Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2004, Az. 4 StR 49/04

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 3369

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[X.]/04

vom 4. Mai 2004 in der Strafsache gegen

wegen Bestechlichkeit
- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Mai 2004 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Juli 2003 wird verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmit-tels zu tragen. Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verur-teilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 52.519,90 Euro an-geordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat weder zum [X.]uldspruch noch zum Rechtsfolgenausspruch einen durchgrei-fenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] vom 15. März 2004, die durch die Gegenerklärung im [X.]rift-satz der Verteidigung vom 1. April 2004 nicht entkräftet werden. - 3 - Lediglich ergänzend zur Antragsschrift des [X.] [X.]: 1. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das [X.] den Angeklagten zu Recht der Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB) in zwei Fällen für schuldig befunden. a) Der Angeklagte war Sachgebietsleiter für den Bereich Elektrotechnik im [X.]bzw. - nach der zum 1. Januar 1993 vollzogenen Zusammenlegung der Behörden - im S. B.

D. . Neben der Erstellung der Leistungsverzeichnisse bei der Vergabe von Arbeiten gehörte zu den Aufgaben des [X.], die von dem ihm nachgeordneten Sach-bearbeiter seines jeweiligen Fachbereichs bei beschränkten Ausschreibungen, Einzelaufträgen und auch Rahmenzeitverträgen erstellten [X.] zu prüfen und dem Sachgebietsleiter der "[X.]" zur Prüfung vorzulegen. Letzterer - im Tatzeitraum der bereits rechtskräftig verurteilte [X.] - war in der Lage, auf alle Ausschreibungen und Vergaben [X.] zu nehmen; er war insbesondere berechtigt, von den [X.] Namen von Unternehmen zu streichen oder zusätzliche hinzuzufügen. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich im Laufe der [X.] innerhalb der [X.] ein "System von Vorteilsannahmen und -gewährungen und die damit verbundene Bevorzugung diverser Unternehmen" bei der Vergabe von [X.]. Zu dem "Korruptionsgeflecht" gehörte auf seiten der Unternehmer auch der im Bereich "[X.]losserarbeiten/Metallbau" tätige Unternehmer und frühere Mitangeklagte [X.] , den der Angeklagte bereits Mitte der achtziger [X.] - den Kegelverein geworben hatte, der zum einen aus Beamten und Angestellten des [X.]und zum anderen aus Unternehmern bestand, die für das [X.] tätig waren. Auch [X.] beteiligte sich über Jahre hinweg an dem "System", in dem Ausschreibungen bzw. [X.] so gesteuert wurden, daß seine Firma "am Ende als günstigste Bieterin galt und den Auftrag bekam". Von die-ser "manipulativen Vergabe" an [X.] hatte auch der Angeklagte Kenntnis. Diesen Umstand nutzte er für sich aus, "um seinerseits von dem im [X.] Korruptions- und Manipulationssystem zu profitieren", indem er von [X.] die kostenlose Erstellung eines [X.] für sein Haus und in dem weiteren Fall die Übernahme der Kosten für den Einbau von zwei Giebel-fenstern in seinem Haus verlangte. Tatsächlich kam es zur Ausführung dieser Baumaßnahmen, die ein Gesamtauftragsvolumen von 93.720 [X.] zuzüglich der von der Firma des [X.]

selbst erstellten Stahlkonstruktion für den Wintergar-ten im Wert von 9.000 [X.] hatten. Die Kosten wurden von [X.]

getragen. b) Im Ergebnis zu Recht hat das [X.] bei dieser Sachlage eine auf eine pflichtwidrige Diensthandlung bezogene [X.] zwi-schen dem Angeklagten und [X.] angenommen. Hierzu heißt es im [X.] Urteil: "Selbstverständlich wäre es schon aufgrund seiner Position seine Dienstpflicht gewesen, solche Manipulationen zu ver-hindern und sie zu diesem Zweck an höherer Stelle [X.]. Dies tat er aber bewußt und in - zumindest still-schweigender - Abstimmung mit dem früheren Mitangeklagten [X.] nicht. (...) Ohne daß dies zwischen [X.] und dem Angeklagten ausdrücklich besprochen werden mußte, war [X.] klar, daß der Angeklagte innerhalb des B.

