Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.09.2017, Az. IX ZR 224/16

9. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5654

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Gegenstand

Rückgewährklage des Insolvenzverwalters nach Insolvenzanfechtung: Unentgeltliche Leistung bei Übertragung von Geldern durch den Schuldner auf einen Treuhänder; Bereicherungsanspruch bei bewusster Zahlung auf eine unwirksame Treuhandvereinbarung; Zurechnung der Kenntnis des gesetzlichen Vertreters eines Kindes vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zum Nachteil des Kindes


Leitsatz

1. Die Übertragung von Geldern durch den Schuldner auf einen Treuhänder zum Zweck der Befriedigung seiner Gläubiger stellt auch dann keine unentgeltliche Leistung dar, wenn die Treuhandvereinbarung wegen eines Vertretungsmangels unwirksam ist.

2. Ein Bereicherungsanspruch ist auch bei bewusster Zahlung auf eine unwirksame Treuhandvereinbarung gegeben, weil der Leistungsempfänger nicht darauf vertrauen kann, die Mittel behalten zu dürfen.

3. Einer geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Person ist die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners durch ihren gesetzlichen Vertreter nicht anzulasten, wenn dieser seine unbeschränkte Vertretungsmacht aus wirtschaftlichem Eigennutz ohne Rücksicht auf die Vermögensinteressen des Kindes ausübt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 23. August 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des [X.] vom 10. August 2015, durch welches das [X.] vom 1. September 2014 in Höhe von 29.524,50 € aufrechterhalten wurde, zurückgewiesen wurde.

Die Klage wird, soweit die Beklagte zur Zahlung von 24.276,95 € verurteilt wurde, unter Aufhebung des [X.]s der 15. Zivilkammer des [X.] vom 1. September 2014 abgewiesen.

Die Sache wird, soweit der Klage in Höhe von weiteren 5.247,55 € stattgegeben wurde, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverweisen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Fremdantrag vom 3. August 2012 über das Vermögen der [X.] (nachfolgend: Schuldnerin) am 4. Oktober 2012 eröffneten Insolvenzverfahren.

2

Geschäftsführer und Gesellschafter der Schuldnerin waren die Eltern der [X.]n. Vertreten durch ihre Geschäftsleiter zahlte die Schuldnerin mittels 19 Überweisungen im Zeitraum vom 10. April bis 1. August 2012 einen Gesamtbetrag von 31.070 € auf ein Konto der seinerzeit 14 Jahre alten [X.]n. Die Eingänge wurden jedenfalls ganz überwiegend durch von den Eltern der [X.]n als Vertretungsberechtigten veranlasste Zahlungsaufträge von dem Konto der [X.]n an Gläubiger der Schuldnerin weitergeleitet.

3

Der Kläger nimmt die [X.] im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung der an sie überwiesenen Beträge in Anspruch. Das [X.] hat ein über den Betrag von 31.070 € ergangenes Versäumnisurteil wegen an die Schuldnerin [X.] Rückzahlungen von 1.545,50 € in Höhe von 29.524,50 € aufrechterhalten. Die dagegen eingelegte Berufung der [X.]n ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die uneingeschränkt zugelassene Revision hat Erfolg und führt zur weitgehenden Abweisung der Klage und im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

6

Hinsichtlich eines Teilbetrages von 5.247,55 € sei von einer unentgeltlichen Leistung der Schuldnerin an die Beklagte im Sinne von § 134 Abs. 1 [X.] auszugehen. Der Treuhänder erhalte das zur Durchführung des [X.] nicht als unentgeltliche Leistung. Eine umfassende, für den gesamten über das Konto der [X.] abgewickelten Zahlungsverkehr geltende [X.] sei mangels hinreichenden substantiierten Vortrags nicht nachvollziehbar. Darlegungs- und beweispflichtig für eine unentgeltliche Leistung sei zwar der Kläger. Die Beklagte treffe aber eine sekundäre Darlegungslast. Insoweit genüge der pauschale Einwand nicht, das Konto sei als Zahlstelle ver[X.]det worden, um Auszahlungen an die Schuldnerin oder in deren Interesse an Dritte vorzunehmen. Der Darlegung, an [X.] wann und warum welche Beträge weitergeflossen seien, habe die Beklagte in Höhe eines Gesamtbetrages von 5.247,55 € nicht genügt. Da der Verbleib dieser Gelder ungeklärt sei, könne nicht von einem Wegfall der Bereicherung ausgegangen werden.

