Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.10.2019, Az. 5 AZR 80/19

5. Senat | REWIS RS 2019, 2588

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 17. Januar 2019 - 21 [X.] 852/18 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von [X.] aus Bürgenhaftung nach § 14 [X.].

2

Die Beklagte, deren Geschäftszweck die Verwaltung und Vermietung von Gebäuden ist, hat zusammen mit einer weiteren Gesellschaft in den Jahren 2011 bis 2014 ein Einkaufszentrum errichten lassen. Dieses besteht aus zwei Gebäudekomplexen, die sich über zwei Grundstücke erstrecken, von denen eines im Eigentum der [X.] steht. Mit der Errichtung wurde eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus der [X.] ([X.][X.]) und der [X.] ([X.][X.]), beauftragt. Nachdem im Jahr 2013 über das Vermögen der [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hat die [X.] das Bauvorhaben als alleinige Generalunternehmerin fortgeführt. Weitere Subunternehmen, darunter die [X.] ([X.][X.]), wurden beauftragt. Dann wurde auch über das Vermögen der [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet.

3

Der Kläger hat zunächst von seiner Arbeitgeberin, der [X.], Vergütung für die [X.] vom 28. Juli bis zum 20. September 2014 verlangt. Mit Urteil vom 5. August 2015 (- 14 Ca 3752/15 -) hat das [X.] dem Kläger 5.061,00 Euro brutto zugesprochen. Darüber hinaus hat der Kläger von der [X.] ([X.]), seiner weiteren Arbeitgeberin, Vergütung für die [X.] vom 22. September bis zum 17. Oktober 2014 gefordert. Mit Urteil vom 28. Oktober 2015 (- 12 [X.] -) hat das [X.] dem Kläger 2.486,40 Euro brutto zugesprochen. Zahlungen hat der Kläger aus beiden Urteilen nicht erlangen können.

4

Mit der vorliegenden Klage fordert der Kläger von der [X.] die Zahlung von [X.] aus Bürgenhaftung nach § 14 [X.] für die [X.] vom 28. Juli bis zum 20. September und vom 22. September bis zum 17. Oktober 2014 abzüglich erhaltener Abschlagszahlungen iHv. insgesamt 1.250,00 Euro netto. Er habe in den genannten [X.]räumen in Arbeitsverhältnissen zunächst mit der [X.] und sodann mit der [X.] gestanden, sei auf der [X.] als Bauhelfer tätig und schwerpunktmäßig auf dem Grundstück der [X.] eingesetzt gewesen. Die [X.] und die [X.] seien von der [X.] als Subunternehmer beauftragt worden. Er habe in diesen [X.]räumen insgesamt 456 Stunden für die [X.] und 224 Stunden für die [X.] gearbeitet, wofür ihm der tarifliche Mindestlohn im Baugewerbe in Höhe von 11,10 Euro brutto/Stunde zustehe. Nach Abzug der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nach den [X.] geltenden Beitragssätzen bestünden noch offene [X.]ansprüche von 3.390,43 Euro und 1.384,77 Euro. Lohnsteuer sei nicht in Abzug zu bringen.

5

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an den Kläger weiteren Lohn iHv. insgesamt 3.390,43 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. November 2016 zu zahlen,

        

2.    

an den Kläger weiteren Lohn iHv. insgesamt 1.384,77 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. November 2016 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Als Bauherrin unterliege sie nicht der Bürgenhaftung aus § 14 [X.].

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

[X.]ie Revision ist unbegründet. [X.]er Kläger kann die Beklagte nicht aufgrund der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 14 [X.] aus Bürgenhaftung für das [X.] in Anspruch nehmen. [X.]as [X.] hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. [X.]aher ist auch die Revision zurückzuweisen.

9

I. [X.]ie Klage ist zulässig.

1. [X.]ie Klage ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). [X.]er Kläger fordert für den [X.]raum vom 28. Juli bis zum 20. September 2014 einen konkreten Betrag als [X.] für insgesamt 456 Stunden und für den [X.]raum vom 22. September bis zum 17. Oktober 2014 für insgesamt 224 Stunden von ihm geleisteter Arbeit. [X.]ie Klage ist für den streitbefangenen [X.]raum als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl. [X.] 27. März 2019 - 5 [X.] - Rn. 13).

2. [X.]er Bestimmtheit der Nettolohnklage steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht im Einzelnen die zur schlüssigen Begründung der Klage erforderlichen, für den Tag des Zuflusses des Arbeitsentgelts geltenden Besteuerungsmerkmale dargelegt hat. § 14 [X.] enthält eine Sonderregelung, die eine Nettolohnklage in Höhe der sich im Jahr des Tätigwerdens ergebenden Vergütung zulässt (vgl. zu § 1a [X.] aF [X.] 12. Januar 2005 - 5 [X.] - zu I 3 der Gründe, [X.]E 113, 149).

