Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.05.2015, Az. I R 68/14

1. Senat | REWIS RS 2015, 10859

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugzeugführer der britischen Zweigniederlassung einer US-amerikanischen Fluggesellschaft


Leitsatz

1. Für Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind (hier für Arbeitslohn eines Flugzeugführers nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970), wird die Freistellung der Einkünfte unbeschadet des in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 angeordneten Besteuerungsrückfalls auch dann gewährt, wenn der andere Vertragsstaat (hier Großbritannien) das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht an den Einkünften im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des Flugzeugführers nur für einen Teil der Einkünfte wahrnimmt (entgegen BMF-Schreiben vom 12. November 2008, BStBl I 2008, 988; Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 19. Dezember 2013 I B 109/13, BFHE 244, 40).

2. Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr erbracht werden, können nach Art. XI Abs. 5 DBA-Großbritannien 1964/1970 in dem Gebiete besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. An die Stelle der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens kann der Ort einer Zweigniederlassung eines solchen Unternehmens treten, wenn die betreffenden Luftfahrzeuge von dort aus selbständig in Dienst gestellt werden und dort die entsprechenden Leitungsaufgaben wahrgenommen werden. Für die Zwecke der Freistellung solcher Vergütungen gelten die Dienstleistungen nach Art. XVIII Abs. 3 Buchst. b DBA-Großbritannien 1964/1970 aber nur als in dem Gebiet erbracht, in dem eine dort ansässige Person die Luftfahrzeuge betreibt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2014  8 K 369/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Rechtsstreits übertragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 2008 als Flugzeugführer bei der [X.] Zweigniederlassung einer [X.] Fluggesellschaft angestellt. Sein Arbeitslohn belief sich auf 137.857 €. Nach Aktenlage wurde davon in [X.] ein Anteil von 27 v.H., also in Höhe von 38.104 €, besteuert. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) unterwarf den darüber hinausgehenden Arbeitslohn der [X.] Besteuerung; der Betrag von 38.104 € wurde nach Abzug von Werbungskosten in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen. Die Einkünfte seien wegen § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 --EStG 2002/2007-- ([X.], 2878, [X.], 28) nicht nach Art. XI Abs. 5 i.V.m. Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 des Abkommens zwischen der [X.] und dem Vereinigten Königreich [X.] und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 26. November 1964 ([X.] 1966, 359, [X.] 1966, 730) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23. März 1970 ([X.] 1971, 46, [X.] 1971, 140) --DBA-[X.] 1964/1970-- von der Bemessungsgrundlage für die Steuer in der [X.] ([X.]) auszunehmen.

2

Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht ([X.]) [X.] gab ihr mit Urteil vom 29. Oktober 2014  8 K 369/14 statt. Es bezieht sich dabei in der Sache auf den (gegen die Verfahrensbeteiligten des Streitfalls ergangenen) Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2013 I B 138/13 (nicht veröffentlicht) sowie den darin in Bezug genommenen und ebenfalls unter dem 19. Dezember 2013 datierenden Senatsbeschluss I B 109/13 ([X.], 40). Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 733 abgedruckt.

