Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2000, Az. V ZR 420/98

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1169

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:15. September 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] §§ 242 Be, 497Die Gemeinde, der ein [X.]srecht zu dem vom Gutachterausschuß ermittel-ten Wert des verkauften Grundstücks zusteht, hat den Käufer aufzuklären, wenndieser im zutage getretenen Irrtum über die Wertverhältnisse den [X.] [X.] zu einem auffällig unter dem Wert liegenden Preis anbietet.[X.], Urt. v. 15. September 2000 - [X.] - [X.]/[X.] Hanau- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.] [X.], Tropf, Dr. Klein und [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des17. Zivilsenats des [X.] vom21. Oktober 1998 aufgehoben und das Urteil des [X.], 7. Zivilkammer, vom 27. Februar 1997 abgeändert, soweitsie zum Nachteil der Beklagten ergangen sind. Die Klage [X.] abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 14. November 1989 verkaufte die [X.] (Beklagte) dem Kläger ein unbebautes Grundstück zum Preis von60 DM/qm, insgesamt 911.880 DM. Der Kläger verpflichtete sich, das [X.] binnen eines Jahres ab Eigentumswechsel, spätestens 18 Monate nachVertragsschluß der gewerblichen Nutzung durch einen Kunststoff-Bearbei-tungsbetrieb zuzuführen. Für den Fall der Verletzung dieser Pflicht behielt [X.] Beklagte den [X.] zum Verkehrswert vor, der durch den Gutachter-ausschuß zu ermitteln war. Der [X.] war durch eine am- 3 -15. August 1990 eingetragene Vormerkung gesichert. Auf Anfrage teilte [X.] vertretene Kläger der Beklagten am 28. Januar 1993 mit, aus wirt-schaftlichen Gründen sei ihm ein kurzfristiger Baubeginn nicht möglich. Er botder Beklagten den [X.] zum Verkehrswert an. Der [X.] untereinem Betrag von 1,5 Mio. DM komme im Hinblick auf die Aufwendungen [X.], einschließlich Baugenehmigung und Erschließung 1.401.509,92 DM,nicht in Frage. Die Beklagte erklärte sich hiermit am 1. März 1993 vorbehaltlichder Zustimmung der städtischen Körperschaften einverstanden. Darüber hin-ausgehende Ansprüche wurden ausgeschlossen. Mit notariellem Vertrag vom9. August 1993 verkaufte der Kläger das Grundstück der Beklagten zu demabgesprochenen Preis. Der Bodenrichtwert des Grundstücks betrug zum31. Dezember 1992 270 DM/qm, der Verkehrswert 4.103.460 [X.] Kläger hat die Beklagte auf die Differenz zwischen dem Verkehrs-wert des Grundstücks und dem am 9. August 1993 beurkundeten Preis von1,5 Mio. DM, mithin auf 2.603.460 DM in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Beklagte unter Abzug von 60 DM/qm, abgerundet 900.000 DM,wegen [X.] zur Zahlung von 1.703.460 DM verurteilt. [X.] hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.Der [X.] hat nur die Revision der Beklagten angenommen. Die [X.] beantragt, die Klage in vollem Umfang [X.] 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht meint, es sei von der Ausübung des [X.]s-rechts durch die Beklagte auszugehen. Dem stehe nicht entgegen, daß sie [X.] nicht durch formlose Erklärung gegenüber dem Kläger ausgeübt habe.Aus der Korrespondenz ergebe sich, daß beide Seiten davon ausgegangenseien, "aus dem (im Kaufvertrag vom 14. November 1989) begründeten [X.] berechtigt und verpflichtet zu sein, so daß auch die weitere ver-tragliche Ausgestaltung dieses [X.]srechts ... hinsichtlich des [X.] erkennbar verbindlich sein sollte". Das Fehlen einer Bezugnahmeauf das [X.]srecht im Kaufvertrag vom 9. August 1993 sei für die Be-wertung des vorangegangenen Verhaltens der Beklagten ohne Bedeutung.Umgekehrt habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, daß er die 1,5 Mio. [X.] Mindestbetrag des Verkehrswertes fordere. Das kommentarlose [X.] der Beklagten habe in ihm den Eindruck erwecken müssen, seineVorstellung träfe zu. Die Beklagte, der die wahren Wertverhältnisse bekanntgewesen seien, hätte den Kläger nicht in dem von ihr erkannten Irrtum belas-sen dürfen. Sie sei verpflichtet, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm aus derunterbliebenen Aufklärung erwachsen sei. Den Gewinn aus der [X.] Grundstücks hätte der Kläger auch dann realisieren können, wenn die [X.] zum Rückkauf zum Verkehrswert nicht bereit gewesen wäre. Denn"mangels entsprechender vertraglicher Vorkehrungen hätte der Kläger [X.] dann seinerseits durch Veräußerung zum Verkehrswert [X.] hält den Angriffen der Revision nicht stand.