Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2000, Az. X ZB 7/99

X. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3351

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSS[X.]vom25. Januar 2000in der [X.]:jaBGHZ: neinSpiralbohrer[X.] 1981 § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des [X.]a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne des § 100 Abs. 3Nr. 3 i.d.F. des [X.] schließt keine allgemeine Pflicht zu [X.] die Parteien im Sinne der §§ 139, 238 ZPO, § 91 [X.]) Ein solcher Hinweis kann im Hinblick auf das Gebot der Gewährung rechtli-chen Gehörs allenfalls dann geboten sein, wenn wegen der Auffassung [X.] für die Parteien nicht vorhersehbar ist, auf welche [X.] Gericht seine Entscheidung stützen [X.], Beschluß vom 25. Januar 2000 - [X.] - [X.]- 3 -Der X. Zivilsenat des [X.] hat am 25. Januar 2000durch [X.], [X.] Jestaedt, [X.],Scharen und Keukenschrijverbeschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. [X.]ats([X.]) des [X.] vom16. März 1999 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewie-sen.Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf100.000,-- DM festgesetzt.Gründe:[X.] Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des [X.] angemeldeten Patents 32 19 341, das einen Spiralbohrer betrifft.Nachdem gegen dieses Schutzrecht von seiten der weiteren [X.] Einspruch eingelegt worden war, hat die [X.] [X.] Patentamtes es mit Beschluß vom 3. April 1997 in beschränktem- 4 -Umfang aufrechterhalten. Gegen diese Entscheidung haben die [X.] Beschwerde und die Patentinhaberin Anschlußbeschwerde eingelegt. [X.] mündlichen Verhandlung über die Beschwerden hat die Patentinhaberinneu gefaßte Unterlagen eingereicht, auf deren Grundlage sie das Streitpatentmit Haupt- und Hilfsanträgen verteidigt hat.Das [X.] hat das Streitpatent unter Berücksichtigungaller dieser Anträge mit Beschluß vom 16. März 1999 insgesamt widerrufen.Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom [X.] nicht zu-gelassene Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin, mit der sie geltend macht,das [X.] habe ihr zum einen das rechtliche Gehör versagt,zum anderen fehle der angefochtenen Entscheidung eine hinreichende Be-gründung. Die Einsprechenden treten der Rechtsbeschwerde entgegen.I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, weil sie geltendmacht, daß der angefochtene Beschluß auf einer Verletzung des rechtlichenGehörs beruht (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 [X.] 1981 i.d.F. des 2. Gesetzes zur Ände-rung des Patentgesetzes und anderer Gesetze [[X.]] v. 16.7.1998- BGBl. I [X.]827), und ferner beanstandet, der angefochtene Beschluß [X.] mit Gründen versehen (§ 100 Abs. 3 Nr. 5 [X.] 1981 - seit der [X.] das [X.] § 100 Abs. 3 Nr. 6 [X.]). Sie ist jedoch nicht begrün-det, weil die gerügten Mängel nicht vorliegen.1. a) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs macht die Rechtsbe-schwerde mit der Begründung geltend, das [X.] habe die Pa-tentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen, daßseine gegenüber der Zulässigkeit der ursprünglich formulierten Ansprüche be-- 5 -stehenden Zweifel auch nach der Neufassung nach den Haupt- und Hilfsanträ-gen fortbestünden. Da gegenüber diesen auch von der Einsprechenden [X.] nicht geäußert worden seien, hätten die Patentinhaberin und ihre anwaltli-chen Vertreter darauf vertrauen dürfen, daß nach der Modifizierung [X.] solche Bedenken nicht mehr bestünden, zumal sie mit der [X.] und Wortsinn nicht zu vereinbarenden Interpretation durch das [X.] weder hätten rechnen müssen noch können. Darüber hinaushabe ihr Prozeßbevollmächtigter mit der Anmerkung, daß nach der [X.] Ansprüche seiner Ansicht nach allen Bedenken Rechnung getragen [X.] sei, für alle Beteiligten deutlich gemacht, daß aus der Sicht der Patentin-haberin solche Bedenken nicht mehr bestünden und aus ihrer Sicht daherweitere Reaktionen nicht erforderlich seien.Das hätte dem [X.] nach Meinung der Rechtsbe-schwerde Anlaß geben müssen, auf gleichwohl fortbestehende Bedenken hin-zuweisen. Hätte es dieser Verpflichtung genügt, hätte die Patentinhaberin ent-weder ohne weiteres diese Bedenken ausräumen oder aber in dem vom [X.] als wesentlich angesehenen Punkt auf den Wortlaut des ur-sprünglichen Anspruchs zurückgreifen können, bei dem das in der angefochte-nen Entscheidung herausgestellte Zulässigkeitsbedenken nicht bestehe.Der Verstoß gegen die Pflicht zur sachgemäßen und angemessenen Er-örterung (§ 91 [X.]) und der Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 93 [X.])wiege um so schwerer, als die Patentinhaberin, wovon das Bundespatentge-richt nach den Erklärungen ihrer Vertreter habe ausgehen müssen, zu weiterenÄnderungen in den Patentansprüchen bereit gewesen sei, um etwa noch be-stehende Mängel zu [X.] 6 -b) Mit diesem Vorbringen wird eine der zulassungsfreien Rechtsbe-schwerde zum Erfolg verhelfende Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht [X.]