von 280.000,00 DM geltend, die er in erster Linie auf die Forderung wegen der zu Unrecht vereinnahmten Mieten und hilfsweise auf den Anspruch wegen der Veräußerung der Gegenstände stützt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der als Vorerbe eingesetzte Adoptivsohn des Erblassers habe nach dem Inhalt des Testamentes nur über einen Teilbetrag der Mieten des Hauses K. in D., und zwar über monatlich 5.000,00 DM verfügen dürfen, wobei dieser Betrag allerdings zu indexieren und an die allgemeine Wertentwicklung anzupassen sei. Der Wert der Mieteinnahmen betrage für die Jahre 1985 bis einschließlich 1995 insgesamt 1.903.990,00 DM. Unter Berücksichtigung von Werbungskosten errechneten sich die Mieteinnahmen mit 1.416.931,00 DM netto. Von diesem Betrag habe dem Adoptivsohn des Erblassers für die Zeit von 1986 bis 1997 lediglich ein Betrag in Höhe von 744.062,48 DM zugestanden, sodass dieser zu Unrecht weitere 672.868,52 DM eingezogen habe. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Seiten 3 - 8 des Schriftsatzes vom 07.03.2000 (Bl. 139 ff. d. A.) Bezug genommen.
In Ansehung der Einrichtungsgegenstände hat der Kläger behauptet, bei den veräußerten Gegenständen habe es sich um solche gehandelt, die aus dem Nachlass des Erblassers gestammt hätten und auch beim Tod des Adoptivsohnes am 01.03.1997 noch vorhanden gewesen seien. Aus der Versteigerung habe die Beklagte einen Nettoerlös in Höhe von 138.327,39 DM erzielt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 280.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.08.1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat hinsichtlich der Mieteinnahmen des Hauses K. in D. die Ansicht vertreten, die Einnahmen hätten insgesamt ihrem Bruder, dem Adoptivsohn des Erblassers, als Vorerben zugestanden; die Nutzziehung sei durch das Testament nicht beschränkt worden.
In Ansehung der Einrichtungsgegenstände hat sie behauptet, alle Nachlassgegenstände seien bereits zu Lebzeiten des Erblassers an den Adoptivsohn übereignet worden. Sofern dies nicht der Fall gewesen sei, so ihre Ansicht, seien die Gegenstände mit Ausnahme des Hausgründstücks K. in D. jedenfalls aufgrund der Anordnung im letzten Absatz des Testaments auf den Adoptivsohn übergegangen. Die Beklagte hat diesbezüglich zudem die Auffassung vertreten, Vor- und Nacherbschaft seien lediglich hinsichtlich des Grundstücks K. in D. angeordnet worden. Schließlich hat die Beklagte behauptet, ihr Bruder habe nach dem Tode des Erblassers aus eigenen Mitteln einige wertvolle Einrichtungsgegenstände angeschafft, die sich im Hause B. in U. befunden hätten und Teil der von ihr veräußerten bzw. versteigerten Gegenstände seien. In Ansehung dieser Gegenstände stehe jedenfalls ihr der Erlös zu.
Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 30.05.2000, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 177 ff. d. A.), einen Anspruch auf Herausgabe des vereinnahmten Mietzinses nach § 2130 BGB mit der Begründung abgewiesen, es sei kein rechtlicher Gesichtspunkt ersichtlich, dass die monatlich 5.000,00 DM (indexiert) übersteigenden Nettomietzinseinnahmen des Hauses K. in D. dem Kläger als Nacherben hätten zustehen sollen. Das Recht zur Fruchtziehung stehe grundsätzlich dem Vorerben zu; dieses Recht habe der Erblasser im Testament auch nicht beschränken wollen. Vielmehr ergebe sich aus den Anordnungen des Erblassers, der Reihenfolge und dem Wortlaut, dass es sich bei der angeordneten Nutznießung von monatlich 5.000,00 DM um eine inhaltliche Beschränkung der vorhergehenden Anordnung habe handeln sollen. Der Erblasser habe lediglich sicherstellen wollen, dass die Substanz des Hausgrundstücks K. in D. ungeschmälert dem Nacherben zufalle.
