Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2007, Az. III ZR 218/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4609

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. März 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 675 Abs. 2 Zur Pflicht des Anlagevermittlers, eine für den Vertrieb gezahlte Innenprovision offen zu legen, die im Prospekt für den Beitritt zu einem Immobilienfonds nicht aufgeführt war. [X.], Urteil vom 22. März 2007 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2007 durch [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 10. August 2006 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau von dem Beklagten Schadensersatz wegen einer behaupteten Pflicht-verletzung im Zusammenhang mit der Vermittlung von drei Anteilen an dem [X.] Nr. ... Der Beklagte, nebenberuflicher Mitarbeiter des [X.], hatte mit dem Kläger und seiner Ehefrau vor deren notarieller Beitrittser-klärung vom 22. Oktober 1993 mehrere Gespräche geführt und die [X.] und [X.] des Immobilienfonds besprochen. Im Mittelpunkt des Streites steht jetzt noch die Frage, welche Pflichten sich für den Beklagten aus dem Umstand 1 - 3 - ergaben, dass im Prospektteil [X.] auf [X.] im Rahmen der Liquiditätsberech-nung bei der steuerlichen Betrachtung als Werbungskosten je Anteil Vertriebs-kosten von 1.839 [X.] aufgeführt sind, was 6 % der Einlage entspricht, während der Provisionsanteil der dem Beklagten übergeordneten Vertriebsorganisation von behaupteten 10 bis 15 %, aus dem der Beklagte eine Vermittlungsprovision von 8 % erhielt, in den [X.] nicht aufgeführt ist. Die im Hauptantrag auf Zahlung von 85.907,43 • nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Immobilienfondsanteile und Abtretung der [X.] wegen nicht gezahlter Mietausschüttungen und auf Feststellung des [X.] gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. 2 Entscheidungsgründe Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. 3 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen dem [X.] und dem Anlagevermitt-ler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anla-geentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - [X.]I ZR 25/92 - NJW-RR 4 - 4 - 1993, 1114; vom 13. Januar 2000 - [X.]I ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998; vom 11. September 2003 - [X.]I ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690; vom 19. Oktober 2006 - [X.]I ZR 122/05 - [X.], 63, 64 Rn. 9). Danach war der Beklagte dem Kläger und dessen Ehefrau zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für deren Anlageentschluss von [X.] Bedeutung waren. Vertrieb er - wie hier - die Anlage anhand eines Prospekts, musste er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf überprü-fen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (vgl. Senatsurteil [X.] 158, 110, 116 m.w.[X.]). 2. a) Was die Frage der Provisionen angeht, verneint das Berufungsgericht eine Pflicht des Beklagten, auf nicht ausgewiesene Provisionen hinzuweisen. Im Prospekt seien Provisionen im Zusammenhang mit der Aufschlüsselung des Kaufpreises nicht erwähnt, so dass für eine Richtigstellungsverpflichtung auf-grund eigener besserer Erkenntnisse oder aufgrund einer Plausibilitätskontrolle die Grundlage fehle. Dass Vertriebskosten von 1.839 [X.] im Rahmen der Liqui-ditätsberechnung als Werbungskosten bezeichnet seien, bedeute nur eine An-gabe zur steuerlichen Absetzbarkeit, nicht aber, dass der Kaufpreis keine weite-ren Provisionen enthalte. Eine Aufklärungspflicht habe der Beklagte auch nicht im Hinblick auf die Gesamthöhe der gezahlten Provisionen gehabt. Denn soweit der Kläger vortrage, im Kaufpreis seien 10 bis 15 % an [X.], sei der Wert, der nach der Rechtsprechung des [X.] (Senatsurteil [X.] 158, 110, 121; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - [X.]I ZR 290/04 - NJW 2005, 3208, 3210) eine Aufklärung auch ohne Nachfrage auslöse, noch nicht erreicht. 