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Wohnungseigentumsverfahren: Rechtsmittelbeschwer bei Abweisung des Hauptantrags auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses und erfolgreichem Hilfsantrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des [X.] vom 8. Juli 2010 wird auf Kosten des [X.] mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 und 8 als unzulässig verworfen wird.
Von Rechts wegen
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Teilungserklärung enthält folgende Regelungen:
VII. Lasten und Kosten
1. Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, die Lasten […] sowie die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Es werden jedoch zwei [X.] in der Weise gebildet, daß die Kosten des [X.] nur von den Miteigentümern getragen werden, die Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechte im [X.] haben und die Kosten des Hauses 2 nur von denjenigen Miteigentümern, die Wohnungs- oder Teileigentumsrechte im [X.] haben (Verwaltungsuntergemeinschaften). Es sind […] Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung des Grundstücks und der Zuwegungen sowie der von allen Miteigentümern genutzten Einrichtungen und Anlagen von der [X.] zu tragen; […].
VIII. Wohnungseigentümerversammlung
7. Das Stimmrecht in der Versammlung richtet sich nach der Größe der Miteigentumsanteile. […] Soweit Beschlüsse gefaßt werden, die Kosten begründen, die ausschließlich zulasten der Eigentümer des [X.] oder des Hauses 2 gehen, sind nur jeweils die betroffenen Eigentümer des jeweiligen Hauses stimmberechtigt.
Auf der Eigentümerversammlung vom 4. Juni 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer zu dem Tagesordnungspunkt ([X.]) 2 die Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2008 und zu [X.] 3 den Wirtschaftsplan für das Jahr 2009. Zu [X.] 8 beschlossen sie, dass bei Aufträgen über 500 € eine Abstimmung zwischen Verwaltung und Beirat zu erfolgen habe. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beschlüsse wegen Verstoßes gegen das in [X.]. 7 der Teilungserklärung festgelegte Blockstimmrecht nichtig seien, und hat beantragt, die Nichtigkeit der Beschlüsse festzustellen, hilfsweise sie wegen sonstiger Mängel für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Nichtigkeit der Beschlüsse verneint, da ein Verstoß gegen die Stimmrechtsbeschränkung nicht vorliege, die Beschlüsse zu [X.] 2 (Jahresabrechnung) und [X.] 8 (Abstimmung) aber wegen anderer Mängel "aufgehoben". Die Klage zu [X.] 3 hat das Amtsgericht abgewiesen. Die Berufung des [X.], mit der er die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt er seinen Antrag weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Berufung hinsichtlich der Beschlüsse zu [X.] und [X.] unzulässig sei. Der Kläger sei durch die Aberkennung seines [X.] nicht beschwert, da die begehrte Nichtigkeitsfeststellung keine weitergehende [X.] habe als die vom Amtsgericht ausgesprochene Aufhebung der Beschlüsse. Die Berufung zu [X.] sei unbegründet. Ein Verstoß gegen Nr. VIII. 7 der Teilungserklärung liege nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft über Kosten abgestimmt habe, die jeweils nur eines der beiden Häuser isoliert beträfen.
II.
Die Revision ist zulässig, insbesondere ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen. Der Tenor des Berufungsurteils enthält keine Einschränkung. Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hierfür ist aber erforderlich, dass aus den Entscheidungsgründen der Wille des Berufungsgerichts, die Revision in bestimmter Hinsicht zu beschränken, klar und eindeutig hervorgeht (Senat, Beschluss vom 29. Januar 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1365, 1366 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Ein Wille des Berufungsgerichts zu einer Beschränkung ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil es die Rechtsfragen, deretwegen es die Revision zugelassen hat, nicht benennt - und ein Zulassungsgrund im Übrigen auch nicht ersichtlich ist.
III.
Die Revision ist unbegründet.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Beschwer des [X.] verneint, soweit das Amtsgericht nur seinem Hilfsantrag auf Ungültigerklärung, nicht aber seinem Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse zu [X.] (Jahresabrechnung 2008) und [X.] (Abstimmung zwischen Verwaltung und Beirat) stattgegeben hat.
a) Für die Frage der Beschwer kommt es darauf an, worüber rechtskräftig entschieden werden sollte und worüber tatsächlich entschieden worden ist, mithin auf den Umfang der prozessualen [X.], die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte ([X.], Urteil vom 28. Januar 1958 - [X.], [X.]Z 26, 295, 296 mwN). Ergibt der Vergleich der in der Klage aufgestellten Rechtsbehauptung mit dem Inhalt der ergangenen Entscheidung, dass dem Kläger das zuerkannt worden ist, was er begehrt hat, so fehlt ihm ein schutzwürdiges Interesse an der Abänderung der Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz ([X.], Urteil vom 15. Mai 1984 - VI ZR 155/82, [X.], 739, 741, juris Rn. 11).
b) Bei zwei in ein Eventualverhältnis gebrachten Klageanträgen liegen zwei Streitgegenstände und damit zwei prozessuale Ansprüche vor. Wird bei solcher Sachlage der Hauptantrag abgewiesen, so ist grundsätzlich eine (materielle) Beschwer des [X.] gegeben. Eine andere Betrachtung ist aber dann geboten, wenn es sich ausnahmsweise bei den beiden Klageansprüchen nicht um selbständige, sondern um rechtlich gleichwertige Ansprüche handelt, d.h. wenn die prozessuale [X.] der auf den Hilfsantrag ergehenden Entscheidung mit der des mit dem Hauptantrag erstrebten Urteils identisch ist. Das kann bejaht werden, wenn es lediglich um eine unterschiedliche rechtliche Zuordnung des Klagebegehrens geht, die auf den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung keinen Einfluss hat ([X.], Urteil vom 15. Mai 1984 - VI ZR 155/82, [X.], 739, 741, juris Rn. 15; vgl. auch [X.], Urteil vom 21. Juni 1968 - [X.], [X.]Z 50, 261, 264 f.).
