Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2014, Az. KRB 2/14

Kartellsenat | REWIS RS 2014, 5119

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KRB 2/14

vom
3. Juni
2014
in der Kartellbußgeldsache
gegen

wegen
Kartellordnungswidrigkeiten

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Der Kartellsenat hat durch [X.] und Dr. Raum sowie [X.] Dr. Strohn am 3. Juni 2014
beschlossen:

Auf die Beschwerde der [X.]n wird der Beschluss des 4. Kartellsenats des [X.] vom 9.
Dezember 2013 aufgehoben; die Anordnung des dinglichen Arrests in das Vermögen der [X.]n entfällt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und
die der [X.]n insoweit entstandenen notwendigen Auslagen

Gründe:
Gegen die [X.], die durch Urteil des [X.] vom 15. April 2013 wegen Kartellordnungswidrigkeiten ihrer
leiten-den Mitarbeiter zu einer Geldbuße von 43 Mio. Euro verurteilt worden war, hat das [X.] mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 den dinglichen Arrest in das Vermögen der [X.]n in Höhe des ausgeurteilten [X.] angeordnet. Hiergegen richtet sich die erfolgreiche Beschwerde der [X.]n.
I.
Das [X.] hält die Anordnung für erforderlich, weil ansons-ten die Vollstreckung des Urteils,
gegen das die [X.] eingelegt hat, wesentlich erschwert würde. Der von der [X.] gegen die Arrestanordnung eingelegten Beschwerde hat es mit Be-1
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schluss vom 13.
Januar 2014 nicht abgeholfen. Es bestehe die Gefahr der Vermögensverschiebung, weil die [X.] Vorrats-
und Mantel-gesellschaften vorhalte. Dass diese bislang nicht genutzt worden seien, ändere
hieran ebenso wenig wie der Umstand, dass die [X.] bislang
keine Umstrukturierungsmaßnahmen
ergriffen und keine Vermögenswerte ins [X.] verschoben habe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Die Beschwerde ist statthaft. Wie der [X.] bereits ent-schieden hat, ist die Anordnung des dinglichen Arrests als Beschlagnahme im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO
i.[X.]. § 46 Abs. 1 OWiG
anzusehen ([X.], Beschluss vom 11. Mai 1979 -
StB 26/79 u.a., [X.]St
29, 13). Die zum
dinglichen Arrest zur Sicherung eines Verfallsanspruchs ergangene Entschei-dung lässt sich
ohne weiteres auf den dinglichen Arrest zur Sicherung einer Geldbuße übertragen, weil Zielrichtung des Rechtsbehelfs ebenfalls die Aufhe-bung von Beschränkungen in der Verfügbarkeit von Vermögenswerten ist.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil die Anordnung des Arrests
nicht fehlerfrei begründet ist.
a) Ein
dinglicher Arrest darf nur angeordnet werden, wenn ein [X.] besteht. Dies ergibt sich aus der Verweisung des § 46 Abs. 1 OWiG auf die Strafprozessordnung, die in
§ 111d
Abs. 2
StPO
weitgehend auf die zivil-prozessualen Regelungen des Arrestverfahrens Bezug nimmt. Nach § 917 ZPO, dessen Anwendung in § 111d Abs. 2 StPO ausdrücklich bestimmt ist, findet der dingliche Arrest
nur
dann statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne des-3
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sen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich er-schwert werden würde.
b) Die Anordnung eines Arrests steht nach § 111d Abs. 1 StPO im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts. Diesem obliegt die wertende Ent-scheidung, ob zur Sicherung der Vollstreckung einer nach rechtskräftigem [X.] des Verfahrens zu erwartenden Geldbuße Maßnahmen nach § 111d StPO erforderlich sind. Es hat dabei alle Umstände zu würdigen, die geeignet sind, Anhaltspunkte für oder gegen eine drohende Vereitelung oder Erschwe-rung der Vollstreckung zu ergeben. Dabei kann es auch die Art und die Um-stände der Verfehlung in diese Prüfung
einbeziehen. Hartnäckigkeit und Dauer können
ebenso Rückschlüsse auf das künftige Verhalten
der [X.]n zulassen, wie die Intensität der Pflichtverletzung und in welchem Maße und mit welchen Mitteln sie abgesichert wurde.
Allerdings wird allein das Gewicht der zugrunde liegenden Tat nur in besonderen Ausnahmefällen ausreichen
(vgl. [X.], Beschluss vom 24. März 1983 -
III ZR 116/82, [X.], 614;
KG, [X.], 116; zum Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung vgl. [X.], 390). Um einen Arrestgrund bejahen zu können, sind vielmehr regelmäßige Erkenntnisse auch aus dem Verhalten nach der Tat, insbesondere unter dem Eindruck des laufenden Bußgeldverfahrens, erforderlich, die auf eine entspre-chende Vollstreckungsvereitelungsabsicht hindeuten könnten. Dieses Verhalten ist dann allerdings im Licht
der Tat zu sehen.
c) Die Begründung der Entscheidung des [X.]s erweist sich nicht als tragfähig. Der [X.] kann hier offen lassen, ob sich das Ermes-sen des Tatrichters auch auf das Vorliegen des Arrestgrunds bezieht. Ebenso braucht er hier nicht zu entscheiden, ob sich aus der nach § 46 Abs. 1
OWiG lediglich sinngemäßen Anwendung des § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht eine Einschränkung der Prüfung durch
den [X.] auf Rechtsfehler 7
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ergibt. Denn jedenfalls liegt hier ein solcher Rechtsfehler vor. Letztlich hat das [X.] im Wesentlichen
darauf abgestellt, dass die Nebenbetroffe-ne Vorrats-
oder Mantelgesellschaften bereithält. Dies mag
zwar einen [X.] dafür haben, dass die [X.] planen könnte, Vermögenswerte dorthin
zu verlagern.
Gleichwohl reicht bei der hier gegebe-nen Fallkonstellation dieser Umstand für sich genommen nicht aus, um einen Arrestgrund annehmen zu können. Diese [X.] wurden bereits ein Jahr zuvor erworben und blieben bislang ungenutzt. Versuche, Vermögen zu verschieben,
sind nicht erkennbar. Ebenso wenig kann aus dem Verhalten von anderen [X.]n auf die Beschwerdeführerin selbst rückge-schlossen werden. Anders als diese hat sie keine Umstrukturierungen vorge-nommen, um im Wege von Umwandlungen eine Situation zu schaffen,
die die
Haftungsgrundlage für eine Bußgeldverhängung entfallen ließe (vgl. [X.], [X.] vom 10. August 2011 -
KRB 55/10, [X.]St 57,
193 -
Versicherungsfu-sion und [X.], [X.], 152). Aus dem
Verhalten
anderer Nebenbe-troffener können
keine
Folgerungen auf gleichgerichtete Absichten dieser Ne-benbetroffenen hergeleitet werden. Dies gilt hier auch
unter Berücksichtigung des Umstands, dass die T.