5 - 5 - b) Diese Beurteilung hält, was die Auswertung der Angaben im Prospekt angeht, den [X.] der Revision nicht stand. Denn Vertriebskosten von 1.839 [X.] je Anteil sind nicht nur - wie das Berufungsgericht meint - auf [X.] im Prospektteil [X.] im Rahmen einer steuerlichen Betrachtung absetzbarer Wer-bungskosten erwähnt, sondern auch in einen hinreichend engen Zusammen-hang mit der Aufschlüsselung des Kaufpreises gestellt worden, so dass der [X.] annehmen muss, die eigentlichen Vertriebskosten erschöpften sich in [X.]. Zu dieser Auslegung des Prospekts, der über den Bezirk eines [X.] hinaus verwendet worden ist, ist der Senat befugt. 6 aa) Im Prospektteil [X.] S. 10 heißt es unter der Überschrift "Finanzierung": 7 "Vorgesehen ist eine Fremdfinanzierung, wenn gewünscht mit 100 % des jeweiligen Anteils von [X.] [X.] der [X.], der Treuhandgebühren und der [X.] (10 % Disagio), so dass sich ein Gesamtaufwand von [X.] ergibt - siehe [X.], Prospektteil [X.] -. Im Anteil enthal-ten sind alle anteiligen Kosten für Grunderwerb, [X.], [X.], Kosten des Gesellschaftsvertra-ges, Grundbucheintragungskosten, Vertriebskosten und Dienst-leistungskosten - siehe [X.], Prospektteil [X.] - und [X.]. 1 Pros-pektteil I. Der ermittelte Gesamtaufwand von [X.] 35.240 beinhaltet damit sämtliche Kosten. Eine zusätzliche Berechnung eines Agios oder einer Maklergebühr von Vertriebsbeauftragten ist nicht vorgese-hen –." Nähere Aufgliederungen der angesprochenen Beträge ergeben sich aus den in Bezug genommenen Textstellen. Auf [X.] des Prospektteils [X.] werden der Aufwand für den Anteil incl. Dienstleistungen und Agio/Vertr.-Kosten mit 30.650 [X.], die Beurkundungskosten Notar mit 364 [X.] und die [X.] - 6 - bühren (rund 2 %) mit 702 [X.] angegeben, so dass sich die Gesamtanschaf-fungskosten auf 31.716 [X.] belaufen. [X.]. 1 des [X.] (S. 3) betrifft den Treuhandvertrag und die in ihm enthaltene Zahlungsanweisung an den Treuhänder. In ihr wird der Anteil von 30.650 [X.] weiter aufgegliedert in die Po-sitionen Grunderwerb (28.161 [X.]), Vertriebskosten (1.839 [X.]) und Grund-bucheintragung, Grunderwerbsteuer, [X.], Gesellschaftsvertrag, Raum-, Sach- und Personalkosten der Gesellschaft (650 [X.]). Angesichts die-ser Aufgliederung geht der Anleger davon aus, dass die Vertriebskosten auf 1.839 [X.] je Anteil, das sind 6 %, beschränkt sind, wobei er in dieser [X.] durch die ertragssteuerlichen Angaben auf S. 226 f des [X.] bestärkt wird. Denn dort heißt es: "Der steuerliche Verlust in der [X.] setzt sich zusammen aus den Finanzierungskosten (Bankzinsen und [X.]) im [X.] sowie den anteiligen Werbungskosten auf [X.]. In diesen Werbungskosten ist unter anderem die [X.] in Höhe von 6 % des vermittelten [X.] enthalten. In dieser Höhe sind nach der im Zeitpunkt der Prospekterstellung geltenden Verwaltungsmeinung (veröffentlicht im [X.] vom 31.08.1990) die sog. 'Vertriebskosten' als Werbungskosten anzuerkennen." Damit muss der Anleger die Vertriebskosten als Vergütung der mit dem Vertrieb betrauten Organisation für die Zuführung von Gesellschaftern zur [X.] ansehen und er hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass weitere Teile der Vergütung für den Vertrieb in anderen [X.]itionen, etwa dem Grunderwerb, [X.] oder von [X.] erbracht werden. Vor diesem Hintergrund war die sich auf 6 % des Anteils belaufende Angabe über die Vertriebskosten, wie auch das Be-rufungsgericht nicht verkennt, unrichtig, was für den Beklagten, der als [X.] für seine Leistung allein schon 8 % erhielt, ohne weiteres erkennbar war. Hierauf musste er daher - unabhängig von der Gesamthöhe der [X.] - den Kläger und dessen Ehefrau hinweisen, um der Irreführungsgefahr, - 7 - die sich aus den Angaben des Prospekts ergab, zu begegnen (vgl. Senatsurteil [X.] 158, 110, 118; ebenfalls zu einem [X.]