24. Senat | REWIS RS 2010, 2487
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Markenbeschwerdeverfahren – "serverline" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 017 560.5
hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 12. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Mittenberger-Huber
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Zeichen
serverline
ist als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen
"Soft- und Hardware; Leasing von Soft- oder Hardware; Online angebotene Spiele und Spieldienstleistungen; Betreiben von Gameservern; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im [X.]; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites oder Anwendungsserver für Dritte ([X.])"
zur Eintragung in das Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 42 des [X.] hat die Anmeldung mit [X.] vom 17. September 2008 und die dagegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 25. August 2009 zurückgewiesen.
Das [X.] vertritt die Auffassung, das angemeldete Zeichen stelle eine gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Angabe dar. Als "server" werde ein Computer oder Programm bezeichnet, dessen Dienste von anderen Computern in Anspruch genommen würden. "[X.]" sei die Bezeichnung für "Linie, Leitung, Reihe, Sortiment, Kollektion". Die Zusammensetzung der beiden Begriffe verstehe insbesondere auch der [X.] nur so, dass es sich um ein Waren- und Dienstleistungsangebot rund um Server handle.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er meint, dass "serverline" kein Wort der [X.] sei, sondern in einem metaphorischen Sinn als ein "schneller und verlässlicher Zugang zu bestimmten, auf Server bezogene Dienstleistungen" ([X.]. 17 d. VA) zu verstehen sei. Im Übrigen habe die Markenstelle nicht dargelegt, weshalb sie Marken wie "Clear[X.]", "Saveline", "Dayline" oder "Slim-[X.]" eingetragen, die Anmeldung des Beschwerdeführers aber zurückgewiesen habe.
Der Anmelder beantragt daher,
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit dieses Produkt von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; [X.] GRUR 2008, 608 ff. - Rn. 66, 67 - [X.]; [X.], 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 674 - Rn. 34 - [X.]; [X.], 935 - Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826 - Rn. 13 - [X.]; [X.], 952 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 257 - Bürogebäude; [X.] GRUR 2003, 1050 - [X.]; [X.] GRUR 2001, 1153, 1154 - anti KALK).
Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst solchen Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als [X.] versteht ([X.] GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 417, 418 - [X.]). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu der betreffenden Ware oder Dienstleistung hergestellt wird ([X.] [X.], 850, 854 - Rn. 19 - [X.]; [X.], 465, 468 - [X.]; [X.], 411 - Rn. 9 - [X.]). Die Eignung, Produkte ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als [X.] verstanden werden ([X.], 935 - Rn. 11 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; GRUR 2001, 1042 - [X.]; GRUR 2001, 1043, 1044 - [X.]). Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zuerkannt werden.
1. 1. "Server" ist die - in die [X.] übernommene - [X.] Bezeichnung für eine Anwendung oder einen Rechner, der Services für andere Anwendungen oder Rechner bereitstellt ([X.]/[X.], Wörterbuch der Daten- und Kommunikationstechnik, 6. Auflage 2002, [X.]; [X.], Das große PC & [X.]-Lexikon, 2009, S. 577; [X.] EDV-Berater, [X.], 4. Auflage 2002, [X.]). "[X.]" kommt in den von der Markenstelle genannten Bedeutungen "Linie, Leitung, Reihe, Sortiment, Kollektion" vor. In der Kommunikationstechnik bedeutet es ferner "Zeile, [X.], [X.]" ([X.]/[X.], Wörterbuch der Daten- und Kommunikationstechnik, a. a. O., [X.]). Auch Zusammensetzungen mit "server" oder "line" und weiteren Begriffen gehören zu den üblichen Wortkombinationen in der Kommunikationstechnik, wie z. B. "server application" = "Serveranwendung"; "[X.] setup" = "server-basiertes Setup"; "server common control" = "[X.]" (a. a. O., [X.]) bzw. "analog line" = "Analoganschluss"; "bit line" = "[X.]" (a. a. O., [X.]); "extension line" = "Nebenanschluss"; "header line" = "Kopfzeile" (a. a. O., S. 295); "selection line" = "Ansteuerungsleitung" oder "serving line" = "[X.], Partnerleitung" (a. a. O., S. 296). Aufgrund der dem Verkehr, und insbesondere dem [X.], bekannten ähnlichen Wortbildungen wird er davon ausgehen, dass dem angemeldeten Zeichen "serverline" ein Bedeutungsgehalt im Sinne von "Serverleitung" bzw. "[X.] an einen Server" zu entnehmen ist. Einen solchen [X.] misst auch der Anmelder selbst dem von ihm beanspruchten Zeichen bei, da er dargelegt hat, es sei als "schneller und verlässlicher Zugang zu bestimmten, auf Server bezogene Dienstleistungen" ([X.]. 17 d. VA) zu verstehen.
