30. Senat | REWIS RS 2017, 15902
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Markenbeschwerdeverfahren – "Your Focus – Our Scope" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 046 343.9
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 9. Februar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, des [X.] [X.] sowie des [X.] Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 12. September 2014 aufgehoben.
I.
Die am 15. August 2013 angemeldete Wortmarke
[X.] - [X.]
soll nach einer mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2016 erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses (noch) für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 9:
Apertometer (Optik); Batterien (elektrisch); [X.]; Chips (integrierte Schaltkreise); [X.] für [X.]; [X.] (Zeiterfassungsgeräte); Codierer (Datenverarbeitung); codierte [X.], magnetisch; codierte Service- und Identifikationskarten; [X.] ([X.], Festspeicher); [X.] (Ton, Bild); Computer; Computerbildschirme; Computerperipheriegeräte; Computertastaturen; Datenverarbeitungsgeräte; digitaler Bilderrahmen; Dimmer (Lichtregler); Disketten; Diskettenlaufwerke (für Computer); Dosiergeräte; DVD-Spieler, DVD-Player; Fernsehapparate; Fernsprechapparate; Fernsteuerungsgeräte; Filmkameras; Filmschneidegeräte; Filter für Atemmasken; Filter für fotografische Zwecke; Fluoreszenzschirme; Fotoapparate; Fotoelemente; [X.]; gedruckte Leiterplatten; gedruckte Schaltungen; GPS-Geräte; Interfaces (Schnittstellengeräte oder -programme für Computer); Karten mit integrierten Schaltkreisen (Smartcards); Kassettenabspielgeräte; Kassettenrahmen (Fotografie); Klappenschränke (Elektrizität); [X.] (Datenverarbeitung); kodierte Magnetkarten; Komparatoren; Kompasse; Kopfhörer; [X.] (Datenverarbeitung); Korrektionslinsen (Optik); Laptops; Laptops (Computer); Laptoptaschen; Lautsprecher; Lautsprecherboxen; Lehren; Lehren (Messinstrumente); Lesegeräte (Datenverarbeitung); Leuchtdioden (LEDs); Leuchtschilder; Licht-Zeiger (Laser-pointer); Magnetbänder; Magnetbandgeräte (Datenverarbeitung); Magnetdatenträger; Magnete; Magnetplatten; Magnetventile (elektromagnetische Schalter); mathematische Instrumente; Mäuse (Datenverarbeitung); [X.] ([X.]); Mikrofone; Mikrometer; Mikrometerschrauben für optische Instrumente; Mikroprozessoren; Mikro[X.]e; Mikrotome; Mobiltelefone; Modems; Monitore (Computerhardware); Mundschutz; Navigationsgeräte für Fahrzeuge (Bordcomputer); Navigationsinstrumente; Notebooks (Computer); Objektive (Optik); okularbestückte Instrumente; Okulare; Optikerwaren; optische Apparate und Instrumente; optische Datenträger; optische Faserkabel; optische Fasern (Lichtleitfäden); optische Kondensatoren; optische Lampen; optische Linsen; optische Platten (Datenverarbeitung); optisches Glas; Oszillografen; Personenrufgeräte (Pager); physikalische Apparate und Instrumente; Prismen (Optik); Projektionsgeräte; Projektionsschirme; Riemen für Mobiltelefone; [X.]; Speichergeräte für Datenverarbeitungsanlagen; Spezialetuis für fotografische Apparate und Instrumente; Spezialmöbel für Laboratorien; Stereo[X.]e; stereo[X.]ische Geräte; Taschen für Mobiltelefone; Taschenrechner; Tonaufzeichnungsgeräte; Tonbandgeräte; Tonträger; Tonübertragungsgeräte; Tonwiedergabegeräte; tragbare Abspielgeräte; tragbare Sprechfunkgeräte; tragbare Stereogeräte; [X.] für fotografische Zwecke; Unterrichtsapparate; Unterrichtsapparate (audiovisuell); USB-Sticks; Videobänder; Videobildschirme; Videokameras; Videokassetten; Videorecorder; Videospielkassetten; Wechselsprechapparate; wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und Unterrichtsinstrumente; Zähler; Zählwerke; Zeitaufzeichnungsgeräte; Zeitschaltuhren, nicht für Uhrwerke; Zellenschalter (Elektrizität); [X.] (für die Datenverarbeitung);
Klasse 16:
