Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2019, Az. B 6 KA 21/19 R

6. Senat | REWIS RS 2019, 3724

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Wirtschaftlichkeitsprüfung - Nichtbeachtung der normativen Vorgaben für die Arzneimittelverordnung durch Vertragsarzt - Prüfgremien - kein Beurteilungsspielraum für die Prüfung der Zulässigkeit vertragsärztlicher Verordnungen


Leitsatz

1. Beachtet ein Vertragsarzt nicht die normativen Vorgaben für die Verordnung von Arzneimitteln, insbesondere die Zulassungsindikation nach dem Arzneimittelgesetz, gesetzliche Ausschlüsse oder Therapiehinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses, haben die Prüfgremien gegen ihn auf Antrag der Krankenkasse des betroffenen Versicherten einen Regress wegen der Kosten dieser Verordnung festzusetzen, und zwar unabhängig davon, nach welcher Methode die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Vertragsarztes im Übrigen geprüft wird.

2. Für die Prüfung der Zulässigkeit vertragsärztlicher Verordnungen steht den Prüfgremien kein die gerichtliche Nachprüfung beschränkender Beurteilungsspielraum zu; sie haben auch kein Ermessen auszuüben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2018 geändert, soweit im Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2011 gegen die Klägerin eine Ersatzpflicht für die Kosten von [X.]® in allen streitbefangenen Quartalen und wegen der Verordnung von [X.] festgesetzt worden ist, soweit die Verordnungen ab dem 12. Juli 2007 ausgestellt worden sind und nicht für solche Versicherten, die von der Klägerin nicht schon für die [X.] unmittelbar vor diesem Tag mit diesem Medikament versorgt worden waren. Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 10. September 2014 zurückgewiesen.

Im Übrigen - also hinsichtlich der Kosten für [X.] wegen Verordnungen bis zum 11. Juli 2007 und für solche Versicherte, die schon für die [X.] unmittelbar bis zu diesem Tag mit diesem Medikament versorgt worden waren - wird das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2018 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft ([X.]) und dem beklagten Beschwerdeausschuss sind Regressfestsetzungen wegen der Verordnung von [X.] ([X.]) umstritten. Betroffen sind die acht Quartale von 1/2007 bis 4/2008. Für das [X.] ist ebenfalls ein Regress festgesetzt worden ([X.] [X.] 22/19 R); im Übrigen ist ein Regress wegen der Überschreitung des [X.] im [X.] streitbefangen ([X.] [X.] 15/18 R). In allen Verfahren hat der Senat am 11.9.2019 entschieden.

2

Auf Antrag der zu 1. beigeladenen [X.] setzte die Prüfungsstelle der Vertragsärzte und Krankenkassen ([X.]) in [X.] mit Bescheiden vom [X.], [X.] und [X.] gegenüber der Klägerin Regresse in einem Umfang von insgesamt 444 770 Euro wegen der Verordnung von [X.] zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis fest. Sie berief sich darauf, dass die verordneten Präparate [X.]® und [X.]® nur hätten verordnet werden dürfen, wenn zuvor andere Behandlungsansätze erfolglos durchgeführt worden sind. Dem habe die Klägerin in den zur Prüfung gestellten Behandlungsfällen nicht entsprochen. Im Übrigen habe es zu dem Präparat [X.]® seit 2000 einen [X.] des [X.] ([X.]) gegeben, der auf den Vorrang anderer Therapiemöglichkeiten hingewiesen habe. Dasselbe habe seit dem [X.] auch für [X.]® gegolten. Im Übrigen sei [X.]® schon immer nur als Zweitlinienpräparat zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen, also nach Durchführung eines anderen medikamentösen Behandlungskonzeptes, arzneimittelrechtlich zugelassen gewesen.

3

Mit ihren Widersprüchen machte die Klägerin geltend, für das [X.] sei gegen den der [X.] seit 2007 angehörenden Arzt [X.] nach einer Richtgrößenprüfung kein Regress festgesetzt worden, sodass sie nicht hätte davon ausgehen können, dass die Prüfgremien den Einsatz von [X.]® und [X.]® beanstanden würden.

4

Der Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19.5.2011 - soweit hier von Interesse - zurück. Er verwies darauf, dass die Klägerin die für sie verbindlichen [X.]e des [X.] bzw - soweit die Verordnung von [X.]® in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2007 betroffen sei - die Empfehlungen der Fachgesellschaft bzw die Vorgaben der Zulassungsbehörde nach dem [X.] ([X.]) nicht hinreichend beachtet habe. Die Klägerin habe die Behandlungsnotwendigkeiten mit den hochpreisigen Biologika nicht hinreichend dargestellt und nicht jeweils durch die Behandlungsdokumentationen verdeutlicht, dass die Patienten zuvor mit anderen Antirheumatika behandelt worden sind. Soweit die Klägerin sich darauf berufen habe, in Einzelfällen sei nachträglich noch im [X.] das sog Zweitmeinungsverfahren hinsichtlich von Verordnungen aus den Jahren 2007 und 2008 durchgeführt worden, treffe das zwar zu, habe auf die Beurteilung der hier maßgeblichen Regressanträge der zu 1. beigeladenen [X.] jedoch keinen Einfluss. Er - der Beklagte - habe lediglich aus Kulanzgründen im Rahmen des Richtgrößenverfahrens für das [X.] der Klägerin die Möglichkeit gegeben, über mehrere Jahre hinweg rückwirkend ein Zweitmeinungsverfahren durchzuführen.

