Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.05.2010, Az. B 4 AS 7/10 B

4. Senat | REWIS RS 2010, 6339

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Haushaltsenergie als Bestandteil der Regelleistung - Unterkunft und Heizung - Stromkosten für den Betrieb einer Heizungsanlage


Tatbestand

1

[X.] sind Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem [X.] für die [X.] vom 1.1.2005 bis 31.12.2005, insbesondere die Frage, ob und ggf in welcher Höhe Stromkosten zum Betrieb einer Heizungsanlage als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind.

2

Der Kläger bewohnt eine 46,51 qm große Wohnung, die über eine mit Erdgas betriebene Etagenheizung verfügt. Die Warmwasserbereitung erfolgt über die Heizung. Die monatliche Kaltmiete betrug ab 1.1.2005 188,83 Euro bzw ab 1.5.2005 192,55 Euro. Die Nebenkosten beliefen sich auf 55,35 Euro und die Heizkosten auf 56,04 Euro. Die [X.] bewilligte für die [X.]räume vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 und 1.7.2005 bis 31.12.2005 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ua Kosten für Unterkunft und Heizung nur unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 47,51 Euro (Bescheid vom 21.12.2004 idF des Widerspruchsbescheids vom [X.], Bescheid vom 4.4.2005; Bescheid vom 21.6.2005, Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005).

3

Während des Berufungsverfahrens hat die [X.] für den streitgegenständlichen [X.]raum Heizkosten in tatsächlicher Höhe anerkannt (Bescheid vom 24.11.2008). Im [X.] hat das [X.] die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom [X.] zurückgewiesen, mit dem dieses die [X.] unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt hatte, dem Kläger ab April 2005 Heizkosten in Höhe von 55,76 Euro zu bewilligen (Urteil vom 12.11.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, dem Kläger stünden nach Erteilung des Bescheides vom 24.11.2008 keine weiteren Leistungen zu, weil die [X.] die tatsächlichen Kosten für die Heizung ohne Abzug eines Betrags für die Warmwasserbereitung erstattet habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob die von dem Kläger geltend gemachten Stromkosten zum Betrieb der Gasetagenheizung als "versteckte Heizkosten" anzusehen seien und entsprechend den Heizkosten und nicht dem Haushaltsstrom zuzurechnen seien. Selbst wenn es sich um Heizkosten handele, überschreite die dem Kläger zustehende monatliche Summe nicht den Betrag in Höhe von 6,22 Euro, den die [X.] für die Warmwasserbereitung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] (Hinweis auf [X.] Urteil vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.] - [X.], 94 = [X.]-4200 § 22 [X.]) hätte in Abzug bringen müssen. Zwar ergebe sich bei den vom Kläger für den Betrieb der Heizung geltend gemachten 500 Kilowattstunden (kWh) ein monatlicher Betrag in Höhe von 7,61 Euro (500 x 18,27 Cent = 9135 Cent = 91,35 Euro). Diese Angaben seien aber unrealistisch, weil dies mehr als ein Viertel der gesamten jährlichen Stromkosten umfassen würde. Nach den Abrechnungen des Energieunternehmens Mark-E vom 18.2.2005 und [X.] seien für den [X.]raum vom 30.1.2004 bis [X.] für Strom insgesamt 1765 kWh (Gas: 13 583 kWh) und für den [X.]raum vom [X.] bis 3.2.2006 insgesamt 1946 kWh (Gas 14 118 kWh) angefallen. Bei Berücksichtigung von 110 Watt, die der Kläger bereits seinen Berechnungen zu Grunde gelegt habe (Schriftsatz vom [X.]) und einer Heizperiode von 120 Tagen ergebe sich bei 79,2 kWh (120 Tage x 6 Stunden x 110 Watt = 79 200 Watt = 79,2 kWh) lediglich ein Jahresbetrag in Höhe von 14,47 Euro (79,2 kWh x 18,27 Cent - [X.] - 1446,98 Cent). Selbst bei einer großzügigen Schätzung der jährlichen Heizperiode von 240 Tagen und täglich 15 Stunden werde der vom [X.] als zulässig angesehene Abzugsbetrag für die Warmwasserzubereitung in Höhe von 6,22 Euro nicht erreicht.

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob die Kosten für den zum Betrieb einer Heizungsanlage benötigten Strom zu den Kosten der Unterkunft und Heizung gehörten und mit der Regelleistung abgegolten seien bzw ob bei Überschreitung des vom [X.] festgesetzten Betrags von 6,22 Euro für die Warmwasserzubereitung die weiteren Kosten vom Hilfebedürftigen selbst zu tragen seien. Ungeklärt sei die Frage, wie die Stromkosten zum Betrieb der Heizung einzustufen seien und ob sie als Kosten der Unterkunft und Heizung mit der Regelleistung abgegolten seien.

5

Weiter liege eine [X.] vor, die letztlich zu einem Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör führe. Er habe Aufwendungen für den Betrieb der Heizungsanlage in Höhe von monatlich 7,00 Euro geltend gemacht. Indem das [X.] argumentiere, dass der von der [X.]n berücksichtigte Absetzbetrag in Höhe von 6,22 Euro nicht überschritten sei, werde letztlich eine unzulässige Verrechnung bzw Aufrechnung vorgenommen. Die Frage der Hilfebedürftigkeit bzw Billigkeit im Sinne des § 54 SGB I habe keine Rolle gespielt und sei vom [X.] auch in keiner Weise angesprochen oder berücksichtigt worden. Die insoweit fehlende Aufklärung führe zu einem Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.