Abziehbilder; Adressenplatten für Adressiermaschinen; Adressiermaschinen; Aktenhüllen; Aktenordner; Alben; Almanache; Anzeigekarten ([X.]); Apparate für das Laminieren von Dokumenten (Bürogeräte); Aufkleber, Stickers ([X.]); Behälter, Kästen für Papier- und Schreibwaren; Bilder; Bilder (Gemälde), gerahmt oder ungerahmt; biologische Schnitte für die Mikro[X.]ie (Unterrichtsmaterial); [X.] (Pläne); Broschüren; Buchbindeartikel; Bücher; Dokumentenhüllen; Druckereierzeugnisse; Etiketten, nicht aus Textilstoffen; Flyer; Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke; Folien aus regenerierter Zellulose für Verpackungszwecke; Formulare (Formblätter); Fotografien (Abzüge); grafische Darstellungen; grafische Reproduktionen; Handbücher; histologische Schnitte (Unterrichtsmaterial); Kalender; Kataloge; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Loseblattbinder; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Papier- und Schreibwaren; Papierbänder oder Karten für die Aufzeichnung von Computerprogrammen; Prospekte; Rundschreiben; Schriften (Veröffentlichungen); Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff; Verpackungsmaterial aus Karton; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Verpackungsmaterial aus Stärke; Verpackungspapier; [X.] für Verpackungszwecke; Wachspapier; Zeitschriften; Zeitschriften (Magazine); Zeitungen;
Klasse 37:
Reparaturwesen für die technische Endo[X.]ie; Installationsarbeiten für die technische Endo[X.]ie; Installation, Implementierung, Wartung und Reparatur, insbesondere Endo[X.]en; Aufstellung, Wartung und Reparatur von Computerhardware; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im medizinischen, chirurgischen und endo[X.]ischen Bereich;
Klasse 38:
Bereitstellen des Zugriffs, Übermittlung von Informationen aller Art in elektronischen Medien, insbesondere im [X.]; Nachrichten- und Informationsübermittlung mittels Computer; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im medizinischen, chirurgischen und endo[X.]ischen Bereich;
Klasse 41:
Ausbildung; Organisation, Leitung, Veranstaltung und Durchführung von Konferenzen, Kongressen, Workshops und Symposien; Fortbildung und Training von technischem Personal; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] [ausgenommen zu Werbezwecken] auch in Form von elektronischen Medien; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im medizinischen, chirurgischen und endo[X.]ischen Bereich;
Klasse 44:
Beratung zu Geräten, insbesondere Endo[X.]en; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im medizinischen, chirurgischen und endo[X.]ischen Bereich“
in das beim [X.] geführte Register eingetragen werden.
Mit Beschluss vom 12. September 2014 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s die Anmeldung zurückgewiesen, da es der angemeldeten Marke an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) fehle.
„scope“ ( = „Spielraum, Aufgabenbereich, Bandbreite, Betätigungsfeld, Geltungsbereich, Handlungsspielraum, Möglichkeiten“) gebildeten Slogan mit der sinngemäßen Bedeutung „Ihr Schwerpunkt (trifft auf) unsere Möglichkeiten“ würden die angesprochenen Verkehrskreise für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen nächstliegend und unmissverständlich lediglich als werblich anpreisende Aussage auffassen. Es handele sich um einen Hinweis bzw. eine Werbebotschaft, dass das Waren- und Dienstleistungsangebot so umfangreich / umfassend sei bzw. eine so große Bandbreite biete und bereithalte, dass auch spezifische Kundenwünsche problemlos abgedeckt werden könnten.
Insoweit sei kein gedanklicher Zwischenschritt erforderlich, die werbeschlagwortartige Aussage erschließe sich unmittelbar.
Aber auch soweit dem vorwiegend angesprochenen medizinischen Fachpublikum der Begriff „focus“ in der Bedeutung „Bildschärfe“ bzw. - als Verb“ - „scharf stellen“ bekannt sei, ergäben sich nur sachbezogene Aussagen iS von „Ihr Schwerpunkt – unser Bereich“, „Ihr Fokus (Ihre Bildschärfe) – unsere Möglichkeiten“ oder „Ihr Fokus – unser Endo[X.]“, welche ebenfalls ausschließlich als anpreisende Werbebotschaft verstanden würden.
Ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch freihaltebedürftig ist, könne vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen offen bleiben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass die Markenstelle bereits zu Unrecht auf medizinisches Fachpersonal als relevante Verkehrskreise abgestellt habe. Denn die Marke beanspruche Schutz überwiegend für technische Produkte oder Produkte des allgemeinen Lebensbedarfs, so dass auf den allgemeinen [X.] Durchschnittsverbraucher abzustellen sei, dessen Kenntnisse der [X.] jedoch nicht zu hoch angesetzt werden dürften.
Dieser werde daher Schwierigkeiten haben, der Wortfolge „[X.] - [X.]" irgendeine sinnvolle Bedeutung zuzuweisen; jedenfalls fehle ihm das Verständnis für das Gesamtzeichen.
So sei insbesondere der Anwendungsbereich des Wortes „[X.]" so breit und vielfältig, dass der [X.] nur aus dem jeweiligen Gesamtzusammenhang ersehen werden könne. Auch die Markenstelle habe der Wortfolge mehrere Bedeutungen wie „Ihr Fokus - unsere Möglichkeiten", „Ihr Schwerpunkt - unser Bereich" oder gar „Ihr [X.] - unser Endo[X.]" beigemessen. Diese Vielfalt von Interpretationsmöglichkeiten verdeutliche aber, dass der Verkehr gezwungen sei, die Wortfolge zu analysieren und zu interpretieren und ggf. um Wörter zu ergänzen, die nicht Gegenstand des angemeldeten Zeichens seien. Die angemeldete Wortfolge erfordere daher ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 12. September 2014 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Eintragung des [X.] kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 [X.] entgegensteht. Insbesondere fehlt dem Wortzeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], noch stellt es eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar.
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] 2012, 610, Rn. 42 - [X.]; [X.] 2008, 608, 611, Rn. 66 f. - [X.]; [X.] 2013, 731, Rn. 11 - [X.]; [X.] 2012, 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Rn. 9 - [X.]; [X.] 2010, 825, 826, Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; [X.] 2010, 935, Rn. 8 - Die Vision; [X.] 2006, 850, 854, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.] 2006, 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; [X.] 2006, 229, 230, Rn. 27 - BioID; [X.] 2008, 608, 611, Rn. 66 - [X.]; [X.] 2008, 710, Rn. 12 - [X.]; [X.] 2009, 949, Rn. 10 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2012, 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Rn. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, Rn. 8 - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 Rn. 24 – Matratzen [X.]/[X.]; [X.] 2004, 943, 944 Rn. 24 - SAT.2; [X.] 2010, 935 Rn. 8 – Die Vision; [X.] 2010, 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854 Rn. 18 - [X.]).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 1143, 1144 Rn. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, 271 Rn. 11 – [X.]; [X.] 2009, 952, 953 Rn. 10 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854 Rn. 19 – [X.]; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] 2006, 850, 854 Rn. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.] 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2010, 1100 Rn. 23 - [X.]!; [X.] 2006, 850, 855 Rn. 28 f. - [X.]).
[X.] - [X.] sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen ([X.] [X.] Int. 2012, 914, Nr. 25 - WIR [X.] DAS [X.]; [X.] 2010, 228, Nr. 36 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 32, 44 - DAS [X.]; [X.] 2009, 949, Nr. 12 - My World; [X.] 2009, 778, Nr. 12 - Willkommen im Leben). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen ([X.] [X.] 2010, 228, Nr. 38 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 35, 36 - DAS [X.]), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse ([X.] [X.] 2010, 228, Nr. 39 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 31, 32 - DAS [X.]; [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Auch wenn Werbeslogans keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die angesprochenen Kreise aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Verkehr diese daher als eine Beschreibung oder Anpreisung des Inhalts oder Gegenstands entsprechender Waren und Dienstleistungen auffassen (vgl. [X.] [X.] 2004, 1027, 1029, Nr. 35 - DAS [X.]; [X.] 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft; EuG [X.] Int. 2003, 834, 835 f. - Best buy; [X.] Int. 2004, 944, 946 - Mehr für Ihr Geld). Andererseits kann eine sloganartige Wortfolge auch dann Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] aufweisen, obwohl sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird ([X.] a. a. O. Nr. 45 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2010, 825, Nr. 15 - Marlene-Dietrich-Bildnis II). Was jedoch im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt keine eintragungsfähige Marke dar ([X.] [X.] Int. 2011, 255, [X.]. 51 - 53 - [X.]). Nicht unterscheidungskräftig sind demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen enthalten oder sich in Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. [X.] [X.] 2004, 1027, Nr. 35 - DAS [X.]; [X.] 2001, 1047, 1049 - [X.], [X.]; [X.] 2001, 735, 736 - Test it.).
