Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.12.2021, Az. 7 AZR 422/20

7. Senat | REWIS RS 2021, 312

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Gegenstand

Befristung - Vertretung - Musiker in Kulturorchester


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19. Mai 2020 - 3 Sa 23/20 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 3. Juli 2019 geendet hat.

2

Der Kläger war vom 14. Oktober 2014 bis zum 3. Juli 2019 aufgrund mehrerer befristeter Verträge als Musiker im [X.] der Beklagten mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. Die Verträge wurden jeweils für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung des an sich vollzeitbeschäftigten Klarinettisten [X.] geschlossen, welchem antragsgemäß jeweils für ein Jahr die Reduzierung seiner Arbeitszeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt war. Die Beklagte schloss mit dem Kläger zunächst am 6. Oktober 2014 für die [X.] vom 14. Oktober 2014 bis zum 3. Juli 2015 einen Arbeitsvertrag, nach dessen § 2 ihm die Tätigkeit als Zweiter Klarinettist und das Spielen des Nebeninstruments Bassklarinette übertragen waren. Nach § 1 Abs. 3 des Vertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis „nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern vom 31.10.2009 ([X.]) in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen“. Mit Arbeitsvertrag vom 7. April 2015 stellte die Beklagte den Kläger für die [X.] vom 4. Juli 2015 bis zum 3. Juli 2016 ein; die weiteren Bestimmungen dieses Vertrags entsprechen denen des [X.] 2014. Mit „Arbeitsvertragsänderung“ vom 30. Mai 2016 vereinbarten die Parteien, den [X.] unter Beibehaltung der übrigen Arbeitsvertragsbedingungen mit Wirkung zum 4. Juli 2016 dahingehend zu ändern, dass die Beschäftigung befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von [X.] vom 4. Juli 2016 bis zum 3. Juli 2017 mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfolgt. Mit weiteren „Arbeitsvertragsänderungen“ vom 13. April 2017 und vom 18. Mai 2018 änderten die Parteien den [X.] in der zuletzt gültigen Fassung unter Beibehaltung der übrigen Arbeitsvertragsbedingungen dahin, dass der Kläger befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von [X.] in der [X.] vom 4. Juli 2017 bis zum 3. Juli 2018 bzw. in der [X.] vom 4. Juli 2018 bis zum 3. Juli 2019 mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt war.

3

§ 3 [X.] in der Fassung (idF) vom 31. Oktober 2009 lautet auszugsweise:

        

§ 3   

        

Begründung des Arbeitsverhältnisses

        

(1)     

Mit dem Musiker ist ein Arbeitsvertrag nach dem diesem Tarifvertrag anliegenden Muster abzuschließen. Der Arbeitsvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Das Gleiche gilt für Änderungen und Ergänzungen.

                 

[X.]verträge dürfen nur abgeschlossen werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Musikers liegende Gründe vorliegen. Als sachlicher Grund gilt auch,

                 

a)    

dass der Musiker in den letzten zwölf Monaten vor Abschluss des Arbeitsvertrages ununterbrochen arbeitslos gemeldet ist oder

                 

b)    

dass die Beendigung der Ausbildung des Musikers nach einem vorgelegten Abschlusszeugnis nicht länger als 18 Monate zurückliegt und der Musiker in diesen 18 Monaten in keinem Beschäftigungsverhältnis als Musiker tätig war, das eine ununterbrochene Dauer von drei Monaten überschritten hat.

                 

Der Abschluss von [X.]verträgen für die Dauer von mehr als drei Jahren ist unzulässig.

        

…       

        
        

Protokollnotizen zu Abs. (1) Unterabs. 2.:            

        

1.    

[X.]verträge sind Verträge, die durch Ablauf der im Arbeitsvertrag bestimmten [X.] oder durch Eintritt des im Arbeitsvertrag bestimmten Ereignisses enden.

        

2.    

...     