3

Zuvor war das Klageverfahren vom [X.] zweifach gemäß § 155 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 251 Abs. 1 der Zivilprozessordnung zum Ruhen gebracht worden, zunächst auf Antrag beider Beteiligten im Hinblick auf die seinerzeit anhängige Revision I R 27/11, nachdem der Senat durch Urteil vom 11. Januar 2012 ([X.], 327) über jene Revision entschieden hatte, sodann ohne Einverständnis des [X.] aufgrund des Vorlagebeschlusses des Senats vom 10. Januar 2012 I R 66/09 ([X.], 304) und des dadurch beim [X.] ([X.]) anhängigen [X.] 2 BvL 1/12. Letzterem hatte sich der Kläger widersetzt. Das [X.] hatte das Verfahren daraufhin bis zum Ergehen einer abschließenden Entscheidung des [X.] in der besagten anhängigen Sache gemäß § 74 [X.]O ausgesetzt (Beschluss vom 5. Juli 2013  8 K 3773/10) und dazu gemäß § 79 [X.]O einen Hinweis gegeben: Das Senatsurteil in [X.], 327 könne einer Entscheidung über die Klage infolge der rückwirkenden Änderung von § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2002/2007 durch § 50d Abs. 9 Satz 3 (i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 9) EStG 2009 i.d.F. der Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften --Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG)-- vom 26. Juni 2013 ([X.], 1809, [X.] 2013, 790) --EStG 2009/2013-- vermutlich nicht mehr zugrunde gelegt werden. Denn es spreche einiges dafür, dass die rückwirkende Gesetzesänderung wirksam sei. Davon ausgehend werde dann aber § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 nicht mehr von der spezielleren Regelung des § 50d Abs. 8 EStG 2002 i.d.[X.] zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003 [X.] 2003--, [X.], 2645, [X.] 2003, 710) --EStG 2002/2003-- verdrängt und komme es infolgedessen insoweit auf die grundsätzliche Frage nach der Verfassungsmäßigkeit eines sog. Treaty override an. Das [X.] betreffe zwar § 50d Abs. 8 EStG 2002/2003 und nicht § 50d Abs. 9 EStG 2002/2007, dennoch sei das Verfahren hier wie dort vorgreiflich, weil in der zugrundeliegenden Rechtsfrage Gleiches gelten müsse. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des [X.] hatte der Senat den Aussetzungsbeschluss des [X.] durch den zitierten Beschluss vom 19. Dezember 2013 I B 138/13 und unter Hinweis auf seinen Beschluss in [X.], 40 aufgehoben; es konnte danach "einfach-rechtlich" zugunsten des [X.] entschieden werden. Auf diese beiden Beschlüsse hat sich das [X.] im Streitfall in dem hier angefochtenen Urteil, wie schon gesagt, ausdrücklich bezogen und sich ihnen nunmehr in der Sache angeschlossen.

4

Mit seiner auf Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision beantragt das [X.], das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

[X.] Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Diesem ist zwar in der eigentlichen Streitfrage nach der Reichweite von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 beizupflichten; ein sog. [X.] wird dadurch unter den Gegebenheiten des Streitfalls nicht ausgelöst. Doch ist derzeit ungewiss, ob das Gehalt unabhängig davon überhaupt von der [X.] Bemessungsgrundlage der Steuer auszunehmen ist. Dazu bedarf es weiterer tatrichterlicher Aufklärung zur Ansässigkeit des Arbeitgebers des [X.].

7

1. Der Kläger hatte im Streitjahr seinen Wohnsitz in [X.]. Er unterfällt deswegen gemäß § 1 Abs. 1 EStG 2002 hier mit seinem Welteinkommen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Dieser Steuerpflicht ist auch der Arbeitslohn (§ 19 EStG 2002) unterworfen, den er als Flugzeugführer für die in [X.] belegene Zweigniederlassung der [X.] Fluggesellschaft im Streitjahr vereinnahmt hat.

8

2. Das Besteuerungsrecht für diesen Arbeitslohn steht allerdings --insgesamt und abweichend von Art. XI Abs. 2 Satz 1 [X.]-[X.] 1964/1970 nicht nur in jenem Umfang, in dem die Arbeit in [X.] ausgeübt wird-- nach Art. XI Abs. 5 [X.]-[X.] 1964/1970 [X.] zu. In [X.] könnte der Lohn hingegen nach Art. XVIII Abs. 2 [X.]. a Satz 1 [X.]-[X.] 1964/1970 von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszunehmen sein, wenn es sich hierbei um Einkünfte aus Quellen innerhalb [X.]s handelt, die in Übereinstimmung mit dem Abkommen in [X.] besteuert werden können; [X.] verbliebe dann lediglich die Möglichkeit, die Einkünfte gemäß § 32b EStG 2002 dem sog. Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Letzteres --die Freistellung des Lohns in [X.]-- lässt sich nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen jedoch nicht beantworten.

