Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2015, Az. 1 StR 624/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 7099

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
1
StR
624/14

vom
4. August
2015
in der Strafsache
gegen

1.
2.

wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der am 7. Juli 2015 be-gonnenen Hauptverhandlung in der Sitzung vom 4. August 2015, an denen
teil-genommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Raum,

[X.] am [X.]
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. Mosbacher
und [X.]in am [X.]
Dr. [X.],

Richterin am [X.]
-
in der Verhandlung vom 7. Juli 2015 -,
Oberstaatsanwalt beim [X.]
-
in der Verhandlung vom 8. Juli 2015 -
und
Oberstaatsanwältin beim [X.]
-
in der Sitzung vom 4. August 2015 -

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung vom 7. Juli 2015 -

als Verteidiger
des Angeklagten [X.]

,

-
3
-
Rechtsanwältin
-
in der Verhandlung vom 7. Juli 2015 -

als Verteidigerin der Angeklagten B.

,

Rechtsanwalt
-
in der Verhandlung vom 7. Juli 2015 -

als Vertreter des [X.],

Justizangestellte

-
in der Verhandlung vom 7. Juli 2015 -,
Justizobersekretärin
-
in der Verhandlung vom 8. Juli 2015 -
und
Justizangestellte
-
in der Sitzung vom 4. August
2015 -

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
4
-
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s Nürnberg-Fürth vom 4. August 2014 wer-den mit der Maßgabe verworfen, dass die Angeklagten jeweils der
[X.] schuldig sind.

2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmit-tel und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren ent-standenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.]
hat
Verfahrens-
und Sachrügen begründeten Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg.
I.
1. Das [X.] hat Folgendes festgestellt:
Die Angeklagte B.

ist die Mutter des [X.]. Dieser leidet seit frühester Kindheit an der Erbkrankheit Mukoviszidose. Es handelt sich [X.] um eine nicht kausal therapierbare, progredient verlaufende [X.] mit einer
beschränkten Lebenserwartung. Weil durch die Krankheit 1
2
3
-
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-
die Sekrete exokriner Drüsen besonders zähflüssig werden, kommt es zu Funk-tionsstörungen der jeweiligen Organe, insbesondere der Lunge.
Der Nebenkläger benötigt krankheitsbedingt eine permanente medika-mentöse, krankengymnastische und ärztliche Behandlung, die sich sehr [X.] gestaltet: Mehrfach täglich muss er inhalieren, täglich eine autogene Drainage (besondere Atemtechnik für lungenkranke Patienten zum Abhusten von [X.]) durchführen, zudem ist eine ständige antibiotische Be-handlung mit einem Antibiotikum notwendig. Um ausreichend Nahrungsfette verdauen zu können, muss der Nebenkläger zu jeder Mahlzeit Pan-kreasenzympräparate ([X.]) einnehmen. Generell benötigt er aufgrund unzu-reichender Verdauung und drohender Untergewichtigkeit eine hyperkalorische Ernährung durch hohen Kalorienreichtum und Anreicherung der Nahrung. Die Verbesserung der körperlichen Fitness erfordert eine hohe sportliche Aktivität, auch sind drei-
bis viermal jährlich Blut-
und [X.], um die konkret notwendige Therapie stets anpassen zu können. Selbst bei optimaler Behandlung nimmt die Lungenfunktion jährlich ab, im statistischen Mittel zwischen 3 und 4 %. Je länger durch entsprechende Zugabe von [X.] und die Zuführung [X.] Nahrung ein normales, altersentsprechen-des Gewicht gehalten wird, umso günstiger wirkt sich dies auf die [X.] aus.
Die Angeklagte B.

kümmerte sich bis zum [X.] 1999 stets und ausdauernd um die adäquate Behandlung des im Januar 1987 geborenen [X.]; sie wusste über die Krankheit und die Behandlungsnotwendigkeit Bescheid. Der Nebenkläger wurde bis zu diesem Zeitpunkt mit den erforderli-chen Medikamenten versorgt und inhalierte täglich.
4
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-
6
-
Nachdem die Angeklagte
B.

