Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.04.2017, Az. 2 BvR 1016/16

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 11968

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Verneinung einer Beschwer iSd § 116 StVollzG bei Verpflichtungsantrag und bloßer Verurteilung zu Neubescheidung - vorliegend jedoch iE keine Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde, da angegriffene Entscheidung zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde auf selbständig tragende, unbedenkliche Alternativbegründung gestützt wurde


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen.

2

1. Zwar hat das [X.] die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 [X.] insoweit verkannt, als es angenommen hat, hinsichtlich des Antrags des Beschwerdeführers auf Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt zur Genehmigung monatlicher Ausführungen liege eine Beschwer nicht vor. Diese Rechtsauffassung begegnet im Hinblick auf die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG (Willkürverbot) und Art. 19 Abs. 4 GG erheblichen Bedenken.

3

a) [X.] des Strafvollzugsgesetzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen an den Verwaltungsprozess angelehnt. Dort - und dementsprechend im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem [X.] - wird für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels eine formelle Beschwer des Rechtsmittelführers vorausgesetzt, die vorliegt, wenn die Wirkungen der ergangenen Entscheidung ungünstiger sind als die der beantragten Entscheidung oder - anders ausgedrückt - die angefochtene Entscheidung, soweit sie verbindlich werden kann, hinter dem Begehren des Rechtsmittelführers zurückbleibt. Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Beschwer bei Verpflichtungsanträgen vorliegt, wenn die ergangene Entscheidung zwar aufgehoben, die Behörde jedoch nur zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt wird ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 7. März 2017 - 2 BvR 162/16 -, juris, Rn. 31 m.w.N.).

4

b) Das [X.] hat die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 [X.] in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise ausgelegt, indem es eine Beschwer mit dem Hinweis auf die vom [X.] zur Neubescheidung abgelehnt hat. Es ist offensichtlich, dass das [X.] dem Antrag des Beschwerdeführers, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihm "ab sofort die Durchführung von Ausführungen zu gewähren", nur teilweise entsprochen hat. Der Beschwerdeführer erreichte lediglich die Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt zur neuen Bescheidung seines Begehrens, nicht aber - wie von ihm beantragt - die Verpflichtung zur Genehmigung der Ausführungen. Die Rechtsauffassung des [X.]s weicht ohne sachliche Begründung von der bisherigen Rechtsprechung und der einhelligen Ansicht in der Literatur zum Vorliegen einer Beschwer ab (vgl. dazu die Nachweise bei [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 7. März 2017 - 2 BvR 162/16 -, juris, Rn. 31).

5

2. Die Verfassungsbeschwerde kann dennoch im Ergebnis keinen Erfolg haben, weil die Entscheidung des [X.]s über die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 26; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. Juli 2014 - 2 BvR 1491/14 -, juris, Rn. 20; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris, Rn. 23). Das Gericht hat seine Entscheidung auch auf die selbständig tragende Begründung gestützt, eine Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 116 Abs. 1 [X.]) geboten. Insoweit ist die Entscheidung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

6

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1016/16

26.04.2017

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Nürnberg, 14. April 2016, Az: 2 Ws 199/16, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 109 StVollzG, § 109ff StVollzG, § 116 Abs 1 StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.04.2017, Az. 2 BvR 1016/16 (REWIS RS 2017, 11968)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11968

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