2. Nach diesen Grundsätzen kann dem Wortzeichen [X.] - [X.] nicht die notwendige Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen abgesprochen werden.
Die angemeldete Wortfolge besteht aus einer Verbindung der [X.] Begriffe „focus“ - welcher in seiner Bedeutung „Schwerpunkt, Bildschärfe, Brennpunkt“ (vgl. [X.]) weitgehend dem [X.] Wort „Fokus“ entspricht - und „[X.]“, welches u. a. „Umfang, Anwendungsbereich, Bereich, Spielraum, Kompetenzbereich“ bedeutet (vgl. http://www.dict.cc/?s=scope), mit den im Inland allgemein bekannten, zum [X.] Grundwortschatz gehörenden Possessivpronomen „your“ und „our“ i. S. v. „Ihr(e)“ und „unser(e)“. Diese stehen sich als Begriffspaare „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, was für den Verkehr durch den Bindestrich und die jeweils vorangestellten Possessivpronomen ohne weiteres erkennbar ist. Auch die Verständlichkeit der einzelnen Begriffe wird dem Verkehr entgegen der Auffassung der Anmelderin keine Schwierigkeiten bereiten, was auch für „[X.]“ gilt.
oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] [X.] 1999, 723 Nr. 29 - [X.]; [X.] 2006, 411 Nr. 24 - Matratzen [X.]/[X.]).
Wenngleich danach davon ausgegangen werden kann, dass jedenfalls der mit der [X.] als Fach- und Geschäftssprache vertraute Fach(handels)verkehr, aber auch weite Teile des allgemeinen Verkehrs, dessen Englischkenntnisse nicht zu gering veranschlagt werden dürfen (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8 Rdnr. 168), die einzelnen Begriffe der Wortfolge ihrem Sinn- und Bedeutungsgehalt nach verstehen werden, kann der angemeldeten Wortfolge gleichwohl nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Mit der Markenstelle ist der Senat zunächst der Auffassung, dass der Wortfolge auf Grundlage der dargelegten Bedeutung der einzelnen Begriffe die Bedeutung „Ihr Schwerpunkt (trifft auf) unsere Möglichkeiten“ beigemessen werden kann. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei „[X.]“ – über seine vorgenannten Bedeutungen hinaus – auch um eine aus dem [X.] stammende englischsprachige Wortendung (Suffix) handelt, welche ebenso wie die [X.] Entsprechung „[X.]“ in [X.] wie „endoscope“/“microscope“ bzw. – deutsch - „Endo[X.]“/“Mikro[X.]“ auf ein Gerät zur optischen Betrachtung hindeuten kann (vgl. [X.] zu „-[X.]“; http://www.duden.de/suchen/dudenonline/[X.]; ferner [X.], [X.] 2013, 731 Nr. 22 – [X.]), kommt in Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, welche oberbegrifflich optische Geräte wie z. B. Endo[X.]e, Mikro[X.]e etc. umfassen bzw. inhaltich und/oder thematisch auf solche Geräte ausgerichtet sein können, auch ein – von der Anmelderin wohl auch beabsichtigtes - Wortspiel i. S. von „Ihr Schwerpunkt (trifft auf) unser (Endos)Skop“ in Betracht. Einem solchen Verständnis könnte allerdings entgegenwirken, dass es sich bei dem Suffix „scope“ bzw. „[X.]“ weder im [X.] noch im [X.] Sprachgebrauch um ein gebräuchliches Kurzwort für solche optischen Geräte handelt (vgl. [X.], [X.] 2013, 731 – [X.]). Dementsprechend wird dieses Wortbildungselement auch nicht als eigenständiger Begriff ohne einen das jeweilige Gerät nach Art, Bestimmung oder Eigenschaften spezifizierenden Zusatz wie z. B. „Endo[X.]“ verwendet. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da der angemeldeten Wortfolge in beiden vorgenannten Bedeutungs- und Interpretationsmöglichkeiten eine Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.