-Fonds [X.], 6. [X.], [X.], 2152, 2154 f). [X.]) Ob der Beklagte weitergehend verpflichtet war, dem Kläger und des-sen Ehefrau die Gesamthöhe der [X.] zu nennen, lässt sich nach den gegenwärtigen Feststellungen noch nicht sicher beurteilen. Ohne Einfluss auf die Aufklärungspflicht des Beklagten wäre es allerdings grundsätzlich, wenn die Provisionen nicht aus Mitteln der Fondsgesellschaft, sondern - wovon der 6. Zivilsenat des [X.] in seinem Urteil vom 26. September 2005 ([X.], 2152, 2155) ausgegangen ist - aus Mitteln der Mitinitiatorin [X.], einer der beiden Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft, geflossen wären (vgl. Senatsurteil [X.] 158, 110, 118 f). Sollte der Vortrag des [X.] so zu verstehen sein, es seien für die Akquisition von Anlegern Provisionen (insgesamt nur) in der Größenordnung von 10 bis 15 % gezahlt worden, wäre die kritische Grenze, ab der der Senat eine Aufklärung - hier abgesehen von der Richtigstellung der unrichtigen Prospektangaben - für generell erforderlich hält (vgl. Senatsurteile [X.] 158, 110, 121; vom 25. Juli 2005 - [X.]I ZR 290/04 - NJW 2005, 3208, 3210), noch nicht überschritten. Sollten sich hingegen [X.] von 10 bis 15 % mit den Vertriebskosten der [X.] von 6 % kumulieren, bestünde nach Maßgabe der zitierten [X.] eine Aufklärungspflicht. 9 3. Soweit der Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt hat, wird sein [X.] vermutet (§ 282 BGB a.F.; vgl. jetzt § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Er hat jedoch die Möglichkeit, sich zu entlasten. Hierbei kann der Stand der [X.] zur verborgenen Innenprovision von Bedeutung sein (vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - [X.]I ZR 290/04 - NJW 2005, 3208, 3211). 10 - 8 - 4. Nähere Feststellungen sind nicht deshalb entbehrlich, weil das [X.] gemeint hat, die Höhe der Provision sei für den Kläger und seine Ehefrau nicht von besonderer Bedeutung gewesen. Zwar wäre die Würdigung der Aussage der Ehefrau des [X.], ihr sei klar, dass der Beklagte an der Sache verdiene, dahin, dass die genaue Höhe der Provision ohne Bedeutung sei, revisionsrechtlich wohl nicht zu beanstanden, soweit sie im Zusammenhang mit der Überlegung des Berufungsgerichts stünde, der Kläger habe nicht be-hauptet, dass er und seine Ehefrau das Geschäft nicht gemacht hätten, hätten sie gewusst, dass der Beklagte nicht 6, sondern 8 % Provision erhalte. Das Be-rufungsgericht versteht den Vortrag des [X.] aber weitergehend dahin, die Fondsbeteiligung sei niemals gezeichnet worden, wenn die Gesamthöhe der Provision eröffnet worden wäre. Die Verletzung jener Pflicht ist - anders als das Berufungsgericht meint - nach dem derzeitigen Stand nicht auszuschließen. Dann spricht aber eine auf die Lebenserfahrung gegründete tatsächliche [X.] dafür, dass sich der Kläger und seine Ehefrau bei einer Aufdeckung der Gesamthöhe der Provisionen gegen einen Beitritt entschieden hätten (vgl. 11 - 9 - Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - [X.]I ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 688 Rn. 24, 28). Diese Vermutung müsste der Beklagte durch konkreten Vortrag entkräften. [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.11.2005 - 1 O 197/04 - [X.], Entscheidung vom 10.08.2006 - 13 U 237/05 -

Meta

III ZR 218/06

22.03.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2007, Az. III ZR 218/06 (REWIS RS 2007, 4609)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4609

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