Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2000, Az. I ZR 271/97

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3519

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 271/97Verkündet am:13. Januar 2000WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z : [X.]: ja[X.][X.] § 1 Abs. 1;UWG §§ 1, 3SGB V § 33 Abs. 1 und 4 idF v. 1.1.1997Eine Anzeigenwerbung für Brillen mit der Aussage, "[X.] bleibt beim [X.] dem Hinweis, daß die Brillenfassung bei Verordnung von zwei Brillenglä-sern im Festpreis enthalten sei, ist auch nach Inkrafttreten des [X.]es vom 1. November 1996 ([X.]), durch das für [X.] der gesetzlichen Krankenkassen der Zuschuß für die Kosten [X.] entfallen ist, grundsätzlich weder als unzulässige Zugabe nochals wettbewerbswidrig zu beanstanden.[X.], [X.]. v. 13. Januar 2000 - I ZR 271/97 - [X.] HammLG Essen- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 13. Januar 2000 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 18. September 1997 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die [X.] betreibt Kaufhäuser, in denen sie auch Leistungen [X.] anbietet. Sie ließ Mitte Dezember 1996 vor dem Hinter-grund des Beitragsentlastungsgesetzes vom 1. November 1996, nach dem [X.] der gesetzlichen Krankenkassen an [X.] mit Ab-lauf des 31. Dezember 1996 wegfiel, bundesweit nachstehende Anzeige er-scheinen:- 3 -- 4 -Die Klägerin, eine Augenoptikerinnung, hat diese Werbeaussage bean-standet und die [X.] auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie sieht indem Angebot einer unentgeltlichen Abgabe von Brillenfassungen an [X.] eine unzulässige Zugabe zu den Gläsern und hältdie angegriffene Werbung überdies unter den Gesichtspunkten des verdecktenKopplungsangebotes, des übertriebenen Anlockens und der Irreführung fürwettbewerbswidrig. Dies beruht darauf, daß die Beschränkung des kassen-rechtlichen Versorgungsanspruchs zum 1. Januar 1997 auf Sehhilfen ohne diebisherige Zuzahlung für Brillengestelle nach Auffassung der Klägerin dazuführt, den Brillenerwerb durch [X.] in ein gegenständlich vomFestpreis der Krankenkassen begrenztes Hauptgeschäft über den Erwerb unddas Einschleifen der Brillengläser und ein weiteres Geschäft über den [X.] aufzuspalten.Die Klägerin hat beantragt,die [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichenVerkehr zu Zwecken des Wettbewerbsa)unter der Überschrift "[X.] bleibt beim [X.]" wie folgt zuwerben: "Für Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen ist bei [X.] von zwei Brillengläsern eine Brillenfassung aus unse-rem [X.]-Sortiment im Festbetrag [X.] 5 -b)die, wie unter a) beschrieben, beworbenen Brillenfassungen [X.] unentgeltlich, d.h. ohne Bezahlung durch den Kundenoder einen [X.], zu überlassen.Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen.Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstin-stanzlichen [X.]eils. Die [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat in der beanstandeten Werbung und der Ab-gabe der so beworbenen Brillen weder einen Verstoß gegen die Zugabever-ordnung noch gegen §§ 1 und 3 UWG gesehen. Dazu hat es ausgeführt:Die [X.] habe - wie die Gestaltung der Bildmontage zeige - in ihrerAnzeige eine Brille als Gesamtheit beworben. Die Überschrift "[X.] bleibtbeim [X.]" verstärke diesen Eindruck, weil das Preisschlagwort sich [X.] auf [X.] bezogen habe. Auch in der Verkehrsauffassung [X.] besitze allein die aus der Fassung und den Gläsern individu-ell zusammengefügte Einheit, die Ware Brille, Bedeutung. Hiervon ausgehendkönne § 1 Abs. 1 [X.] durch die Anzeige der [X.]n nicht verletztsein, weil eine Zugabe vorausgesetzt hätte, daß der Verkehr in der [X.] Anzeige die Gläser als Hauptware betrachtet hätte, zu welcher die [X.] -lenfassung als eine von dieser verschiedene, zusätzliche Nebenware gewährtwerde.Da die [X.] nicht mehrere Waren zu einem Gesamtpreis beworbenhabe, scheide ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einesverdeckten Kopplungsangebotes gleichfalls aus. [X.] der [X.], beim [X.] zu bleiben, habe im Zusammenhang mit der älteren[X.]