5

Das SG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das sozialgerichtliche Urteil sowie die angefochtene Entscheidung des Beklagten aufgehoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei bei seiner Entscheidung von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen. Vor allem hätte er die Ergebnisse der 2010 im Zusammenhang mit der Richtgrößenprüfung durchgeführten Prüfungen im Rahmen des Zweitmeinungsverfahrens berücksichtigen müssen. Ein solches Verfahren sei zwar nicht prospektiv, aber doch nachträglich hinsichtlich einer Vielzahl von auch hier betroffenen Patienten durchgeführt worden und habe ergeben, dass in zahlreichen Fällen aus fachlichen Gründen die entsprechenden Verordnungen der Klägerin nicht zu beanstanden seien. Da das Zweitmeinungsverfahren normativ in § 7 Abs 9 der Prüfvereinbarung ([X.]) geregelt sei und die Beteiligten sich verpflichtet hätten, dessen Ergebnisse bei der Richtgrößenprüfung verbindlich zu beachten, hätte der Beklagte darauf auch im Rahmen der Entscheidung über einzelfallbezogene Regressanträge einer [X.] eingehen müssen. Das sei nicht geschehen, deshalb habe der Beklagte den ihm zukommenden Spielraum bei der Überprüfung der Entscheidung der Prüfungsstelle nicht hinreichend beachtet (Urteil vom 20.2.2018).

6

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das [X.] habe zunächst unterlassen, den [X.] zu [X.]® seiner Entscheidung zugrunde zu legen mit der - offensichtlich verfehlten - Begründung, diesen in den amtlichen Informationen des [X.] nicht gefunden zu haben. Tatsächlich sei der [X.] beschlossen worden und ab dem [X.] in [X.] getreten; die Aufhebung des Hinweises durch den [X.] im Jahr 2016 sei hier ohne Bedeutung. Daraus ergebe sich, dass [X.]® erst eingesetzt werden dürfe, wenn die angemessene [X.] nicht zu einem Behandlungserfolg geführt habe. Ein entsprechender Hinweis des [X.] für [X.]® sei ab [X.], also für die überwiegende Zahl der hier betroffenen Quartale, von den Vertragsärzten zu beachten gewesen. Für die [X.] davor habe sich dieselbe Verpflichtung daraus ergeben, dass [X.]® zur Behandlung von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises arzneimittelrechtlich überhaupt nur zugelassen gewesen sei, soweit ein Patient unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich Methotrexat angesprochen habe. Aus dieser eingeschränkten Zulassung und aus einem Hinweis in den Leitlinien der [X.] mit demselben Inhalt ergebe sich zwingend, dass die Verordnung von [X.]® und [X.]® vertragsarztrechtlich nur gestattet gewesen sei, wenn entsprechende Vorbehandlungen stattgefunden hätten, dokumentiert seien und zu keinem Erfolg geführt hätten. Das habe sich in den von dem Antrag der zu 1. beigeladenen [X.] erfassten Fällen nicht feststellen lassen.

7

Nicht zu folgen sei der Auffassung des [X.], er - der Beklagte - sei von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, weil er die nachträgliche Durchführung des Zweitmeinungsverfahrens (für einzelne Fälle aus dem [X.]) nicht berücksichtigt habe. Schon tatsächlich sei der Vorwurf falsch, weil auf das Zweitmeinungsverfahren in dem Bescheid an mehreren Stellen ausdrücklich hingewiesen werde. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das [X.] ihm - dem Beklagten - unterstelle, bei einer Entscheidung, die auf den Erörterungen einer Sitzung am 22.12.2010 beruht habe, nicht gewusst zu haben, wie am selben Tag in einem Parallelverfahren betreffend dieselben Beteiligten - Streitgegenstand: [X.] 2007 - verhandelt und entschieden worden sei.