9

a) Die als Arbeitslohn gezahlten Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr erbracht werden, können nach Art. XI Abs. 5 [X.]-[X.] 1964/1970 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Das ist im Streitfall in [X.].

Zwar war der Kläger ausweislich der Vorentscheidung bei der [X.] "Zweigstelle" einer [X.] Fluggesellschaft angestellt und hat das [X.] zu deren Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung keine weiteren Feststellungen getroffen. Doch ist das insoweit --anders als im anderen Zusammenhang der Einkunftsfreistellung in [X.] (s. dazu nachfolgend unter [X.] ohne Belang. Denn der Senat geht davon aus, dass das Luftfahrtunternehmen jedenfalls diejenigen Flugzeuge, an deren Bord der Kläger tätig geworden ist, von der [X.] Zweigniederlassung aus selbständig in Dienst gestellt hat und dass dort die entsprechenden Leitungsaufgaben wahrgenommen worden sind. Anderes ist nicht ersichtlich oder dargetan, auch nicht von Seiten des [X.]. Die Zweigniederlassung als Betriebsstätte (nach Art. II Abs. 1 [X.]. l Unterabs. (ii) Doppelbuchst. [X.]. [X.]. i [X.]-[X.] 1964/1970) tritt für die insoweit eingesetzten Luftfahrzeuge dann für die Anwendung des Art. XI Abs. 5 [X.]-[X.] 1964/1970 modifizierend an die Stelle des Orts der tatsächlichen Geschäftsleitung des Gesamtunternehmens; maßgebend ist im Ergebnis sonach der Ort der Betriebsstätte (s. ebenso Hemmelrath in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., Art. 8 Rz 26; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/ Grotherr, [X.], Art. 8 [X.] Rz 58; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], Doppelbesteuerungsabkommen [X.]-[X.], Art. 8 Rz 56; anders [X.] in [X.]/ [X.], [X.], Art. 8 [X.] Rz 38). Das entspricht der Musterkommentierung der [X.] (OECD-MustKomm) in Nr. 21 zu Art. 8 des [X.] ([X.]) --und zwar sowohl in der früheren und hier für das [X.]-[X.] 1964/1970 relevanten Fassung der Kommentierung bis zum 21. Juli 2010, als auch in der seitdem geltenden [X.], der indiziell bestätigende Wirkung für Art. 8 Abs. 1 [X.] (und damit Art. V Abs. 1 [X.]-[X.] 1964/1970), aber ebenso für den insoweit gleichlautenden Art. 15 Abs. 3 [X.] (und damit Art. XI Abs. 5 [X.]-[X.] 1964/1970) zukommt.

b) Daraus folgt indessen nicht zwangsläufig, dass die betreffenden Vergütungen in [X.] auch von der Bemessungsgrundlage auszunehmen sind. Das vorstehende Regelungsverständnis des Art. XI Abs. 5 [X.]-[X.] 1964/1970 sichert lediglich das [X.] Besteuerungsrecht. Ob es sich hierbei tatsächlich um solche aus [X.]n Quellen handelt, die dann in [X.] zur Freistellung führen, hängt ausweislich der für die Anwendungszwecke des Art. XVIII [X.]-[X.] 1964/1970 in dessen Abs. 3 [X.]. b bestimmten Herkunftsfiktion davon ab, ob das Luftverkehrsunternehmen eine in [X.] ansässige Person ist. Die Maßstäbe dafür ergeben sich aus Art. II Abs. 1 [X.]. i i.V.m. [X.]. f sowie [X.]. h Unterabs. (i) und ([X.]) [X.]-[X.] 1964/ 1970. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang deshalb zu prüfen haben, wie sich das bezogen auf das [X.] Luftverkehrsunternehmen verhält, bei deren [X.]r Zweigniederlassung der Kläger im Streitjahr angestellt war. Das beantwortet sich nach innerstaatlichem [X.]n Recht und richtet sich vermutlich danach, wo sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet (s. dazu bereits oben unter a).