7

Im Übrigen bestehe sowohl hinsichtlich des Teilbetrages von 5.247,55 € als auch des Restbetrages von 24.276,95 € ein Anspruch aus § 133 Abs. 1 [X.]. [X.] schließe eine Vorsatzanfechtung gegen den [X.] des Schuldners nicht aus. In den einzelnen Überweisungen lägen ungeachtet der späteren Ver[X.]dung gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen. Die Gläubigerbenachteiligung sei nicht durch Zahlungen an Gläubiger der Schuldnerin über 19.281,95 € und Rückzahlungen in die Barkasse von 4.995 € rückgängig gemacht worden. Die Befriedigung der Gläubiger löse nur dann keine Gläubigerbenachteiligung aus, [X.]n die Masse ausreiche, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Dies sei nicht ersichtlich. Die behaupteten Rückzahlungen über 4.995 € stünden einer Gläubigerbenachteiligung ebenfalls nicht entgegen, weil die Gläubigerbenachteiligung nicht durch den Umtausch eines pfändbaren [X.] gegen das Kreditinstitut in einen schwer ausfindig zu machenden Bargeldbetrag rückgängig gemacht werde. Die Schuldnerin habe mit [X.] gehandelt, weil sie im maßgeblichen Zeitraum zumindest drohend zahlungsunfähig gewesen sei und die Geschäftsführung um die prekäre wirtschaftliche Situation gewusst habe. Der [X.] sei als [X.]in das Wissen ihrer Eltern, die als Vertreter der Schuldnerin und der [X.] gehandelt hätten, zuzurechnen. Eine etwaige - auf § 181 [X.] beruhende - Unwirksamkeit der Vertretungsmacht der Eltern ändere nichts daran, dass das elterliche Wissen der [X.] zurechenbar sei. Die Beklagte müsse sich aufgrund der Wissenszurechnung als kollusiv mit der Schuldnerin zusammenwirkender [X.] behandeln lassen.

8

Die Beklagte könne sich nicht wegen ihrer Minderjährigkeit auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Das Wissen ihrer Eltern müsse sie sich auch auf der [X.] zurechnen lassen. Bei einer analogen An[X.]dung des § 143 Abs. 2 Satz 1 [X.] würde dem Missbrauch der Rechtsstellung des minderjährigen Kindes Vorschub geleistet.

II.

9

Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist zulässig. Die zwischenzeitlich volljährig gewordene Beklagte ist in den vorliegenden Rechtsstreit eingetreten (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1983 - [X.], NJW 1983, 2084, 2085) und hat die bisherige Prozessführung ihrer Eltern genehmigt (vgl. [X.], Beschluss vom 30. November 1988 - [X.], [X.]Z 106, 96, 100 f; Urteil vom 9. Januar 1996 - [X.], NJW 1996, 1059, 1060; vom 21. Juni 1999 - [X.], [X.], 1969, 1970; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 52 Rn. 44; [X.]/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 56 Rn. 12). In der Sache ist die Klage weitgehend abweisungsreif.

1. Ansprüche aus Insolvenzanfechtung werden entgegen der Auffassung der [X.] nicht durch vertragliche Ansprüche oder Bereicherungsforderungen (§§ 812 ff [X.]) verdrängt (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 3. Aufl., Vor §§ 129-147 Rn. 86). Vielmehr können Anfechtungsansprüche selbständig neben sonstigen Rückgewähransprüchen erhoben werden ([X.], Urteil vom 29. Januar 1964 - [X.], [X.]Z 41, 98, 103 f; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 129 Rn. 30). Deshalb schließt die Nichtigkeit einer Rechtshandlung ihre Anfechtbarkeit nicht aus ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 96, 105 f).