        

…“    

        

4

§ 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] wurde durch den [X.] vom 5. Mai 2019 zur Änderung des [X.] vom 31. Oktober 2009 mit Wirkung zum 1. Juni 2019 wie folgt geändert:

        

„Der Abschluss eines einzelnen [X.]vertrags für die Dauer von mehr als drei Jahren, im Fall des Unterabsatzes 2 Buchst. a von mehr als zwei Jahren, ist unzulässig.“

5

Der [X.] idF vom 5. Mai 2019 wurde am 1. Oktober 2019 durch den Tarifvertrag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern vom 1. Oktober 2019 ersetzt (§ 63 Abs. 1 [X.] vom 1. Oktober 2019), dessen § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 denselben Wortlaut hat wie § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 5. Mai 2019.

6

Mit seiner der Beklagten am 22. Juli 2019 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 3. Juli 2019 sei wegen Fehlens eines sachlichen Grundes unwirksam. Zudem verstoße sie gegen § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009. Diese Vorschrift verbiete nicht nur den Abschluss eines einzelnen [X.]vertrags für die Dauer von mehr als drei Jahren, sondern auch den Abschluss mehrerer Arbeitsverträge mit einer Gesamtdauer von mehr als drei Jahren. Jedenfalls [X.] die Gestaltung seiner Arbeitsverträge dem Anwendungsbereich der Tarifvorschrift, weil die Befristung und ihre Verlängerungen einen einheitlichen Vertrag bildeten.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund Befristung zum 3. Juli 2019 beendet worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Befristungskontrollklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in der „Arbeitsvertragsänderung“ vom 18. Mai 2018 vereinbarten Befristung am 3. Juli 2019 geendet.

I. Diese Befristung ist wirksam.

1. Sie ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] iVm. § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen [X.] - in der hier im [X.]punkt des Abschlusses der [X.] geltenden und damit maßgeblichen Fassung vom 31. Oktober 2009 - gerechtfertigt.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] liegt ein sachlicher Grund vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in [X.] darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (st. Rspr., vgl. etwa [X.] 17. Mai 2017 - 7 [X.] - Rn. 10, [X.]E 159, 125). Der Zulässigkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags mit einer Vertretungskraft steht § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 nicht entgegen. Nach Satz 1 dürfen [X.]verträge nur abgeschlossen werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Musikers liegende Gründe vorliegen. Satz 2 der Tarifbestimmung nennt unter Buchst. a und Buchst. b Sachverhalte, die „auch“ als sachliche Gründe gelten. Der Sachgrund der Vertretung ist damit nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht ausgeschlossen, ohne dass es insoweit auf weitere Erwägungen ankäme.

b) Der Sachgrund der Vertretung liegt vor. Der Kläger wurde zur Vertretung des Klarinettisten [X.] für die Dauer und im Umfang der diesem bewilligten Arbeitszeitreduzierung als Musiker eingestellt. Er vertrat den Arbeitnehmer [X.] unmittelbar. Die Beklagte durfte bei Abschluss des [X.] davon ausgehen, dass dieser Arbeitnehmer seine Vollzeittätigkeit am 4. Juli 2019 wiederaufnehmen werde, da dessen Arbeitszeit nur bis zum 3. Juli 2019 reduziert war. [X.]iergegen wendet sich die Revision auch nicht.

c) Der [X.] ist es nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen. Der Kläger war seit dem 14. Oktober 2014 auf der Grundlage von fünf befristeten Verträgen insgesamt knapp 57 Monate bei der [X.] beschäftigt. Im [X.]inblick darauf hat das [X.] keinen Anlass zu einer weitergehenden Missbrauchskontrolle gesehen und eine missbräuchliche Nutzung der Befristungsmöglichkeit durch die Beklagte verneint (vgl. zur Kontrolle nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 26, [X.]E 157, 125). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die in der „Arbeitsvertragsänderung“ vom 18. Mai 2018 vereinbarte Befristung zum 3. Juli 2019 verstößt nicht gegen § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009.