8

Das [X.] habe vor allem verkannt, dass das Zweitmeinungsverfahren prospektiv ausgerichtet sei und den Sinn habe, den Ärzten vor Durchführung einer kostenintensiven Behandlung die Sicherheit zu geben, dass ihre Verordnungen als zulässig und wirtschaftlich eingestuft würden. Mit Sinn und Zweck dieses in der [X.] näher geregelten Verfahrens sei es nicht vereinbar, das Verfahren rückwirkend durchzuführen, nachdem sich der Gesundheitszustand der jeweiligen Patienten mit Gewissheit geändert habe und eine vollständige Dokumentation der zu Beginn der Behandlung gegebenen Krankheitssituation nicht mehr möglich sei. Im Übrigen beziehe sich das Zweitmeinungsverfahren - was das [X.] nicht hinreichend gewürdigt habe - ausschließlich auf das Verfahren der Richtgrößenprüfung. Insoweit hätten sich die Vertragspartner in [X.] dahingehend verständigt, dass dann, wenn als Ergebnis des Zweitmeinungsverfahrens die Zulässigkeit und Wirtschaftlichkeit der davon erfassten Verordnungen des Arztes festgestellt worden seien, die darauf entfallenden Kosten als Praxisbesonderheiten von dem für die Richtgrößenprüfung relevanten Verordnungsvolumen der Praxis abgezogen werden müssten. Für das Verfahren, das eine einzelne [X.] wegen einer von ihr als unzulässig angesehenen Verordnung in Gang setze, spiele das Zweitmeinungsverfahren keine Rolle. Im Übrigen sei er - der Beklagte - nicht verpflichtet gewesen, das im Rahmen der Richtgrößenprüfung aus Kulanzgründen 2010 rückwirkend für das [X.] durchgeführte Zweitmeinungsverfahren auch auf das hier betroffene Verfahren zu erstrecken. Da nach Auffassung der antragstellenden [X.], die er - der Beklagte - für richtig halte, die Verordnungen der Klägerin den formellen Anforderungen der [X.]e des [X.], die für den einzelnen Arzt verbindlich gewesen seien, nicht entsprochen hätten, habe er auch keinerlei Spielraum hinsichtlich der Feststellung eines Regresses gehabt.

9

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.]ischen [X.] vom 20.2.2018 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 10.9.2014 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil zumindest im Ergebnis für richtig.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten hat vollen Erfolg, soweit die Regresse für die Verordnungen von [X.]® und von [X.] - Letzteres allerdings lediglich für ab dem [X.] ausgestellte Verordnungen und soweit Patienten erstmals mit [X.] versorgt worden sind - betroffen sind. Insoweit hätte das [X.] das Urteil des [X.] nicht ändern dürfen. Hinsichtlich der Kosten für die Verordnungen von [X.] in der [X.] vom 1.1.2007 bis 11.7.2007 kann der [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht abschließend entscheiden, ob der Bescheid des Beklagten vom 19.5.2011 rechtmäßig ist. Das führt zur Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]G).

1. Rechtsgrundlage der Einzelfallprüfungen der [X.] der Klägerin in den acht streitbefangenen Q[X.]rtalen ist § 106 Abs 2 Satz 4 [X.]B V in der hier noch anwendbaren Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 ([X.] 2190) bzw ab dem Q[X.]rtal 1/2008 idF des [X.] des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-W[X.]) vom [X.] ([X.] 378) iVm § 10 der im Bezirk der zu 2. beigeladenen [X.] geltenden [X.] aus dem Jahre 2006. Nach § 106 Abs 2 Satz 4 [X.]B V sind die Vertragspartner berechtigt, durch [X.] zusätzliche Prüfverfahren einzuführen (dazu zuletzt [X.]surteil vom [X.] [X.] 7/16 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] RdNr 13). Die Vertragspartner in [X.] haben von dieser Regelung umfassend Gebrauch gemacht und neben der Auffälligkeits- oder Richtgrößenprüfung gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 [X.]B V und den Stichprobenprüfungen gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 [X.]B V auch Einzelfallprüfungen vorgesehen. Gemäß § 10 Abs 2 [X.] entscheidet der Prüfungsausschuss (heute: die Prüfungsstelle) auf Antrag der [X.], ob der Vertragsarzt durch Veranlassung [X.] der Verordnung von Arzneimitteln im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Nach § 10 Abs 4 [X.] entscheidet die Prüfungsstelle auf Antrag der [X.] im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadenersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind oder deren Veranlassung mit den Vorgaben der Richtlinien des [X.] unvereinbar ist. Dies entnimmt der [X.] den Ausführungen des [X.], dessen Auslegung der landesrechtlichen [X.] für das Revisionsgericht bindend ist (vgl § 162 [X.]G). Ebenfalls verbindlich für den [X.] hat das [X.] festgestellt (§ 163 [X.]G), dass die [X.] der zu 1. beigeladenen [X.] rechtzeitig gestellt worden sind.

2. Zu Recht hat der Beklagte - was das [X.] nicht erörtert hat - über die Widersprüche der Klägerin gegen die Regressfestsetzungen der Prüfungsstelle entschieden. Die Klägerin musste gegen diese Entscheidung nicht gemäß § 106 Abs 5 Satz 8 [X.]B V idF des GKV-W[X.] (heute § 106c Abs 3 Satz 6 [X.]B V) unmittelbar das [X.] anrufen. Der Ausschluss des Vorverfahrens ist nach der Rechtsprechung des [X.]s auf die unmittelbar durch Gesetz oder die [X.] ([X.]) ausgeschlossenen Arzneimittel beschränkt, greift dann aber auch ein, wenn von dem generellen Ausschluss begründete Ausnahmen im Einzelfall möglich sind ([X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.]5/13 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]). Hier geht es jedoch nicht um einen Regress wegen der Verordnung explizit ausgeschlossener Arzneimittel, sondern um die Beachtung bzw Nichtbeachtung eines [X.] des [X.] zum Einsatz bestimmter Arzneimittel in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand des Patienten und bereits durchgeführter Vorbehandlungen. Das kann nur einzelfallbezogen beurteilt werden, weshalb die Befassung des fachkundig auch mit Vertretern der Ärzte besetzten [X.] geboten ist.