2. Die zugunsten der [X.] geleisteten Überweisungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Infolge des [X.] haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 [X.]) bewirkt ([X.], Urteil vom 7. Mai 2015 - [X.], [X.], 1202 Rn. 8 mwN; vom 17. Dezember 2015 - [X.], [X.], 172 Rn. 13; vom 14. Juli 2016 - [X.], [X.], 1701 Rn. 9; vom 15. September 2016 - [X.], [X.], 2312 Rn. 11). Die selbst bei Zahlungen an einen uneigennützigen Treuhänder grundsätzlich gegebene Gläubigerbenachteiligung ([X.], Urteil vom 26. April 2012 - [X.], [X.]Z 193, 129 Rn. 12) ist nicht entfallen, soweit aus den Überweisungsbeträgen 4.995 € in die Barkasse der Schuldnerin zurückgeflossen sind, weil die Gläubigerbenachteiligung durch den verschleierten "Umtausch" eines pfändbaren [X.] gegen das Kreditinstitut in einen für die Gläubiger nur schwer ausfindig zu machenden Bargeldbetrag nicht rückgängig gemacht, sondern vertieft wird (vgl. [X.], Urteil vom 10. September 2015 - [X.], [X.], 1996 Rn. 14 ff). Eine etwaige Rechtsgrundlosigkeit der an die [X.] bewirkten Zahlungen steht einer Gläubigerbenachteiligung ebenfalls nicht entgegen, weil ein Rückforderungsanspruch im Blick auf den von der [X.] geltend gemachten Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 [X.]) nicht ohne weiteres begründet ist ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 96, 106).

3. Die Schuldnerin hat durch die Überweisungen keine unentgeltliche Leistung (§ 134 Abs. 1 [X.]) an die Beklagte erbracht. Dies gilt entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts auch in Höhe des Betrages von 5.247,55 €.

a) Unentgeltlich ist im hier gegebenen [X.] eine Leistung, [X.]n ein Vermögenswert des [X.] zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem [X.] ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll. Für die Annahme der Unentgeltlichkeit kommt es nicht auf eine synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung an.

b) Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Leistung hier nicht erfüllt. Der Schuldnerin stand in jedem Fall gegen die Beklagte ein ihre Leistung ausgleichender Anspruch zu. Die vom Konto der Schuldnerin auf das Konto der [X.] überwiesenen Beträge sollten dieser nicht auf Dauer verbleiben, sondern zur Tilgung von Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber deren Gläubigern eingesetzt werden. Die Beklagte war daher von vornherein einem Anspruch der Schuldnerin ausgesetzt, die erhaltenen Mittel entweder zu Gunsten der Schuldnerin zu verausgaben oder sie der Schuldnerin zurück zu gewähren. Dabei kann dahin stehen, ob zwischen der Schuldnerin und der [X.] eine treuhänderische Rechtsbeziehung bestand.

aa) Sofern die Vermögenswerte auf der Grundlage einer wirksamen Vereinbarung treuhänderisch übertragen werden sollten, kann die Vermögensverlagerung infolge des Rückforderungsanspruchs des Treugebers nicht als unentgeltlich betrachtet werden ([X.], Beschluss vom 23. Januar 2014 - [X.], Rn. 6; Urteil vom 10. September 2015 - [X.], [X.], 1996 Rn. 7; vom 8. Dezember 2016 - [X.], [X.], 103 Rn. 42).

bb) Nichts anderes gilt, sofern das Treuhandverhältnis unwirksam gewesen sein sollte oder die Schuldnerin und die Beklagte tatsächlich kein Treuhandverhältnis eingegangen sind. Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte die Zahlungen ohne Rechtsgrund erbracht. Dies führt jedoch nicht zur An[X.]dung des § 134 Abs. 1 [X.].

(1) Zwar kann zwischen der Schuldnerin und der [X.] ein Treuhandvertrag zustande gekommen sein ([X.], Urteil vom 9. Dezember 1993 - [X.], [X.], 218, 220 f, insoweit bei [X.]Z 124, 298 nicht abgedruckt). Ein solcher Treuhandvertrag bildete allerdings wegen der Mehrfachvertretung durch deren Eltern (vgl. [X.]/[X.], 7. Aufl., § 1795 Rn. 3) ein verbotenes In-sich-Geschäft (§ 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 2, § 181 [X.]), das schwebend unwirksam war und nicht genehmigt wurde (vgl. [X.], Urteil vom 9. Dezember 1993, aaO; vom 21. Januar 2010 - [X.], [X.], 473 Rn. 11). Ausnahmsweise gültig ist ein In-Sich-Geschäft des Vertreters, das dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Bei lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäften wird der Normzweck des § 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 2, § 181 [X.] durch ein In-Sich-Geschäft des gesetzlichen Vertreters nicht gefährdet. Insoweit besteht eine Wechselwirkung zwischen § 107 [X.] und § 181 [X.], die eine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 181 [X.] erfordert ([X.], Urteil vom 27. September 1972 - [X.]/69, [X.]Z 59, 236, 240; vom 25. April 1985 - [X.], [X.]Z 94, 232, 235). Die Treuhandvereinbarung begründete wegen des Anspruchs auf Rückgewähr der [X.] für die beschränkt geschäftsfähige (§ 106 [X.]) Beklagte nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 107 [X.] (vgl. [X.]/[X.], 7. Aufl., § 107 Rn. 36; [X.]/Wegen/Weinreich, [X.], 12. Aufl., § 107 Rn. 6; Lange in jurisPK[X.], 8. Aufl., 2017, § 107 Rn. 20; [X.]/[X.], [X.], 2017, § 107 Rn. 27). Bei dieser Sachlage fehlte es an einer gültigen Vertragsverpflichtung.

