Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2014, Az. IX ZB 5/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 694

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB
5/14

vom

4.
Dezember 2014

in dem Insolvenzantragsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 13 Abs. 1, § 20 Abs. 2, § 287 Abs. 1 Satz 1
Hat ein Gläubigerantrag zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt, kann der Schuldner auch dann keinen [X.] verbunden mit dem Antrag auf Rest-schuldbefreiung mehr stellen, wenn der Eröffnungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist.

[X.], Beschluss vom 4. Dezember 2014 -
IX ZB 5/14 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser, [X.]
Dr.
Gehrlein, Dr.
Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

am 4.
Dezember 2014
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 16.
Dezember 2013 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] wird auf

Gründe:

I.

Am 16.
Juli 2012 stellte ein Gläubiger des als Rechtsanwalt selbständig tätigen Schuldners
den Antrag, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Das Insolvenzgericht übermittelte dem Schuldner diesen Antrag, setzte ihm eine Frist zur Stellungnahme und wies ihn auf die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung hin, wenn er unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Wochen, einen eigenen Antrag auf Eröffnung des [X.] mit einem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stelle. Weiter [X.] es den Schuldner, ein Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung sei in diesem Verfahren nicht mehr zulässig, sofern er die ihm gesetzte Frist zur 1
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eigenen Antragstellung ungenutzt verstreichen lasse
und das Insolvenzverfah-ren aufgrund des Gläubigerantrags eröffnet würde. Gläubigerantrag und [X.] wurden dem Schuldner zugestellt. Dieser beantragte die Zurückweisung des [X.], weil er ihn sowohl für unzulässig wie auch für unbe-gründet ansah. Die ihm gesetzte Frist zur Stellung eines eigenen Insolvenzan-trags verbunden mit einem Antrag
auf Restschuldbefreiung ließ er ungenutzt verstreichen.

Nach Einholung eines Gutachtens, das die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bestätigte,
eröffnete das Insolvenzgericht am 24.
Juni 2013 das In-solvenzverfahren über sein Vermögen. Gegen diesen Beschluss legte der Schuldner Beschwerde ein, die er damit begründete, ihm sei das [X.] nicht rechtzeitig zugeleitet worden. Das Beschwerdegericht setzte ihm daraufhin
eine Frist, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen. Nunmehr stellte der Schuldner einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem
Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung. Da er in dem Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme mehr abgab, wies das Beschwerdegericht das Rechtsmittel des Schuldners gegen den Insolvenzeröffnungsbeschluss zurück.

Das Insolvenzgericht hat am 1.
Oktober 2013 den Antrag des Schuldners auf Insolvenzeröffnung im Hinblick auf das bereits auf Fremdantrag hin eröffne-te, laufende Insolvenzverfahren und den isolierten Antrag auf Restschuldbefrei-ung als unzulässig zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners hat keinen Erfolg gehabt. Mit
der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Schuldner erreichen, dass sein Antrag auf Restschuldbefreiung zugelassen und ihm hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

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-
II.

Der Schuldner hat seinen Insolvenzantrag vor dem 1.
Juli 2014 gestellt; deswegen sind auf diesen
Insolvenzantrag nach Art.
103h Satz
1 EG[X.] die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden.

III.

Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO, §
6 Abs.
1, §
34 Abs.
1
[X.], §
289 Abs.
2 Satz
1 [X.] aF
statthafte
Rechtsbeschwerde ist zulässig (§
574 Abs.
2 ZPO), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

1.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der [X.] des [X.] verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung sei unzulässig, weil das Insolvenzverfahren über sein Vermögen bereits zuvor auf Gläubigerantrag eröffnet gewesen sei. Dass der Eröffnungsbeschluss zum Zeitpunkt der Stel-lung des [X.] noch nicht rechtskräftig gewesen sei, sei unerheblich. Der Schuldner sei zutreffend auf die Möglichkeit
hingewiesen worden, Rest-schuldbefreiung zu erreichen; deswegen sei auch ein isolierter Antrag auf Ertei-lung von Restschuldbefreiung nicht zulässig. Die beantragte Wiedereinsetzung sei dem Schuldner ebenfalls nicht zu gewähren.