So liegt der Fall hier. Das Wohnungseigentumsrecht unterscheidet zwar zwischen [X.] und Nichtigkeitsklagen und bringt damit den unterschiedlichen rechtstechnischen Charakter der gerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck (Suilmann in [X.], [X.], 2. Aufl., § 46 Rn. 11). Auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe betreffen aber keine unterschiedlichen Streitgegenstände, weil Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell dasselbe Ziel verfolgen. Sowohl mit einem auf Feststellung der Nichtigkeit als auch mit einem auf Ungültigkeitserklärung gerichteten Antrag wird jeweils das umfassende Rechtsschutzziel zum Ausdruck gebracht, unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten [X.] herbeizuführen. Wegen der Identität des Streitgegenstandes sind auch die Auswirkungen der Rechtskraft dieselben, gleichgültig, ob die Ungültigkeit des in Rede stehenden Beschlusses festgestellt oder durch Urteil ausgesprochen wird. Mit dem Eintritt der Rechtskraft steht in beiden Fällen fest, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht (Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 182, 307, 309, 315; Beschluss vom 2. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 279, 294). Die Identität des Streitgegenstandes von Nichtigkeitsfeststellungsklage und Beschlussanfechtungsklage hat der Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt (vgl. hierzu die amtliche Begründung des [X.] zum Gesetz zur Änderung des [X.], BT-Drucks. 16/887 S. 38 f.) und in den gesetzlichen Regelungen des § 46 Abs. 2, § 47 Satz 1 und § 48 Abs. 4 [X.] zum Ausdruck gebracht (Suilmann in [X.], [X.], 2. Aufl., § 46 Rn. 14; [X.] in Bärmann, [X.], 11. Aufl., § 43 Rn. 100).
c) Allerdings ist eine materielle Beschwer durch Abweisung des auf Feststellung der Nichtigkeit gerichteten [X.] trotz Obsiegens im Anfechtungsantrag zu bejahen, wenn der Kläger an der Klärung des [X.] ausnahmsweise ein besonderes rechtliches Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO hat (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 182, 307, 315, 316); dann besteht für die Eröffnung des [X.] das - in dem Erfordernis der Beschwer zum Ausdruck kommende - erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches rechtliches Interesse des [X.] liegt hier aber nicht vor.
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtsstellung des [X.] eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Senat, Urteil vom 3. Juli 2009 - [X.], [X.] 2010, 133, 134). Mit der von dem Kläger beantragten Feststellung wäre der Streitpunkt, welchen Umfang die vereinbarte Stimmrechtsbeschränkung hat, nicht abschließend geklärt. Eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit der Beschlussfassung zu [X.] und [X.] betrifft allein die konkret zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlüsse. Die Frage der Stimmberechtigung der Wohnungseigentümer wäre für künftige Beschlussfassungen nicht verbindlich geklärt, da sich die Rechtskraft des Urteils auf diese Vorfrage nicht erstreckte. Die vom Kläger erstrebte verbindliche Klärung des "Dauerproblems" der [X.] hinsichtlich der jährlich zu erstellenden Jahresabrechnung könnte nur durch eine darauf gerichtete Feststellungsklage erreicht werden.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die Berufung des [X.] als unbegründet zurückgewiesen, soweit das Amtsgericht seine Klage hinsichtlich des Beschlusses zu [X.] (Wirtschaftsplan 2009) abgewiesen hat.
Die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan wird von dem in Nr. VIII. 7 der Teilungserklärung geregelten Blockstimmrecht nicht erfasst. Nach § 28 Abs. 1 [X.] enthält der Wirtschaftplan eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und legt den hiervon zu übernehmenden Anteil des einzelnen Wohnungseigentümers fest. Mit Beschluss der in den [X.] enthaltenen Zahlungsverpflichtungen entsteht die in § 28 Abs. 2 [X.] normierte Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers zur Zahlung von [X.] ([X.] Bärmann, [X.], 11. Aufl., § 28 Rn. 32). Hierbei handelt es sich nicht um eine Kostenbegründung, die "ausschließlich zu Lasten der Eigentümer des [X.] oder des [X.]" geht. Die durch die Beschlussfassung begründete Verpflichtung zur [X.] betrifft alle Wohnungseigentümer. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass bei der Bemessung der [X.] auch die voraussichtlichen Ausgaben der jeweiligen [X.] einbezogen werden. Durch die bloße Schätzung zu erwartender Ausgaben und die Billigung dieser Prognose durch die Wohnungseigentümer werden die prognostizierten Kosten nicht schon begründet.
4. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger [X.]Roth
Brückner Weinland
Meta
20.05.2011
Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend LG Köln, 8. Juli 2010, Az: 29 S 27/10, Urteil
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2011, Az. V ZR 175/10 (REWIS RS 2011, 6383)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 6383
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZR 175/10 (Bundesgerichtshof)
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