a) Das [X.] hat § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 zutreffend dahin ausgelegt (zu den Auslegungsgrundsätzen für Tarifverträge vgl. zB [X.] 11. November 2020 - 4 [X.] - Rn. 20 mwN), dass diese Tarifnorm den Abschluss eines einzelnen Vertrags über die Dauer von mehr als drei Jahren verbietet, nicht aber den Abschluss mehrerer sich anschließender Verträge mit einer Gesamtdauer von mehr als drei Jahren.

aa) Zwar ist der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 nicht eindeutig. Die Formulierung der Tarifnorm kann dahin zu verstehen sein, dass entweder alle aneinandergereihten [X.]verträge oder der einzelne [X.]vertrag die [X.]öchstdauer von drei Jahren nicht überschreiten darf (vgl. - zum wortlautgleichen § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] idF vom 1. Juli 1971 - [X.] 10. Februar 1999 - 7 [X.] - zu II 1 a der Gründe).

bb) [X.]ingegen sprechen systematische Erwägungen eher dafür, dass die Tarifnorm ausschließlich den Abschluss eines einzelnen Vertrags für die Dauer von mehr als drei Jahren verbietet. Die Tarifvertragsparteien verwenden den Plural „[X.]verträge“ durchgängig, so auch in § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 und Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 und in der hierzu ergangenen Protokollnotiz. Demgegenüber liegt es beim tariflichen Erfordernis des Vorliegens „sachlicher oder in der Person des Musikers liegender Gründe“ auf der [X.]and, dass es sich auf jeden (einzelnen) [X.]vertrag bezieht. Entsprechend findet sich der Gebrauch des Singulars („Arbeitsvertrag“) im Relativsatz der Definition von [X.]verträgen in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.] idF vom 31. Oktober 2009. Das legt ein Verständnis nahe, dass ebenso mit der Tarifregelung zur Dauer der Befristung der jeweilige [X.]vertrag gemeint ist. Dieser muss durch einen sachlichen oder in der Person des Musikers liegenden Grund gerechtfertigt sein und darf die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten (so auch - zur tariflichen Vorgängerregelung in § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] idF vom 1. Juli 1971 - [X.] 10. Februar 1999 - 7 [X.] - zu II 1 b der Gründe).

cc) Diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Den Bestimmungen des [X.] idF vom 31. Oktober 2009 liegt das Verständnis des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelarbeitsverhältnis zugrunde; befristete Verträge sind unter bestimmten Voraussetzungen - bei Vorliegen „sachlicher oder in der Person des Musikers liegender Gründe“ - zulässig. § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 flankiert diesen Schutz vor den Nachteilen einer Befristung des Arbeitsverhältnisses, indem eine solche trotz Vorliegens „sachlicher oder in der Person des Musikers liegender Gründe“ für einen längeren [X.]raum (mehr als drei Jahre) unzulässig ist. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber zB einen von vornherein absehbar länger als drei Jahre bestehenden [X.] durch einen entsprechenden, von vornherein für die Dauer von mehr als drei Jahren befristeten Arbeitsvertrag mit einer Vertretungskraft deckt. Ein darüberhinausgehender Schutzzweck ist nicht ersichtlich, zumal es im Bereich von Kulturorchestern gute Gründe für eine Mehrfachbefristung geben kann, mit der insgesamt die Dauer von drei Jahren überschritten wird (vgl. zur Vorgängerregelung in § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] idF vom 1. Juli 1971 [X.] 10. Februar 1999 - 7 [X.] - zu II 1 c der Gründe; vgl. zu [X.] 2y [X.]: [X.] 21. April 1993 - 7 [X.] - zu II der Gründe; 22. März 1985 - 7 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]E 48, 215). Im Übrigen ist es ausgeschlossen, das Verbot des § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 dadurch zu unterlaufen, dass der Arbeitgeber trotz der Planung, den Orchestermusiker für die gesamte Dauer eines den [X.]raum von drei Jahren übersteigenden [X.] einzusetzen, mit diesem mehrere kurzzeitige, insgesamt aber über drei Jahre laufende [X.]verträge anstatt eines drei Jahre überschreitenden [X.] abschließt. Eine solche Umgehung führte zur Unwirksamkeit der Befristung (vgl. - zur tariflichen Vorgängerregelung in § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] idF vom 1. Juli 1971 - [X.] 10. Februar 1999 - 7 [X.] - zu II 2 der Gründe; vgl. im Übrigen auch - zur Befristungshöchstgrenze der früheren - Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 [X.] 2y [X.] [X.] 21. April 1993 - 7 [X.] - zu II der Gründe).