(2) Damit sind nicht die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Leistung erfüllt. Unentgeltlichkeit liegt vor, [X.]n der Schuldner bewusst eine rechtsgrundlose Leistung erbringt und der Empfänger aufgrund eines von dem Schuldner hervorgerufenen Irrtums meint, eine vertraglich geschuldete Leistung erhalten zu haben. Unter diesen Umständen ist eine Rückforderung nach § 814 [X.] ausgeschlossen ([X.], Urteil vom 29. November 1990 - [X.], [X.]Z 113, 98, 101 ff; vom 11. Dezember 2008 - [X.], [X.]Z 179, 137 Rn. 6; vom 20. April 2017 - [X.], [X.], 1215 Rn. 16). Im Unterschied dazu scheidet Unentgeltlichkeit aus, [X.]n der Schuldner annahm, zu der Leistung wirksam verpflichtet gewesen zu sein ([X.], Urteil vom 13. März 1978 - [X.], [X.]Z 71, 61, 66; vom 29. November 1990, aaO S. 103; Beschluss vom 9. Oktober 2014 - [X.], Z[X.] 2015, 305 Rn. 3; Urteil vom 20. April 2017, aaO Rn. 13).

(3) In dieser Weise ist der vorliegende Sachverhalt gelagert. Die Schuldnerin hat die Überweisungen an die Beklagte mit dem Willen vorgenommen, darüber nach eigenem Gutdünken zu verfügen. Da die an die [X.] transferierten Mittel im Interesse der Schuldnerin ver[X.]det werden sollten, war deren Wille nicht darauf gerichtet, eine unentgeltliche Leistung an die Beklagte zu erbringen. Ebenso konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, eine unentgeltliche Leistung empfangen zu haben. Sie musste sich als verpflichtet ansehen, die erhaltenen Mittel im Interesse der Schuldnerin einzusetzen. Leistet der Schuldner, weil er sich irrtümlich hierzu verpflichtet hält, steht ihm hinsichtlich der Leistung ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu. Der Empfänger ist von vornherein diesem Bereicherungsanspruch ausgesetzt. Insoweit fehlt es bei einer solchen Leistung an einem endgültigen, vom Empfänger nicht auszugleichenden, freigiebigen Vermögensverlust des Schuldners ([X.], Urteil vom 20. April 2017, aaO Rn. 13). Bei dieser Sachlage scheidet eine Unentgeltlichkeit im Sinne von § 134 Abs. 1 [X.] aus.

cc) Eine unentgeltliche Leistung läge auch dann nicht vor, [X.]n sich die Eltern darüber im Klaren gewesen wären, durch ihr Handeln ihre gesetzliche Vertretungsmacht zu Lasten der [X.] zu missbrauchen (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 2016 - [X.], [X.], 1437 Rn. 24) und deshalb auf eine nicht bestehende Verbindlichkeit zu leisten. Gleiches gälte, [X.]n insoweit von vornherein kein Treuhandverhältnis bestanden habe und dies den Eltern bewusst gewesen sein sollte. In beiden Fällen würde der rechtshindernde Tatbestand des § 814 [X.], der bei einer bewussten Leistung auf eine Nichtschuld einen Bereicherungsausschluss anordnet, nicht eingreifen. Die Vorschrift wird unabhängig von den subjektiven Voraussetzungen allgemein als unan[X.]dbar betrachtet, [X.]n der Empfänger nicht darauf vertrauen durfte, die Leistung behalten zu dürfen ([X.]/[X.], 7. Aufl., § 814 Rn. 8). Dies gilt etwa beim Empfang von [X.], die auch bei einem unwirksamen Vertrag erstattet werden müssen ([X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 814 Rn. 10). Ebenso verhält es sich in einem Treuhandverhältnis, weil die Mittel nicht endgültig im Vermögen des Treuhänders verbleiben sollen ([X.], Urteil vom 9. Februar 1972 - [X.], [X.], 382, 383). Falls abweichend eine Zweckleistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 [X.] gewollt war, würde es sich nicht anders verhalten, weil für die Voraussetzungen des § 815 [X.] jeder Vortrag fehlt.