D. über erhebliche [X.] verfügte. Von daher ging der frühere Mitangeklagte [X.] davon aus, daß - 5 - für den Fall, daß er das Ansinnen des Angeklagten ablehnen würde, dieser auf irgendeine Weise dafür Sorge tragen [X.], daß sein - [X.] s - Unternehmen in Zukunft die [X.]verträ-ge nicht mehr erhalten werden. Dies konnte der Angeklagte z.B. dadurch verhindern, daß er seiner Dienstpflicht entspre-chend die ihm bezüglich der Manipulationen bekanntgewor-denen Tatsachen zur Anzeige brachte. (...) Zugleich nahm [X.] an, daß seine Zustimmung zu dem Ansinnen des [X.] die sichere Gewähr dafür bieten würde, daß 'alles beim alten' bleiben und sein Unternehmen auch weiterhin auf dieselbe Art und Weise wie in der Vergangenheit regelmäßig die [X.]verträge ... erhalten werde" ([X.]). Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken, die der Revision zum [X.] verhelfen können. Zwar wendet der Beschwerdeführer zu Recht ein, daß die Vergabe von Aufträgen im Bereich Metallbau, in dem [X.] für die [X.] tätig wurde, nicht zu dem engeren Aufgabenkreis des Angeklagten gehörte. Die Feststellungen belegen aber, daß der Angeklagte auch in seinem engeren Aufgabengebiet im Bereich Elektrotechnik seine Position zum eigenen Vorteil ausnutzte. Denn im Zusammenhang mit der Erstellung des Wintergar-tens veranlaßte er den mit ihm befreundeten Inhaber der Elektrofirma [X.]. , [X.] , im [X.] Elektroartikel im Wert von 10.000 [X.] unentgeltlich an [X.] zu liefern, eine Forderung, die [X.] nur deshalb erfüllte, "da er sei-nerseits als Unternehmer im Bereich Elektro, der viele Aufträge des [X.] erhielt, den Sachgebietsleiter Elektro [d.h. den Angeklagten] nicht verärgern wollte" ([X.]). Davon unabhängig hat das [X.] nach Auffassung des Senats rechtlich zutreffend eine Dienstpflicht des Angeklagten bejaht, das ihm [X.] bei der vorgesetzten Behörde anzuzeigen oder auf son-stige geeignete Weise den stattfindenden Manipulationen entgegenzutreten, - 6 - wie es der [X.] bislang jedenfalls für den Vorgesetzten im Rah-men seiner Dienstaufsicht angenommen hat ([X.], 560). Allgemein verletzt der Beamte seine Treue-, Beratungs- und Unterstützungspflicht (§§ 52, 55 [X.]), wenn er es unterläßt, korruptionsverdächtige Umstände oder sogar klar erkennbares Korruptionsgeschehen seinen Vorgesetzten zu melden (Weiß in [X.] Bd. II Teil 2 J 688 [X.]). Dies gilt in erster Linie für den Be-reich, in dem dem Beamten Aufgaben zur Erledigung in eigener Zuständigkeit übertragen sind. Im beamtenrechtlichen [X.]rifttum wird die Unterstützungs-pflicht des Beamten aber weiter gezogen mit der Folge, daß auch der Beamte, der außerhalb seines eigentlichen [X.] von einem Fehlverhalten eines Kollegen erfährt, verpflichtet sein kann, den Vorgesetzten hierauf [X.] zu machen ([X.]/[X.] Bundesdiziplinarordnung 8. Aufl. Ein-leitung [X.]. 37 b). Allerdings wird dies nur bei schweren Verfehlungen, die die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gefährden, angenommen werden können ([X.]/[X.] aaO). Doch hätte der Senat keine Bedenken, dies im Fall eines Korruptionsgeflechts von dem hier festgestellten Ausmaß auch schon für die [X.] vor dem Inkrafttreten des [X.] vom 13. August 1997 ([X.]) zu bejahen. Diese Auffassung steht auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung, derzufolge außerhalb des [X.], der Amtsträgern der Strafverfolgung zugewiesen ist, für Beamte keine allgemeine Pflicht besteht, ihnen bekannt gewordene Straftaten bei den Straf-verfolgungsbehörden anzuzeigen (vgl. BGHSt 43, 82, 85). Denn dies schließt lediglich eine nach §§ 258, 258 a StGB strafbewehrte Pflicht zur Mitwirkung an der Strafverfolgung aus, berührt aber die beamtenrechtliche Pflicht zur inner-behördlichen Abwehr von gravierendem Fehlverhalten nicht. - 7 - Bestand aber für den Angeklagten hier eine dienstliche Pflicht, die [X.] Behörde über das Korruptionsgeflecht im [X.]