2.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

a)
Der Antrag des Schuldners auf Insolvenzeröffnung ist unzulässig, weil bereits ein Gläubigerantrag zur Insolvenzeröffnung geführt hat und dieses In-solvenzverfahren noch andauert. Der Antrag des Schuldners auf Restschuldbe-4
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-
freiung ist ebenfalls unzulässig, weil er ihn nicht vor der Entscheidung über den Gläubigerantrag zusammen mit einem
eigenen Antrag auf Eröffnung des [X.] gestellt hat (§
287 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF). Ein zulässiger Ei-genantrag ist regelmäßig auch im Regelinsolvenzverfahren Voraussetzung für die Gewährung von Restschuldbefreiung. Liegt ein Gläubigerantrag auf Insol-venzeröffnung vor, ist der Schuldner deshalb nach §
20 Abs.
2 [X.] darauf hin-zuweisen, dass er zur Erlangung der Restschuldbefreiung einen eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen muss. Hierfür ist ihm eine angemessene richterli-che Frist zu setzen, die in der Regel nicht mehr als vier Wochen ab Zustellung der Verfügung betragen sollte. Diese Frist ist keine Ausschlussfrist; vielmehr
kann der [X.] auf Insolvenzeröffnung auch nach Ablauf dieser Frist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam gestellt werden
([X.], [X.] vom 25.
September 2003 -
IX ZB 24/03, NZI
2004, 511
f; vom 8. Juli 2004 -
IX
ZB 209/03, NZI
2004, 593
f; vom 17.
Februar 2005 -
IX
ZB 176/03, [X.]Z
162, 181, 183
ff
[Rn. 6, 9
ff]; vom 3. Juli 2008
-
IX [X.], [X.], 3494
Rn.
8, 11, 14
ff; vom 25. September 2008 -
IX ZB 1/08, Z[X.] 2008, 1138 Rn.
6
f; vom 7.
Mai 2009 -
IX
ZB 202/07, Z[X.]
2009, 1171 Rn.
6).

Einen solchen [X.] verbunden mit einem Antrag auf Restschuld-befreiung hat der Schuldner bis zum Erlass der Eröffnungsentscheidung nicht gestellt. Hier gilt nicht deswegen anderes, weil der
Eröffnungsbeschluss zu dem Zeitpunkt, als der Schuldner den [X.] stellte, wegen seines Rechtsmit-tels noch nicht rechtskräftig war.
Über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann nämlich nur einheitlich entschieden werden. Mehrere gleichzeitig anhän-gige [X.] sind spätestens mit Verfahrenseröffnung miteinander zu verbinden; geschieht dies nicht, sind die übrigen Anträge, auf die keine Eröff-nung erfolgt ist, für erledigt zu erklären. Anträge, über die mangels Verbindung nicht entschieden
worden ist, werden unzulässig ([X.], Beschluss vom 9
-

6

-
17.
Februar 2005 -
IX
ZB 176/03, [X.]Z 162, 181, 186; vom 3.
Juli 2008
-
IX
[X.], NJW
2008, 3494 Rn.
8; Beschluss vom 11.
März 2010 -
IX
ZB 110/09, NZI
2010, 441 Rn.
8).

Die gesetzlichen Wirkungen der Eröffnung treten in der
Stunde der Eröff-nung ein (§
27 Abs.
2 Nr.
3 [X.]), sofern der Beschluss nur wirksam geworden ist (MünchKomm-[X.]/Schmahl/[X.], 3.
Aufl., §
29 Rn.
128). Wirksamkeit hat der Eröffnungsbeschluss spätestens am 5.
Juli 2013 erlangt, als der Beschluss im [X.] nach §
9 [X.] bekanntgemacht
worden ist. Seine Wirksamkeit hängt nicht davon ab, dass er dem Schuldner zugestellt oder sonst mitgeteilt worden ist oder dass ein anderer Beteiligter von ihm Kenntnis erlangt hat ([X.], Urteil vom 19.
September 1996 -
IX
ZR 277/95, [X.]Z 133, 307, 313).
Die Wirkungen der Eröffnung wurden durch die Einlegung der sofortigen Beschwerde durch den Schuldner nicht verhindert. Denn die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Eröffnungsantrag hatte
keine aufschiebende Wirkung (§
4 [X.] iVm §
570 Abs.
1 ZPO).

b) Auch war vorliegend nicht ausnahmsweise der Antrag auf Restschuld-befreiung als isolierter Antrag zulässig. Das ist nur dann der Fall, wenn das [X.] den Schuldner auf die Möglichkeit, Restschuldbefreiung zu er-langen, und deren Voraussetzungen nicht oder nicht ausreichend hingewiesen hat (vgl. §
20 Abs.
2 [X.]). Ein fehlerhafter, unvollständiger oder verspäteter Hinweis des Insolvenzgerichts, durch den regelmäßig das Recht des [X.] auf das rechtliche Gehör verletzt wird, darf jenem nicht zum Nachteil ge-reichen. Hat es das Insolvenzgericht versäumt, dem Schuldner für die Nachho-lung des Insolvenzantrags eine Frist zu setzen oder ist dem Schuldner die Fristsetzung nicht bekannt gemacht worden, läuft die Frist nicht. Hat der Gläu-bigerantrag in einem derartigen Fall bereits zur Verfahrenseröffnung geführt 10
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-