3. Wenn ein Vertragsarzt Arzneimittel verordnet, die er bei Beachtung der maßgeblichen gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften nicht hätte verordnen dürfen, muss er der [X.] des betroffenen Versicherten Ersatz leisten. Der [X.] hat in mehreren Entscheidungen aus den letzten Jahren herausgestellt, dass die Prüfung der Zulässigkeit von ärztlichen Verordnungen zwar die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im weiteren Sinne betrifft und deshalb auch den Prüfgremien obliegt, in der Sache jedoch ein eigenständiges Prüfverfahren darstellt. Es geht insoweit weder um eine Auffälligkeits- oder Zufälligkeitsprüfung iS des § 106 Abs 2 Satz 1 [X.]B V noch um die Feststellung eines sog sonstigen Schadens (B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.], 23; B[X.] Urteil vom 13.10.2010 - [X.] [X.]/09 R - [X.] aaO [X.] RdNr 11; B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 7/16 R - [X.] aaO [X.] RdNr 18/19). Der Schaden, den der Arzt beim sog Verordnungsregress der [X.] verursacht hat, besteht darin, dass sie gegenüber der Apotheke Medikamente bezahlen muss, die der Arzt nicht hätte verordnen dürfen und der Versicherte nicht beanspruchen konnte. Die Feststellung der Ersatzpflicht des Arztes für die Kosten unzulässiger Verordnungen erfolgt auf Antrag einer [X.] ganz unabhängig davon, ob und nach welcher Methode die Wirtschaftlichkeit der [X.] des Arztes im Übrigen geprüft wird. Deshalb spielt es für die Beurteilung der [X.]keit eines [X.]s entgegen der Auffassung der Klägerin keine Rolle, dass [X.], der der klagenden [X.] seit 2007 angehört, im [X.] keinem [X.] ausgesetzt war. Es bedarf deshalb auch keiner Klärung, ob die Prüfgremien im Rahmen einer Richtgrößenprüfung für das [X.] von [X.] ausgegangen sind und deshalb kein Regress festgesetzt worden war, oder ob insoweit eine individuelle Richtgröße vereinbart worden war; das Vorbringen der Klägerin dazu im Revisionsverfahren ist nicht ganz eindeutig.

4. Das [X.] hat die Entscheidung des Beklagten mit der Begründung aufgehoben, dieser sei von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen und habe von seinem Beurteilungsspielraum bzw seinem Ermessen keinen angemessenen Gebrauch gemacht, weil er die Resultate des 2010 nachträglich veranlassten [X.] im Rahmen der Richtgrößenprüfung der klagenden Praxis für das [X.] nicht berücksichtigt habe. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil dem Beschwerdeausschuss bei der Entscheidung über die Ersatzpflicht des Arztes für unzulässige Verordnungen kein Beurteilungsspielraum zukommt und auch keine Ermessenerwägungen anzustellen sind. In seinem Urteil vom 30.10.2013 ([X.] [X.]/13 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] RdNr 11) hat der [X.] näher dargelegt, dass bei [X.], denen unzulässige Verordnungen zugrunde liegen, kein Raum für eine Ermessensbetätigung besteht. Zwar lassen die für die Prüfung eines [X.]s maßgeblichen Grundsätze in vieler Hinsicht Raum für Erwägungen zur besonderen Behandlungssit[X.]tion des Patienten (vgl B[X.] Beschluss vom 12.12.2018 - [X.] [X.] 13/18 B - juris RdNr 12), doch kann im Ergebnis eine Verordnung nur entweder zulässig oder unzulässig sein. Ein die gerichtliche Nachprüfung einschränkender Beurteilungsspielraum der Prüfgremien kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.

5. Die Klägerin hätte [X.]® in den Jahren 2007 und 2008 in den von der zu 1. beigeladenen [X.] beanstandeten Behandlungsfällen nicht verordnen dürfen. Insoweit hätte das [X.] die Klageabweisung durch das [X.] bestätigen müssen.

a. Für [X.]® existierte seit dem [X.] ein Therapiehinweis des [X.] (Beschluss vom 10.12.1999, BAnz [X.] vom [X.]), der für die Klägerin verbindlich war, den sie aber nicht beachtet hat. Dass der Hinweis lange nach Ablauf des hier betroffenen [X.]raums, nämlich Ende 2016, aufgehoben worden ist (vgl Bekanntmachung des Beschlusses des [X.] vom 21.7.2016, BAnz [X.]), ändert daran nichts. [X.]® durfte in den Jahren 2007 und 2008 nur verordnet werden, wenn zuvor eine Behandlung des Patienten mit herkömmlichen Antirheumatika durchgeführt worden ist. Das hätte die Klägerin spätestens vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens einzelfallbezogen darlegen müssen (vgl B[X.] Urteil vom 21.3.2012 - [X.] [X.] 17/11 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] RdNr 40 ff mwN), was jedoch nicht geschehen ist.

b. Der Therapiehinweis des [X.] zu [X.]® war für die Klägerin wie für alle Vertragsärzte verbindlich. In der Rechtsprechung des [X.]s ist seit dem Urteil vom [X.] ([X.] [X.] 13/05 R - B[X.]E 96, 261 = [X.] 4-2500 § 92 [X.]) geklärt, dass der [X.] auf der Grundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 [X.]B V Hinweise zum wirtschaftlichen Einsatz von Arzneimitteln geben darf. Das erfolgt in der [X.] mit normativer Wirkung und prinzipieller Verbindlichkeit (auch) gegenüber den Vertragsärzten. Die Reichweite der Bindungswirkung hängt dabei von der konkreten Formulierung des [X.] ab (B[X.] Beschluss vom 6.8.2015 - [X.] [X.] 6/15 B - juris, zu [X.] bzw Forsteo®).