. Die durch das [X.] in den Katalog der Verfahrensmängel, beideren Vorliegen auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht [X.] zulässig ist, in das Gesetz eingefügte Regelung des § [X.]. 3 Nr. 3 [X.] trägt der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör alsverfassungsrechtlichem Gebot und grundlegender Verfahrensregel Rechnung(vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/9971 S. 34 zu Art. 2 Nr. 25- [X.] 1998, 393, 405). Sie knüpft damit an die verfassungsrechtliche Ge-währleistung dieses Anspruchs und seine Ausprägung insbesondere in [X.] des [X.] an, so daß die von diesementwickelten Grundsätze zu Inhalt und Ausbildung dieses Rechts auch bei [X.] der Vorschrift heranzuziehen sind.Danach verpflichtet das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs dasmit der Sache befaßte Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zunehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. [X.] 11, 218,220; 62, 347, 352; 79, 51, 61; 83, 24, 35; 86, 133, 144; vgl. a. [X.] [X.], 51; NJW 1999, 1387, 1388). Er ist verletzt, wenn im Einzelfall Umständevorliegen, aus denen sich ergibt, daß das Gericht das Vorbringen einer odermehrerer Parteien entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder [X.] Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. [X.] 47, 182, 188). Daß [X.] in diesem Sinne Vorbringen der [X.] hat, wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Von [X.] lediglich gerügt, daß das [X.] seine Rechtsauffassungnicht vor seiner Entscheidung in einer Weise geäußert hat, die der [X.] -berin eine weitere Anpassung ihrer Anträge ermöglicht hätte. In diesem [X.] kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs indessen nicht gesehenwerden.Zwar kann es im Einzelfall im Hinblick auf das verfassungsrechtlich inArt. 103 GG geschützte Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs unter be-sonderen Voraussetzungen, nämlich dann, wenn die Parteien bei der von ih-nen zu erwartenden Sorgfalt die maßgeblichen Gesichtspunkte nicht schon vonsich aus haben erkennen können, erforderlich sein, sie auf die Rechtsauffas-sung hinzuweisen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will(vgl. [X.] DVBl. 1995, 34). An einer hinreichenden Gelegenheit zur Stel-lungnahme, die das Gebot des rechtlichen Gehörs gewährleisten will, fehlt esnicht nur dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder [X.] bei seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt hat, zu denen [X.] nicht Stellung nehmen konnten. Ein dem verfahrens- wie verfassungs-rechtlichen Gebot genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt [X.] voraus, daß die Beteiligten in Anwendung der von ihnen zu erwartendenSorgfalt erkennen konnten, auf welches Vorbringen es für die Entscheidungankommen kann und wird (vgl. [X.] 84, 188, 190; 86, 133, 144).Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs schließt jedoch auch indiesem Zusammenhang keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die [X.], wie sie ihren Niederschlag etwa in den §§ 139, 238 ZPO und § 91 [X.]gefunden hat (vgl. [X.] 66, 116, 147). Ihr läßt sich daher weder eine all-gemeine Verpflichtung des Gerichts zur Darlegung seiner Rechtsauffassung(vgl. dazu [X.] 74, [X.], 6) noch eine allgemeine Frage- und Aufklärungs-pflicht entnehmen (vgl. [X.] 66, 116, 147). Im Hinblick auf das Gebot der- 8 -Gewährung rechtlichen Gehörs kann ein solcher Hinweis allenfalls dann ge-boten sein, wenn wegen der Auffassung des Gerichts für die Beteiligten nichtvorhersehbar ist, auf welche Erwägungen es seine Entscheidung stützen wird,und deshalb, weil diese Gesichtspunkte nicht angesprochen wurden, ein für dieEntscheidung relevanter Sachvortrag unterbleibt (vgl. [X.] 84, 188, 190;s.a. [X.] NJW 1994, 848, 849).Eine Ungewißheit in diesem Sinne ist von der Rechtsbeschwerde nichtdargelegt worden. Wie sich aus der von ihr insoweit nicht in Zweifel gezogenenangefochtenen Entscheidung ergibt, ist die für das Beschwerdegericht maß-gebliche Frage nach der Zulässigkeit der von der Patentinhaberin vorgenom-menen Änderungen am Wortlaut der Patentansprüche und der Beschreibung inder Verhandlung vom Gericht angesprochen und mit den Parteien diskutiertworden. Mit diesem Hinweis hat das Gericht die möglichen Grundlagen seinerEntscheidung bezeichnet und den Parteien und ihren Vertretern [X.], hierzu Stellung zu nehmen und die notwendigen Konsequenzen zuziehen. Hiervon hat die Patentinhaberin durch eine Neufassung der Ansprüche,mit denen sie das Patent verteidigen wollte, auch Gebrauch gemacht. [X.] stützt ihre Rüge gerade unter anderem auch darauf, daßdie Patentinhaberin im Hinblick