- 5 -II.1. Das Berufungsurteil ist in sich widersprüchlich, denn es geht [X.] davon aus, der [X.] sei zustande gekommen, billigt dem Klägeraber andererseits den [X.]preis in Höhe des Verkehrswertes (§ 433Abs. 2 BGB) nicht zu. Er sei nur im Wege des Schadensersatzes berechtigt,die Differenz zwischen Verkehrswert und einem Kaufpreis von 1,5 Mio. DM - abzüglich der Wertminderung wegen Kontaminationen - zu fordern. Aus [X.] Sicht löst sich der Widerspruch dahin auf, daß die Beklagte, wovon [X.] im Tatsächlichen auch ausgeht, von ihrem Recht, gemäß § 497Abs. 1 BGB durch einseitige formlose Erklärung gegenüber dem Kläger den[X.] zustande zu bringen, keinen Gebrauch gemacht hat. Aus der [X.] erörterten Korrespondenz ergibt sich zwar, daß die Parteienübereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen zur Ausübung des [X.] ausgegangen waren. Dies ist aber, entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts, mit der Vornahme der Gestaltungserklärung (vgl. [X.] [X.]Z140, 218, 220) nach § 497 Abs. 1 BGB nicht gleichzusetzen. Eine weiterge-hende Deutung der Äußerungen der Beklagten verbietet sich darüber hinauswegen des Umstandes, daß diese ihre Erklärungen jeweils unter dem Vorbe-halt der noch ausstehenden Zustimmung der gemeindlichen Organe [X.] hatte. Der Kaufvertrag vom 9. August 1993 wurde zwar vor dem Hinter-grund der Befugnis der Beklagten zur Ausübung des [X.]srechts abge-schlossen, er hat aber den [X.] im Sinne des in dem ursprünglichenKaufvertrag vom 14. November 1989 aufgenommenen Vorbehalts nicht [X.]. Zwar können die Parteien davon absehen, den aufschiebend be-dingten [X.] ([X.], Urt. v. 20. Dezember 1955, [X.], [X.] 6 -§ 610 Nr. 1) durch gestaltende Erklärung gemäß § 497 Abs. 1 BGB wirksamwerden zu lassen und die ohnehin erforderliche Rückauflassung mit dem [X.] eines weiteren, den vorbehaltenen Bedingungen entsprechenden [X.]s verbinden. So sind die Parteien indes nicht vorgegangen. Der [X.] vom 9. August 1993 nimmt auf das [X.]srecht der Beklagtenkeinen Bezug und weicht im wesentlichen Punkte, dem Kaufpreis, von dessenBedingungen ab. Für den am 14. November 1989 aufschiebend bedingt ge-schlossenen [X.] hat er zur Folge, daß die Bedingung ausgefallen, die-ser mithin endgültig unwirksam ist.2. Damit bleibt allerdings Raum für den Schadensersatzanspruch, aufden sich das Berufungsurteil stützt. Er ist im Grundsatz zu bejahen. Das [X.] ist mit dem Fall des offenen, vom Erklärungsempfängererkannten, [X.] vergleichbar, für den der [X.] jenach der Risikolage des Erklärenden sowie des Ausmaßes des Irrtums eineAufklärungspflicht des Empfängers bejaht und an deren Verletzung einenSchadensersatzanspruch des Erklärenden anknüpft (Urt. v. 7. Juli 1998,X ZR 17/97, NJW 1998, 3192, 3193 ff). Der nach den Feststellungen des Be-rufungsgerichts von der Beklagten erkannte Irrtum des [X.] über die [X.] Verkehrswerts des Grundstücks, der nach den [X.]sbedingungenden Preis bestimmen sollte, war geeignet, eine Aufklärungspflicht auszulösen.Anders als im Falle des an einer Ausschreibung teilnehmenden Bieters, [X.] Risiko seiner Fehlkalkulation zu tragen hat (Urt. v. 7. Juli 1998), war [X.] das Risiko, den Verkehrswert zutreffend zu ermitteln, ein gemeinsa-mes. Dies kommt in der Vereinbarung zum Ausdruck, den zur Neutralität ver-pflichteten (§ 192 BauGB) Gutachterausschuß mit der Ermittlung zu [X.]