Aus den von der Klägerin nicht mit einer Gegenrüge in Frage gestellten Feststellungen des [X.] ergibt sich, dass diese die aus dem Therapiehinweis des [X.] folgenden Einschränkungen der Verordnungsfähigkeit von [X.]® zu Lasten einer [X.] zumindest in formeller Hinsicht nicht beachtet hat. Danach durfte [X.]® erst eingesetzt werden, wenn eine antirheumatische Basismedikation nicht zum Erfolg geführt hat. Das muss der Vertragsarzt anhand seiner Behandlungsdokumentation einzelfallbezogen belegen, wenn ihm die Prüfungsstelle die Anträge der [X.] nach § 10 Abs 4 [X.] zuleitet und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Einwände, die der Arzt erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens im gerichtlichen Verfahren vorbringt, obwohl es ihm oblegen hätte, diese schon den Prüfgremien gegenüber zu erheben, können unberücksichtigt bleiben, weil der Arzt nicht berechtigt ist, das Prüfverfahren zu unterlaufen und die den Prüfgremien vorbehaltene Prüfung in das gerichtliche Verfahren zu verlagern (B[X.] Urteil vom 21.3.2012 - [X.] [X.] 17/11 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] RdNr 40 ff mwN).

Das Berufungsgericht hat die normativen Wirkungen des [X.] des [X.] nicht hinreichend berücksichtigt, die im [X.]surteil vom [X.] (aaO) angesprochen worden sind. Wenn der [X.] auf der Grundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 [X.]B V für einen Wirkstoff oder ein mit dem Handelsnamen bezeichnetes Medikament einen Therapiehinweis erlässt, das dessen Einsatz ohne anderweitige medikamentöse Vorbehandlung ausschließt, muss sich der Arzt daran halten. [X.] er diesen Wirkstoff ohne eine solche Vorbehandlung, ist das unzulässig. Der Hinweis des [X.] auf die Notwendigkeit einer Begutachtung im Zusammenhang mit Therapiehinweisen vor dem Hintergrund des Urteils des [X.]s vom [X.] lässt es als möglich erscheinen, dass das Gericht nicht hinreichend zwischen der Sachaufklärung der Gerichte einerseits bei der Prüfung der generellen [X.]keit eines konkreten [X.], mit der sich der [X.] in dem zwischen einem pharmazeutischen Unternehmen und dem [X.] geführten Verfahren [X.] [X.] 13/05 R befasst hat, und andererseits bei Prüfung eines einzelfallbezogenen Regresses in Umsetzung eines solchen Hinweises differenziert hat. Der Zweck eines - unterstellt: gesetzkonformen - [X.] besteht gerade darin, dass bei einem umstrittenen Wirkstoff nicht mehr in jedem Einzelfall geklärt werden muss, ob sein Einsatz notwendig und wirtschaftlich war. Die Frage, ob [X.]® ohne anderweitige medikamentöse Vorbehandlung des Patienten verordnet werden darf, ist vom [X.] (im negativen Sinne) entschieden worden und kann deshalb grundsätzlich im Verfahren über einen Regress wegen einer solchen Verordnung nicht einzelfallbezogen Gegenstand der Sachaufklärung durch ein Sachverständigengutachten sein.

Anlass zur weiteren Sachaufklärung besteht nur, wenn der Arzt Art und Umfang der anderweitigen medikamentösen Vorbehandlung der Patienten dokumentiert hat, die Prüfgremien aber der Auffassung sind, aus der Dokumentation gehe die Notwendigkeit zum Einsatz von [X.]® nicht hinreichend deutlich hervor. Nach dem Inhalt der vom [X.] zum Verfahrensgegenstand gemachten Niederschrift der Sitzung des Beklagten am 22.12.2010 und des Bescheides vom 19.5.2011 hat die Klägerin in den Fällen, die Gegenstand des Antrags der [X.] waren, nicht eine anderweitige medikamentöse antirheumatische Behandlung der Patienten belegt, sondern ihre [X.] mit dem Gesundheitszustand der Patienten und ihrer Überzeugung von der therapeutischen Überlegenheit von [X.]® begründet. Das rechtfertigt jedoch gerade keine Freistellung der Klägerin von der Verbindlichkeit des [X.], solange keine notstandsähnliche Lage im Sinne der Entscheidung des [X.] vom 6.12.2005 ([X.]E 115, 25 = [X.] 4-2500 § 27 [X.]) vorliegt oder § 2 Abs 1a [X.]B V eingreift (zum Ausschluss eines Regresses bei Anspruch des Versicherten auf die umstrittene Verordnung vgl B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 6/09 R - B[X.]E 106, 110 = [X.] 4-2500 § 106 [X.], RdNr 46). Anhaltspunkte dafür, dass solche Konstellationen hier gegeben waren, bestehen nicht.

