Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. 2 StR 557/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 14069

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:150317B2STR557.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 557/16

vom
15. März 2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Körperverletzung

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 15. März 2017
gemäß § 349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6.
Juli 2016
im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verur-teilt.
Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psy-chiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg;
im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1.
Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:
Am 23.
Dezember 2014 schlug der Angeklagte, der in den vergangenen
zwanzig 1
2
-
3
-
Jahren bereits mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten strafrechtlich verfolgt worden war, dem Zeugen S.

, mit dem er [X.] in einer
Übernachtungsstätte bewohnte und von dem er sich provoziert fühlte, mit der Faust ins Gesicht.
Der Zeuge S.

erlitt eine schmerzhafte Schwellung und
eine Platzwunde im Bereich des linken Auges.
Fünf Tage später schlug der Angeklagte dem [X.]

, einem Mit-

Gesicht. T.

erlitt eine schmerzhafte Schwellung im Bereich des [X.].
[X.] beraten hat sich das [X.] davon überzeugt, dass der Angeklagte im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehan-delt habe. Zum Tatzeitpunkt habe
n-g-

Bei dem Angeklagten käme es wegen dieses krankheitsbedingt s-fähigkeit, Toleranz und Empathie immer wieder zu raptusartigen, unangekün-digten Gewaltausbrüchen.
2.
Die auf die Sachrüge durchgeführte umfassende Überprüfung des [X.] hat zum
Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3. Der [X.] hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) sind nicht hinreichend belegt.
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnah-3
4
5
6
7
-
4
-
me. Sie setzt neben der sicheren Feststellung mindestens einer im
Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§
21 StGB) begangenen [X.] voraus, dass der Täter infolge seines fort-dauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, die schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen. Die dazu notwen-dige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Per-sönlichkeit des [X.], seines [X.] und der von ihm begangenen Anlass-tat(en) zu entwickeln. Dabei sind an die Darlegungen
umso höhere Anforderun-gen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt um einen Grenzfall handelt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10. Mai 2016 -
4
StR 185/16, [X.], 719, 720 und vom 28. Januar 2016 -
3 [X.], [X.], 135).
b)
Das [X.] hat mit der Körperverletzung zum Nachteil der [X.] S.

und T.

zwei
im Zustand der erheblich verminderten Schuldfä-
higkeit begangene rechtswidrige Taten ausreichend festgestellt und in der Be-weiswürdigung belegt. Die Gefahrenprognose begegnet aber durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Denn die Strafkammer hat bei der Erstellung der Gefahrenprognose u.a. von der Staatsanwaltschaft [X.] und der Staatsanwaltschaft [X.] jeweils gemäß §
153 Abs.
1 [X.] eingestellte Verfahren gegen den [X.] wegen gefährlicher
Körperverletzung (Vorwurf des Schlages mit ei-nem Besenstiel zum Nachteil des [X.]

) bzw. wegen Körperverletzung
zum Nachteil eines Mitgefangenen und weitere von den [X.] [X.] und [X.] jeweils gemäß §
170 Abs.
2 [X.] eingestellte Verfahren wegen Körperverletzungen als prognoseungünstige Umstände
her-angezogen. In den Urteilsgründen werden -
insoweit wörtlich
-
lediglich die den
Verfahren zugrunde liegenden
jeweiligen Schlussberichte der Polizei, eine Strafanzeige bzw. der Bericht der Justizvollzugsanstalt mitgeteilt. Aus diesen 8
9
-
5
-
ergibt sich aber nicht, dass die Taten auf der Erkrankung des Angeklagten be-ruhten, zumal er zumindest bei einem Teil der Taten offensichtlich (auch)
alko-holisiert
gewesen ist.
Das [X.] hat außerdem zur Stützung seiner Prognose auf das letzte -
einschlägige
-
Urteil durch das [X.] vom 28. Februar 2008
verwiesen, mit dem der Angeklagte wegen im April/Mai 2007 begangener ge-fährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Widerstands gegen Vollstre-ckungsbeamte verurteilt worden war. Zwar werden in den Urteilsgründen die dazu getroffenen Feststellungen mitgeteilt. Aus diesen ergibt sich aber [X.] nicht, ob diese Taten auf der Erkrankung des -
zum Tatzeitpunkt zudem
erheblich alkoholisierten
-
Angeklagten beruhten, sodass deren Prognoserele-vanz gleichfalls nicht beurteilt werden kann (vgl. auch Senat, Beschluss vom 8.
August 2007 -
2
StR 296/07, [X.], 468; [X.] in:
[X.]/Renzi-kowski, StGB, § 63 Rn.
33).
4. Die Sache bedarf danach insoweit erneuter Prüfung.
Der Tatrichter wird zu beachten haben, dass §
63 StGB durch das Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 des
Strafgesetzbuchs und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8.
Juli 2016 ([X.] I 2016 S.
1610) mit Wirkung zum 1.
August 2016 neu gefasst [X.] ist und diese Neufassung gemäß §
2 Abs.
6 StGB Anwendung findet (vgl. BT-Drucks. 18/7244, S.
41; [X.], Beschluss vom 7.
Dezember 2016 -
4
StR 500/16 mwN).

10
11
-
6
-
Der Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt M.

aus [X.]

, vom 10. März 2017 hat bei der Beschlussfassung
vorgelegen.
[X.][X.] Zeng

Bartel Grube

12

Meta

2 StR 557/16

15.03.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. 2 StR 557/16 (REWIS RS 2017, 14069)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14069

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3 StR 521/15

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