3. Sollte sich nach jener Prüfung ergeben, dass das Luftverkehrsunternehmen ein nicht in [X.], sondern ein in den [X.] ansässiges Unternehmen ist, würde das Besteuerungsrecht für den vom Kläger vereinnahmten Arbeitslohn ohnehin [X.] als Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers zustehen, sei es nach Maßgabe von Art. XI Abs. 2 Satz 1 [X.]-[X.] 1964/1970 jedenfalls in jenem Umfang, in dem die Arbeit nicht in [X.] erbracht worden ist, sei es ausschließlich nach Maßgabe von Art. 15 Abs. 3 des dann gegebenenfalls (s. aber auch z.B. Senatsurteil vom 10. Januar 2012 [X.], [X.], 1138 zum Doppelbesteuerungsabkommen [X.] 1971/1992) einschlägigen Abkommens zwischen der Bundesrepublik [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. Juni 2008 ([X.], 611, [X.], 783). Handelt es sich hingegen um ein in [X.] ansässiges Unternehmen und wären die Vergütungen des [X.] deshalb in [X.] von der Besteuerung auszunehmen, würde der in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/ 2007 unilateral und "abkommensüberschreibend" angeordnete [X.] daran nichts ändern; die entgegenstehende Annahme der Finanzverwaltung (vgl. bezogen auf die Besteuerung von in [X.] ansässigem Flugpersonal u.a. [X.]r Fluggesellschaften [X.] --BMF--, Schreiben vom 12. November 2008, [X.], 988; [X.], Verfügung vom 8. Juni 2011, [X.] --DStR-- 2011, 1714) findet im Gesetz keine Stütze (ebenso z.B. [X.] Baden-Württemberg, Urteil vom 24. November 2014  6 K 4033/13, E[X.] 2015, 410; [X.] München, Urteil vom 29. Oktober 2014  8 K 3653/12, E[X.] 2015, 652; [X.] in [X.], EStG, 14. Aufl., § 50d Rz 41d; [X.], [X.], 2317; [X.]/[X.], [X.], 384; [X.], juris [X.] Steuerrecht 12/2014 [X.]. 1; [X.], Internationale [X.] 2014, 124; [X.], E[X.] 2015, 654; [X.], Betriebs-Berater 2014, 744; anders [X.] Berlin-Brandenburg, Zwischenurteil vom 29. April 2014  3 K 3227/13, E[X.] 2014, 1278; Weinschütz, Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2014, 534).

a) Nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 wird die Freistellung jener Einkünfte nach Maßgabe des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. Mit dieser Formulierung will das Gesetz erreichen, dass das Besteuerungsrecht an [X.] zurückfällt, falls der andere Vertragsstaat als Quellenstaat von dem ihm [X.] zugestandenen Besteuerungsrecht an bestimmten Einkünften im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht rechtlich keinen Gebrauch macht. Eine derartige Situation ist im Streitfall nach den tatrichterlichen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O) Feststellungen des [X.] zu der [X.]n Rechtslage indessen nicht gegeben. Denn die Arbeitslöhne des [X.] wurden in [X.] besteuert. Die Besteuerung erfolgte dort zwar im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht, und die Löhne wurden auch (nur) infolge der fehlenden Ansässigkeit des [X.] in [X.] lediglich zu einem Teil erfasst, nämlich demjenigen Teil, der eine territoriale Zuordnung der erbrachten Arbeit zum [X.]n Staatsgebiet ermöglichte. Doch tut dies nichts zur Sache, weil der angeordnete [X.] für die betreffenden Einkünfte nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 tatbestandlich nur dann ausgelöst wird, "wenn" --nicht aber "[X.] die betreffenden Einkünfte aus den Gründen der fehlenden Ansässigkeit im anderen Vertragsstaat nicht steuerpflichtig sind.

