Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2014, Az. 2 StR 573/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3497

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 [X.]
vom
13. August 2014
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:

ja
[X.]R:

ja
Veröffentlichung:
ja
____________________

[X.] §§
345 Abs.
2, 390 Abs.
2, 397a Abs.
1

1.
Ein vom Nebenkläger bevollmächtigter und danach beigeordneter Rechtsanwalt kann für die bestimmenden Revisionsschriftsätze [X.] erteilen.

2.
Unterzeichnet ein unterbevollmächtigter Rechtsanwalt die von dem eigentlich mandatierten Rechtsanwalt verfasste [X.]
mit dem [X.], dass er sich den Inhalt der Schrift zu eigen gemacht und dafür auf Grund ei-gener Prüfung die Verantwortung übernommen hat (§
390 Abs.
2 [X.]).

[X.], Urteil vom 13. August 2014 -
2 [X.] -
LG Aachen

-
2
-

in der Strafsache
gegen

wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung u.a.

-
3
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Sitzung vom 23.
Juli 2014 in der Verhandlung am 13. August 2014, an denen
teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],

Oberst[X.]tsanwalt beim [X.]

in der Verhandlung,
[X.] beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,
der Angeklagte E.

in Person in der Verhandlung,

Rechtsanwältin

in der Verhandlung

als Vertreterin der Nebenklägerin,

Justizhauptsekretärin

in der Verhandlung,
Justizangestellte

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
4
-

Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2013 mit den [X.].
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung in Tateinheit
mit vorsätzlicher Körperverletzung freigesprochen. Die Nebenklage rügt mit ihrer hiergegen gerichteten und vom [X.] vertretenen Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
A.
Die Revision der Nebenklägerin ist
zulässig; sie wurde insbesondere form-
und fristgerecht begründet.
1
2
-
5
-
I.
Die Nebenklägerin hatte nach Erhebung der Anklage Rechtsanwältin G.

mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen bevollmächtigt. [X.] der Vollmachtsurkunde vom 14.
Mai 2013 war die mandatierte Rechtsan-wältin auch berechtigt, [X.] zu erteilen. Auf Antrag der Nebenkläge-rin hatte ihr das [X.] mit Beschluss vom 27.
Mai 2013 gemäß §
397a Abs.
1 Nr.
1 [X.] Rechtsanwältin G.

auch als Beistand bestellt.
Gegen das Urteil des [X.] Aachen vom 20.
Juni 2013 hat die Nebenklägerin durch Rechtsanwältin G.

am 25.
Juni 2013 Revision einge-legt. Mit einem am 26.
August 2013 beim [X.] eingegangenen [X.] wurde die Revision auch begründet. Das Schreiben trägt den Briefkopf "C.

G.

, Rechtsanwältin" in Bürogemeinschaft mit u.a. "D.

Ge.

, Fachanwalt für Arbeitsrecht", es weist das Diktatzeichen "cg" auf und wurde von Rechtsanwalt Ge.

vor dem maschinenschriftlich angebrach-ten Zusatz, "für Rechtsanwältin [X.]

" unterzeichnet.
Auf Nachfrage im Rahmen der Revisionshauptverhandlung hat Rechts-anwältin G.

erklärt, sie selbst habe den Schriftsatz gefertigt. Es sei üblich, dass sich alle
in der Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälte gegensei-tig vertreten.
II.
Die Revisionsbegründung wurde innerhalb der Monatsfrist des §
345 Abs.
1 [X.] mittels einer von einem wirksam bevollmächtigten Rechtsanwalt "unterzeichneten Schrift" (§
390 Abs.
2 [X.] analog) angebracht.
Die von der Nebenklägerin bevollmächtigte und ihr gemäß §
397a Abs.
1 [X.] beigeordnete Rechtsanwältin G.

hat zwar die Revisionsbegrün-3
4
5
6
7
-
6
-
dungsschrift nicht selbst unterzeichnet. Eine Begründungsschrift kann aber auch von einem Rechtsanwalt, der -
wie hier Rechtsanwalt Ge.

-
von der Nebenklägerin weder persönlich bevollmächtigt noch ihr als Beistand bestellt wurde, wirksam angebracht werden. Dies setzt voraus, dass er hierzu vor Ab-lauf der genannten Monatsfrist bevollmächtigt worden ist (1.) und die [X.] unterzeichnet hat (2.). Beides ist hier der Fall.
1. Der unterzeichnende Rechtsanwalt Ge.

war wirksam bevoll-mächtigt, die Revisionsanträge und ihre Begründung anzubringen. Ihm war im Rahmen der in der Bürogemeinschaft getroffenen Vertretungsregelung von Rechtsanwältin G.