6

Die Feststellungen des [X.] zur Höhe der Kosten für den Betrieb der Heizung seien teilweise nicht nachvollziehbar und von Vermutungen getragen. Unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Kilowattstunden für den Betrieb der Heizung ergebe sich ein monatlicher Betrag in Höhe von 7,61 Euro (500 x 18,27 Cent = 9135 Cent = 91,35 Euro). Er habe nicht damit rechnen müssen, dass das Berufungsgericht Berechnungen und Feststellungen auf anderer Basis vornehme. Ansonsten wäre hierzu von seiner Seite noch ergänzend Stellung genommen bzw beantragt worden, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Diese Möglichkeit sei ihm genommen worden, weil er mit einer derartigen Abhandlung dieses Themenbereichs im Urteil des [X.] nicht habe rechnen müssen. Auch insoweit sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

Entscheidungsgründe

7

Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.]) bzw des [X.], auf dem das Urteil des [X.] beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]), nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 [X.] iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

8

Eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ([X.] § 160a [X.] und 65; [X.]-1500 § 160a [X.] mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]). Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll ([X.] § 160a [X.]1). Hinsichtlich der von dem Kläger aufgeworfenen Frage nach der Möglichkeit einer Berücksichtigung von Stromkosten für den Betrieb einer Heizungsanlage als (weitere) Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 SGB II hat der Kläger eine Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargetan. Seit 1.8.2006 ergibt sich aus § 20 Abs 1 SGB II, dass die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts auch die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile umfasst. Bereits für die Rechtslage vor dieser Klarstellung in § 20 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.]) ist das BSG davon ausgegangen, dass die Übernahme der Stromkosten auf der Grundlage des § 22 SGB II voraussetzt, dass diese (zumindest teilweise) für das Beheizen der Wohnung aufzubringen sind (vgl [X.] vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - [X.], 274 ff = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 18; BSG Beschluss vom 16.7.2009 - [X.] [X.]/08 B - unter Hinweis auf [X.] vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.] R - [X.], 94 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 5 Rd[X.] 21 ff).

9

Auch hinsichtlich der geltend gemachten Verfahrensmängel genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]) zunächst die verletzte Rechtsnorm und die eine Verletzung (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig dargelegt werden (vgl [X.] § 160a [X.] 14, 24, 34, 36; [X.] 3-1500 § 73 [X.] 10). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl [X.] § 160a [X.] 14). Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Stützt ein Beteiligter - wie hier der Kläger - seine Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht ("[X.]"), bedarf es daher wegen § 160 Abs 2 [X.] [X.] nach ständiger Rechtsprechung des BSG der Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags und der Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.] verbunden mit Ausführungen dazu, dass das [X.] sich auf Grund dessen zur weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt sehen müssen, der Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung und schließlich Ausführungen dazu, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl ua [X.] § 160 [X.] 5; [X.] 3-1500 § 160 [X.] 9; [X.] 4-1500 § 160a [X.] mwN). Der Kläger hat jedoch nicht behauptet, dass er einen Beweisantrag gestellt hat, sondern macht eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 62 [X.]; Art 103 Abs 1 GG) geltend. Soweit er insofern der Sache nach vorträgt, das [X.] habe aus Rechtsgründen ("Verrechnung, Aufrechnung") nicht berücksichtigen dürfen, dass von den bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung ein Betrag in Höhe von 6,22 Euro für bereits in der Regelleistung enthaltene Kosten der Warmwasserbereitung abzusetzen sei, übt er lediglich Kritik am Inhalt der Entscheidung des [X.]. Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht auf die Prüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ([X.] § 160a [X.]).

Auch soweit sich das [X.] in seiner Argumentation zur Höhe von im Rahmen der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigenden Stromkosten für den Betrieb der Heizungsanlage auf die Abrechnung der Vermieterin des [X.], die Abrechnungen des Energieunternehmens Mark-E und eigene Berechnungen stützt, liegt hierin keine unzulässige Überraschungsentscheidung des [X.], die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Das Gericht ist nicht verpflichtet, auf die in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorab im Einzelnen mit den Beteiligten zu erörtern ([X.]-1500 § 112 [X.] 2 S 3). Die Tatsachen, auf die das [X.] seine Überzeugungsbildung hier gestützt hat, konnte der Kläger den Ermittlungen des Berufungsgerichts entnehmen, sodass die von ihm auch wahrgenommene Gelegenheit bestand, sich hierzu zu äußern. Im Übrigen ist Voraussetzung für die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 [X.]), dass der Kläger seinerseits alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Zielt - wie vorliegend - ein Vortrag ausschließlich auf eine weitere Beweiserhebung, hat ein anwaltlich vertretener Kläger nur dann alles getan, um die Berücksichtigung seines Vorbringen zu sichern, wenn er gleichzeitig einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag stellt ([X.]-1500 § 160 [X.] 22 S 35).

Dem Kläger steht Prozesskostenhilfe nicht zu, weil seine Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a [X.]). Aus diesem Grund entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 4 AS 7/10 B

26.05.2010

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dortmund, 9. Mai 2007, Az: S 35 AS 84/05, Urteil

§ 20 Abs 1 SGB 2 vom 24.03.2006, § 20 Abs 1 SGB 2 vom 20.07.2006, § 22 Abs 1 S 1 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.05.2010, Az. B 4 AS 7/10 B (REWIS RS 2010, 6339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6339

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