zu unterrichten, so war das in die [X.] einbezogene Unterlassen der Anzeige dienstpflichtwidrig, so daß hinsichtlich des Angeklagten § 332 StGB eingreift (Kuhlen in [X.]. § 336 Rdn. 3). c) Letztlich kann der Senat jedoch dahingestellt sein lassen, ob den [X.] die Dienstpflicht traf, Manipulationen bei der Auftragsvergabe, die nicht den ihm zugewiesenen Bereich Elektrotechnik betrafen, zu verhindern, ob also die pflichtwidrige Diensthandlung als Äquivalent für die dem Angeklagten von [X.] gewährten Vorteile nur in einem Unterlassen zu sehen ist. Denn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann der Senat entnehmen, daß zwischen dem Angeklagten und [X.] - zumindest stillschweigend - klar war, daß der Angeklagte innerhalb des [X.] auf die Berücksichtigung des [X.] bei der Auftragsvergabe "auf irgendeine Weise" ([X.]) Einfluß nehmen würde. Nach den Feststellungen verhielt es sich innerhalb des [X.] in der [X.] so, daß die korruptiven Forderungen "von den [X.] erfüllt werden mußten, da jedem klar war, daß er sonst an [X.] nicht mehr teilzunehmen brauchte, weil er aus vorgeschobenen Grün-den nicht berücksichtigt werden würde. Im Gegenzug zeigten sich die involvier-ten Bediensteten des [X.]auch von sich aus 'gefällig' "([X.]). Diese [X.] müssen über den Kreis der dort bezeichneten Mitarbeiter der [X.] hinaus auch auf den Angeklagten bezogen werden, der in das [X.] eingebunden war. Die damit von dem Angeklagten gegenüber [X.] in Aussicht gestellte aktive Einflußnahme, die Berücksichtigung von des-sen Unternehmen bei der Auftragsvergabe von dessen Bereitschaft abhängig - 8 - zu machen, auf die korruptiven Forderungen einzugehen, verletzte in jedem Fall die Dienstpflichten des Angeklagten. 2. Auch der Ausspruch über den Verfall hat Bestand. Insoweit hat das [X.] in bezug auf den Wintergarten, wie die Revision zu Recht vorträgt, nicht nur 83.720 [X.] zugrundegelegt, sondern auch weitere 9.000 [X.] für die von [X.] unmittelbar gelieferte Stahlkonstruktion in Ansatz gebracht. Soweit der Beschwerdeführer darin einen Widerspruch zu den Ausführungen auf [X.] sieht, wonach "[X.] über sein Unternehmen dem Angeklagten im Zusammenhang mit dem Wintergarten finanzielle Vorteile in Höhe von 83.720 [X.] ... hat zukommen lassen", liegt dem ein Mißverständnis zugrunde. Denn das [X.] hat - wie der nachfolgende Halbsatz belegt - "an dieser Stelle" den Wert der von [X.] gelieferten Stahlkonstruktion außer Betracht gelassen, weil [X.] dafür als "Kompensation" auf Veranlassung des Ange-klagten kostenlos das Elektromaterial im etwa gleichen Wert von der Firma [X.]. erhielt. Damit hat das [X.] lediglich die effektive Belastung des [X.] durch die an den Angeklagten gewährten Vorteile berechnet, "an die-ser Stelle" aber nicht den Wert des dem Angeklagten zugeflossenen Vorteils. Daß bei diesem der Wert der von [X.] gelieferten Stahlkonstruktion nicht des-halb außer Betracht bleiben kann, weil der Angeklagte zur Verschleierung und zum "Ausgleich" ersichtlich ebenfalls aufgrund korruptiver Beziehung die ko-stenlose Lieferung von Elektromaterial durch [X.] an [X.] veranlaßte, liegt auf der Hand. Tepperwien Maatz Athing

Ernemann

Sost-[X.]eible

Meta

4 StR 49/04

04.05.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2004, Az. 4 StR 49/04 (REWIS RS 2004, 3369)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3369

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