c) Ein Anspruch in Höhe von 5.247,55 € folgt nicht - wie das Berufungsgericht meint - deswegen aus § 134 Abs. 1 [X.], weil der Verbleib von [X.] in Höhe dieses Betrags nicht geklärt werden kann. Weder die Schuldnerin noch die Beklagte nahmen an, dass die überwiesenen Beträge endgültig bei der [X.] verbleiben sollten; daher fehlt es auch hinsichtlich dieses Restbetrages an dem Willen der Schuldnerin, der [X.] eine unentgeltliche Leistung zuzu[X.]den. Handelt es sich nach den einschlägigen Rechtsgrundsätzen um ein entgeltliches Geschäft, kann die von dem Schuldner erbrachte Zu[X.]dung nicht deshalb als unentgeltlich angefochten werden, weil die Gegenleistung ausgeblieben ist ([X.], Urteil vom 21. Januar 1999 - [X.], Z[X.] 1999, 163, 164; vom 13. Oktober 2016 - [X.], [X.], 47 Rn. 14). Soweit die Beklagte noch über [X.] verfügt, ist es nach allgemeinen Regeln an den Kläger zurück zu gewähren (Bork in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2017, § 134 Rn. 24; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 134 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.], § 134 Rn. 17; HmbKomm-[X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 134 Rn. 8). Soweit es sich um Leistungen mit dem Zweck handelte, Verbindlichkeiten der Schuldnerin zu tilgen, wären sie wegen Zweckverfehlung zurück zu gewähren (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 [X.]).

4. Ebenso sind die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 [X.] in der bis zum 4. April 2017 gültigen Fassung nicht erfüllt. Ein Zahlungsanspruch in Höhe von 29.524,50 € ist nicht gegeben, weil die Beklagte als bloße [X.]in einen [X.] der Schuldnerin nicht erkannt hat.

a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Sind beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet, kann von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden, weil der Schuldner weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird ([X.], Urteil vom 6. Dezember 2012 - [X.], [X.], 174 Rn. 15; Urteil vom 19. September 2013 - [X.], [X.], 2074 Rn. 14; vom 24. Oktober 2013 - [X.], [X.], 2231 Rn. 10, 11; vom 3. April 2014 - [X.], [X.], 1009 Rn. 32). Im Streitfall war den Eltern der [X.] als Geschäftsführern die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin geläufig, was den Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz gestattet.

b) Den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hat die selbst nicht handlungsfähige, minderjährige Beklagte als bloße Zahlstelle der Schuldnerin nicht erkannt.

aa) Wird ein [X.] als Zahlstelle des Schuldners tätig, ist er an dem Zahlungsvorgang nur in der technischen Funktion eines [X.]s beteiligt, ohne einen eigenen Vorteil zu erlangen. Sofern sich die Mitwirkung des [X.]s nicht in der Erledigung von Zahlungsvorgängen erschöpft, sondern er über die allgemein geschuldeten Aufgaben einer Zahlstelle hinaus im Eigen- oder [X.] aktiv an einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung des Schuldners teilnimmt, kann aus dieser Mitwirkung in Verbindung mit der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf die Kenntnis des [X.] geschlossen werden ([X.], Urteil vom 26. April 2012 - [X.], [X.]Z 193, 129 Rn. 21; vom 25. April 2013 - [X.], [X.], 1044 Rn. 30). Mithin erkennt der [X.] den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, [X.]n er bei Ausführung von Zahlungsaufträgen nicht nur über dessen Zahlungsunfähigkeit unterrichtet, sondern im Zuge der Verfolgung von Sonderinteressen in eine von dem Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden ist ([X.], Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26; Urteil vom 24. Januar 2013 - [X.], [X.], 361 Rn. 32; vom 25. April 2013, aaO Rn. 32). In dieser Weise verhält es sich, [X.]n der [X.] in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners diesem sein Konto zwecks Fortführung des Zahlungsverkehrs zur Verfügung stellt und damit hinnimmt, an gläubigerbenachteiligenden Handlungen des Schuldners mitzuwirken ([X.], Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 29). Gleiches gilt, [X.]n der [X.] in Absprache mit dem Schuldner oder aus eigener Entscheidung lediglich bestimmte Gläubiger befriedigt ([X.], Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27; vom 25. April 2013, aaO Rn. 33).