Von der Unterscheidung nach der Einkunftsart --wie das [X.] meint (und dem anschließend auch das [X.] Berlin-Brandenburg im Zwischenurteil in E[X.] 2014, 1278 folgt)-- hängt das nur indirekt und insofern ab, als es sich ausweislich des bezugnehmenden [X.] in § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG 2002/2007 für die dadurch bewirkte Rechtsfolge --den [X.]-- um "Einkünfte" handeln muss, welche nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der [X.] Steuer auszunehmen "sind". Das aber sind die Einkünfte, für die das [X.] das Besteuerungsrecht gewährt, und diese Einkünfte qualifizieren sich regelmäßig aus den jeweiligen [X.]en Einkunftsarten (Art. 6 bis Art. 21 [X.]). Im Streitfall sind das nach Maßgabe von Art. XI Abs. 5 (i.V.m. Art. XVIII Abs. 2 [X.]. a Satz 1) [X.]-[X.] 1964/1970 die an den Kläger für dessen Dienstleistungen an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr als Arbeitslohn geleisteten Vergütungen, welche infolge der [X.] vereinbarten Zuordnung von der Bemessungsgrundlage der [X.] Einkommensteuer auszunehmen sind, und zwar insgesamt und nicht nur teilweise.

b) Letzteres --die Einbeziehung der im Streitjahr vom Kläger bezogenen Einkünfte in ihrer [X.] kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/ 2007 in der dort gefundenen Negativformulierung ("... nicht auf Grund ihres Wohnsitzes ... unbeschränkt steuerpflichtig ist") im Umkehrschluss die beschränkte Steuerpflicht in dem anderen Staat ins Visier nimmt. Es trifft zwar zu, dass die (jeweilige nationale) beschränkte Steuerpflicht --jedenfalls nach [X.] Regelungslage (vgl. § 49 Abs. 1 EStG 2002)-- an irgendwelche, näher umschriebene inländische Einkünfte anknüpft, welche einen bestimmten Inlandsbezug haben und durch bestimmte Sachkriterien qualifiziert sind. Darin spiegelt sich das sog. objektsteuerartige Zugriffsprinzip der beschränkten Steuerpflicht wider. Und so gesehen können aus Sicht der beschränkten Steuerpflicht die einbezogenen Einkünfte naturgemäß auch [X.] einer bestimmten Einkunftsart und müssen das nicht zwingend und stets sämtliche betreffenden Einkünfte des Steuerpflichtigen sein. Doch ist das für die vorliegende Regelungssituation unbeachtlich, weil § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 nach seinen tatbestandlichen Erfordernissen den [X.] für "die Einkünfte" auslöst und damit nach Sinn wie Syntax erkennbar an jene "Einkünfte" eines unbeschränkt Steuerpflichtigen anknüpft, welche nach dem einleitenden Satzteil "nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der [X.] Steuer auszunehmen sind". Mit anderen Worten: Die Vorschrift bezieht jene Einkünfte in den [X.] ein, die [X.] der Freistellung unterfallen; eine tatbestandliche Verbindung mit den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften im anderen Vertragsstaat --und den dortigen tatbestandlichen [X.] wird hingegen erklärtermaßen nicht gezogen (s.a. [X.] Baden-Württemberg, Urteil in E[X.] 2015, 410; [X.] München, Urteil in E[X.] 2015, 652; [X.] in [X.], a.a.[X.], § 50d Rz 41d; [X.], E[X.] 2015, 654; [X.], [X.], 324). Aus diesem Grunde lässt sich der angeordnete [X.] ebensowenig --so aber das [X.]-- als "Kehrseite" der objektsteuerartigen Einkunftsbeschreibung in den (inländischen) [X.] der § 34d und § 49 Abs. 1 EStG 2002 qualifizieren. Das wiederum aber hat zur Folge, dass die besagten, nach Maßgabe des einschlägigen Abkommens "an sich" freizustellenden Einkünfte gemeint sind, und das sind eben die Einkünfte des Steuerpflichtigen aus der entsprechenden Einkunftsart in [X.], nicht nur in Teilen davon. Der Senat hat Letzteres in seinem Urteil vom 27. August 1997 I R 127/95 ([X.], 326, [X.] 1998, 58, dort zum [X.]-Kanada) klar zum Ausdruck gebracht und daran hält er uneingeschränkt fest.