[X.] - [X.] reiht sich vielmehr ihrer Struktur nach in auch bereits zum Anmeldezeitpunkt geläufige Werbeslogans wie „Unsere Innovation = Ihr Gewinn“, „Unsere Stärke ist Ihr Service“, „[X.] ist Ihr Nutzen“, „Unsere Forschung - Ihr Nutzen“, „Unsere Leistungen = Ihr Erfolg“, „[X.]. [X.].“, “[X.]. [X.].” ein (vgl. dazu 24 W (pat) 542/10 – „your vision. [X.].“ unter Bezug auf eine zum Stichtag 4. Juni 2012 durchgeführte Recherche), bei denen sich durch die für solche Slogans typische Verwendung bzw. Gegenüberstellung der Possessivpronomen „Ihr(e)/your“ und „Unser/our“ vordergründig die Vorstellung aufdrängt, dass mit der Wortfolge in sloganartiger Form die von einem Unternehmen angebotene Fachkompetenz mit einem bestimmten, kundenorientierten Versprechen verknüpft werden soll.
[X.] - [X.] in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedoch nicht so eindeutig rein werbemäßig, dass erwartet werden muss, die angemeldete Marke werde ausschließlich als Werbeslogan ohne Herkunftsfunktion verstanden. So wird der Verkehr bereits die begriffsmäßige Gegenüberstellung von „focus“ und „scope“ insoweit als ungewöhnlich empfinden, als in der [X.] zur Bezeichnung von (Leistungs)Möglichkeiten und Kompetenz Begriffe wie „possibility“, „capability“ „potential“ (vgl. http://www.dict.cc/?s=M%C3%B6glichkeit) bzw. „competence“ näher liegen und im allgemeinen ([X.] auch gebräuchlicher sind als das Wort „scope“. Mag diese sprachliche und begriffliche Besonderheit für sich gesehen auch eher gering ausfallen, so führt sie dennoch dazu, dass der Verkehr einige Überlegungen anstellen muss, um die Verbindung dieses Begriffs mit dem weiteren Hauptwort „[X.]“ unter jeweiliger Voranstellung der Possessivpronomen „Your“ bzw. „Our“ in ihrer Gesamtheit in dem von der Markenstelle dargelegten Sinne „Ihr Schwerpunkt (trifft auf) unsere Möglichkeiten“ zu verstehen.
[X.] - [X.] allenfalls in vager und unterschwelliger Form nahegebracht. Dies gilt auch, soweit der Bestandteil „[X.]“ innerhalb der Wortfolge nach Art eines Wortspiels (auch) auf „(Endos)Skope“ hinweisen soll. Denn abgesehen davon, dass es sich bei „[X.]“ – wie bereits dargelegt - nicht um ein gebräuchliches Kurzwort für optische Geräte wie Endo[X.]e, Mikro[X.]e etc. handelt, bedarf es aufgrund des vagen, unterschwelligen Aussagehalts der Wortfolge [X.] - [X.] auch insoweit mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, um die Wortfolge in ihrer Gesamtheit zu einer anpreisenden Werbebotschaft i. S. von „Für ihren Schwerpunkt bzw. ihre Anforderungen haben wir die (passenden) Endo[X.]e“ oder auch „Ihr Schwerpunkt (trifft auf) unsere Möglichkeiten (Leistungsumfang) zu Endo[X.]en“ zu verknüpfen.
[X.] - [X.] erfordert daher in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zumindest einen gewissen Interpretationsaufwand und ist daher geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen entsprechenden Denkprozess auszulösen ([X.] [X.] 2010, 228 - Nr. 57 - Vorsprung durch Technik; vgl. auch [X.] 2009, 949 - Nr. 12 - My World). Mag der Interpretationsaufwand der angemeldeten Wortfolge danach insgesamt auch eher moderat bis gering sein – wie die Anmelderin selbst vorträgt -, so spricht dies letztlich aber dafür, dass die betriebliche Herkunftsfunktion nicht völlig in den Hintergrund tritt und der angemeldeten Marke zumindest nicht jede Unterscheidungskraft fehlt, mag sie auch in erster Linie als Werbemittel aufgefasst werden ([X.] a. a. O. - Vorsprung durch Technik).
3. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].
Die Beschwerde hat daher Erfolg.
Meta
09.02.2017
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.02.2017, Az. 30 W (pat) 549/14 (REWIS RS 2017, 15902)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 15902
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
30 W (pat) 7/17 (Bundespatentgericht)
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