Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2001, Az. 3 StR 175/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1445

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[X.]/01vom5. September 2001in der [X.] im [X.] 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] am 5. September 2001 gemäß § 349Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil [X.] Hannover vom 6. Juni 2000, soweit er verurteiltworden ist, mit den Feststellungen aufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten, der als Justizvollzugsbedienste-ter in der [X.]tätig gewesen war, wegen Körperverletzung im Amt,wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und wegen unerlaubten [X.] zwei Würgehölzern zu einer Gesamtgeldstrafe von 140 Tagessätzen ver-urteilt.Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der formelle undsachlich-rechtliche Beanstandungen geltend gemacht werden, hat Erfolg.[X.] Körperverletzung im [X.] Die [X.] hat den Angeklagten im ersten Fall wegen Körper-verletzung im Amt in der Form eines unechten Unterlassungsdelikts verurteilt.- 3 -Sie hat festgestellt, daß beim [X.] des Gefangenen [X.]dessen Unterarm in der Form eingeklemmt wurde, daß die Haut zwischen[X.] und [X.] verblieben ist. Obgleich der Angeklagte dieses Einklemmen frmlich gehalten habe, sei er weggegangen und habe den schmerzhaften Zu-stand nicht sogleich beendet. In der Anklage war dem Angeklagten insoweitvorgeworfen worden, durch [X.] den Gefangenen mit [X.] gestoßen und die [X.] derart zugeschlagen zu haben, daß die [X.] eingeklemmt worden ist. Auf die Verrung dieses rechtlichenGesichtspun[X.]s (Unterlassen statt [X.]) tte nach § 265 Abs. 1 StPOhingewiesen werden mssen (BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 1). [X.] erstellten [X.] ist ein [X.] nicht zu entnehmen. Nachdem das Unterlassen des Hinweises in [X.] Angeklagten vom 28. September 2000 [X.] war, hat der Vorsitzende am 10. Januar 2001 in einem Vermerk niederge-legt, daß [X.] seiner Erinnerungfl in der Hauptverhandlung vom 29. Mai 2000neben dem Hinweis auf die Änderung des [X.] auch [X.] auf die mliche Verurteilung wegen Unterlassens erteilt worden sei,und hat eine entsprechende Protokollberichtigung veranlaßt.Durch diese Handhabung kann einer zuvor erhobenen [X.] nicht entzogen werden (st. Rspr., vgl. BGHSt 34, 11,12). Ob etwas anderes dann gelten [X.], wenn zweifelsfrei ein vom protokol-lierten Hergang abweichender Ablauf vorliegt (vgl. 5. Strafsenat in [X.] 274 Beweiskraft 22), braucht hier nicht entschieden zu werden, da angesichtsder Erklrung des damals anwesenden Verteidigers zum Ablauf der Hinwei-serteilung am 29. Mai 2000 einerseits und der erst nach mehr als acht Monatender fiErinnerung nachfl vorgenommenen Protokollrung andererseits von- 4 -einer zweifelsfreien Sachlage nicht gesprochen werden kann. Es kann auchnicht ausgeschlossen werden, [X.] die Verurteilung in diesem Falle auf demunterbliebenen Hinweis [X.] Beide Flle der Krperverletzung im Amt betrifft die fehlerhafte Ableh-nung des [X.] eines [X.] zum Be-weis der Tatsache, [X.] der Gefangene [X.] wegen einer [X.] Psychose im Zusammenhang mit exzessivem Drogenmiû-brauch und den ihm in der JVA verabreichten Psychopharmaka nicht zeugen-tchtig sei. Die [X.] hat diesen Antrag in den [X.], [X.] sie selbst die erforderliche Sachkunde zur Beur-teilung des Zeugen besitze, da [X.] paranoid-halluzinatorische Psychosenicht per se dazu fre, [X.] ein Zeuge keine zeugentaugliche Auskunftspersonseiº ([X.]). Diese Begrrmlicht dem Revisionsgericht nicht [X.], ob das Tatgericht tatschlich die erforderliche Sachkunde hatte,dies liegt hier eher fern. Die [X.] hat dabei keiren Angabendazu gemacht, ob und wann eine solche Psychose festgestellt worden ist, obsie ebenfalls vom Vorliegen dieser Erkrankung ausgegangen ist und gegebe-nenfalls wann und auf welche Weise sich diese ausgewirkt hat. Sie hat [X.] hinaus auch nicht damit auseinandergesetzt, welchen [X.] der ex-zessive Drogenmiûbrauch des Zeugen und die in der JVA verabreichten [X.] im Zusammenhang mit dieser Psychose hatten. Dabei ist zu be-rcksichtigen, [X.] in dem Beweisantrag konkret vorgetragen worden war, [X.]der Zeuge an Halluzinationen leide, Stimmre, glaube [X.] zu sein undandere in die [X.] bringen k.a., wobei sich diese Beurteilung einerausgeprten Psychose aus einem bei den A[X.]n befindlichen Gutachten [X.]. Dr. T. vom [X.] Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule- 5 -in [X.]ergibt. Dies ist im Rahmen einer Aufklrungsrin der [X.] vorgetragen worden wie der Umstand, [X.] Beamte [X.] [X.]bei einer Befragung des Zeugen am 29. Juli 1998zum Ergebnis gelangt waren, dieser komme wegen seines [X.] als Zeuge nicht in Betracht, da er auf konkrete Fragen sich an zeitlicheAblfe und Örtlichkeiten angeblich nicht erinnern kr von vllig ande-ren Dingen spreche.I[X.] Ausr tatschlichen Gewalt r [X.]:Die [X.] hat den Angeklagten im dritten Fall wegen Aussder tatschlichen Gewalt r zwei [X.] nach § 53 Abs. 3 Nr. 3WaffG verurteilt, ein vorstzliches Handeln indes nicht ausreichend [X.].Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte diese Gegenstchder Teilnahme an einem Kampfsportlehrgang in [X.] vom Lehrgangsleiterals Erinnerungsgeschenk erhalten. [X.] (auch Nunchakugenannt) [X.] aus zwei Hartholzstr Metallrohren bestehen, diedurch Lederriemen, eine Schnur oder eine Kette miteinander verbunden sind(amtliche Begr, [X.]. 74/76 S. 54; vgl. auch BVerwG [X.], 276, 277) wiesen diese Gerte im Gegensatz dazu keine massiven Grif-fe, sondern zwei mit 7, bzw. 10 mm starkem Schaumstoff ummantelte Kunst-stoffrohre auf. Die [X.] hat sie nach Arung eines [X.]gleichwohl als zum [X.] bestimmte [X.] Sinne des § 8 Abs. 1Nr. 3 der [X.] eingeordnet, weil sich mit ihnen zwar wegen der [X.] die schlagartige Unterbrechung der Blutzufuhr nicht erreichen lassen, ein- 6 -Drosselungsvorgang aber gleichwohl mlich sei; hinzu komme, [X.] sie [X.] als sonstige derartige Trainingsgerte keine Sollbruchstelle aufwiesen.Der Angeklagte hatte sich dahin eingelassen, sie nicht fr echte Nun-chaku, sondern fr Trainingsgerte fr Kampfsportler zum Üben der Abwehrgegen entsprechende Angriffe gehalten zu haben. Die [X.] hat dieseEinlassung, die eine Berufung auf einen Tatbestandsirrtum darstellt, fr wider-legt erachtet, weil der Angeklagte als langjriger Kampfsportler aus der Teil-nahme an internationalen Lehrmfassende Kenntnisse aucr dieeinschligen [X.] habe.Gerade unter diesem Blickwinkel tte sie sich mit dem Umstand aus-einandersetzen mssen, [X.] er diese Gegenstch einem Kampfsport-lehrgang von dessen Veranstalter als Erinnerungsgeschenk erhalten hatte,was gegen ihre Einstufung durch die Beteiligten als verbotene Wrlzerspricht. Ferner wre zu errtern gewesen, ob