Den hilfsweise geltend gemachten Anspruch hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, welche der versteigerten Gegenstände zum Nachlass des Erblassers gehört hätten bzw. mit Mitteln der Erbschaft erworben worden seien. Die Beklagte habe im einzelnen dargelegt, welche Gegenstände der Vorerbe mit eigenen Mitteln angeschafft habe. Dem sei der Kläger lediglich pauschal entgegengetreten. Schließlich spreche auch der letzte Satz des Testaments dafür, dass die Einrichtungsgegenstände zumindest überwiegend nicht in den Nachlass gefallen seien, da sie bereits zu Lebzeiten übereignet worden seien.
Mit der am 06.07.2000 eingegangenen und rechtzeitig begründeten Berufung gegen das ihm am 06.06.2000 zugestellte Urteil verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt und vertieft seine Ansicht, dem Adoptivsohn des Erblassers habe als Vorerbe nach dem Inhalt des Testaments vom 30.09.1983 aus den Mieteinnahmen des Hausgrundstücks K. in D. lediglich ein indexierter monatlicher Betrag von 5.000,00 DM zugestanden; die darüber hinaus gehenden Erträge seien den Nacherben und damit ihm, dem Kläger, vom Erblasser zugewandt worden. Die Beklagte sei daher als Erbin des Vorerben zur Erstattung verpflichtet, soweit dieser die über die ihm monatlich jeweils zustehenden Beträge hinausgehenden Erträgnisse verbraucht habe. Der Kläger ist der Ansicht, bereits aus der Tatsache, dass der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet habe, ergebe sich, dass er den Vorerben in der Verwaltung des Nachlassvermögens habe beschränken wollen.
In Ansehung des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs meint der Kläger, das Landgericht habe seinen Vortrag, dass die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls in der Wohnung befindlichen Gegenstände zum Nachlass gehörten, d. h. bereits zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorhanden gewesen seien, zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 280.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.08.1998 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und ihr zu gestatten, Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, es sei Vor- und Nacherbschaft lediglich im Hinblick auf das Hausgrundstück K. in D. angeordnet worden. Dies habe den Zweck gehabt, den Vorerben auf Dauer abzusichern und gegenüber einem eigenen unkontrollierten Ausgabeverhalten zu schützen. Das Haus habe als ständige Einnahmequelle für den Adoptivsohn erhalten bleiben sollen; daher sei ein Verkauf ausgeschlossen und eine Belastung an die Zustimmung des Testamentsvollstreckers geknüpft worden. In der Anordnung der Zahlung von monatlich 5.000,00 DM sei keine Beschränkung des Nutznießungsrechts zu sehen, der darüber hinausgehende Betrag sei insbesondere nicht als Vermächtnis dem Kläger zugewandt worden. Der Testamentsvollstrecker habe lediglich darüber wachen sollen, dass durch die Anordnungen auch tatsächlich die Versorgung des Vorerben sichergestellt sei; für eine dauernde Verwaltungsvollstreckung ergäben sich keine Anhaltspunkte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst der eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Akten 10 O 506/97 LG Aachen = 13 U 15/99 OLG Köln waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen führt, wie der Senat bereits im Rahmen der eingehenden Erörterung in der mündlichen Verhandlung im einzelnen dargelegt hat, zu keiner anderen Beurteilung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Herausgabe gemäß [ref=2ed0f545-d5db-4198-8fdf-eb8a093f8923]§§ 2130 Abs. 1, 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB[/ref] oder Wertersatz nach [ref=dbd15388-f6df-49e9-ac5d-13fd3b0802ff]§§ 2134, 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB[/ref] wegen der über den Betrag von - indexiert - 5.000,00 DM monatlich hinausgehenden Vereinnahmung von Mietzins zu, da der Adoptivsohn des Erblassers als Vorerbe zur Fruchtziehung insgesamt berechtigt war und das Testament insoweit keine Beschränkung enthält. Auch besteht kein Anspruch auf Auskehrung des Versteigerungserlöses in Ansehung der Einrichtungsgegenstände bzw. auf Wertersatz nach §§ 812, 816, 990, 823 BGB, da durch die rechtsgeschäftliche Übereignung des Hausgrundstückes B. in U. gem. § 926 Abs. 1 BGB auch die Einrichtungsgegenstände in das Eigentum des Adoptivsohnes übergegangen sind und damit keine Nachlassgegenstände in Bezug auf die Nacherbschaft waren. Im übrigen hat der Kläger nach wie vor nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, welche der versteigerten Gegenstände bereits beim Tode des Erblassers vorhanden gewesen sein sollen.
1.