bb) Die beschränkt geschäftsfähige (§ 106, 107 [X.]) Beklagte war nach den Feststellungen der Vordergerichte nicht über die hier maßgeblichen, ohne ihre Mitwirkung zum Nachteil der Gläubigergesamtheit durchgeführten Vorgänge unterrichtet. Deswegen kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen eigene Kenntnisse des Minderjährigen einen Anfechtungsanspruch gegen ihn begründen ([X.]/[X.], [X.], § 130 Rn. 147; vgl. [X.], Urteil vom 9. Dezember 1993 - [X.], [X.]Z 124, 298, 304). Die möglicherweise eine Vorsatzanfechtung gegen den [X.] tragenden Kenntnisse ihrer Eltern wirken nicht zum Nachteil der [X.], weil die Eltern in Ausübung ihrer unbegrenzten Vertretungsmacht (§ 1629 Abs. 1 [X.]) das Konto der [X.] ohne Rücksicht auf die für sie damit verbundenen abträglichen Rechtsfolgen zu einer Zahlstelle der Schuldnerin zweckentfremdet haben.

(1) Ist eine minderjährige Person zu einer vernünftigen Selbstbestimmung unter keinen Umständen in der Lage, sondern in vollem Umfang dem Willen ihres gesetzlichen Vertreters (§ 1629 Abs. 1 [X.]) unterworfen, bedarf sie des besonderen rechtlichen Schutzes (vgl. Schilken, Wissenszurechnung im Zivilrecht, 1983, [X.] f). Darum wirken Kenntnisse des gesetzlichen Vertreters, der - wie im Streitfall die Eltern der [X.] - seine Befugnisse missbraucht, nicht zum Nachteil des Kindes.

Die mit jeder Vertreterbestellung verbundene Fremdbestimmung beruht nur bei einer rechtsgeschäftlichen Vertretung auf dem freien Willen des Vertretenen. Dagegen ist das minderjährige Kind nicht in der Lage, auf die gesetzliche Vertretungsbefugnis seiner Eltern einzuwirken ([X.] 72, 155, 171). Eine unkontrollierte Entscheidungsbefugnis kann sich, [X.]n die Eltern - wie hier - nicht bereit sind, ihrer besonderen Verantwortung im Rahmen der Vermögenssorge zu genügen, in hohem Maße nachteilig für das Kind auswirken ([X.], aaO S. 173 f). Mithin kann ein Wissen der Eltern in An[X.]dung des § 133 Abs. 1 [X.] einem Minderjährigen jedenfalls dann nicht zugerechnet werden, [X.]n sich die Eltern in Verfolgung ihrer eigenen wirtschaftlichen Belange aus eigensüchtigen Beweggründen über die Vermögensinteressen des Kindes hinwegsetzen. Die Eltern haben hier sämtliche Überweisungen aus eigenem Willensentschluss ohne Rücksicht auf der [X.] aus einer möglichen Insolvenzanfechtung drohenden Rechtsnachteile ausschließlich zur Förderung ihrer persönlichen wirtschaftlichen Interessen als Gesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin vorgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2012 - [X.], [X.]Z 193, 129 Rn. 21; Urteil vom 24. Januar 2013 - [X.], [X.], 361 Rn. 32). Da die minderjährige, selbst rechtlich nicht handlungsfähige Beklagte außerstande war, das eigenmächtige, ihre Vermögensinteressen beeinträchtigende Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreter zu unterbinden, können ihr deren Kenntnisse nicht angelastet werden.

