Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.04.2010, Az. 26 W (pat) 78/09

26. Senat | REWIS RS 2010, 7455

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "königsteiner riesenfass" – historische Bedeutung - beschreibender Hinweis - geografische Herkunftsangabe - Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 06 365.8

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 21. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Lehner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 33, 35, 41 und 43 ist die Wortmarke 307 06 365

2

königsteiner [X.]

3

angemeldet worden. In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

4

"[X.]; Photographien; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine; Betrieb von Museen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen".

5

Zur Begründung ist ausgeführt, einer Eintragung stehe ein Freihaltungsbedürfnis der Allgemeinheit und der Mitbewerber des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Der Begriff " königsteiner [X.]" bezeichne ein historisches Baukunstwerk, namentlich ein übergroßes Weinfass, das von 1727 bis 1818 in der [X.] im östlichen Umland von [X.] errichtet war. Vor diesem Hintergrund stelle sich " königsteiner [X.]" in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 16 und 41 als beschreibende Themen- oder Inhaltsangabe dar. Dies gelte zwar nicht für Schreibwaren und Künstlerbedarfsartikel. Der Verkehr verbinde mit einem auf solchen Waren angebrachten Aufdruck " königsteiner [X.]" allerdings keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern sehe diese Produkte als typische Merchandisingartikel an, die zu Werbezwecken im Zusammenhang mit Veranstaltungen rund um das " königsteiner [X.]" angeboten würden. In Bezug auf "Weine" stelle sich " königsteiner [X.]" als Herkunftsangabe dar, die dem angesprochenen Verkehr vermittle, dass der so bezeichnete Wein aus einem Fass aus der Region um [X.] stamme. Da eine derartige wirtschaftliche Betätigung sämtlichen Winzern der Region offen stehe, müsse die hierfür glatt beschreibende Angabe " königsteiner [X.]" frei verfügbar bleiben. Schließlich sei nicht nur das historische Kunstwerk selbst, sondern auch dessen Bezeichnung Teil des der Allgemeinheit zustehenden und freizuhaltenden kulturellen Erbes.

6

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Seiner Ansicht nach könne der nicht zur Alltagssprache zählende Begriff " königsteiner [X.]" nicht auf den Bedeutungsgehalt eines historischen Bauwerks reduziert werden. Vielmehr sei die Bezeichnung " königsteiner [X.]" mehrdeutig und bestehe nicht ausschließlich aus einer beschreibenden Angabe. Die lediglich abstrakte Eignung zur Eigenschaftsangabe rechtfertige nicht die Zurückweisung einer Markenanmeldung aufgrund eines der Eintragung entgegenstehenden [X.]. Außerdem weise die Bezeichnung " königsteiner [X.]" keinen Sachbezug zu den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen auf.

7

" königsteiner [X.]" sei auch hinreichend unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], zumal an die Beurteilung dieses Schutzhindernisses ein großzügiger Maßstab anzulegen sei.

8

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

9

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 12. Dezember 2008 und vom 7. April 2008 dahingehend abzuändern, dass die Eintragung der Marke 307 06 365 " königsteiner [X.] " auch für folgende Waren und Dienstleistungen angeordnet wird:

"[X.]; Photographien; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine; Betrieb von Museen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen".

II

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist unbegründet. Die Feststellung des [X.], im Umfang der Versagung des Eintragungsantrags sei das angemeldete Zeichen " königsteiner [X.]" freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], ist frei von [X.]. Die hiergegen vom Anmelder vorgebrachten Einwände verhelfen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg.

[X.] richtet sich gegen die Beschlüsse der Markenstelle vom 12. Dezember 2008 und vom 7. April 2008 im Umfang der Zurückweisung des Eintragungsantrags. Soweit im Tenor des Erstbeschlusses vom 7. April 2008 die "Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" nicht aufgeführt sind, beruht dies auf einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne von § 80 Abs. 1 [X.]. Den nachfolgenden Beschlussgründen ist zu entnehmen, dass sich die Zurückweisung des Eintragungsantrags auch auf diese Dienstleistungen beziehen sollte. Der Erinnerungsbeschluss der Markenstelle vom 12. Dezember 2008 geht zutreffend insoweit von einer Zurückweisung aus; die Beschwerde des Anmelders erstreckt sich auch auf die Versagung des Eintragungsantrags in Richtung auf die beantragten Dienstleistungen der Klasse 43.

Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintragung solche Zeichen und Angaben ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen, wie [X.] ihrer Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder ihrer geografischen Herkunft, dienen können. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], die in Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der EU Markenrechtsrichtlinie ergangen ist, verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, unmittelbar warenbeschreibende Angaben für alle zur freien, von [X.] Dritter ungehinderten Verfügung zu halten. Die Monopolisierung einer solchen Angabe zu Gunsten eines einzigen Unternehmens ist deshalb nicht zulässig ([X.] GRUR 1999, 723, 725 - [X.]).

Die angemeldete Wortfolge " königsteiner [X.]" ist eine Angabe, die im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann. Das Prüfzeichen setzt sich in [X.] gebildeter Weise aus den Begriffen " königsteiner " und " [X.]" zusammen. " königsteiner " ist die Genitivform des Substantivs " königstein ". Wie die Markenstelle nachgewiesen hat, bezeichnet der Begriff " königstein " im Sinne einer geografischen Herkunftsangabe mehrere in [X.] gelegene Städte bzw. Ortschaften, unter anderem eine Stadt in der [X.] im Umland von [X.], einen dieser Stadt benachbarten Berg im [X.] und eine auf [X.] gelegene Festung ([X.]). Der Begriff " [X.]" stellt sich als eine aus sich heraus verständliche Wortkombination in der beschreibenden Bedeutung "Fass von ungewöhnlicher Größe" dar. Als zusammengesetzter Begriff steht " königsteiner [X.]" für das gleichnamige historische Bauwerk (in der Form eines überdimensional gestalteten [X.] mit einem 2.380 hl umfassenden Volumen), das in der [X.] von 1722 bis 1725 nach einem Entwurf des Barock-Baumeisters [X.] in der im Jahr 1622 gebauten [X.](heutige [X.]) in der [X.] errichtet wurde und im Jahr 1818 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden musste (nachgewiesen im [X.] wikipedia unter [X.] und im [X.] unter [X.] beim Aufruf von " königsteiner [X.]").

In dieser (historischen) Bedeutung ist die Anmeldung " königsteiner [X.]" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] geeignet, im Umfang der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 als rein beschreibender Hinweis auf die Art und Beschaffenheit sowie die geografische Herkunft der solchermaßen bezeichneten Waren und Dienstleistungen zu dienen. So kommt in Betracht, [X.] sowie Lehr- und Unterrichtsmittel - mit entsprechendem Fotomaterial -, die sich mit der Historie des Bauwerks " königsteiner [X.]" befassen, in entsprechender Weise zu kennzeichnen. Soweit auf Schreibwaren bzw. Künstlerbedarfartikeln entsprechende Kennzeichnungen angebracht werden, wird der Verkehr darin nach Art von Merchandisingartikeln oder Werbematerialien eine Verbindung zu im Zusammenhang mit dem " königsteiner [X.]" stehenden kulturellen Veranstaltungen oder Lehrveranstaltungen, gegebenenfalls auch im Rahmen eines Museumsbetriebes, vermuten. Zu den Waren der [X.] besteht ein unmittelbarer sachbeschreibender Bezug, namentlich zu "Weine", die bekanntlich - jedenfalls in früherer [X.] - in Fässern gelagert wurden bzw. werden.

Ohne Erfolg weist der Anmelder auf eine aus seiner Sicht gegebene Mehrdeutigkeit des Begriffs " königsteiner [X.]". Eine solche stünde der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen und führte nicht zur Eintragungsfähigkeit in beantragtem Umfang. Dass eine Marke neben der beschreibenden Bedeutung noch andere Bedeutungen aufweisen und insoweit mehrdeutig sein kann, beseitigt für sich gesehen noch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] (vgl. [X.] [X.], 146, 147 f. [X.]; [X.], 674, 678 Postkantoor; [X.], 680, 681 - [X.]). Von einer schutzbegründenden Unbestimmtheit kann vielmehr nur ausgegangen werden, wenn eine derartige begriffliche Ungenauigkeit erreicht ist, die ausschließt, dass die fragliche Angabe in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren/Dienstleistungen noch zu einer konkret beschreibenden Bezeichnung dienen kann (vgl. [X.], 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Aufgrund des konkreten - und nicht nur, wie der Anmelder meint, lediglich abstrakten - Bezugs der zurückgewiesenen Waren/Dienstleistungen zu dem Begriff " königsteiner [X.]" ist eine solche schutzbegründende Ungenauigkeit im Streitfall allerdings nicht gegeben.

Meta

26 W (pat) 78/09

21.04.2010

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.04.2010, Az. 26 W (pat) 78/09 (REWIS RS 2010, 7455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7455

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