dd) Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Tarifentwicklung bestätigt (zu deren Berücksichtigung: [X.] 12. Dezember 2018 - 4 [X.] - Rn. 42, [X.]E 164, 326; 27. Juli 2017 - 6 [X.] - Rn. 19; 14. Juli 2015 - 3 [X.] - Rn. 17; 17. Juni 2015 - 10 [X.] - Rn. 34; kritischer wohl [X.] 20. Juni 2018 - 4 [X.] - Rn. 43 mwN). Der Senat hatte zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] idF vom 1. Juli 1971 entschieden, dass sie den Abschluss eines [X.] für die Dauer von mehr als drei Jahren - nicht aber den Abschluss mehrerer kurzer [X.]verträge mit einer Gesamtdauer von mehr als drei Jahren - verbietet ([X.] 10. Februar 1999 - 7 [X.] - zu II 1 der Gründe). Die Tarifvertragsparteien haben in Kenntnis der Senatsrechtsprechung die Regelung unverändert fortgeführt und auch in § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 übernommen. [X.]ätten sie der Regelung einen anderen Inhalt beigemessen, hätte es nahegelegen, die Tarifnorm zu modifizieren. Gegenteiliges folgt nicht daraus, dass der Wortlaut der tariflichen Dreijahresgrenze nunmehr geändert und nach § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 5. Mai 2019 sowie § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 1. Oktober 2019 der Abschluss eines „einzelnen“ [X.] für die Dauer von mehr als drei Jahren unzulässig ist. Damit ist das bisherige Tarifverständnis lediglich klargestellt (vgl. [X.]/Sponer Bühnen- und Orchesterrecht Stand November 2021 Teil [X.] § 3 [X.] Rn. 36).

b) Danach ist die streitgegenständliche Befristung mit § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 vereinbar. Der Arbeitsvertrag vom 18. Mai 2018 wurde für die [X.] vom 4. Juli 2018 bis zum 3. Juli 2019 geschlossen. Die Laufzeit der vorangegangenen Verträge ist nicht zu berücksichtigen. Das [X.] hat die fünf Vertragsabschlüsse zu Recht nicht als „einen“ (einheitlichen) Arbeitsvertrag gewertet.