II. [X.]ie Klage ist unbegründet. [X.]er Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 14 [X.], denn diese ist kein Unternehmer im Sinne der Norm. [X.]er Begriff des Unternehmers ist im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] zur Vorgängerregelung in § 1a [X.] aF einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder [X.]ienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient.

1. Nach § 14 Satz 1 [X.] haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder [X.]ienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines [X.] oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des [X.] an einen Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der [X.] verzichtet hat. Nach § 14 Satz 2 [X.] umfasst das Mindestentgelt iSd. Satzes 1 nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur [X.] Sicherung an Arbeitnehmer auszuzahlen ist ([X.]).

2. Eine Legaldefinition des Unternehmerbegriffs enthält § 14 Satz 1 [X.] nicht. [X.]er Begriff ist daher durch Auslegung zu bestimmen.

a) Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Regelung hineingestellt ist. [X.]er Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter diesen Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich uU erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist dieser zu achten (vgl. [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] ua. - Rn. 74 f., [X.]E 149, 126; [X.] 7. Februar 2019 - 6 [X.] - Rn. 16 mwN).

b) [X.]er Wortlaut des § 14 Satz 1 [X.] spricht nicht für eine Einschränkung des Unternehmerbegriffs. Auch die amtliche Überschrift der Norm - Haftung des Auftraggebers - erzwingt eine solche nicht. [X.] man jedoch Überschrift und Gesetzestext wörtlich, träfe die Haftung jeden Unternehmer, der Leistungen von einem anderen Unternehmen bezieht. [X.]ies würde selbst dann gelten, wenn an der Abwicklung des Auftrags nur zwei Unternehmen beteiligt wären (vgl. [X.]/[X.]/[X.] 2015, 125, 130; [X.] 2011, 706, 707; insbesondere wegen des Wortlauts eine einschränkende Auslegung ablehnend [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 14 Rn. 18 f.).

c) [X.]er Wortlaut allein ist indessen nicht maßgeblich, vielmehr ist auch der Zweck der Norm in den Blick zu nehmen. Nach dem vom Gesetzgeber verfolgten Sinn und Zweck hat das [X.] bereits die in der [X.] vom 1. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2007 geltende Vorgängerregelung in § 1a [X.] aF einschränkend ausgelegt.

aa) In diesem [X.]raum war die gesetzlich angeordnete Bürgenhaftung (vgl. zur Abgrenzung von der bestellten Bürgschaft iSv. § 401 Abs. 1 BGB [X.] 8. [X.]ezember 2010 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.]E 136, 263) dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Beauftragung [X.]ritter mit der Erbringung von Bauleistungen iSd. § 211 Abs. 1 SGB III aF als Anknüpfungspunkt für den [X.] festlegte. Nach der Gesetzesbegründung sollte mit § 1a [X.] aF eine Haftung des Generalunternehmers eingeführt werden. Er sollte darauf achten, dass seine Subunternehmer die nach dem [X.] zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten (vgl. [X.]. 14/45 S. 17 f.). In Übereinstimmung damit ging die Bundesregierung davon aus, dass die Generalunternehmer künftig verstärkt Aufträge an zuverlässige kleine und mittlere Unternehmen vergeben würden, von denen sie wüssten, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen einhielten (vgl. Plenarprotokoll 14/14 Verhandlung des [X.] vom 10. [X.]ezember 1998 S. 868 [X.]). [X.]ie [X.]urchgriffshaftung treffe die Generalunternehmer, die wüssten, dass die von den Nachunternehmern angebotenen Preise mit vernünftigen Arbeitsbedingungen überhaupt nicht zu erbringen seien. [X.]ie Norm richte sich gegen [X.] und diene damit dem Schutz kleiner Betriebe, die in der Vergangenheit vom Markt gedrängt worden seien (vgl. Plenarprotokoll 14/14 aaO S. 877 C, [X.]).