7

-
und ist ein [X.] des Schuldners deshalb nicht mehr zulässig, muss es zur Erhaltung der Aussicht auf Restschuldbefreiung genügen, dass der [X.] nunmehr lediglich einen [X.] stellt ([X.], Beschluss vom 17.
Februar 2005 -
IX
ZB 176/03, [X.]Z
162, 181, 186
f; [X.], Beschluss vom 3. Juli 2008
-
IX [X.], [X.], 3494 Rn.
20).

Doch ist dem Schuldner ein solcher Hinweis auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und ihre Voraussetzungen bereits im August
2012 zu-sammen mit seiner Anhörung zu dem Gläubigerantrag erteilt worden. Die von der Rechtsbeschwerdebegründung gerügten Zustellungsmängel liegen
nicht vor. Insbesondere durfte der Hinweis dem Schuldner an seine damalige [X.] zugestellt werden, wo er ihn auch erhalten hat, was sich daraus ergibt, dass er dem Fremdantrag mit Schriftsatz vom 22.
August 2012 entgegengetre-ten ist. Zum Zeitpunkt der Zustellung des ersten Hinweises wohnte der [X.] noch in seiner alten Wohnung, der Umzug erfolgte nach eigenem Vortrag erst im April
2013. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war der Hinweis nicht unter der Kanzleianschrift
zuzustellen. Der Schuldner hat seine Selbstvertretung gegenüber dem Insolvenzgericht frühestens nach der Zustel-lung des ersten Hinweises durch Schriftsatz vom 22.
August 2012 mitgeteilt.
Auf weiteres kommt es nicht an.
Inhaltliche Mängel des ersten Hinweises macht die Rechtsbeschwerde selbst nicht geltend.

c) Der Schuldner kann sich auch nicht darauf berufen, dass es ihm nicht zuzumuten gewesen sei, selbst einen Insolvenzantrag zu stellen, solange er im Insolvenzantragsverfahren über den Gläubigerantrag dessen Zulässigkeit und Begründetheit in Abrede gestellt habe. Nach Erhalt des Hinweises nach §
20 Abs.
2 [X.] muss der Schuldner sich entscheiden, ob er Einwendungen gegen den Gläubigerantrag erheben oder selbst einen [X.] stellen will. Des-12
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wegen muss dem Schuldner eine angemessene richterliche Frist
eingeräumt werden, die im Bedarfsfall noch verlängert werden kann, damit dieser [X.] hat, den Rat eines Fachkundigen dazu einzuholen, ob er dem Gläu-bigerantrag entgegentreten oder sich diesem anschließen will, um Restschuld-befreiung zu erlangen. Die vom Gesetz vorgesehene Verknüpfung zwischen dem [X.] und dem [X.] hat ihren Sinn darin, dass der Schuldner in seinem [X.] den Eröffnungsgrund einräumt und sich bereit erklärt, sein verbleibendes Vermögen den Gläubigern zur ge-meinschaftlichen Befriedigung zur Verfügung zu stellen. Deswegen ist es einem Schuldner verwehrt, sich gegen den Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verteidigen und nur hilfsweise für den Fall, dass das Insolvenzgericht den Antrag des Gläubigers für zulässig und begründet hält, einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbe-freiung zu stellen ([X.], Beschluss vom 11.
März 2010 -
IX
ZB 110/09, NZI
2010, 441 Rn.
9).
Ebenso wenig darf
ein Schuldner die Eröffnung des [X.] über sein Vermögen auf Gläubigerantrag hin abwarten, um dann im Beschwerdeverfahren erstmals den [X.] verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen.
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9

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d)
Zutreffend hat das Beschwerdegericht auch den [X.] in den vorigen Stand abgelehnt
(vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Juli 2008 -
IX
[X.], [X.], 3494, Rn.
16).

Kayser
Gehrlein
Fischer

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.10.2013 -
10 IN 389/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.12.2013 -
4 [X.] -

14

Meta

IX ZB 5/14

04.12.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2014, Az. IX ZB 5/14 (REWIS RS 2014, 694)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 694

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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