[X.] erteilt, wozu diese durch Vollmacht der Nebenklägerin ermächtigt war.
[X.]) Zwar kann die [X.] als solche nicht wirksam auf ei-nen anderen Rechtsanwalt übertragen werden, denn ebenso wie die Beiord-nung eines Pflichtverteidigers gemäß §
141 Abs.
1 [X.] (vgl. insoweit [X.], [X.] vom 24.
November 2000 -
2 BvR 813/99, [X.], 211; [X.], Beschluss vom 13. April 2010 -
3 StR 24/10; Beschluss vom 7.
Mai 2014 -
4 [X.]; [X.]/[X.], [X.] 57.
Aufl.,
§
142 Rn.
15) ist die Bestellung eines Beistands gemäß §
397a Abs.
1 [X.] auf die jeweils bestellte Person beschränkt; eine Übertragung im Wege der Erteilung einer Untervoll-macht ist daher nicht wirksam möglich.
[X.]) Zulässig ist dagegen das Tätigwerden eines anderen Rechtsanwalts, wenn dieser als allgemeiner Vertreter gemäß §
53 Abs.
2 [X.] bestellt wurde, denn diese Bestellung erstreckt sich auch auf die Bestellung als Beistand ([X.], Beschluss vom 6. September 2000 -
3 [X.]; vgl. für die [X.]: [X.], Urteil vom 2. September 1975 -
1 [X.], NJW 1975, 2351; Beschluss vom 22.
August 2001 -
1 [X.], [X.], 8
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-
7
-
12; vgl. auch Beschluss vom 13.
April 2010 -
3 StR 24/10). Die [X.] sind hier aber nicht erfüllt. Rechtsanwalt Ge.

ist weder als von Amts wegen bestellter allgemeiner Vertreter gemäß §
53 Abs.
2 Satz
3 [X.] tätig geworden noch hat ihn Rechtsanwältin G.

selbst gemäß §
53 Abs.
2 Satz
1 oder 2 [X.] als ihren allgemeinen Vertreter bestellt. Die gegenseitige [X.] verbundenen Rechtsanwälte entsprach [X.] den dortigen Usancen.
[X.]) Rechtsanwältin G.