[X.]) [X.]er Gesetzgeber wollte daher ersichtlich nicht jeden Unternehmer iSv. § 14 Abs. 1 BGB, der eine Bauleistung in Auftrag gibt, in den Geltungsbereich des § 1a [X.] aF einbeziehen. Ziel des Gesetzes war es vielmehr, Bauunternehmer, die sich verpflichtet haben, ein Bauwerk zu errichten, und dies nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigen, sondern sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmen bedienen, als Bürgen haften zu lassen, damit sie letztlich im eigenen Interesse verstärkt darauf achten, dass die Nachunternehmer die nach § 1 [X.] geltenden zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten. [X.]a diesen Bauunternehmen der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zugutekam, sollten sie für die Lohnforderungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer nach § 1a [X.] aF einstehen (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 10 [X.]/11 - Rn. 16 f., [X.]E 141, 299; 28. März 2007 - 10 [X.]/06 - Rn. 12 f.; 12. Januar 2005 - 5 [X.] - zu III 2 b aa und [X.] der Gründe, [X.]E 113, 149).

cc) Nach der Rechtsprechung des [X.] trafen diese Gesetzesziele des § 1a [X.] aF nicht auf andere Unternehmer zu, die als Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben. [X.]iese Unternehmer beschäftigen keine eigenen [X.]. Sie beauftragen auch keine Subunternehmer, die für sie eigene Leistungspflichten erfüllen. Bauherren fielen daher nicht in den Geltungsbereich des § 1a [X.] aF (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 10 [X.]/11 - Rn. 18, [X.]E 141, 299; 12. Januar 2005 - 5 [X.] - zu III 2 b [X.] der Gründe, [X.]E 113, 149). [X.]agegen sind Bauträger als Unternehmer iSd. § 1a [X.] aF und nicht als bloße Bauherren angesehen worden. Wesentlicher Inhalt der Tätigkeit eines Bauträgers ist, dass er sich zur Errichtung eines Bauwerks auf einem eigenen oder von ihm noch zu beschaffenden Grundstück verpflichtet und dem Erwerber das Eigentum am Grundstück und dem darauf erstellten Gebäude verschafft. [X.]er Bauträger tritt im Regelfall im eigenen Namen auf, sodass Vertragspartner des Bauunternehmers der Bauträger selbst und nicht der Erwerber wird (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 10 [X.]/11 - Rn. 20, [X.]E 141, 299). [X.]as [X.] fungiert damit nicht als bloßer Bauherr oder Letztbesteller, der lediglich einen Eigenbedarf befriedigt. [X.]ie Beauftragung von Bauleistungen ist vielmehr wesentlicher, unmittelbarer Gegenstand des Unternehmens. [X.]er Bauträger baut nicht aus privaten Gründen oder um durch den Bau anderen eigenen gewerblichen Zwecken zu dienen, sondern um die errichteten Gebäude vor, während oder spätestens nach Abschluss der Bauarbeiten gewinnbringend zu veräußern. [X.]abei erfüllt er mit der Bautätigkeit eine, ggf. vorweggenommene, eigene Leistungspflicht gegenüber dem Erwerber, die sich bei einem Erwerb während der Bauphase in eine unmittelbare Leistungspflicht umwandelt. [X.]iese Leistungspflicht kann er entweder durch eigenes Personal erfüllen oder - typischerweise - an ein anderes Unternehmen weitergeben. [X.]amit kommt auch dem Bauträger der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmen zugute, er nutzt den Vorteil von Subunternehmerketten für seine gewerbsmäßige Tätigkeit (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 10 [X.]/11 - Rn. 21, [X.]E 141, 299).

d) [X.]ie vom [X.] vorgenommene einschränkende Auslegung des § 1a [X.] aF (vgl. [X.] 12. Januar 2005 - 5 [X.] - zu IV der Gründe, [X.]E 113, 149; 6. November 2002 - 5 [X.] (A) - zu [X.] der Gründe, [X.]E 103, 240) entspricht den Anforderungen einer verfassungskonformen Normanwendung. [X.]as hat das [X.] mit Beschluss vom 20. März 2007 bestätigt (vgl. [X.] 20. März 2007 - 1 BvR 1047/05 - Rn. 32 ff.). [X.]anach griff § 1a [X.] aF als Berufsausübungsregelung zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte unternehmerische Betätigungsfreiheit der Bauunternehmer ein, indem er ihnen unmittelbar für den Fall, dass sie sich zur [X.]urchführung des ihnen erteilten [X.] eines [X.] bedienen, eine verschuldensunabhängige Haftung gegenüber den Arbeitnehmern des [X.] auferlegte, und indem er sie mittelbar veranlassen wollte, sowohl bei der Auswahl des [X.] als auch bei der [X.]urchführung des [X.] auf die Einhaltung der nach § 1 [X.] zwingenden Arbeitsbedingungen zu achten. Art. 12 Abs. 1 GG schützt jedoch vor solchen, gerade auf die berufliche Betätigung bezogenen staatlichen Eingriffen. [X.]ieser Eingriff in die Berufsfreiheit war indes verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber mit der Bürgenhaftung des [X.] für die [X.] der beim Nachunternehmer beschäftigten Arbeitnehmer verfassungsrechtlich legitime Ziele verfolgte und die durch die Bürgenhaftung bedingte Beeinträchtigung der Berufsfreiheit des [X.] auch verhältnismäßig im engeren Sinne war. [X.]er Hauptunternehmer hafte zwar verschuldensunabhängig, aber nicht ohne hinreichende Verantwortungsbeziehung zu dem die Haftung auslösenden Sachverhalt. Erfülle der vom Hauptunternehmer beauftragte Nachunternehmer die [X.] seiner Arbeitnehmer nicht, verwirkliche sich genau das zusätzliche Risiko, das der Hauptunternehmer geschaffen habe, indem er sich des [X.] zur Ausführung der von ihm geschuldeten, aber nicht durch eigene Arbeitnehmer erbrachten Bauleistungen bedient habe. Weil er dadurch die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand gegeben und die [X.]urchsetzung der Regelungsziele des [X.]es erschwert habe, sei es gerechtfertigt, ihm die Mitverantwortung für die Erfüllung der [X.] der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer zuzuweisen ([X.] 20. März 2007 - 1 BvR 1047/05 - Rn. 54).