Dem Kläger stehen etwaige Ansprüche auf Herausgabe oder Wertersatz des von dem Adoptivsohn des Erblassers vereinnahmten Mietzinses aus der Vermietung des Hauses K. in D. nicht zu. Das Testament vom 30. September 1983 enthält keine diesbezügliche Einschränkung der Stellung des als Vorerben eingesetzten Adoptivsohnes zu Gunsten des Klägers als Nacherben. Vielmehr ergibt sich aus dem Testament und den sonstigen Umständen, dass der Adoptivsohn vom Erblasser möglichst umfassend bedacht und abgesichert werden sollte und dass ihm, soweit mit der Stellung als Vorerbe vereinbar, sämtliche Vermögensgegenstände zugewendet werden sollten. Demgegenüber bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass außer der Substanz des Hausgrundstückes K. in D. den Nacherben bzw. Ersatznacherben weitere Vermögenswerte zukommen sollten.
Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlautes des Testamentes war der Adoptivsohn des Erblassers nicht Vollerbe und die als Nacherben Bezeichneten nicht lediglich Ersatzerben, sondern der Erblasser hat Vor- und Nacherbschaft gemäß §§ 2100 ff. BGB angeordnet. Zwar könnte der letzte Absatz des Testaments auf eine in Wahrheit gewollte Vollerbenstellung hindeuten, jedoch zeigt nicht nur die Bezeichnung des Adoptivsohns als "Vorerbe", sondern zeigen auch die weiteren Anordnungen, nämlich die Befreiung von allen Beschränkungen und Verpflichtungen sowie die sodann vorgenommene Einschränkung dieser Befreiung, dass sich der Erblasser der Möglichkeit und auch des Inhalts der Erbeinsetzung in Form von Vor- und Nacherbschaft bewusst war. Die Einsetzung als Vorerbe bezog sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht nur auf das Hausgrundstück K. in D.. Zum einen ist die Erbeinsetzung durch den Erblasser im Testament allgemein gefasst und vor den Anordnungen betreffend das Grundstück K. in D. getroffen worden. Zum anderen findet nach den §§ 1922 ff. BGB grundsätzlich keine gespaltene Erbfolge statt, dass heißt, es ist hinsichtlich des Nachlasses insgesamt zu beurteilen, wer in welchem Umfang Erbe oder Vor- bzw. Nacherbe oder lediglich Vermächtnisnehmer wird.
Dem als Vorerben eingesetzten Adoptivsohn standen nach dem Tode des Erblassers alle Mieteinnahmen aus der Vermietung des Hauses K. in D. zu. Grundsätzlich gebühren die Nutzungen der Nachlassgegenstände, also auch der erzielte Mietzins, dem Vorerben (vgl. nur Palandt/Edenhofer, BGB, 60. Aufl. 2001, § 2100 Rn. 8, § 2111 Rn. 10 und § 2209 Rn. 5). Dieses dem Vorerben zustehende Fruchtziehungsrecht kann zwar der Erblasser im Wege eines Vermächtnisses - ganz oder teilweise - einem anderen einräumen oder etwa bestimmen, dass die in der Zeit der Vorerbschaft anfallenden Nutzungen beim Nacherbfall an den Nacherben herauszugeben sind (vgl. Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 2136 Rn. 1). Für einen derartigen Willen des Erblassers fehlt es vorliegend jedoch an jedweden Anhaltspunkten. Vielmehr ergibt sich aus dem Testament insgesamt, insbesondere auch aus dessen letztem Absatz, dass dem als Vorerben eingesetzten Adoptivsohn der gesamte Nachlass zufallen sollte. Für einen Willen des Erblassers für Zuwendungen an die sonstigen im Testament genannten Dritten und auch für weitergehendere Zuwendungen zugunsten der eingesetzten Nacherben, als dies nach den gesetzlichen Bestimmungen der Fall ist, läßt sich dem Testament nichts entnehmen. Der Erblasser hat in seinem Testament, was die weitgehende Berücksichtigung des Adoptivsohnes unterstreicht, angeordnet, dass der Vorerbe von allen Beschränkungen und Verpflichtungen befreit sein sollte, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Er hat damit eine sogenannte befreite Vorerbschaft im Sinne der §§ 2136, 2137 Abs. 2 BGB angeordnet, so dass der Vorerbe unter anderem auch von den Beschränkungen der §§ 2130 (Herausgabe der Vorerbschaft im Zustand nach ordnungsgemäßer Verwaltung), 2133 (Übermäßige Fruchtziehung) und 2134 BGB (eigennützige Verwendung) befreit