-Werbung des Optikerhandwerkes Kunden auch noch nicht in über-triebener, wettbewerbswidriger Weise angelockt. Schließlich könne die ange-griffene Werbung nicht als irreführend bezeichnet werden, da der Verkehr nichtüber die Preisgünstigkeit des Angebotes getäuscht werde.I[X.] Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.1. Das Berufungsgericht hat zu Recht verneint, daß die [X.] in derbeanstandeten Anzeige eine Zugabe angekündigt und § 1 Abs. 1 [X.]zuwidergehandelt hat.a) Eine Zugabe liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berech-nung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerbder Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängigist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Ne-benleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und [X.] wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seinerEntschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Eine Zugabe kanndanach immer nur eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in [X.] gestellte oder gewährte Nebenleistung sein. Werden dagegen die beiden- 7 -in Rede stehenden Waren oder Leistungen vom Verkehr als eine Einheit ange-sehen, ist eine Zugabe begrifflich ausgeschlossen (st. Rspr.; [X.]Z 139, 368,371 f. - Handy für 0,00 DM, m.w.[X.]) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der [X.] verstehe die streitgegenständliche Werbung nicht dahin, daß [X.] die Hauptware und die Brillenfassung eine von dieser verschiedeneNebenware seien. Der Letztverbraucher sehe darin vielmehr ein einheitlichesAngebot. Der Senat hat in seinem [X.]eil vom 28. November 1996 "[X.]" ([X.], [X.], 767, 770 = [X.], 735) - in anderemrechtlichen Zusammenhang - bereits entschieden, daß die [X.] Leistungsabgeltung bei Sehhilfen in ihrer unterschiedlichenEintrittspflicht für Gläser einerseits, Brillenfassungen andererseits, die [X.] nicht prägt. Daran hat sich auch durch das [X.] vom 1. November 1996 nichts geändert. Schon mit dem Gesund-heitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 ([X.] I S. 2477) ist nach der sozi-alversicherungsrechtlichen [X.] die einheitliche Ware Brille aus [X.] in ihren Hauptbestandteilen unterschiedlich behandeltworden (anders noch § 182 Abs. 1 Nr. 1b, § 182a Satz 1c, § 182g RVO), auchmit dem Ziel, bei [X.] dem Wettbewerb durch das Zuschußsystemmehr Raum zu geben. Es ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt [X.] auch nicht ersichtlich, daß die zum 1. Januar 1997 durch die weitere [X.] lediglich vertiefte sozialversicherungsrechtliche Differen-zierung das Verkehrsverständnis beeinflußt (ebenso im vorliegenden Zusam-menhang [X.] Frankfurt [X.], 951, 953). Im übrigen hat das Berufungs-gericht auch zu Recht angenommen, daß insbesondere die konkrete Ausge-staltung der streitgegenständlichen Werbung dafür spricht, daß vorliegend eine- 8 [X.] als Gesamtheit beworben worden ist. Der Einholung eines [X.] Gutachtens durch den Tatrichter bedurfte es dazu entgegen der Ansichtder Revision nicht.2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Verstoß der [X.] gegen § 1 UWG verneint.a) Ein Verstoß gegen § 1 UWG durch ein verdecktes Kopplungsangebotscheidet schon deshalb aus, weil hier nicht - wie das Berufungsgericht zuRecht angenommen hat - mehrere Einzelwaren zu einem Gesamtangebot [X.] werden.b) Entgegen der Ansicht der Revision, die auch das [X.] in einer von ihr vorgelegten - im Verfügungsverfahren ergangenen -Entscheidung vertreten hat ([X.], 374), ist die angegriffene Werbung der[X.]n auch nicht geeignet, in übertriebener, sittenwidriger Weise Kundenanzulocken.aa) Die Anlockwirkung, die von einem attraktiven Angebot ausgeht, istgrundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des [X.]. Ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt kann erst durch den [X.] zusätzlicher, unsachlicher Mittel entstehen. Kennzeichen solcher Mittel ist,daß sie nicht Preiswürdigkeit oder Qualität des Angebotes steigern, [X.] von einer preis- und qualitätsbewußten Prüfung verschiedener [X.] durch werbendes Herausstellen [X.] Vergünstigungen [X.] ([X.], [X.]. v. 28.4.1994 - I ZR 68/92, [X.], 743, 745 = WRP1994, 610 - Zinsgünstige [X.] durch [X.]; [X.]. [X.] -25.9.1997 - I ZR 84/95, [X.], 500, 502 = [X.], 388 - Skibin-dungsmontage; [X.]Z 139, 368, 375 - Handy für 0,00 DM).bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die beanstan-dete Werbung der [X.]n für den zuzahlungsfreien Erwerb von [X.] Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen mit Brillenfassungen aus [X.] diesen Zweck vorgehaltenen Sortiment sich keiner zusätzlichen, unsachli-chen Mittel bedient. Auch der Annahme einer leistungsfremden Vergünstigungals Lockmittel steht bereits entgegen, daß sich die angegriffene Werbeaussageebenso wie die ältere [X.]-Werbung des Augenoptikerhandwerkes auf [X.] von Brillen an [X.] als einheitliches Angebot bezieht. [X.] nicht zu mißbilligen, wenn die [X.] die bei Belieferung von Kassenmit-gliedern mit ärztlich verordneten Sehhilfen gewährten Festbeträge der [X.] unterschreiten zu können glaubte und im Rahmen dieser [X.] auch die in der sozialversicherungsrechtlichen Versorgung ausgespar-ten Brillengestelle zuzahlungsfrei an ihre versicherten Kunden mitliefern wollte.Die vom [X.] ([X.], 374, 375) angenommene"Sogwirkung" der fortgesetzten [X.]-Werbung vor dem geänderten sozial-versicherungsrechtlichen Hintergrund mag nach allem zwar zutreffen. Es han-delte sich nach den Umständen aber gleichwohl um nicht mehr als den zuläs-sigen Ausdruck der Leistungsstärke, welche die [X.] für sich in [X.] und mit der sie auch werben [X.] Vergeblich wendet sich die Revision ferner dagegen, daß das [X.] einen Verstoß gegen § 3 UWG verneint hat.- 10 -a) Die Revision verweist zunächst darauf, daß es einen allgemeinen[X.] für die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen bei Anschaffung einerBrille auch bei der [X.]n nicht mehr gebe. Die Revision folgert daraus aberzu Unrecht, daß der Verbraucher durch das Preisschlagwort [X.] überdiese Einschränkung getäuscht werde. Denn eine Brille zum [X.] war fürdie Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen stets die nur so bezeichnete [X.], also die Brille mit Wahlbestandteilen eines entsprechend [X.], wenn auch früher mit einem Zuschuß der Krankenkassen für [X.] des [X.] in Höhe von 20,-- DM. Die [X.] insoweit zu Recht darauf hin, daß es einen echten [X.] auch vor [X.] nicht gab.b) [X.] im unteren Teil der Anzeige, eine Brillenfassungaus dem [X.]-Sortiment der [X.]n sei im Festbetrag enthalten, mag,wie die Revision beanstandet, nicht in jeder Hinsicht genau sein. Eine [X.] droht hier dennoch nicht. Denn der Verkehr verstehtdiese Angabe nicht im Hinblick auf die Versorgungspflicht der gesetzlichenKrankenkassen und ihre Grenzen. Die von der Werbung angesprochenen [X.] können vielmehr ohne weiteres erkennen, daß die [X.] [X.] bei Lieferung einer verordneten Brille mit zwei Gläsern an [X.] der gesetzlichen Krankenkasse bei ihrer Kalkulation insgesamt für [X.] hält und für die Kosten des Gestells auf Zuzahlung verzichtet, wenn [X.] sich bei der Auswahl desselben aus dem hierfür vorgehaltenen [X.]-Sortiment bedient. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionnicht geltend gemacht, daß die [X.] den Eindruck erweckt hätte, nur siekönne beim [X.] bleiben, weil ihr das Privileg eines höheren Festbetrageszugestanden worden sei als ihren [X.] 11 -II[X.] Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.[X.]. Ungern-SternbergBornkammPokrantRaebel

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I ZR 271/97

13.01.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2000, Az. I ZR 271/97 (REWIS RS 2000, 3519)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3519

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