Hätte der Gesetzgeber des mit § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 geschaffenen [X.] override demgegenüber eine solche bloße Teilmenge der Einkünfte erfassen wollen, so wäre ihm das leichthin möglich gewesen: Entweder dadurch, dass er die Subject to tax-Klausel explizit auf Einkünfte und [X.] erstreckt. So beabsichtigt er beispielsweise in der (ministeriellen) "[X.] für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen", BMF-Schreiben vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in [X.], Beihefter 10/2013 unter [X.] und berichtigt in [X.] 2013, 440), dort in Art. 22 Abs. 1 [X.]. e Doppelbuchst. [X.], vorzugehen (s. zu einer derartigen "Atomisierung einzelner Einkunftsquellen" --kritisch-- z.B. [X.]/[X.]/Häck in [X.]/[X.], a.a.[X.], [X.]. 4 Rz 169; [X.] in [X.], a.a.[X.], § 50d Rz 41a, 41e, jeweils m.w.N.; derselbe, BFH/PR 2014, 173; s.a. das BMF-Schreiben vom 20. Juni 2013, [X.], 980, insbes. [X.]. 2.3 ff., zur "Anwendung von Subject to tax-, Remittance base- und Switch over-Klauseln nach den Doppelbesteuerungsabkommen"). Oder aber er erreicht ein solches Ergebnis durch die quantitative Konditionierung auf das Wort "soweit". Genau so ist er denn auch z.B. in § 50d Abs. 8 EStG 2002 (i.d.F. des StÄndG 2003) --EStG 2002/2003-- verfahren (s. dazu beiläufig Senatsurteil in [X.], 327). In § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 (und auch Nr. 1) EStG 2002/2007 hat der Gesetzgeber hingegen weder den einen noch den anderen Weg gewählt. Er hat sich stattdessen vielmehr für ein qualitativ-konditionales "Wenn" entschieden, obschon hier wie dort Bezugsgröße eine "objektsteuerartige" Einkunft ist, welche in dem anderen [X.] (lediglich) einen quellenbezogenen Zugriff im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht ermöglicht. Daran lässt sich auch durch Normauslegung nichts ändern, etwa dadurch, dass man, um der Vorschrift zu einer größeren Durchschlagskraft zu verhelfen, den Terminus der Einkünfte als Anknüpfungsgröße für den erstrebten [X.] unter Rückgriff auf einen vermeintlichen Normsinn in besagte Teilmengen zerlegt (so aber jüngst [X.]/ [X.], [X.] 2015, 489). Das hier gefundene Auslegungsergebnis liegt sowohl nach üblichem Sprachgebrauch als auch unter Anwendung juristischer [X.] und ist letzten Endes eindeutig. Es gibt deswegen auch keine Veranlassung, von dem Senatsbeschluss in [X.], 40 abzurücken.

c) Für die Gegenwart kommt all dem bezogen auf Flugpersonal, das für ein in [X.] ansässiges Luftfahrtunternehmen tätig ist und dafür Vergütungen vereinnahmt, ohnehin keine Bedeutung mehr zu: Im Hinblick auf [X.] hat sich die [X.] vereinbarte Besteuerungszuordnung der Vergütungen geändert. Das Besteuerungsrecht gebührt nach Art. 14 Abs. 3 des neu verhandelten [X.]-[X.] 2010 seit dessen Inkrafttreten zum 30. Dezember 2010 (vgl. Art. 32 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 [X.]. a Doppelbuchst. [X.] [X.]-[X.] 2010) dem Wohnsitzstaat der jeweiligen natürlichen Person; auf den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Luftfahrtunternehmens kommt es seitdem nicht mehr an (vgl. BMF-Schreiben vom 5. Dezember 2012, [X.], 1248).