aa) Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, die Parteien hätten mit den [X.], 30. Mai 2016, 13. April 2017 und 18. Mai 2018 jeweils den Beendigungszeitpunkt noch vor Abschluss der Laufzeit des vorausgegangenen Vertrags in schriftlicher Form hinausgeschoben und den Vertragsinhalt ansonsten unverändert gelassen, so dass es sich nach Senatsrechtsprechung zu § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]albs. 2 [X.] (vgl. dazu zuletzt [X.] 28. April 2021 - 7 [X.] - Rn. 32 mwN) um Verlängerungen eines einheitlichen - und damit „einzelnen“ - Vertrags handele. § 3 Abs. 1 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien - an die Rechtsprechung zum Begriff der Verlängerung bei der sachgrundlosen Befristung anknüpfend - Ausgangs- und Verlängerungsvertrag als einheitlichen Vertrag angesehen haben. Weder enthält die Tarifnorm den Begriff der Verlängerung noch regelt sie Abschluss und Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags. § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 verbietet vielmehr den Abschluss von [X.]verträgen mit einer Laufzeit vom mehr als drei Jahren. [X.]verträge sind nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 Verträge, die durch Ablauf der im Arbeitsvertrag bestimmten [X.] oder durch Eintritt des im Arbeitsvertrag bestimmten Ereignisses enden. Dies erfasst auch Verträge über die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags für einen weiteren befristeten [X.]raum. Bei diesen handelt es sich um eigenständige Arbeitsverträge (vgl. [X.] 15. Januar 2003 - 7 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 104, 244), die mit Ablauf der in ihnen bestimmten [X.] enden. Daher ist die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags für einen weiteren befristeten [X.]raum ein Fall von zwei eigenständigen aneinandergereihten [X.]verträgen (vgl. - zu der insoweit vergleichbaren Regelung der früheren Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 [X.] 2y [X.] - [X.] 22. November 1995 - 7 [X.] - zu I 2 der Gründe).

bb) Der Arbeitsvertrag vom 7. April 2015 und die Verträge vom 30. Mai 2016, 13. April 2017 sowie 18. Mai 2018 gelten auch nicht deshalb als einheitlicher Vertrag, weil letztere als „Arbeitsvertragsänderung“ bezeichnet sind und sich auf die Festlegung einer anderen Vertragslaufzeit unter Beibehaltung der übrigen Arbeitsvertragsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 7. April 2015 beschränken (ebenso - zu der insoweit vergleichbaren Regelung der früheren Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 [X.] 2y [X.] bei einem „Nachtrag“ - [X.] 22. November 1995 - 7 [X.] - zu I 2 der Gründe). Dies ändert nichts daran, dass es sich bei diesen selbständigen Verträgen um [X.]verträge iSd. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 handelt.

cc) Schließlich steht der Umstand, dass die Parteien bei Abschluss der Verträge vom 30. Mai 2016, 13. April 2017 und 18. Mai 2018 entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 nicht das dem [X.] anliegende Muster verwendet haben, der Einordnung dieser Verträge als [X.]verträge nicht entgegen. Ein Abweichen vom Muster-Arbeitsvertrag ist ohne jede rechtliche Bedeutung, solange - wie hier - nur die Form und nicht der erforderliche Inhalt betroffen ist (vgl. [X.]/Sponer Bühnen- und Orchesterrecht Stand November 2021 Teil [X.] § 3 [X.] Rn. 18). Die Parteien haben die Vertragslaufzeit und die Wochenarbeitszeit jeweils ausdrücklich in den Arbeitsvertragsänderungen festgelegt und im Übrigen die Bestimmungen des [X.] in Bezug genommen.

c) Das [X.] hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die mehrfache Befristung des Arbeitsverhältnisses zur Vertretung desselben Kollegen nicht zur Unwirksamkeit der Befristung wegen einer Umgehung der in § 3 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.] idF vom 31. Oktober 2009 vorgesehenen [X.]öchstdauer führt. Der Kläger hat keine Anhaltspunkte darlegt, die auf eine Umgehung schließen lassen könnten. Es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass die Arbeitgeberin von Anfang an von einem drei Jahre übersteigenden [X.] ausgegangen ist. Der [X.] entstand vielmehr jedes Jahr erneut durch die Bewilligung einer einjährigen Arbeitszeitreduzierung für den Arbeitnehmer [X.].

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmidt    

        

    Klose    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    [X.]    

        

    Wilhelms    

                 

Meta

7 AZR 422/20

15.12.2021

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wuppertal, 5. Dezember 2019, Az: 7 Ca 1786/19, Urteil

§ 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.12.2021, Az. 7 AZR 422/20 (REWIS RS 2021, 312)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 312

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