war. Dieser Anordnung einer möglichst umfassenden Befreiung folgt nach dem Wortlaut des Testaments, wie dieses zutreffend auch das Landgericht in dem angegriffenen Urteil ausgeführt hat, hervorgehoben durch das Wort "jedoch", die Einschränkung, dass der Vorerbe das Hausgründstück K. in D. nicht verkaufen und nur mit Zustimmung des Testamentsvollstreckers belasten dürfen soll. Aus dem systematischen Zusammenhang und dem Wortlaut, insbesondere dem Wort "aber" im nachfolgenden Satz, wonach dem Vorerben eine Nutznießung von monatlich 5.000,00 DM nach dem heutigen Wert zustehen soll, ergibt sich, dass die in diesem Satz getroffene Regelung lediglich wiederum als Einschränkung der im vorangegangenen Satz verfügten Beschränkung des Vorerben gedacht war, nicht aber, dass die grundsätzlich dem Vorerben zustehende Nutznießung der gesamten Mieteinnahmen eingeschränkt werden sollte und diese, soweit sie 5.000,00 DM monatlich überstiegen, dem Nacherben zustehen sollten. Plausibel nach der insgesamt in dem Testament zum Ausdruck kommenden Intention des Erblassers ist allein die Auslegung, dass der Erblasser sicher stellen wollte, dass dem Vorerben jedenfalls monatlich 5.000,00 DM aus der Nutzung des Grundstücks zufließen sollten. Für den Fall, dass - aus welchen Gründen auch immer, zum Beispiel wegen Leerstandes des Ladenlokals, das die Haupteinnahmequelle bildete - Mietzins nicht in dieser Höhe würde erzielt werden können, hätte das Grundstück belastet werden müssen. Dabei kann dahinstehen, ob nach dem Willen des Erblassers in einem solchen Fall der Vorerbe auch ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers das Grundstück hätte belasten dürfen oder der Testamentsvollstrecker zu einer Zustimmung in der erforderlichen Höhe verpflichtet gewesen wäre. Zum Ausdruck kommt in dieser Anordnung des Erblassers jedenfalls der Wille, die Versorgung seines Adoptivsohnes sicher zustellen; dagegen läßt sich der Anordnung nicht entnehmen, dass das nach dem Gesetz bestehende Fruchtziehungsrecht eingeschränkt werden sollte. Es wäre zudem auch widersprüchlich, wenn der Erblasser einerseits den Vorerben von allen Beschränkungen und Verpflichtungen soweit zulässig befreit hätte, um sodann, zwei Sätze im Testament weiter, das auch dem nicht befreiten Vorerben zustehende, die gesetzliche Interessenabwägung zwischen Vor- und Nacherbe gerade kennzeichnende Recht des Vorerben auf die Nutzungen des Nachlasses - während dem Nacherben nach der gesetzlichen Wertung grundsätzlich lediglich die Substanz des Nachlasses erhalten bleiben soll - derart umfangreich einzuschränken.
Gegen einen Willen des Erblassers, das Nutzziehungsrecht des Vorerben einzuschränken, spricht desweiteren zum einen das unstreitig enge und positive persönliche Verhältnis des Erblassers zum Vorerben. Nicht ersichtlich ist, warum er dessen Nutzziehungsrecht zu Gunsten teilweise noch gar nicht im einzelnen feststehender Nacherben derart hätte beschränken wollen. Zum anderen ist ein Indiz für den Willen der umfassenden Zuwendung der Nutzungen an den Vorerben auch die Tatsache, dass die vom Erblasser eingesetzten und mit ihm persönlich verbundenen Testamentsvollstrecker die Vereinnahmung des gesamten Mietzinses durch den Vorerben geduldet und nicht den 5.000,00 DM monatlich übersteigenden Betrag für die Verwaltung des Nachlasses und als Kapitalanlage zu Gunsten der Nacherben reklamiert haben. Zutreffend weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Ansehung der Person des Vorerben grundsätzlich noch eine lange Lebensdauer zu erwarten war und nicht ersichtlich ist, dass es dem Willen des Erblassers entsprochen haben könnte, über viele Jahre hinweg überschüssige Mieteinnahmen in beträchtlicher Höhe "anzusammeln" und zu verwalten, um diese den teilweise noch nicht bekannten Nacherben vererben zu können. Diese waren vielmehr mit Zuwendung der Substanz der vererbten Gegenstände, hier insbesondere des Hausgrundstücks K. in D., hinreichend bedacht.