. Zwar weist die Revision zu Recht darauf hin, daß dem anwaltlich vertrete-- 7 -nen Kläger das Risiko, insbesondere soweit es in der Abweichung von dem in§ 497 Abs. 1 BGB vorgesehenen Wege lag, erkennbar war und ihm auch dieMöglichkeit zur Verfügung stand, das Risiko durch Einschaltung des [X.] oder anderweitige Schätzung des Verkehrswerts zu steuern.Dies ändert indes nichts daran, daß die Beklagte dem erkannten, in seinenAuswirkungen schwerwiegenden Irrtum über den im beiderseitigem Risiko lie-genden Umstand abhelfen mußte. Die eigenen Möglichkeiten des [X.] [X.] finden ihre rechtlichen Folgen erst bei der [X.] nach § 254 BGB. Ob die Aufklärungspflicht aus dem allgemeinen Ge-sichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß herzuleiten ist, oder ob [X.] aufgrund der besonderen Bindung der Parteien aus dem Wieder-kaufsverhältnis vorgeht, kann im Ergebnis dahinstehen.3. Der Schadensersatzanspruch des [X.] scheitert nämlich daran,daß ein durch die unterlassene Aufklärung eingetretener Schaden nicht [X.] ist. Die Beklagte war, wovon (wohl) auch das Berufungsurteil ausgeht,nicht gehalten, im Falle der Aufklärung des [X.] von dem [X.]srechtzum Verkehrswert Gebrauch zu machen (a). Einem Verkauf des Grundstücksdurch den Kläger standen, was das Berufungsgericht übersieht, die Wirkungender Rückauflassungsvormerkung (§§ 883 Abs. 2, 888 BGB) entgegen (b).a) Eine besondere Ausübungsfrist für das [X.]srecht der [X.]n war nicht festgelegt. Es galt mithin die 30-jährige Ausschlußfrist des§ 503 BGB, auf die der [X.] im übrigen verwies.Diese Frist zu nutzen und auf eine günstige Entwicklung der [X.] zu warten oder auch nur von der Belastung des Haushalts mit dem [X.] bis auf weiteres abzusehen, stand der Beklagten frei. Die [X.] 8 -rung des [X.] über die wahren Wertverhältnisse hätte nicht zur Folge [X.], daß die Beklagte nunmehr dessen Ansinnen zum [X.] hätte [X.] müssen. Treu und Glauben hätten zu einer solchen Verengung der [X.] der Beklagten nicht geführt. Wie das Berufungsgericht in ande-rem Zusammenhang zu Recht hervorhebt, brachte es die für die Beklagte un-günstige Ausgestaltung des [X.]srechts mit sich, daß der Kläger, ob-wohl er nicht in der Lage war, seiner Vertragspflicht zur Errichtung von [X.] zu genügen, einen "Spekulationsgewinn" in Millionenhöhe hätte ein-streichen können. Hierzu brauchte ihm die Beklagte nicht zu verhelfen.b) Als Folge der Rückauflassungsvormerkung war das Grundstück, wirt-schaftlich betrachtet, ohne die Zustimmung der Beklagten unverkäuflich. DieVermögenslage des [X.] hätte mithin, wenn er nach Aufklärung sein Ange-bot zum Rückkauf für 1,5 Mio. DM zurückgezogen hätte, gegenüber dem jetzi-gen Zustand keine Verbesserung erfahren können (§ 249 BGB). Ein Erwerber,der dem Kläger den Verkehrswert zur Verfügung gestellt hätte, hätte nach Aus-übung des [X.]srechts durch die Beklagte deren Eintragung als Eigen-tümerin in das Grundbuch zustimmen (§§ 883, 888 Abs. 1 BGB, 39, 19 GBO)müssen. Das Risiko, mit dem Anspruch auf Rückzahlung des Verkehrswertsgegenüber dem Kläger auszufallen, hätte bei ihm gelegen. Dem hätte [X.] eine Abtretung des Zahlungsanspruchs des [X.] aus dem Wieder-kauf entgegengewirkt werden können. In gesichertem Eigentum und Besitz wä-re der Erwerber indessen nicht geblieben. Dies wäre aber Voraussetzung fürden Entschluß eines Dritten gewesen, auf dem Grundstück ein gewerblichesBauvorhaben durchzuführen. Wirtschaftlich betrachtet scheidet ein Kauf [X.] gegenüber der Möglichkeit, von der Beklagten gesichertes Eigentum zuerlangen, aus. Dies wird noch durch den Umstand unterstrichen, daß das- 9 -Grundstück mit Rang nach der Rückauflassungsvormerkung nicht beleihbarwar. Der Kläger wäre deshalb, wenn er von dem Verkauf vom 9. August 1983abgesehen hätte, weder im Hinblick auf das Eigentum an der [X.] auf die Möglichkeit, deren Gegenwert durch Veräußerung zu erlösen, ge-genüber dem bestehenden Zustand besser gestellt gewesen.4. Darauf, ob die Beklagte, wie die Revision meint, darüber hinaus we-gen der Nichterfüllung der Bebauungspflicht von dem [X.] hätte zurücktreten und den Kläger auf den damals verein-barten Preis von 911.880 DM verweisen können (§§ 326, 327, 346 BGB), oderob der [X.] die einzige Sanktion der Vertragsverletzung war, kommt esnicht mehr an.[X.]Lambert-Lang [X.]

Meta

V ZR 420/98

15.09.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2000, Az. V ZR 420/98 (REWIS RS 2000, 1169)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1169

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