-Gruppe, die innerhalb des von ihr bestimmten Konzerns solche Umstrukturierungen vorgenommen hat, an der [X.] beteiligt ist. Denn die T.

-Gruppe
konnte in dem paritätisch [X.] Gemeinschaftsunternehmen eine entsprechende Vorgehensweise nicht durchsetzen. Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Vermögensverlagerung ins Ausland. Hierfür reicht es regelmäßig nicht aus, wenn das Unternehmen über ausländische Tochter-, Mutter-
oder Schwester-gesellschaften verfügt. Dies stellt
vielmehr nur die strukturelle Folge dessen dar, dass die Unternehmensgruppe international tätig ist.
3. Der [X.] lässt die Anordnung des [X.] entfallen, weil nicht zu erwarten ist, dass eine nochmalige Sachprüfung durch das [X.]
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Umstände erbringen könnte, die eine Arrestanordnung tragen würden. Im Übri-gen ist das [X.] nicht gehindert, für den Fall neu bekannt wer-dender Verdachtsgründe für eine Vermögensverschiebung wiederum einen dinglichen Arrest anzuordnen.
[X.] Raum Strohn
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 09.12.2013 -
VI-4 Kart 3/10 (OWi) -

Meta

KRB 2/14

03.06.2014

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2014, Az. KRB 2/14 (REWIS RS 2014, 5119)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5119

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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