war jedoch in Ausübung ihres [X.] berechtigt, [X.] zu erteilen, denn die Nebenklägerin hatte sie bereits am 14.
Mai 2013 beauftragt, ihre Interessen zu vertreten, und im Rahmen des-sen ermächtigt, die ihr erteilte Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen. Dieses durch die Unterzeichnung der Vollmachtsurkunde begrün-dete zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen der Nebenklägerin und ihrer Anwältin blieb von deren Bestellung als Beistand unberührt.
Insofern unterscheidet sich die Bestellung als Beistand gemäß §
397a Abs.
1 [X.] von der Beiordnung als Pflichtverteidiger gemäß §
141 [X.]. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers setzt nach dem in §§
141 Abs.
1, 143 [X.] enthaltenen Rechtsgedanken das Nichtbestehen eines Wahlmandates voraus. Entsprechend enthält der Antrag des Wahlverteidigers, ihn zum Pflichtverteidi-ger zu bestellen, die Erklärung, die Wahlverteidigung solle mit der Bestellung enden ([X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl., §
142 Rn.
7 mwN). Wird dem Antrag stattgegeben, endet das zivilrechtliche Auftrags-
bzw. [X.] (§§
675 BGB) des Rechtsanwaltes, der in der Folge seine Tä-tigkeit als Pflichtverteidiger allein auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Bestellung ausführt. Da mit dem Ende des Vertragsverhältnisses auch die er-teilte Strafprozessvollmacht erlischt ([X.]/[X.] [X.]O), kann der 11
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8
-
Verteidiger eine [X.] nicht mehr erteilen (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
Januar 2014 -
4 StR 346/13).
Eine solche oder vergleichbare Änderung des [X.] der Tätig-keit des Rechtsanwalts ist mit dessen Bestellung als Beistand eines Nebenklä-gers gemäß §
397a Abs.
1 [X.] nicht verbunden. Anders als bei der [X.] besteht der frühere Auftrag, den der Nebenkläger seinem Rechtsan-walt erteilt hat, nach dessen Bestellung als Beistand fort (KG, [X.], 327, 328; [X.], 160; [X.], Beschluss vom 19.
August 2005 -
1
Ws 208/05; a.A. [X.], Beschluss vom 21.
Juli 2006 -
1 Ws 202/06), so dass er auch zur Erteilung einer [X.] wei-terhin berechtigt ist (KG, [X.], 327). Die Bestellung zum Beistand nach §
397a Abs.
1 [X.] setzt zwar nicht voraus, dass zwischen dem [X.] und dem Rechtsanwalt ein Mandatsver-hältnis besteht. Liegt allerdings ein solches vor, wird es durch die Bestellung zum Beistand nicht beendet. Denn abweichend von §
141 Abs.
1 [X.], der vo-raussetzt, dass der Angeklagte "noch keinen Verteidiger hat", ist es für die Be-stellungsentscheidung nach
§
397a Abs.
1 [X.] ohne Bedeutung, ob der [X.] bereits einen Rechtsanwalt mandatiert hat. Dementsprechend ist der gerichtliche Bestellungsakt auch dann nicht (entsprechend §
143 [X.]) zurück-zunehmen, wenn sich der Nebenkläger selbst eines anderen
oder weiteren [X.] bedient. Angesichts dessen, dass §
397a Abs.
3 Satz
2 [X.] ausdrück-lich nur auf §
142 Abs.
1 [X.] verweist, ist für eine ergänzende Anwendung weiterer Vorschriften des Rechts der notwendigen Verteidigung kein Raum (vgl. KG,
[X.], 47, 48; [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26.
Aufl., [X.], §
397a Rn.
17).
Dem entspricht auch der unterschiedliche Zweck der Bestellung von [X.] und Verteidiger. Während die [X.] überhaupt nur auf An-13
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-
9
-
trag des [X.] in Betracht kommt und sich in ihrer Wirkung darin [X.], dass dem Nebenkläger, der anwaltlichen Beistand hinzuzieht, im Zwei-fel ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber der St[X.]tskasse gebührt, besteht der Zweck der Pflichtverteidigung ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen (§
140 [X.]) rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße [X.] gewährleistet wird ([X.]E 68, 237, 254 mwN). Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist daher in den in §
140 Abs.
1, Abs.
2 [X.] bezeichneten Fällen zwingend vorgeschrieben und erfolgt auch dann, wenn der Beschuldigte eine Verteidigung überhaupt ablehnt. Dem entspricht, dass die Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß §
141 Abs.
1 [X.] grundsätzlich unterbleibt bzw. ei-ne bereits erfolgte Bestellung gemäß §
143 [X.] in der Regel zurückzunehmen ist, wenn der Beschuldigte selbst einen Wahlverteidiger beauftragt hat. Wahl-mandat und [X.] schließen sich daher
schon vom Sinn und Zweck der Pflichtverteidigung her aus und sind selbst nebeneinander nur dann zulässig, wenn dafür ein unabweisbares Bedürfnis besteht.
2. Die Revisionsbegründung genügt auch den Anforderungen des §
390 Abs.
2 [X.]. Sie ist von einem
wirksam bevollmächtigten Rechtsanwalt unter-schrieben, der trotz des der Unterzeichnung vorangestellten Zusatzes "für m-men hat.
a) Die Revisionsanträge des [X.] und ihre
Begründung können nach der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des §
390 Abs.
2 [X.] (vgl. insoweit [X.], Beschluss vom 14.
Februar 1992 -
3 [X.], [X.], 1398; [X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl., §
401 Rn.
2) nur mittels einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift angebracht werden. Zweck der Regelung ist es, die Sachgerechtigkeit der [X.] zu ge-15
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-
10
-
währleisten und zwar im Interesse sowohl des Rechtsmittelführers, dessen Rechtsmittel nicht schon von vornherein an Formfehlern oder sonstigen [X.] scheitern soll, wie auch der Rechtsmittelgerichte, die vor einer Überlastung durch unsachgemäßes Vorbringen Rechtsunkundiger bewahrt werden sollen ([X.], Urteil vom 22.
Januar 1974 -
1 StR 586/73, [X.]St 25, 272, 273; [X.],
NJW 1996, 713). Die Mitwirkung des Rechtsanwalts darf sich deshalb nicht in der bloßen Beurkundung erschöpfen. Er muss an der Revisionsbegründung zumindest gestaltend mitwirken und die Verantwortung dafür übernehmen (zu §