Der Wille des Erblassers, den Vorerben möglichst umfassend zu bedenken, ergibt sich schließlich aus dem letzten Absatz des Testaments. Zwar klammert dieser das Hausgrundstück K. in D. aus und bezieht sich lediglich auf den Nachlass im übrigen. Der Erblasser bringt hierin jedoch zum Ausdruck, dass sein (Adoptiv-) Sohn umfassend ("alle übrigen Mobilien und Werte") bedacht werden sollte; Anhaltspunkte für etwaige Einschränkungen sind nicht erkennbar.
Auch die Tatsache der Anordnung der Testamentsvollstreckung spricht nicht dafür, eine Beschränkung des Vorerben in Ansehung des Nutznießungsrechts anzunehmen. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob der Erblasser wirklich eine umfassende, dauernde Verwaltungsvollstreckung im Sinne von § 2209 BGB anordnen wollte, und ob die Testamentsvollstreckung umfassend oder nur beschränkt auf einzelne Nachlassgegenstände (vgl. § 2208 Abs. 1 Satz 2 BGB), nämlich vorliegend in Ansehung des Grundstücks K. in D. und für die Sicherstellung der Erfüllung der Auflagen, angeordnet worden ist. Denn durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung wird nicht zwangsläufig das dem Vorerben zustehende Nutzziehungsrecht eingeschränkt. Ihm stehen vielmehr auch im Falle der Testamentsvollstreckung grundsätzlich alle Nutzungen zu. Lediglich die Verwaltung obliegt dem Testamentsvollstrecker, der die Nutzungen an den Vorerben heraus zu geben hat, soweit dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, d. h. soweit die Erträge nicht zur Erhaltung der Vermögenssubstanz eingesetzt werden müssen. Im Verhältnis zum befreiten Vorerben hat der Testamentsvollstrecker zudem darauf zu achten, dass diesem nicht nur die bloßen Nutzungen der Erbschaft gebühren, sondern dass ihm im Grundsatz sogar - soweit dies nicht dem Willen des Erblassers widerspricht - auch der Zugriff auf deren Substanz offen steht (vgl. BGH NJW 1990, 2055, 2056).
2.
Dem Kläger steht kein Zahlungsanspruch in Höhe von 138.327,39 DM auf Erstattung des Wertes bzw. als Schadensersatz wegen der im Auftrag der Beklagten erfolgten Versteigerung von angeblichen Nachlassgegenständen zu. Zum einen handelte es sich bei den versteigerten, ursprünglich im Hause B. in U. befindlichen Einrichtungsgegenständen nicht um Nachlassgegenstände des Nachlasses des Erblassers, sondern aufgrund rechtsgeschäftlicher Übertragung vom Erblasser auf den Vorerben um solche des Nachlasses des Vorerben. Zum anderen hat, worauf zutreffend schon das Landgericht hingewiesen hat, der Kläger nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt, welche der versteigerten Gegenstände genau bereits beim Tode des Erblassers im Hause B. in U. vorhanden gewesen sein sollen.