c. An der Festsetzung einer Ersatzpflicht für die Kosten von [X.]® war der Beklagte nicht deshalb gehindert, weil er im Jahr 2010 das sog Zweitmeinungsverfahren zu einigen Behandlungsfällen der klagenden [X.] aus dem [X.] mit für diese positivem Ergebnis durchgeführt hat. Auf der Grundlage des § 7 Abs 9 [X.] haben die Vertragspartner in [X.] nach Feststellung des [X.] ab dem Jahr 2002 ein Verfahren vereinbart, in dem [X.] die Verordnung bestimmter hochpreisiger und umstrittener Wirkstoffe vorab geprüft wird. Zu den davon erfassten Wirkstoffen gehörte auch der Einsatz von [X.] bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, und zwar für die [X.] von 2002 bis 2016. Seit 2017 ist kein Wirkstoff mehr vereinbart, für den dieses Verfahren durchgeführt werden soll.

Das Zweitmeinungsverfahren sollte nach den Feststellungen des [X.] sicherstellen, dass der Einsatz der [X.] indikationsgerecht erfolgt, der Arzt aber auch davor geschützt ist, nachträglich Regress leisten zu müssen. Deshalb wurde vereinbart, dass Verordnungen von [X.], die nach dem Ergebnis des [X.] zulässig und wirtschaftlich sind, bei der Ermittlung des für die Richtgrößenprüfung relevanten Verordnungsvolumens der Praxis außer Betracht bleiben. Ein solches Verfahren hat die Klägerin für die hier betroffenen Jahre von sich aus nicht in Gang gesetzt.

Der Umstand, dass der Beklagte seinerseits im Rahmen seiner Entscheidung über den [X.] gegen die klagende [X.] für das [X.] im Jahr 2010 für einzelne Verordnungsfälle aus dem streitbefangenen Jahr das Zweitmeinungsverfahren retrospektiv hat durchführen lassen, hat keine Auswirkungen auf die [X.]keit der [X.] wegen Unzulässigkeit der hier umstrittenen Verordnungen. Das [X.] hat das offenbar auch nicht generell anders gesehen, sondern lediglich angenommen, unter [X.] hätte der Beklagte diesen Aspekt berücksichtigen müssen. Das war schon deshalb nicht tragfähig, weil bei [X.] wegen unzulässiger Verordnungen kein Ermessen auszuüben ist (s oben 4.). Eine unmittelbare rechtliche Beziehung zwischen den Ergebnissen des für die Richtgrößenprüfung vereinbarten [X.] und [X.] nach § 10 Abs 4 [X.] könnte im Übrigen nur bestehen, wenn anzunehmen wäre, die [X.] hätte sich verpflichtet, Anträge nach § 10 Abs 4 [X.] nicht zu stellen oder zurückzunehmen, wenn ein Zweitmeinungsverfahren für die Verordnungen von Arzneimitteln, die Gegenstand des Antrags sind, zu einem für den Arzt positiven Ergebnis kommt. Das ist im Hinblick auf die Schaffung des [X.] allein im Rahmen der Richtgrößenprüfung schon wenig naheliegend. Raum dafür wäre jedenfalls nur dann, wenn der betroffene Arzt von sich aus parallel zu dem Regressantrag einer [X.] für denselben [X.]raum ein solches Verfahren beantragt hat. Das ist 2007 und 2008 nicht geschehen, obwohl für diese Jahre auch eine Richtgrößenprüfung der Klägerin durchgeführt worden ist.

6. Soweit der Beklagte einen Regress wegen der Verordnungen von [X.] festgesetzt hat, kann der [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] darüber nicht abschließend entscheiden. Die Aufhebung des Bescheides des Beklagten durch das Berufungsgericht mit der Begründung einer fehlenden Ermessensbetätigung im Hinblick auf das Zweitmeinungsverfahren steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Das folgt aus den auch hier maßgeblichen Erwägungen zu [X.]® (s oben 4. und 5. c.). Es steht aber auch nicht fest, dass sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen iS des § 170 Abs 1 Satz 2 [X.]G als richtig erweist.

a. Für [X.] ist am [X.] ein Therapiehinweis des [X.] in [X.] getreten (Beschluss vom [X.], BAnz [X.] vom 11.7.2007 S 6932). Danach war die Verordnung dieses Mittels - wie zuvor schon eine Verordnung von [X.]® - ausgeschlossen, soweit die Patienten nicht zunächst mit herkömmlichen Antirheumatika behandelt worden waren. Auch daran hat sich die Klägerin nicht gehalten, sodass grundsätzlich die Verordnungen von [X.] ab dem [X.] unzulässig waren.