(2) Angesichts ihrer fehlenden rechtlichen Handlungsfähigkeit konnte die Beklagte auf die von ihren Eltern veranlassten Kontobewegungen nicht den geringsten Einfluss nehmen, so dass sie als Kontoinhaberin an den Zahlungsvorgängen lediglich in der technischen Funktion einer Zahlstelle beteiligt war. Die unbeschränkte gesetzliche Vertretungsmacht sowohl im Verhältnis zu der Schuldnerin (§ 35 Abs. 1 und 2 GmbHG) als auch zu der [X.] (§ 1629 Abs. 1 [X.]) setzte die Eltern in den Stand, das Konto der [X.] nach Belieben als Zahlstelle der Schuldnerin zu missbrauchen. Die beschränkt geschäftsfähige Beklagte konnte der Nutzung ihres Kontos als Zahlstelle der Schuldnerin nicht entgegentreten. Mit den Zahlungsvorgängen wurden keine eigenen Vermögensinteressen der [X.] gefördert (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2012 - [X.], aaO). Da sämtliche Kontoverfügungen nach Gutdünken der allein verfügungsbefugten Eltern stattfanden, hat die Beklagte bei der Befriedigung der Gläubiger der Schuldnerin weder eine maßgebliche Rolle übernommen noch eigene Interessen verfolgt (vgl. [X.], Urteil vom 25. April 2013 - [X.], [X.], 1044 Rn. 32) oder einen eigenen Handlungsspielraum ausgeübt ([X.], aaO Rn. 33). Wer - wie die Beklagte - ohne eigene rechtliche Handlungsmacht auf die technische Funktion einer Zahlstelle beschränkt ist, unterliegt nicht der Vorsatzanfechtung.

III.

Das angefochtene Urteil kann damit nicht bestehen bleiben und ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da im Blick auf insolvenzanfechtungsrechtliche Ansprüche Entscheidungsreife vorliegt (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist die Klage in Höhe eines Betrages von 24.276,95 € abzuweisen.

Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit der Betrag von 5.247,55 € betroffen ist.

1. Insoweit kann, weil die in Rede stehenden Zahlungen an die Beklagte überwiesen wurden, ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 [X.] in Betracht kommen. Die vorrangig auf Insolvenzanfechtungsrecht gestützte Klage ist auch unter diesem materiell-rechtlichen Gesichtspunkt zu würdigen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 1999 - [X.], Z[X.] 1999, 163, 164). Die Subsumtion des vorgetragenen Sachverhalts unter die in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbestände, gleich ob anfechtungsrechtlicher oder schuldrechtlicher Natur, ist Sache des Gerichts (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 1997 - [X.], [X.]Z 135, 140, 149; vom 24. September 2015 - [X.], [X.], 88 Rn. 17).

2. Der Verbleib dieser Gelder ist bislang ungeklärt. Die Beklagte hat sich im [X.] ausdrücklich unter Berufung auf die Vernehmung ihrer Eltern darauf berufen, dass infolge von Barabhebungen der Eltern über 11.665 € und Überweisungen zugunsten der Schuldnerin über 18.717,43 € keine Zahlungen der Schuldnerin in ihrem Vermögen verblieben seien. Zwar trägt auch eine beschränkt geschäftsfähige Person grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall der Bereicherung ([X.], Urteil vom 17. Januar 2003 - [X.], [X.], 1488, 1489). Allerdings könnte die Darlegungslast abgemildert sein, weil die Organe der Schuldnerin in deren Interesse eigenmächtig über das Konto der beschränkt geschäftsfähigen [X.] verfügten. Abschließende Feststellungen zum Verbleib dieser Beträge hat das Berufungsgericht nicht getroffen, sondern eine Weiterleitung an Dritte erwogen, welche ohne die Möglichkeit, sich auf einen Wegfall der Bereicherung zu berufen, den Tatbestand des § 133 Abs. 1 [X.] ausfülle. Mithin bedarf es noch der Klärung, ob ein Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 [X.]) tatsächlich eingetreten ist.

[X.]     

      

Gehrlein     

      

Lohmann

      

Schoppmeyer     

      

Meyberg     

      

Meta

IX ZR 224/16

07.09.2017

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 23. August 2016, Az: 3 U 1016/15

§ 133 Abs 1 InsO, § 134 Abs 1 InsO, § 166 Abs 1 BGB, § 181 BGB, § 814 BGB, § 1629 Abs 2 S 1 BGB, § 1795 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.09.2017, Az. IX ZR 224/16 (REWIS RS 2017, 5654)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 3516 MDR 2017, 1266-1267 WM2017,1910 REWIS RS 2017, 5654

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