Auf die Frage, ob jedenfalls ein Teil der im Hause B. in U. vorgefundenen und versteigerten Gegenstände erst vom Vorerben und mit dessen eigenen Mitteln und nicht mit Mitteln der Erbschaft nach dem Erblasser angeschafft worden ist, käme es nach [ref=01609e83-3a7e-4904-b546-d7d5d1d0bf92]§ 2111 Abs. 2 BGB[/ref] dann nicht an, wenn die Gegenstände zum Inventar "eines erbschaftlichen Grundstücks", hier des Grundstücks B. in U., gehört hätten. Denn anders als bei der in § 2111 Abs. 1 BGB enthaltenen Surrogationsregelung, kommt es bei § 2111 Abs. 2 BGB nicht darauf an, mit welchen Mitteln der Vorerbe die Gegenstände erworben hat. Vielmehr werden alle vom Vorerben angeschafften und inventarisierten Gegenstände zu Gunsten des Nacherben als zum Grundstück gehörend angesehen. Bei dem Grundstück B. in U. handelte es sich jedoch nicht (mehr) um ein "erbschaftliches Grundstück" im Sinne von § 2111 Abs. 2 BGB. Denn der Vorerbe hat dieses Grundstück nicht (nur) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben, sondern bereits zuvor durch rechtsgeschäftliche Übertragung. Während die Auflassung noch vor dem Tod des Erblassers erklärt worden ist, erfolgte die Eintragung des Vorerben als Eigentümer im Grundbuch erst nach dem Tod des Erblassers. Der rechtsgeschäftliche Rechtserwerb des Vorerben hat sich gemäß § 873 Abs. 1 BGB zwar erst mit der Eintragung und damit nach dem Tode des Erblassers vollendet. Dies ist jedoch unschädlich. Denn, sofern ein Widerruf der Einigungserklärung nicht erfolgt - und dieses ist vorliegend nicht geschehen -, hindert der Tod des Veräußeres bzw. des das Recht Übertragenden die Vollendung des rechtsgeschäftlichen Erwerbes nicht (vgl. BGHZ 32, 367, 369). Dies gilt selbst dann, wie aus §§ 130 Abs. 2, 153 BGB folgt, wenn lediglich der Erblasser die für den Abschluss eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts abzugebende Erklärung abgegeben hat und der andere Teil seine Erklärung erst nach dem Tode des Erblassers abgibt, insbesondere ein Angebot des Erblassers auf Abschluss eines Vertrages annimmt.
Mit dem Übergang des Eigentums am Hausgrundstück B. in U. im Wege der Einzelrechtsnachfolge ist nach § 926 Abs. 1 S. 2 BGB auch das Zubehör, d. h. die Einrichtungsgegenstände, auf den Vorerben übergegangen. Aus dem letzten Absatz des Testaments des Erblassers ist zu entnehmen, dass die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück sich auch auf die Übertragung des Eigentums an dessen Inventar beziehen sollte; jedenfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte, die gegen eine Mitübertragung des Eigentums am Inventar sprechen.
War danach mit dem Erwerb des Hauses B. in U. im Wege der Einzelrechtsnachfolge auch das Inventar auf den Adoptivsohn des Erblassers und Vorerben übergegangen, so handelte es sich nicht (mehr) um Nachlassgegenstände, welche nach Eintritt des Nacherbfalls an den Nacherben herauszugeben gewesen wären. Der Kläger kann daher keine Rechte daraus herleiten, dass die Beklagte als Erbin des Vorerben diese Gegenstände versteigert hat; der Erlös aus der Versteigerung stand allein ihr zu.
Im übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger im Einzelnen hätte vortragen müssen, welche Gegenstände, die von der Beklagten veräußert worden sind, zu dem der Vor- und Nacherbschaft unterliegenden Nachlass des Erblassers gehört haben sollen. Hierzu bestand insbesondere Veranlassung, nachdem die Beklagte vorgetragen und im einzelnen angegeben hatte, dass und welche Gegenstände mit Mitteln des Vorerben und nicht mit Mitteln des Nachlasses angeschafft worden sein sollen, und nachdem im letzten Absatz des Testamentes vom Erblasser ausgeführt worden ist, dass fast alle Mobilien und Werte dem Vorerben bereits zu Lebzeiten übereignet worden seien. Dem Antrag des Klägers auf Vernehmung der Zeugin M. zu der pauschalen Behauptung, diese könne bestätigen, dass die zum Zeitpunkt des Nacherbfalls in der Wohnung befindlichen Gegenstände "nahezu identisch" mit den zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Gegenständen gewesen seien, ist das Landgericht mangels hinreichender Darlegung der zu bekundenden Tatsachen mit Recht nicht nachgekommen. Eine nähere Darlegung ist seitens des Klägers auch im Berufungsverfahren nicht erfolgt.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf [ref=c096bde2-3221-4bd3-84f5-25d7ce5d8e96]§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO[/ref].
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 280.000,00 DM
Meta
24.10.2001
Oberlandesgericht Köln 13. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: U
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 24.10.2001, Az. 13 U 5/01 (REWIS RS 2001, 878)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 878
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Vermögensverzeichnis im Fall der Nacherbschaft
Bei Testamentsvollstreckung für den Vorerben ist nicht ohne Weiteres von einer umfassenden Verfügungsbefugnis auch für …
2 U 132/06 (Oberlandesgericht Köln)
3 Wx 130/20 (Oberlandesgericht Düsseldorf)
15 W 391/03 (Oberlandesgericht Hamm)
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