Allerdings kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagte alle Verordnungen von [X.] ab dem [X.] regressieren durfte. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten werden zahlreiche Patienten in der Praxis der Klägerin über einen längeren [X.]raum behandelt. Das lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass die Klägerin nach dem Inkrafttreten des [X.] am [X.] [X.] auch solchen Patienten verschrieben hat, die schon unmittelbar vor diesem Tag damit behandelt worden waren. Der [X.] kann zumindest nicht sicher annehmen, dass alle diese Patienten sofort auf eine andere Medikation umgestellt werden konnten. Dass die Klägerin das erkennbar nicht gewollt hat, weil sie die Verordnungsvorgaben des [X.] für sich nicht als verbindlich ansieht, ändert nichts daran, dass es Fälle geben könnte, in denen sie das auch aus medizinischen Gründen nicht gekonnt hätte. Dann darf wegen dieser Verordnungen kein Schadenersatzanspruch gegen die Klägerin festgestellt werden.

Diesem Aspekt der unter Umständen zeitlich begrenzt zulässigen Verordnung von [X.] ab dem [X.] muss das [X.] näher nachgehen. Das ist bisher - vom Rechtsstandpunkt des [X.] im Sinne einer unzureichenden Ermessensausübung des Beklagten folgerichtig - nicht geschehen. Dazu wird das [X.] zunächst zu klären haben, ob die Klägerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren entsprechend zu den hier relevanten Einzelfällen hinreichend substantiiert vorgetragen hat. [X.] muss die Klägerin die Möglichkeit erhalten, ihr Vorbringen in Hinsicht auf eine mögliche Umstellung der Therapie der betroffenen Patienten auf eine mit den Vorgaben des [X.] kompatible [X.] zu präzisieren.

b. Soweit Verordnungen bis zum 11.7.2007 betroffen sind, kann der angefochtene Bescheid des Beklagten nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, die Klägerin habe insoweit zumindest unwirtschaftlich verordnet. Neben der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der [X.] eines Arztes nach Maßgabe der [X.] iS des § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 [X.]B V ist eine Einzelfallprüfung unter dem Aspekt der Unwirtschaftlichkeit nach § 10 Abs 2 [X.] ausgeschlossen.

Zwar kann die [X.] auf der Grundlage des § 10 Abs 2 [X.] auch die Feststellung der Ersatzpflicht des Arztes für unwirtschaftliche Verordnungen im Einzelfall verlangen, doch hat insoweit die Richtgrößenprüfung Vorrang. Dabei wird das gesamte Verordnungsvolumen des Arztes oder der Praxis mit dem Volumen verglichen, das sich aus der Multiplikation der vereinbarten Richtgröße mit der Fallzahl ergibt. Nach Berücksichtigung von [X.] tritt die Ersatzpflicht des Arztes nach § 106 Abs 5a Satz 3 [X.]B V erst ein, wenn der Vergleich eine Überschreitung um mehr als 25 % ergibt. Dieser Toleranzbereich bei den Verordnungskosten beruht auf einer Entscheidung des Gesetzgebers, die von den Prüfgremien und den Gerichten hinzunehmen ist. Deshalb kann die Wirtschaftlichkeit der [X.] in Einzelfällen - anders als deren Zulässigkeit - neben einer Prüfung nach Richtgrößen nicht (mehr) geprüft werden (vgl bereits B[X.] Urteil vom 17.2.2016 - [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]4 RdNr 44; B[X.] Urteil vom 13.5.2015 - [X.] [X.] 18/14 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]1 Rd[X.]). Würde das anders beurteilt, könnte eine [X.] eine Einzelfallprüfung nach § 10 Abs 2 [X.] in den Fällen veranlassen, in denen das Verordnungsvolumen der Praxis die Richtgröße rechnerisch deutlich übersteigt. Das kann zB der Fall sein, wenn ein Arzt insgesamt das Richtgrößenvolumen für seine Praxis überschreitet, den Grenzwert von 25 % aber nicht erreicht, oder wenn der Grenzwert von 25 % zwar überschritten wird, aber im Hinblick auf eine nach § 106 Abs 5d [X.]B V aF für die Folgeq[X.]rtale vereinbarte individuelle Richtgröße kein Regressbetrag festgesetzt werden darf. Würde die Prüfung auf Wirtschaftlichkeit in diesen Einzelfällen ergeben, dass der über die Richtgröße hinausgehende Aufwand unwirtschaftlich ist, müsste der Arzt insoweit Regress leisten, obwohl im eigentlichen Richtgrößenverfahren keine Ersatzpflicht des Arztes festgesetzt werden könnte. Das entspricht nicht der Regelungsintention des Gesetzgebers.

c. [X.] kann der Bescheid des Beklagten betreffend [X.] für bis zum 11.7.2007 ausgestellte Verordnungen deshalb nur sein, wenn die Klägerin dieses Medikament iS des § 10 Abs 4 [X.] aus Rechtsgründen nicht hätte verordnen dürfen. Das kann der [X.] derzeit weder feststellen noch ausschließen.