345 Abs.
2 [X.]: [X.], Urteil vom 22.
Januar 1974 -
1 StR 586/73, [X.]St 25, 272, 274; Beschluss vom 2.
November 2005 -
3 [X.], [X.], 84; Beschluss vom 2.
Juli 2014 -
4 [X.]). Das Erfordernis, einen Schriftsatz zu verantworten, ist jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Erforder-nis, den Schriftsatz selbst zu verfassen ([X.], NJW 1996, 713). Unabdingbar ist nur, dass der unterzeichnende Rechtsanwalt in solchen Fällen das Entwor-fene gründlich prüft, gegebenenfalls Änderungen vornimmt, insoweit also "ge-staltend mitwirkt", und
für das, was er dem Gericht vorlegt, die volle Verantwor-tung übernimmt, sich also in diesem Sinne die vorgelegte Begründung zu eigen macht (Frisch, SK-[X.], 4.
Aufl.,
§ 345 Rn.
29;
vgl. auch [X.] in
Löwe/[X.], [X.], 26.
Aufl.,
§
345 Rn.
21, der eine "gestaltende Mitwir-kung" oder jedenfalls die Verantwortungsübernahme fordert).
Vor diesem Hintergrund ist, wenn ein Rechtsanwalt als eigentlicher Sachbearbeiter eine Rechtsmittelbegründungsschrift entwirft und dann ein [X.] -
bevollmächtigter
-
Rechtsanwalt diesen Schriftsatz unterschreibt, regel-mäßig davon auszugehen, dass letzterer sich den Inhalt des Schreibens zu ei-gen gemacht hat und dafür aufgrund eigener Prüfung die Verantwortung über-nimmt ([X.], NJW 1996, 713; vgl. KK-Gericke, [X.], 7.
Aufl.,
§
345 Rn.
15). Dem Zweck des § 390 Abs.
2 [X.] ist damit Genüge getan (zu §
345 Abs.
2 [X.]: [X.], NJW 1996, 713). Anderes kann nur gelten, wenn der [X.]
-
11
-
zeichner in dem Schriftsatz oder an anderer Stelle zum Ausdruck bringt, dass er sich von dessen Inhalt distanziert oder sich sonst aus dem Inhalt der Schrift ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung nicht übernehmen kann oder will. Letzteres ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein Rechtsanwalt eine von einem Rechtsunkundigen gefertigte und offensichtlich unsinnige oder grob lai-enhafte Rechtsmittelbegründungsschrift unterzeichnet, ohne dabei gravierende Mängel der Schrift zu korrigieren, so dass sich schon aus dem Inhalt der Be-gründungsschrift selbst die Zweifel an der Mitgestaltung durch den [X.] ergeben (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
November 2005 -
3 [X.], [X.], 84, 85). Bleiben nicht zu überwindende Zweifel an der [X.], ist die Rechtsmittelbegründung form-unwirksam und damit unzulässig
(vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Juli 2005
-
3
StR 36/05, [X.], 132 f. [[X.]]; Beschluss vom 13.
Juni 2002
-
3
StR 151/02, [X.], 309 f.; [X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl., Rn.
16 mwN).
b) Gemessen daran, wurde die [X.] den [X.] des §
390 Abs.
2 [X.] entsprechend unterzeichnet.
Der Inhalt der [X.] selbst zeigt keinerlei Zweifel an der Verantwortungsübernahme des unterzeichnenden Rechtsanwalts auf, handelt es sich doch um eine
sachgerechte und erkennbar von einem Rechts-kundigen verfasste Schrift. Aber auch die Fassung der Revisionsbegründung, insbesondere der im Schriftbild vor der handschriftlichen Unterzeichnung ange-n
solchen
Zweifel (vgl. [X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl.,
§
345 Rn.
16; KK-Gericke, [X.], 7.
Aufl.,
§
345 Rn.
15). Ebenso wie der Rechtsanwalt, der den von einem ande-ren Rechtsanwalt verfassten Schriftsatz im eigenen Namen unterschreibt, sich den Inhalt des Schriftsatzes zu eigen macht und dafür aufgrund eigener Prü-18
19
-
12
-
fung die Verantwortung übernimmt (vgl. [X.], NJW 1996, 713), ist nicht da-von auszugehen, dass der "für" einen anderen Rechtsanwalt Unterzeichnende eine [X.] ungeprüft unterschreibt. Der bloße Zusatz "für" belegt weder, dass er sie nicht dennoch gelesen und ihren Inhalt gebilligt hat (vgl. [X.], [X.], 321, 322) noch dass er sich vom Inhalt der Schrift distanziert und dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftreten wollte, wie dies etwa eine Unterzeichnung "im Auftrag" (vgl. insoweit [X.], [X.] vom 5.
November 1987
-
V ZR 139/87, NJW 1988, 210; [X.] in
Löwe/[X.], [X.], 26.
Aufl., §
345 Rn.
23) oder auch "für den nach Diktat verreisten Rechtsanwalt -RR 2009, 381; [X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl.,
§
345 Rn.
16) nahelegt. Der hier verwendete Zusatz kann vielmehr ohne Weiteres dahin verstanden werden, dass der [X.] lediglich zum Ausdruck bringen wollte, dass er in [X.] gehandelt hat, zumal der [X.] gehalten ist, dieses Vertre-tungsverhältnis kenntlich zu machen (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26.
Aufl.,
§
345 Rn.
23).
Zweifel an der Verantwortungsübernahme, die sich allein aus der
Ver-NStZ-RR 2013, 355; [X.], [X.], 381; zur Unterzeichnung "i.V.: [X.], [X.] 2012, 227; KG, [X.] 1987, 217; [X.], NJW 1991, 2095) beruhen demgegenüber auf Anforderungen an die Erfüllung des gesetzli-chen Formerfordernisses, die sich schon durch den Zweck des §
390 Abs.
2 [X.] nicht mehr rechtfertigen lassen. Denn wurde die Revisionsbegründung
-
wie hier
-
von einer Rechtsanwältin gefertigt, ist jedenfalls dem Zweck des §
390 Abs.
2 [X.] ersichtlich Genüge getan, dass nämlich im Interesse des Rechtsmittelführers und des [X.] ein sachgerechter Vortrag er-folgt. In diesem Sinne streitet auch der verfassungsrechtliche Anspruch des Betroffenen auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG 20
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13
-
in Verbindung mit dem Rechtsst[X.]tsprinzip), der es verbietet, den Parteien den Zugang zu ihnen in den [X.] eingeräumten Instanzen in un-zumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu er-schweren (vgl. [X.], NJW 1996, 713; [X.], [X.], 321, 322).
B.
Die Revision ist auch begründet.
I.
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage hatte dem Angeklagten zur Last gelegt, am 19.
Dezember 2004 die Nebenklägerin
Am.