die vom [X.] frTrainingsgerte geforderten Sollbruchstellen auch bei einem ummanteltenKunststoffrohr fr den Angeklagten deutlich erkennbar gewesen waren und obdie vom [X.] dem Gericht vermittelten spezifischen Abgren-zungskriterien zwischen dem Waffengesetz unterfallenden Wrgegerten un-terschiedlicher Bauweise und entsprechenden Trainingsgerten tatschlichAllgemeingut erfahrener Kampfsportler waren, so [X.] allein aus diesem [X.] auf einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten geschlossen werdenkonnte.II[X.] Fr die neue Hauptverhandlung gibt der Senat folgende [X.] -1. Falls das neu erkennende Tatgericht im ersten Fall erneut zu einerKrperverletzung durch Unterlassen kommen sollte, wird es das Vorliegen ei-nes bedingten Vorsatzes, wonach der Angeklagte das Einklemmen der Haut frmlich gehalten habe, r zu begr. Angesichts des [X.], [X.] der Gefangene zchst die Hand zwischen [X.] und [X.] gehaltenhatte, um ein [X.] zu verhindern, diese dann jedoch zurckgezogen hat,worauf der Angeklagte die [X.] vllig [X.] konnte, versteht es sich [X.] weiteres, [X.] der Angeklagte damit gerechnet hat, eine Hautfalte desArms eingeklemmt zu haben. Der Ausruf des Gefangenen, sein [X.] sei [X.], konnte bei wrtlicher Auslegung (ªder ganze Armº) vom [X.] unzutreffende Klage aufgefaût worden sein, da sich dann die [X.] nichttte [X.] lassen. [X.] [X.] auch sprechen, [X.] sich der [X.] danach zum Vollzugsabteilungsleiter [X.]begeben hatte [X.] das Randalieren des Gefangenen erstattet hat.2. Im zweiten Fall wird fr den Qualifikationstatbestand des § 340 Abs. 2Satz 1 StGB a.F. das Tatbestandsmerkmal der lebensgefrdenden [X.] im Sinne des § 223 a Abs. 1 StGB a.F. eingehender darzulegen sein. [X.] Annahme einer lebensgefrdenden [X.] zwar grundstz-lich deren objektive Eignung, ohne [X.] der Eintritt einer konkreten Gefahr ge-geben sein mûte, doch [X.] sich die objektive Eignung stets aus der [X.] nach ihren konkreten [X.] Einzelfall ergeben (vgl. [X.] § 223 a Abs. 1 Lebensgefrdung 1, 2, 3). Daher wird es darauf ankom-men, ob eine Lebensgefrlichkeit in diesem Sinne auch bereits bei der [X.] vorgenommenen kurzzeitigen Anwendung des [X.] ge-geben war. Subjektiv [X.] der Tter dabei die Umstrkennen, aus denensich die Lebensgefrlichkeit ergibt (BGHR aaO Nr. 5).- 8 -3. Im dritten Fall wird das neue Tatgericht Gelegenheit haben, die Ein-ordnung der Gegenstls [X.] einer erneuten Prfung zu unter-ziehen. Dabei wird zu beachten sein, [X.] solche Gerte nach § 8 Abs. 1 Nr. 3der [X.] nach ihrer Beschaffenheit und Handhabung dazu bestimmt seinmssen, durch [X.] die Gesundheit zu bescigen. Die bloûe Eignungreicht dazu nicht. Dabei wird zu errtern sein, [X.] die - r lichenNunchakus - zustzliche Ummantelung der Haltegriffe mit Schaumstoff dieWrgeeignung wesentlich herabsetzt, was [X.] sprechen [X.], [X.] derHersteller diese Gerte nicht als Kampf-, sondern als Trainings- oder [X.] hat. Ferner wird zu klren sein, ob die Anbringungvon Sollbruchstellen nur bei an sich massiven Griffen aus Holz oder [X.] auch bei solchen ummantelten Kunststoffrohrlich ist, wenn sie [X.] eingesetzt werden sollen.[X.] Miebach [X.]

Meta

3 StR 175/01

05.09.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2001, Az. 3 StR 175/01 (REWIS RS 2001, 1445)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1445

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