Anfang Juli 1999 den Angeklagten [X.]

kennengelernt hatte, zog sie Anfang November 1999 mit ihren drei Kindern (einschließlich des [X.]) bei ihm ein. Der Angeklagte [X.]

, der sich seit vielen Jahren für spirituelle, esoterische, theosophische und religiöse The-men interessiert, lebte zu diesem Zeitpunkt in einer Wohngemeinschaft in ei-nem Haus in [X.].

, Ortsteil A.

. Beide Angeklagte sahen nach dem Zusammenzug im spirituellen Bereich ihren Lebensmittelpunkt. Hierzu gehörten regelmäßige Meditationen, bei denen auch Interessierte von außen hinzuka-men. Die Angeklagten pflegten eine einfache, natürliche Lebensweise mit vege-tarischer Ernährung, vorwiegend mit Gemüse aus dem eigenen Garten. [X.] lehnten sie nicht grundsätzlich ab, bevorzugten aber alternative Heil-

A.

.

.

Mitglied oder Anführer einer Sekte war o
e-richt nicht festgestellt.
Nach dem Einzug der Angeklagten B.

in die Wohngemeinschaft des Angeklagten [X.]

in [X.].

/A.

übernahm der Angeklagte [X.]

neben der allein sorgeberechtigten Angeklagten B.

die Fürsorge für den Nebenkläger und seine Geschwister. Er stand der auf Dauer angelegten Wohngemeinschaft vor, fühlte sich für das Wohl und Wehe des [X.] mitverantwortlich, übernahm in Absprache mit der Angeklagten B.

Erzie-hungsaufgaben und behandelte deren Kinder wie seine eigenen. Insgesamt war er das bestimmende Familienoberhaupt, das sich in jeden Bereich des täg-lichen Zusammenlebens und der gesamten Lebensgestaltung der Kinder ein-Über die Erkrankung des [X.] wurde der Angeklagte [X.]

im Som-mer 1999 umfassend aufgeklärt, er wusste seitdem von der dringenden und 6
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-
andauernden Behandlungsbedürftigkeit und der Art und Weise, wie die [X.] zu behandeln i[X.]
Nachdem der zu diesem Zeitpunkt 12-jährige Nebenkläger mit der Ange-klagten B.

und zwei Geschwistern in A.

eingezogen war, wurde ihm kein für Inhalationen geeignetes Gerät mehr zur Verfügung gestellt. [X.] wurden nicht besorgt, die letztmals im Juli 1999 verschriebenen [X.] Ende 1999 aufgebraucht. Einem Arzt wurde der Nebenkläger nicht mehr vorgestellt, es wurde vielmehr ihm überlassen, ob er Medikamente einnimmt und zum Arzt geht. Weder wurde das Gewicht des [X.] kontrolliert noch, ob er täglich die notwendige autogene Drainage durchführt. Auf eine hochkalorische Nahrung wirkten die Angeklagten nicht hin, der Nebenkläger musste sich weitgehend vegetarisch ernähren. Der Angeklagte [X.]

stellte dem Nebenkläger in Aussicht, dass die Mukoviszidose-Krankheit bis [X.] zu seinem 18. Geburtstag geheilt werde, wenn er mit ihm mehrmals täglich meditiere; der Nebenkläger glaubte dies.
Der Nebenkläger, der an einer Spritzenphobie leidet, war froh, ohne die lästigen Prozeduren leben zu können und keine Ärzte oder Krankenhäuser mehr besuchen zu müssen. Er verlangte deshalb aus eigenem Antrieb nicht die Behandlung seiner Erkrankung gegenüber den Angeklagten. Vielmehr kam er dem
Verlangen des Angeklagten [X.]

nach täglicher Meditation nach, zumal ihm dieser bei unzureichender Mitwirkung mit einem Krankenhausbesuch droh-te, der auch Spritzen umfassen würde. Aufgrund seines Alters konnte der [X.] die negativen Konsequenzen des [X.] für seine Gesundheit nicht überblicken und bewerten, auch weil diese schleichend und über einen relativ langen Zeitraum eintraten; vielmehr vertraute er darauf, durch
Meditationen geheilt zu werden.
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8
-
Der Kontakt des [X.] zu seinem leiblichen Vater wurde [X.] der [X.] erhielt die Angeklagte B.