vergewaltigt und körperlich misshandelt zu haben. Konkret wurde ihm vorgeworfen, die Nebenklägerin in den frühen Morgenstunden des [X.] auf ihrem Heimweg aus der Diskothek "T.

" gepackt, an den H[X.]ren zu seinem Geschlechtsteil heruntergezogen und aufgefordert zu haben, den Oral-verkehr an ihm durchzuführen. Da sich die Nebenklägerin heftig gewehrt und ihm in den Penis gebissen habe, habe er sie mit dem Bauch auf einen Mauer-vorsprung gedrückt, ihr Hose und Slip heruntergezogen und
den Geschlechts-verkehr bis zum Samenerguss durchgeführt.
2. Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten. Die Nebenklägerin sei schon in der Diskothek an ihm körperlich interessiert gewesen, weshalb beide auf seinen Vorschlag hin auf die Herrentoilette gegangen seien. Dort hätten sie sich geküsst. Er
habe die Nebenklägerin dann umgedreht und mit ihr einver-ständlich von hinten den vaginalen Geschlechtsverkehr durchgeführt. Da er Stammgast im T.

gewesen sei und der Schwester der Nebenklägerin zuvor seine Telefonnummer und seinen Spitznamen aufgeschrieben habe, [X.] es auch ein Leichtes gewesen, ihn zu ermitteln.
21
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-
14
-
Das [X.] hat den Angeklagten aus
tatsächlichen Gründen freige-sprochen.
Es hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte traf am Abend des 18. Dezember 2004 in der Diskothek "T.

"
zunächst auf die Zeugin [X.]

