Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2014, Az. V ZR 108/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8627

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
V ZR
108/13
Verkündet am:

17. Januar 2014

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann und die Richter [X.], Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, [X.] und Dr. [X.]zele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats
des [X.]s [X.] vom 19. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notarieller Erklärung vom 8. Dezember 2006 gab die Klägerin gegen-über der L
. Immobilien und A.
GmbH ein Angebot zum [X.]uf einer Ei-gentumswohnung ab. Dieses enthält u.a. folgende Bestimmung:

von 42 Tagen ab Beurkundung gebunden. In dieser [X.] ist das Angebot unwiderruflich.
Sollte das Angebot in dieser Frist nicht angenommen sein, dann erlischt es nicht. Der Anbietende hat jedoch das Recht, nach [X.] Termin jederzeit den Widerruf vom Angebot gegenüber dem [X.] zu erklären.
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Zusätzlich wird vereinbart, dass der [X.] das [X.]ufangebot frühestens annehmen kann, wenn eine verbindliche Finanzierungszusage eines [X.] Kreditinstituts für das [X.]ufobjekt abgegeben wurde. Der Anbietende hat sich unverzüg-lich um eine entsprechende Zusage zu bemühen, ohne jedoch für deren Erhalt einzustehen.
Bei Erteilung wird er die Finanzierungszusage unverzüglich an

Dem Angebot vorausgegangen waren Kontakte der Klägerin mit den [X.]. und [X.]. ü-fung ihrer Finanzsituation angeboten hatten.
Mit notarieller Urkunde vom 2. Februar 2007, mithin nach Ablauf von 58
Tagen seit der Beurkundung, erklärte die [X.]Immobilien und A.

GmbH die Annahme des Angebots. Die Klägerin, die am 26. Februar 2007 ein Darlehen zur Finanzierung des gesamten [X.]ufpreises aufnahm, [X.] in das Grundbuch eingetragen. Die [X.] Immobilien und A.
GmbH wurde im Jahre 2009 mit der [X.]n verschmolzen.
Die Klägerin verlangt die Rückzahlung des [X.]ufpreises Zug um Zug ge-gen lastenfreie Rückübertragung der Wohnung, die Feststellung sowohl des Annahmeverzugs der [X.]n als auch von deren Pflicht zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens, soweit er im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung steht. Außerdem verlangt sie den Ersatz vorgerichtli-cher Anwaltskosten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen; das Oberlan-desgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt sie ihre Anträge weiter.

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Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts
kann die Klägerin von der [X.] keinen Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten ver-langen. Es könne dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei, da jedenfalls eine falsche Beratung nicht schlüssig
dargelegt sei. Dass die Klägerin bei Fortführung der anfänglichen Finanzie-rungsmodalitäten im [X.]punkt der vollständigen Darlehensrückführung um die 78 Jahre alt sein werde, habe sie selbst erkennen können. Auch spreche dies alleine nicht gegen die Ungeeignetheit des [X.]ufs der Immobilie zum Zwecke der Altersversorgung. Der Klägerin stünden auch keine bereicherungsrechtli-chen Ansprüche zu, da zwischen den Parteien ein [X.]ufvertrag zustande [X.] sei. Aufgrund der [X.] habe das [X.]ufangebot der Klägerin über die Bindungsfrist von 42 Tagen hinaus fortbestanden. Die als Allgemeine Geschäftsbedingung der [X.]n verwendete [X.] sei weder gemäß § 308 Nr. 1 BGB noch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Über die Revision der Klä-gerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil [X.] nicht auf der Säumnis der [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962
V ZR 110/60, [X.], 79, 82).
1. Das Berufungsgericht verneint rechtsfehlerhaft einen Schadenser-satzanspruch auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB wegen einer fehlerhaf-ten Beratung.

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a) Soweit das Berufungsgericht allerdings den Vortrag der Klägerin zu einer Falschberatung bezüglich der monatlichen Belastung und einer künftigen Wertsteigerung der Wohnung als nicht schlüssig ansieht, ist dies revisions-rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht überspannt nicht die An-forderungen an die Darlegungslast, wenn es von der Klägerin verlangt, dass sie vorträgt, warum sie einer gegenüber den Berechnungen der Anlageberater [X.] monatlichen Belastung ausgesetzt ist und woraus sich ergibt, dass die entsprechende Abweichung bereits im [X.]punkt der Beratung absehbar war. Auch hält sich seine Annahme, bei der angegebenen Wertsteigerung der [X.] nach 10 Jahren habe es sich für die Klägerin erkennbar lediglich um eine Anpreisung gehandelt, im Rahmen der möglichen, revisionsrechtlich nur beschränkt nachprüfbaren tatrichterlichen Würdigung.
b) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht dagegen eine fehler-hafte Beratung über das zeitliche Ausmaß der monatlichen Belastung der Klä-gerin und die daraus folgende mangelnde Eignung der Anlage für Zwecke der Alterssicherung.

Nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag der Klägerin wird sie das zum Zwecke der Finanzierung der gekauften Eigentumswohnung aufgenommene Darlehen unter Berücksichtigung der vorgesehenen [X.] erst im Alter von 78 Jahren vollständig zurückgezahlt haben. Darauf war die Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unmissverständ-lich hinzuweisen; zugleich war sie darüber aufzuklären, dass sich die Anlage aus diesem Grund nicht als Alterssicherung eignete. Zwar ist gerade
bei einer Immobilienfinanzierung regelmäßig mit langen Rückzahlungslaufzeiten und auch damit zu rechnen, dass sie 30 Jahre und mehr erreichen. Bei einer Eigen-tumswohnung, deren Erwerb der Alterssicherung dienen soll, rechnet ein ver-nünftiger Erwerber in der Lage der Klägerin aber nicht damit, dass die vorge-8
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schlagene Finanzierung, wie hier, erst mehrere Jahre nach Eintritt des Renten-alters vollständig abgeschlossen ist. Denn sie führt dann nicht zu der in [X.] gestellten zusätzlichen Altersversorgung, sondern im Gegenteil zu einer Belastung, die gerade vermieden werden soll (vgl. [X.], [X.], 199, 204; [X.], [X.], 104, 106).
2. Das Berufungsgericht verneint ferner rechtsfehlerhaft einen Anspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückabwicklung des [X.]. Zwischen den Parteien ist kein [X.]ufvertrag zustande [X.].
a) Bei der Angebotsannahme durch die [X.] waren sowohl die [X.]-spanne, innerhalb deren der Antragende auf sein Angebot zum [X.]uf einer Ei-gentumswohnung den Eingang der Antwort des Empfängers unter regelmäßi-gen Umständen erwarten darf (§ 147 Abs. 2 BGB), als auch die im [X.]ufange-bot bestimmte Bindungsfrist, die sich regelmäßig mit der dem Empfänger für die Annahme des Angebots eingeräumten Frist (§ 148 BGB) deckt, verstrichen;
denn die [X.] hat das Angebot der Klägerin erst nach Ablauf von mehr als 42 Tagen angenommen. Zu diesem [X.]punkt war deren Angebot gemäß § 146 BGB erloschen und zwar unabhängig davon, ob die Bindungsfrist von
mehr als einem Monat wirksam ist (siehe dazu [X.], Urteil vom 11. Juni 2010
[X.], NJW 2010, 2873, Rn.
8; Urteil vom 27. September 2013
V
ZR 52/12, [X.], 2315 Rn. 12).
Zwar enthält das Angebot der Klägerin die Erklärung, dass nach Ablauf der Bindungsfrist von 42 Tagen nur die Bindung an das Angebot, nicht aber das Angebot selbst erlöschen solle. Diese Fortgeltungsklausel, die nach den Feststellungen des [X.]s, auf die das Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung verwiesen
hat, von der [X.]n als Allgemeine Ge-11
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schäftsbedingung gestellt worden ist und die daher der [X.] In-haltskontrolle unterliegt, ist aber unwirksam. Der [X.] hat
allerdings erst nach dem Erlass des angegriffenen Urteils
entschieden, dass [X.]n in [X.], nach denen das Angebot des anderen Teils unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann, auch dann mit § 308 Nr. 1 Halbs. 1 BGB unvereinbar sind, wenn sich der andere Teil durch einen Widerruf von seinem Angebot lösen kann ([X.], Urteil vom 7. Juni 2013
[X.], [X.], 958, 18
ff.). Dass die hier zu beur-teilende [X.] die weitere Bestimmung enthält, dass das Angebot frühestens nach Abgabe einer Finanzierungszusage angenommen werden kann, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keinen hinreichenden Schutzme-chanismus des Antragenden dar, der eine andere Bewertung im Rahmen der Inhaltskontrolle rechtfertigt. Zum einen ändert dies nichts an der überlangen Bindung des Antragenden; auch wenn er die Finanzierungszusage beschafft, bleibt er gleichwohl im Ungewissen, ob und wann die [X.] das Angebot annehmen wird. Zum anderen kann er nicht verhindern, dass die [X.] für ihn eine Finanzierungszusage beschafft und ihn nach Monaten mit einer An-nahmeerklärung überrascht.
b) Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die verspätete [X.] der [X.]n, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot gilt, an-genommen hat, sind nicht ersichtlich. Eine Annahme durch
Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften nicht in Betracht. Die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen Handlungen wie etwa die [X.]ufpreiszahlung sind grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung auszulegen ([X.], Urteil vom 11. Juni 2010
[X.], NJW 2010, 2873 Rn.
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ff.).

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III.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
1. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die [X.] wegen der Verletzung eines Beratungsvertrages nach § 280 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist. Zu der von ihm offen gelassenen Frage, ob zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, weist der [X.] auf sein Urteil vom 1.
März 2013 hin (V
ZR 279/11, WM
2013, 839).
2. Soweit es auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung ankommt, ist diese nach den Grundsätzen der Saldotheorie vorzunehmen, indem durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Aktiv-
und Passivposten ermittelt wird, ob und in welcher Höhe sich für die Klägerin ein
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Überschuss ergibt ([X.], Urteil vom 27. September 2013
V
ZR 52/12, WM
2013, 2315 Rn. 31 ff. [X.]).

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Czub

[X.]zele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.09.2012 -
1 O 4006/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.03.2013 -
14 [X.] -

Meta

V ZR 108/13

17.01.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2014, Az. V ZR 108/13 (REWIS RS 2014, 8627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8627

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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