4. Bleibt § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 für die Konstellation des Streitfalls damit aber unanwendbar, kann der Streit über das Verhältnis dieser Vorschrift einerseits und § 50d Abs. 8 EStG 2002/2003 andererseits, um das es in dem Senatsurteil in [X.], 327 ging, dahinstehen. Es dürfte allerdings --jedenfalls für die Gegenwart nach der Neuregelung in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009/2013-- auch geklärt sein, und zwar im Sinne eines Nebeneinander beider Vorschriften (s. Vorlagebeschluss des Senats an das [X.] vom 20. August 2014 I R 86/13, [X.], 486, [X.] 2015, 18). Problematisch ist allerdings, dass die nunmehr konstitutiv justierte Verhältnisbestimmung in § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013 in besagter Gesetzesfassung rückwirkend angeordnet wird, was aus Sicht des Senats seinerseits verfassungswidrig sein dürfte (so der Vorlagebeschluss des Senats in [X.], 486, [X.] 2015, 18).

5. Dass ein [X.] isoliert nach Maßgabe von § 50d Abs. 8 EStG 2002/2003 ausgelöst würde, behauptet auch das [X.] nicht. Das wäre auch unangebracht, weil § 50d Abs. 8 EStG 2002/2003 die [X.] vereinbarte Freistellung von Arbeitslohn nur versagt, soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Beiden tatbestandlichen Anforderungen wird im Streitfall aber genügt: Der Kläger hat nach den tatrichterlichen Feststellungen sowohl nachgewiesen, dass er die in [X.] auf den Arbeitslohn festgesetzte Steuer entrichtet hat, als auch, dass [X.] darüber hinaus keinen Besteuerungsanspruch erhebt.

6. Schließlich braucht auch nicht mehr darauf eingegangen zu werden, ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 als sog. [X.] override verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (das verneint der Senat in seinem Vorlagebeschluss in [X.], 486, [X.] 2015, 18).

7. Wegen der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung zur Ansässigkeit des Arbeitgebers des [X.] ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

8. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 68/14

20.05.2015

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 29. Oktober 2014, Az: 8 K 369/14, Urteil

§ 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 50 Abs 9 S 3 EStG 2002 vom 13.12.2006, Art 11 Abs 5 DBA GBR 1964 vom 23.03.1970, Art 18 Abs 2 Buchst a S 1 DBA GBR 1964 vom 23.03.1970, Art 18 Abs 3 Buchst b DBA GBR 1964 vom 23.03.1970, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.05.2015, Az. I R 68/14 (REWIS RS 2015, 10859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10859

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I R 46/10 (Bundesfinanzhof)

Gewerblichkeit eines (englischen, gewerblich geprägten) Private Equity Fonds - Freistellung von der Besteuerung nach DBA-Großbritannien …


I B 121/15 (Bundesfinanzhof)

Besteuerungsrückfall nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 i.d.F. des JStG …


I R 69/14 (Bundesfinanzhof)

Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugzeugführer einer irischen Fluggesellschaft


I R 49/09 (Bundesfinanzhof)

Britische sog. Claw-back-Besteuerung und Abkommensrecht; Zinseinkünfte einer gewerblich geprägten britischen Personengesellschaft - Verzicht auf mehrstufiges …


I B 109/13 (Bundesfinanzhof)

Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugzeugführer einer irischen Fluggesellschaft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.