auf diese Hinweise die Schutzansprüche neuformuliert hat.Zu weitergehenden Hinweisen, insbesondere dazu, ob die bereits vor-genommenen Änderungen ausreichten, um den Bedenken des Gerichts Rech-nung zu tragen, war dieses auch dann nicht gehalten, wenn es erkannt habensollte, daß die Patentinhaberin nach ihrer Auffassung von einer nunmehr er-reichten Zulässigkeit aller Änderungen ausgegangen sein sollte. Mit dem Hin-- 9 -weis auf die bestehenden Zweifel und deren Diskussion hat das Beschwerde-gericht der aus dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs folgenden Hin-weispflicht, die ohnehin nur in Ausnahmefällen besteht, genügt. Eine weiterge-hende Hinweispflicht konnte sich damit allenfalls aus § 91 [X.] ergeben, aufdessen Verletzung sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls stützt. Da ein solcherVerfahrensmangel im Katalog der Gründe nicht aufgeführt ist, die nach § [X.]. 3 [X.] die Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung durch das Be-schwerdegericht eröffnen, bedarf es hier keines [X.] auf die Frage, obdas Gericht gehalten sein kann, auch nach einer Erörterung der Sach- [X.] einen zum behandelten Thema fortbestehenden Rechtsirrtum derParteien oder ihrer Vertreter entgegenzuwirken, und in welchem Umfang einesolche Belehrung mit seiner Pflicht zur Unparteilichkeit zu vereinbaren ist.2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, der [X.] Entscheidung fehle die erforderliche Begründung (§ 100 Abs. 3 Nr. 6[X.]). Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, ist der Beschluß des[X.] mit einer Begründung versehen und genügt daher inso-weit den formalen Anforderungen des Begründungszwangs.Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das [X.] habe [X.] Auslegung übersehen, daß der von ihm zitierte [X.] [X.] für die gesamte [X.] definiert sei und damit entgegen seinerAuffassung doch einen Hinweis darauf bilde, daß die gesamte [X.]von der [X.] gebildet werde, wendet sie sich in unzulässiger [X.] die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Dasselbe gilt für die Angriffegegen die Auffassung des [X.], um zu einer anderen als dervon ihm vorgenommenen Auslegung des Patents zu gelangen, wären zusätzli-- 10 -che Angaben in der Patentbeschreibung erforderlich gewesen, die zwingenderforderten, daß mit der Lehre des Patents auch die Verwendung nur einer deralternativ durch das Wort "oder" verbundenen Ausführungsformen unter [X.] sein solle.Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde schließlich einen [X.] auch mit der Erwägung, der angefochtene Beschluß [X.] erkennen, ob und mit welchem Gewicht das Beschwerdegericht die seinerAuslegung entgegenstehende zeichnerische Darstellung der patentgemäßenLehre berücksichtigt habe. Mit der darauf gestützten Rüge, die [X.] [X.] ließen mindestens drei [X.], wird ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 [X.] nichtaufgezeigt. Geltend gemacht werden Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeitin der Begründung, die einen Begründungsmangel nur dann darstellen, wenndie vorhandenen Gründe ganz unverständlich, verworren oder in sich wider-sprüchlich sind oder wenn sie sich auf leere Redensarten oder die bloße Wie-dergabe des Gesetzestextes beschränken, so daß sie nicht erkennen lassen,welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen fürdie getroffene Entscheidung maßgebend waren (st. Rspr., vgl. u.a. [X.].[X.]. [X.] - [X.], [X.], 655, 656 - Rohrausformer), oder [X.] von mehreren geltend gemachten Angriffs- oder Verteidigungsmitteln,das einen selbständigen Charakter hat und deshalb in den Gründen auch zubescheiden war, bei der Begründung übergangen wurde (vgl. [X.].Beschl. v.26.9.1996 - [X.], [X.], 120, 122 - elektrisches Speicherheizge-rät; [X.].Beschl. v. 22.4.1998 - [X.], [X.], 907 - [X.]). Einensolchen Mangel zeigt die Rechtsbeschwerde hier nicht auf; sie wendet [X.] dagegen, daß das Beschwerdegericht bei seiner Begründung der von ihr- 11 -in den Vordergrund gerückten zeichnerischen Darstellung eine oder nicht dievon ihr gewünschte Aufmerksamkeit geschenkt hat und dabei nicht zu den Er-gebnissen gelangt ist, wie sie die Rechtsbeschwerde als allein richtig ansieht.Auch das betrifft lediglich die sachliche Richtigkeit der getroffenen Entschei-dung, nicht jedoch einen Verfahrensmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 [X.].3. Eine mündliche Verhandlung hat der [X.]at nicht für erforderlich ge-halten (§ 107 Abs. 1 [X.]). Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1Satz 2 [X.].[X.]JestaedtMelullis Scharen Keukenschrijver

Meta

X ZB 7/99

25.01.2000

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2000, Az. X ZB 7/99 (REWIS RS 2000, 3351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3351

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