, die Schwester der Nebenkläge-rin. Beide tanzten und unterhielten sich und die Zeugin [X.]

erzählte, dass sie mit
ihrer Schwester, der Nebenklägerin Am.

gekommen sei. Als die Zeugin [X.]

nach Hause wollte, tauschten Sie ihre Telefonnummern aus und der Angeklagte schrieb der Zeugin seine Telefonnummer sowie seinen Spitz-.

l. Die Nebenklägerin blieb noch länger im T.

und im Verlauf der Nacht kam es zu einem vaginalen ungeschützten Geschlechtsverkehr zwischen ihr und dem Angeklagten, wobei die genaueren Umstände im Unklaren blieben.
Die Nebenklägerin erstattete am nächsten Tag zusammen mit ihrer Schwester Anzeige bei der Polizei. Ihr wurde ein Abstrich entnommen und im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung wurden auf den [X.] beidseits bläulich-rote Flecken, unter dem Schlüsselbein rechts eine 4 cm lange
Schramme/[X.], im Bereich der linken Ellenbogenbeuge eine 5 cm lange Schramme/[X.] und an der linken [X.] eine 8 cm lange Schramme/[X.] festgestellt.
Einige Tage später rief der Angeklagte die Zeugin [X.]

unter deren Telefonnummer an. Die Zeugin teilte ihm mit, er solle nicht mehr anrufen und legte auf. Die Nebenklägerin rief den Angeklagten unter der der Zeugin [X.]

mitgeteilten Telefonnummer an, sagte jedoch nichts,
als dieser sich meldete,
und legte auf.
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15
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Ein DNA-Abgleich der [X.] führte am 6. Januar 2012 zu einer Treffermitteilung in Bezug auf den Angeklagten.
2. Zur Begründung des Freispruchs hat das [X.] im Wesentlichen ausgeführt:
Die Angaben der Nebenklägerin seien glaubhaft und sie selbst auch glaubwürdig. Insbesondere die zahlreichen und bei mehreren Vernehmungen konstant geschilderten Details sprächen für einen real erlebten Vorgang. Die [X.] habe sich gleichwohl nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat, denn seine Einlassung sei ebenso glaubhaft. Er habe das Geschehen aus seiner Sicht plausibel detail-reich und widerspruchsfrei geschildert. Seine Angaben seien mit Blick auf eine vorherige Einlassung über seinen Verteidiger ebenfalls konstant. Weder die Einlassung des Angeklagten noch die Bekundungen der Nebenklägerin
seien von weiteren Beweismitteln widerlegt worden. Die bei der Nebenklägerin fest-gestellten Verletzungen seien ebenso mit der Version des Angeklagten verein-bar. Die Abschürfungen an den Ellenbogen könnten auch beim Abstützen in der Herrentoilette entstanden sein. Demgegenüber könnten die Abschürfungen an der Innenseite des Ellenbogens schwerlich bei dem von der Nebenklägerin ge-schilderten Geschehen
entstanden sein, weil sie außerhalb der Diskothek einen Wintermantel trug. Im Übrigen sei es möglich, dass sich die Nebenklägerin [X.] wie andere Verletzungen im Gedränge der Diskothek zugezogen habe.
Der Umstand, dass der Angeklagte der Schwester der Nebenklägerin seinen Spitznamen sowie seine Telefonnummer aufgeschrieben habe, spreche für seine Version, denn hierdurch hätte er sich einem besonders hohen Entde-ckungs-
und Ergreifungsrisiko ausgesetzt. Auch hätte er als Stammgast der Diskothek über seinen Spitznamen ohne Weiteres dort ausfindig gemacht wer-29
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16
-
den können. Durch die nach der Tat erfolgte Kontaktaufnahme zur Zeugin [X.]

hätte er sich zudem einem besonders hohen Identifizierungs-
und Ergrei-fungsrisiko ausgesetzt.
II.
Der Freispruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des [X.] (§
261 [X.]), dessen Schlussfolgerungen nicht zwingend, sondern nur möglich sein müssen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Oktober 1966 -
1 StR
305/66, [X.]St 21, 149, 151; Beschluss vom 7. Juni 1979 -
4 StR
441/78, [X.]St 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. [X.] sind die Beweise auch erschöpfend zu würdigen. Das Urteil muss erken-nen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Ent-scheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den Urteilsgründen muss sich zudem ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur iso-liert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt [X.] (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom
10. August 2011 -
1 [X.], [X.], 110 f.; vom 11. August 2011 -
4 [X.]; vom 26. April 2012 -
4 StR 599/11 und vom 8.
August 2012 -
1 StR 88/12).

