Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2005, Az. I ZR 140/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4165

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/02 Verkündet am: 7. April 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Kündigungshilfe
[X.] §§ 3, 4 Nr. 1 und 10

Es ist grundsätzlich zulässig, einem vertraglich noch gebundenen Kunden [X.] bei einer ordentlichen Kündigung zu helfen, daß ihm ein vorbereitetes Kündigungsschreiben vorgelegt wird, das nach Einfügung des [X.] nur noch zu unterschreiben ist. Ein solches Verhalten ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände weder als unangemessen unsachliche Einflußnahme auf Verbraucher noch als unlautere gezielte Behinderung eines Mitbewerbers zu beurteilen.

[X.], Urt. v. 7. April 2005 - [X.]/02 - [X.]
[X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. April 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 4. Zivilsenat in [X.] - vom 18. April 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Wärme- und Was-serverbrauchserfassung und deren Abrechnung.
Der Vater des Beklagten war bis zum 31. Dezember 2000 Handelsvertre-ter der Klägerin im [X.]. Der Beklagte war zunächst [X.]. Danach machte er sich als Franchisenehmer des [X.] selbständig. - 3 - Ende November 2000 stellte die Klägerin fest, daß im [X.]

mehr als 20 Kunden die Verträge mit ihr gekündigt hatten. Die [X.] stimmten in Wortlaut und Schriftbild nahezu überein.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe ihre Kunden systematisch veranlaßt, vorgefertigte Kündigungsschreiben zu unterschreiben, und dann mit ihnen selbst Verträge geschlossen. Eine solche Kündigungshilfe sei schon für sich gesehen wettbewerbswidrig. Hier komme hinzu, daß der Beklagte die Ab-werbung der Kunden bereits vorbereitet habe, als er noch - als Angestellter [X.] - für sie tätig gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Kündigungshilfe bei Kunden der Klägerin im Bereich der Heiz-, Warmwasser- und Kaltwasserkostenerfassung sowie deren Abrechnung zu leisten, und zwar durch Abfassung von [X.] und/ oder deren Vorlage bei Kunden der Klägerin und/oder deren Un-terstützung im Rahmen der Auseinandersetzung aufgrund der Kündigung von Vertragsverhältnissen zwischen Kunden und der Klägerin.

Die Klägerin hat zudem im Wege der Stufenklage beantragt, den [X.] zu verurteilen, hinsichtlich der im Unterlassungsantrag genannten Handlun-gen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen sowie erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern. Sie hat weiter beantragt, den Beklagten zu verurteilen, Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft und Rechnungslegung festzusetzenden Höhe zu leisten.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten.
- 4 - Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, deren Zurückwei-sung der Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Es hat dazu ausgeführt:
Der Beklagte habe nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 [X.] (a.F.) ge-handelt. Es könne unterstellt werden, daß er den Kunden der Klägerin Kündi-gungshilfe geleistet habe, indem er ihnen vorgefertigte Schreiben zur [X.] zur Verfügung gestellt habe. Ein solches [X.] sei jedoch grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten [X.] haben kei-nen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dem Beklagten sei es nicht verwehrt, Kunden der Klägerin dadurch Kündigungshilfe zu leisten, daß er ihnen Kündigungsschreiben vorformulierte und vorlegte. Ein solches Verhal-ten ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich weder als unangemessen unsachliche Einflußnahme auf Verbraucher noch als unlautere gezielte Behinderung eines Mitbewerbers zu beurteilen (§§ 3, 4 Nr. 1 und 10 [X.]; § 1 [X.] a.F.). - 5 -
a) Nach Erlaß des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ([X.] I S. 1414) in [X.] getreten und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer [X.] getreten (§ 22 [X.]). Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten ([X.], Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02, [X.], 349, 352 = [X.], 476 - [X.], für [X.] vorgesehen).

Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch der Klägerin, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, kann nur bestehen, wenn das [X.] des Beklagten zur [X.] seiner Begehung solche Unterlassungsansprüche begründet hat und diese Ansprüche auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben sind (vgl. [X.], Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, [X.], 166, 167 = [X.], 88 - [X.], m.w.N.). Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprü-che und - als Hilfsansprüche zur Durchsetzung der Schadensersatzansprüche - Auskunftsansprüche zustehen, richtet sich jeweils nach dem zur [X.] der bean-standeten Handlung geltenden Recht (vgl. [X.] [X.], 166, 167 - [X.]).
b) Es gehört zum Wesen des [X.], daß Kunden abgeworben werden. Im Wettbewerb hat grundsätzlich niemand Anspruch auf Erhaltung [X.] Kundenstamms. Kunden zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen zu bestim-men, ist grundsätzlich zulässig (vgl. [X.], Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 303/01, [X.], 704, 705 = [X.], 1021 - [X.], m.w.N.). Ebenso ist es wettbewerbskonform, Kündigungshilfe durch Hinweise auf Notwendigkeit, Frist und Form einer Kündigung zu leisten, solange dabei nicht unlautere Mittel eingesetzt werden (vgl. [X.], Urt. v. 8.11.2001 - 6 - - I ZR 124/99, [X.], 548, 549 = [X.], 524 - [X.]).
c) Die Frage, ob es wettbewerbsrechtlich unlauter ist, Kunden eines [X.] dadurch abzuwerben, daß ihnen vorformulierte Kündigungsschrei-ben zur Unterzeichnung vorgelegt werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: [X.] [X.], 536; [X.] GRUR 1994, 136, 137; [X.] NJW-RR 1991, 233, 234; v. Gamm, [X.], 3. Aufl., § 1 [X.]. 234; [X.], [X.]recht Markenrecht, 10. Aufl., [X.]. 1439; [X.], [X.], 643, 645; verneinend: [X.], 759, 760 f.; [X.] 1999, 340, 341; [X.]/[X.]/[X.], [X.]recht, 23. Aufl., § 4 [X.] [X.]. 10.39; [X.]/[X.]/Ahrens, [X.], Einl. F. [X.]. 155; [X.]/[X.]/[X.] ebd. § 4 Nr. 10 [X.]. 88; [X.], [X.] Abwerbung, 1999, [X.] ff., 124 f.; [X.]/[X.], [X.], 921, 923; vgl. auch [X.] [X.], 402, 403 ff. - Trafikantenzeitung).
d) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der - entsprechend dem Klagevorbringen - festgestellten Umstände zu Recht ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten verneint. Es ist grundsätzlich zulässig, einem vertrag-lich noch anderweitig gebundenen Kunden ein vorbereitetes Kündigungsschrei-ben vorzulegen, das nach Einfügung des [X.] nur noch zu un-terschreiben ist. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird allein durch eine solche Dienstleistung nicht unsachlich zum Abschluß ei-nes Vertrages mit einem Mitbewerber veranlaßt (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 Nr. 10 [X.]. 88). Die Benutzung eines vorformulierten [X.]s kann allerdings unter Umständen ein wettbewerbswidriges Vorge-hen im Sinne des § 4 Nr. 1 [X.] erleichtern. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Abwerbende dem Kunden bei der Kündigung der Vertragsbeziehung zu seinem Mitbewerber nicht nur in dieser Weise behilflich ist, sondern ihn irre-- 7 - führt, überrumpelt oder sonst unangemessen unsachlich in seiner [X.] beeinträchtigt (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 [X.] [X.]. 10.39 f.; Großkomm.[X.]/[X.]/[X.] 1 [X.]. [X.]). Diese Gefahr genügt aber nicht, um schon die Verwendung eines vorformulierten Kündigungsschreibens für sich als wettbewerbswidrig zu beurteilen. Auf hinzu-tretende besondere Unlauterkeitsumstände stellen die Klageanträge nicht ab; insoweit fehlt es im übrigen auch an einem entsprechenden konkreten Vorbrin-gen der Klägerin.
e) Das Verbot der Verwendung vorgefertigter Kündigungsschreiben kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht teilweise (im Sinne eines Minus) damit begründet werden, der Beklagte habe die vorgefertigten [X.] schon zur Abwerbung benutzt, als er noch Angestellter bei der Han-delsvertretung seines [X.] gewesen sei. Das Berufungsurteil enthält zwar insoweit in seinem unstreitigen Tatbestand eine mißverständliche Formulierung, der ein solcher Sachverhalt entnommen werden könnte. Die Klägerin hat jedoch ein solches Vorgehen des Beklagten selbst nicht behauptet. Sie hat vielmehr in der Klageschrift vorgetragen, der Beklagte habe die beanstandete [X.] geleistet, nachdem er sich selbständig gemacht habe.
2. Die Revision ist auch unbegründet hinsichtlich der Abweisung des [X.], dem Beklagten zu verbieten, Kunden bei der Auseinan-dersetzung mit der Klägerin aufgrund der Kündigung von Vertragsverhältnissen zu unterstützen. Hierzu gibt es keinen entsprechenden Sachvortrag der Kläge-rin. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rüge.
3. Aus dem Vorstehenden folgt, daß die auf den Unterlassungsantrag bezogenen weiteren Klageanträge ebenfalls unbegründet sind. - 8 - II[X.] Danach war die Revision auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

[X.] Bornkamm

Pokrant Schaffert

Meta

I ZR 140/02

07.04.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2005, Az. I ZR 140/02 (REWIS RS 2005, 4165)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4165

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