1. 2. Wird ein entsprechendes Zeichen auf den beanspruchten Waren "Hard- und Software" angebracht, ist es nichts Anderes als der Hinweis auf ein Bauteil oder eine Anwendung, die mit dem Betrieb eines Servers kompatibel ist. Damit wird allerdings nur die bauliche Beschaffenheit des Produktes, nicht hingegen seine Herkunft aus einem bestimmten Betrieb bezeichnet. Der Verkehr wird den angemeldeten Begriff daher als bloßen [X.] auffassen.
Entsprechendes gilt für die beanspruchten Dienstleistungen "Leasing von Soft- oder Hardware; Online angebotene Spiele und Spieldienstleistungen; Betreiben von Gameservern; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im [X.]; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites oder Anwendungsserver für Dritte ([X.])". Auch diese stehen in engem Zusammenhang mit dem Betrieb von Servern, was sich beim "Betreiben von Gameservern" und dem "[X.]" von selbst ergibt. Die Leasingdienstleistung umfasst - wie oben ausgeführt - Bauteile oder Anwendungen, die mit dem Betrieb eines Servers kompatibel sind. Bei den übrigen Dienstleistungen besteht zumindest ein enger beschreibender Bezug, wenngleich das Zeichenwort die beanspruchte Dienstleistung nicht unmittelbar charakterisiert. Sämtliche Dienstleistungen werden nämlich auf dem Gebiet der Daten- und Kommunikationstechnik erbracht, so dass im Vordergrund nach wie vor der [X.] auf einen "[X.]" steht, der unerlässlich für die beanspruchten [X.]dienstleistungen ist. Da zu den beteiligten Verkehrskreisen nicht nur normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Dienstleistungen zählen, sondern auch Fachkreise, die entsprechende Dienstleistungen nachfragen (vgl. [X.] [X.], 411, 413 - Rn. 24 ff. - Matratzen [X.]/[X.]), ist für diese das Erfordernis eines schnellen und zuverlässigen [X.]es für die beanspruchten - alle in engem Zusammenhang mit dem Betrieb von Servern stehenden - Dienstleistungen in der Daten- und Kommunikationstechnik offensichtlich und das angemeldete Zeichen daher nicht unterscheidungskräftig.
1. 3. Die Schutzfähigkeit des Zeichens ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der angeführten Voreintragungen, die ebenfalls mit dem Begriff "-line" gebildet sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] geht davon aus, dass die Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke bezogen auf den konkreten Einzelfall und ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen ist, die insoweit keinen Ermessensspielraum vorsehen; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu ([X.] GRUR 2008, 1093, 1095 - Nr. 18 - [X.]; [X.] [X.] 2009, 478, 484 - Nr. 57 - [X.]/[X.], jeweils m. w. N). Im Übrigen wurden Wortkombinationen mit "-line" bereits mehrfach zurückgewiesen (vgl. [X.] GRUR 2003, 58 - [X.]; [X.] [X.], 394 - Active [X.]; [X.] (pat) 52/97 - Slim[X.]; 27 W (pat) 235/00 - Cyber[X.]; 27 W (pat) 99/06 - Baseline).
2. Nachdem eine Eintragung des Wortzeichens "serverline" bereits wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht in Frage kommt, kann dahingestellt bleiben, ob zusätzlich noch von einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ausgegangen werden muss.
Meta
12.10.2010
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.10.2010, Az. 24 W (pat) 63/09 (REWIS RS 2010, 2487)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 2487
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