33
34
-
17
-
2. Die Beweiswürdigung ist im Hinblick auf die Einlassung des Angeklag-ten lückenhaft und lässt eine umfassende Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände vermissen.
Das Tatgericht hat es bereits versäumt, die Einlassungen des Angeklag-ten im Laufe des Ermittlungsverfahrens zu schildern, so dass das [X.] nicht nachprüfen kann, inwieweit die Angaben des Angeklagten tatsächlich konstant und mit Blick auf ihren Zeitpunkt plausibel sind. Da nicht mitgeteilt wird, ob -
was nahe liegt -
die Einlassung über seinen Verteidiger nach erfolgter Akteneinsicht erfolgte, kann insbesondere nicht überprüft werden, ob das Land-gericht auch bedenken musste, dass die Einlassungen des Angeklagten an den Ermittlungsstand angepasst gewesen sein konnten.
Das [X.] hat es zudem versäumt, sich damit auseinanderzuset-zen,
dass die Nebenklägerin nicht nur am Ellenbogen, sondern auch an der Schulter und am Oberschenkel verletzt war.
Dass die
Verletzungen in ihrer Summe bei
dem vom Angeklagten in der Herrentoilette geschilderten einver-nehmlichen Geschlechtsverkehr
oder im Gedränge der Diskothek entstanden sind, ist eher fernliegend.
Da der Angeklagte erst aufgrund des [X.] im Januar 2012 iden-tifiziert werden konnte, hätte es schließlich der Darlegung bedurft, weshalb die Ermittlungen nach der Anzeigeerstattung ohne
Erfolg geblieben sind und ob dem Angeklagten die Gründe dafür, warum er über seinen Spitznamen "A.

", seine Telefonnummer und seine behauptete Rolle als bekannter Stammgast der Diskothek nicht ermittelt werden konnte, bekannt waren. Der bloße Hinweis der [X.] darauf, der Angeklagte hätte ohne Weiteres ausfindig [X.] und identifiziert werden können, steht im offenen Widerspruch dazu, dass dies offenkundig nicht gelungen ist. Gründe hierfür hat das [X.] 35
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nicht genannt. So könnte etwa der Angeklagte nicht als Inhaber des von ihm angegebenen
Telefonanschlusses gemeldet gewesen sein;
er könnte auf poli-zeiliche Anrufe nicht reagiert haben oder in der Diskothek -
entgegen seinen
Angaben -
gerade nicht als Stammgast bekannt gewesen sein. Dann aber hätte zu Gunsten des Angeklagten nicht berücksichtigt werden dürfen, dass er mit seiner Entdeckung und Ergreifung hätte rechnen müssen, zumal sich auch nicht erschließt, weshalb sich der Angeklagte durch den nach der Tat erfolgten Anruf bei der Schwester
einem "besonders hohen"
Entdeckungsrisiko ausgesetzt ha-ben sollte.
Das [X.] hätte diese Lücke in den [X.] müssen. Auch die Wertung des Umstands als entlastend, dass der Ange-klagte der Schwester der
Geschädigten seine (angebliche) Telefonnummer mit-teilte, ist nicht rechtsfehlerfrei. Das [X.] hat nicht erkennbar berücksich-tigt, dass die ihm vorgeworfene Tat nach
dem Gespräch mit der Schwester der Geschädigten stattfand.
Diese Darlegungs-
und Erörterungsmängel sind durchgreifend. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] bei einer umfassenden [X.] der Einlassung des Angeklagten dieser ein geringeres Gewicht bei-gemessen und sich im Ergebnis von der Richtigkeit der Angaben der Neben-klägerin überzeugt
hätte.
3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das angefochtene Urteil schon den gemäß §
267 Abs.
5 Satz
1 [X.] an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen nicht gerecht werden dürfte, denn vorliegend wären Feststellungen zu Werdegang, strafrechtlichen Vorbelastungen und Persönlich-keit des Angeklagten geboten gewesen, da diese für die Beurteilung des Tat-39
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vorwurfs eine Rolle hätten spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Mai 2014 -
2 StR 70/14 mwN).
Fischer [X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

2 StR 573/13

13.08.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2014, Az. 2 StR 573/13 (REWIS RS 2014, 3497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3497

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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