e) Für die Regelung des § 14 [X.] verbleibt es bei der zu § 1a [X.] aF entwickelten einschränkenden Auslegung, auch wenn der Bezugspunkt der Haftung nunmehr der Auftrag zur Erbringung von „Werk- und [X.]ienstleistungen“ ist (vgl. bereits [X.] 17. August 2011 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.]E 139, 36). Es gibt keinerlei Hinweise, dass der Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung eine weitergefasste Haftung in Bezug auf den Unternehmerbegriff schaffen wollte.

aa) Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des [X.]es ([X.], 576) wurde § 1a [X.] mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007 dahingehend geändert, dass Anknüpfungspunkt der Haftung der Auftrag zur Erbringung von „Werk- oder [X.]ienstleistungen“ sein sollte. [X.]ie Gesetzesmaterialien zeigen, dass der Gesetzgeber damit lediglich eine redaktionelle Folgeänderung zu der Erweiterung des Gesetzes auf das Gebäudereinigerhandwerk beabsichtigte (vgl. [X.]. 16/3064 S. 8). [X.]ie im Streitfall geltende Fassung des § 14 Satz 1 [X.], gültig ab dem 24. April 2009 aufgrund des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ([X.]I 2009, 799), hat diesen Anknüpfungspunkt der Haftung übernommen, auch wenn die Gesetzesmaterialien weniger eindeutig sind (hierauf weist auch [X.] 2015, 961, 962 hin), denn danach haftet „insbesondere ein sogenannter Generalunternehmer“. [X.]och findet sich dort ebenfalls, dass die bislang in § 1a [X.] enthaltene Bestimmung übernommen werden sollte (vgl. [X.]. 16/10486 S. 14).

[X.]) [X.]iese Genese des § 14 [X.] zeigt, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der einschränkenden Auslegung des Unternehmerbegriffs, insbesondere durch die Entscheidungen des [X.] des [X.] vom 6. November 2002 (- 5 [X.] (A) - [X.]E 103, 240) und vom 12. Januar 2005 (- 5 [X.] - [X.]E 113, 149), die vom [X.] mit Beschluss vom 20. März 2007 gebilligt wurde (- 1 BvR 1047/05 -), keine weitergefasste Haftung mit der Regelung des § 14 [X.] begründen wollte. Für die Absicht einer Erweiterung der Haftung auf jeden gewerblichen Auftraggeber lassen sich weder im Gesetzestext noch in den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte finden. [X.]ie in § 14 [X.] angeordnete Bürgenhaftung verlangt deshalb eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen Auftraggeber und Nachunternehmer. [X.]iese besteht nur dann, wenn der Auftraggeber eine eigene Verpflichtung an seinen Auftragnehmer weitergibt, wenn also der Auftragnehmer eine Werk- oder [X.]ienstleistung erbringen soll, die für die vom Auftraggeber am Markt angebotene Leistung geschäftsprägend ist (so [X.]/[X.] 2. Aufl. § 13 Rn. 20) bzw. sich im Rahmen seines üblichen [X.] bewegt (so [X.] 2015, 961, 964). Nach § 14 [X.] soll sich ein Unternehmer nicht dadurch seinen eigenen Verpflichtungen zur Zahlung von Mindestentgelten entziehen können, dass er eine Werk- oder [X.]ienstleistung nicht durch eigene Arbeitnehmer ausführen lässt, sondern Nachunternehmer einsetzt, ohne diese zu kontrollieren.

f) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus § 13 [X.] kein anderes Normverständnis zu § 14 [X.]. [X.]ie in § 13 [X.] in Bezug auf die Haftung des Auftraggebers für den gesetzlichen Mindestlohn aufgenommene Regelung, wonach § 14 [X.] entsprechende Anwendung findet, bestätigt vielmehr das gefundene Auslegungsergebnis. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 13 [X.] wollte der Gesetzgeber die Rechtslage für den gesetzlichen Mindestlohn an die Rechtslage bei § 14 [X.] angleichen. [X.]ie dortige Ausgestaltung der Haftung, wie sie insbesondere durch die Rechtsprechung vorgenommen worden sei, habe „sich über Jahre bewährt“ (vgl. [X.]. 18/2010 (neu) S. 23). Auch die überwiegende Meinung im Schrifttum hält eine einschränkende Auslegung insoweit gleichermaßen für geboten (vgl. zu § 13 [X.] MüKo/BGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 13 [X.] Rn. 3; [X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] § 13 Rn. 2; HK-[X.]/[X.] 2. Aufl. § 13 Rn. 13 f.; [X.] in Thüsing [X.]/[X.] 2. Aufl. § 13 [X.] Rn. 14 f.; [X.] NZA 2015, 70, 78; [X.]/[X.] NJW 2016, 364, 366 f.; [X.]/[X.]/[X.] 2015, 125, 130; [X.]/[X.] NZA 2015, 392, 393).

3. [X.]anach ist die Beklagte im Streitfall kein Unternehmer iSd. § 14 Satz 1 [X.].

a) [X.]ie Beklagte hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt. [X.]amit gibt sie nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weiter. [X.]as [X.] hat festgestellt, dass Geschäftszweck der Beklagten die Verwaltung und Vermietung von Gebäuden ist. [X.]iese Feststellung wurde von der Revision nicht angegriffen und ist daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Mit der Vergabe des [X.] schaffte die Beklagte nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck nachgehen zu können.

b) Entgegen der Revision erfüllte die Beklagte mit dem Bau des Gebäudes keine Verpflichtung gegenüber ihren Mietern. [X.]ie Errichtung von Gebäuden durch eigene Arbeitnehmer der Beklagten ist nicht geschäftsprägend. [X.]ie Verpflichtung, welche die Beklagte gegenüber [X.]ritten, den Mietern des Gebäudes eingegangen ist, besteht nicht darin, das Gebäude herzustellen. Ihre Verpflichtung beinhaltet lediglich, den Mietern den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, dh. zum vertragsgemäßen Gebrauch zu überlassen (vgl. § 535 Abs. 1 BGB). [X.]aneben verpflichtet sich die Beklagte gegenüber ihren Kunden zur Verwaltung des Gebäudes. Beides schließt nicht die eigene Verpflichtung der Beklagten gegenüber ihren Mietern ein, das Gebäude zu bauen. Eine etwaige nicht termingerechte Fertigstellung des Gebäudes, insbesondere bei einer Erstvermietung nach Errichtung, würde nur eine Sekundärfolge darstellen.

c) Einem Bauträger kann die Beklagte nicht gleichgestellt werden. Ein solcher zeichnet sich dadurch aus, dass er ein Gebäude errichtet, um es zu veräußern. [X.]agegen erfüllt die Beklagte mit der Errichtung des Gebäudes einen - gewerblichen - Eigenbedarf. Sie lässt für eigene Zwecke bauen, weil sie selbst Eigentümerin des Gebäudes bleibt, um es in Ausübung ihres Geschäftszwecks zu vermieten und zu verwalten. Mit dem Bau des Gebäudes schafft die Beklagte lediglich die Betriebsmittel, um ihrem Geschäftszweck entsprechend handeln zu können.

d) Entgegen der Revision ist kein systemisch angelegter Missbrauch in dem Sinne erkennbar, dass regelmäßig sowohl Generalunternehmer als auch Subunternehmer zahlungsunfähig werden und damit die Bürgenhaftung nach dem [X.] [X.]. In Bezug auf die Beklagte ist auch nicht vorgetragen, dass die Insolvenz des Generalunternehmers vorhersehbar gewesen wäre, womit es an Anhaltspunkten für ein missbräuchliches Verhalten fehlt.

III. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Berger    

        

    Volk    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Menssen    

                 

Meta

5 AZR 80/19

16.10.2019

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 3. Mai 2018, Az: 53 Ca 16918/17, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.10.2019, Az. 5 AZR 80/19 (REWIS RS 2019, 2588)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2588

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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