Da der Therapiehinweis des [X.] zu [X.] erst am [X.] in [X.] getreten ist, kommt diesem für die [X.] bis zum 11.7.2007 keine für den Vertragsarzt verbindliche normative Bedeutung zu. Soweit der Beklagte und das [X.] davon ausgehen, die Klägerin hätte im Hinblick auf die Empfehlungen in den Leitlinien der [X.] [X.] auch in diesem [X.]raum keinesfalls ohne dokumentierte Vorbehandlung mit anderen Medikamenten verordnen dürfen, teilt der [X.] diese Auffassung nicht. Derartigen Leitlinien kommt zur Konkretisierung des [X.] Bedeutung zu, sie sind aber [X.] nicht normativ verbindlich. In seinem Urteil vom 22.10.2014 ([X.] [X.] 34/13 R - B[X.]E 117, 129 = [X.] 4-2500 § 34 [X.], RdNr 44) hat der [X.] die Leitlinie der [X.] als "informellen Konsens" bezeichnet, die gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes liefere. Auch im Urteil vom 14.5.2014 ([X.] [X.]1/13 R - B[X.]E 116, 1 = [X.] 4-2500 § 34 [X.], Rd[X.]) hat sich der [X.] inhaltlich auf Richtlinien von zwei [X.] zum sog Reizdarmsyndrom bezogen, ohne diesen normative Verbindlichkeit zuzusprechen. Genauso wie ein Arzt bei seiner Behandlungsweise im Einzelfall von den Empfehlungen der [X.] abweichen darf - wobei er allerdings mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot in Konflikt geraten kann -, kann er sich nicht generell darauf berufen, dass jeder Behandlungsweg, der von einer Leitlinie der zuständigen Fachgesellschaft empfohlen wird, allein deshalb wirtschaftlich im Sinne des Krankversicherungsrechts sein müsse.

Soweit der Beklagte hierin eine zu weitgehende Beschränkung der Durchsetzung des [X.] sieht, folgt der [X.] dem nicht. Das ergibt sich schon aus dem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil im Verfahren [X.] [X.] 15/18 R ebenfalls vom 11.9.2019. Zu dem dort streitbefangenen [X.] hat der [X.] entschieden, dass [X.] weder durch unzulässige noch durch unwirtschaftliche Verordnungen begründet werden können. Die strikte Trennung dieser beiden Bewertungen gilt nur für [X.] nach § 10 Abs 4 [X.], ist dort aber zwingend zu beachten, damit die (auch) zu Gunsten der Ärzte erlassenen Regelungen in § 106 Abs 5a [X.]B V nicht leerlaufen.

d. Danach könnten die Verordnungen von [X.] nur dann unzulässig gewesen sein, wenn sie im Widerspruch zur arzneimittelrechtlichen Zulassung dieses Arzneimittels erfolgt sind. Arzneimittel, die nach dem [X.] für bestimmte Indikationen, aber nur unter Beachtung gewisser Einschränkungen zugelassen sind, darf der Arzt (auch) [X.] nur unter Beachtung dieser Einschränkungen verordnen. Einer arzneimittelrechtlichen Verordnungsbeschränkung etwa auf schwere, schwerste oder progrediente Krankheitsverläufe kommt dieselbe Wirkung zu wie der Begrenzung der Zulassung auf eine bestimmte Indikation: Nur im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung darf ein Medikament verordnet werden (B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 6/09 R - B[X.]E 106, 110 = [X.] 4-2500 § 106 [X.], RdNr 38). Dass die Beachtung von Verordnungsbeschränkungen schwierig zu überprüfen und streitanfälliger ist als die Beachtung der Indikation, ändert an diesem rechtlichen Ausgangspunkt nichts.

Der Beklagte hat angenommen, die Klägerin habe nicht beachtet, dass [X.] nur zur Behandlung der "mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten" zugelassen war, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Behandlungen einschließlich Methotrexat angesprochen haben. Damit hat der Beklagte die Anwendungsgebiete für [X.] jedoch nur unvollständig bezeichnet. [X.] war nämlich auch für die Behandlung "schwerer aktiver und progressiver Formen der rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen ohne vorherige [X.]" zugelassen ([X.] [X.] 40 mg, [X.] Datenbank, Version 3.50.0 - Anlage 3 zur Revisionsbegründung des Beklagten). In solchen Fällen steht die beschränkte Zulassung von [X.] dem Einsatz auch als Eingangsmedikation etwa bei Patienten nicht entgegen, die sich - zB nach nicht erfolgreicher Behandlung durch ihren Hausarzt - erstmals in die Praxis der Klägerin begeben haben. Ob es solche Fälle gibt, hat das [X.] nicht festgestellt. Das macht die Zurückverweisung an das [X.] erforderlich, das sich damit - von seinem Rechtsstandpunkt aus wiederum folgerichtig - nicht befasst hat.

7. Das [X.] wird bei seiner Entscheidung über den ihm zurückverwiesenen Teil des Streitstoffs auch über die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt zu entscheiden haben. Eine gesonderte Kostenentscheidung über den vom [X.] abschließend erledigten Teil ist nicht möglich.

Meta

B 6 KA 21/19 R

11.09.2019

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Kiel, 10. September 2014, Az: S 16 KA 228/11, Urteil

§ 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 106 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 14.11.2003, § 106 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 21 AMG 1976, §§ 21ff AMG 1976, AMRL

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2019, Az. B 6 KA 21/19 R (REWIS RS 2019, 3724)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3724

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