für den Nebenkläger bis Ende Sep-tember 2001 Pflegegeld der Stufe 2. Weil sie keine Überprüfungsnachweise über die Behandlung beibrachte, wurde die Zahlung von Pflegegeld schließlich eingestellt. Noch im März 2000 hatte die Angeklagte bei der Überprüfung der Pflegevoraussetzungen falsche Angaben gemacht. Ende 2001 kündigte die Angeklagte B.

im Einvernehmen mit dem Angeklagten [X.]

ihre [X.]. Beide gingen davon aus, dass der Nebenkläger nunmehr auch nicht mehr krankenversichert sei, und überließen ihm die Entscheidung, eine Krankenversicherung abzuschließen.
Der Zustand des [X.] verschlechterte sich nach seinem Einzug in A.

durch die Unterbrechung der Behandlung

wie bei dieser Krankheit üblich

nicht rapide, sondern fortdauernd über die Jahre
2000, 2001 und 2002 hinweg. Im Sport in der Schule war er nach anfänglich guten Leistungen im einen Ausflug ins Schullandheim mit und konnte noch eine sechs Kilometer lange Wanderung absolvieren. Ab dem Schuljahr 2000/2001 musste er dann krankheitsbedingt vom Sportunterricht befreit werden. In diesem Schuljahr kam er oft abgeschlagen und müde zum Unterricht oder fehlte ganz, weil sein Ge-sundheitszustand auffällig schlechter war als zuvor. Ab spätestens Mitte 2001 traten wegen der nicht mehr behandelten Mukoviszidose Beschwerden (Atem-not) und Schmerzen (Kopfschmerzen) auf. Im Dezember 2002 hatte der [X.] bei den geringsten körperlichen Anstrengungen erhebliche Atembe-schwerden; aufgrund seiner Atemnot litt er zudem ständig unter heftigen Kopf-schmerzen. Im gesamten Zeitraum von Ende 1999 bis Ende 2002 legte er nicht an Gewicht zu. Die fortlaufende Verschlechterung des Gesundheitszustandes 10
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des [X.] erkannten beide Angeklagte; dennoch änderten sie ihr [X.] nicht.
Als der dann 15-jährige Nebenkläger Ende 2002 die Wohngemeinschaft in A.

verließ und nach gerichtlicher Übertragung des [X.] auf seinen Vater zu diesem zog, waren mangels Behandlung sei-ne [X.] stark verschleimt, die Lungenfunktion stark eingeschränkt und die Sauerstoffsättigung im Blut nicht mehr ausreichend. Er litt bei geringster körper-licher Betätigung unter Atemnot, unter permanenten Kopfschmerzen und blau-en Fingerkuppen (Zyanose). Atemnot und Kopfschmerzen waren spätestens seit Mitte 2001 aufgetreten und nahmen
dann kontinuierlich zu. Die Möglichkeit damit verbundener länger anhaltender Schmerzen erkannten die Angeklagten und nahmen dies billigend in Kauf; gleichwohl änderten sie ihr Verhalten nicht.
Der Nebenkläger war Ende 2002 massiv unterernährt und wog bei einer Größe von 159 cm nur noch 30,5 kg. Sein Zustand war insgesamt extrem be-sorgniserregend und potentiell lebensbedrohlich; bei weiterer Nichtbehandlung hätte die fortschreitende Verschleimung seiner Organe binnen weniger Wochen zum Tode geführt. Es bestand deshalb die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung und einer erheblichen Schädigung seiner körperlichen Entwicklung. Der Verlust seiner Lungenfunktion ist überdurchschnittlich und irreversibel.
Obwohl die Angeklagten den fortschreitenden körperlichen Abbau bei dem Nebenkläger bemerkten, unterließen sie es, ihm die notwendige medika-mentöse, therapeutische und ärztliche Behandlung zukommen zu lassen und die Medikamenteneinnahme sowie den Gesundheitszustand engmaschig zu kontrollieren, obwohl ihnen all dies, wie sie wussten, möglich und zumutbar war. Hätten die Angeklagten dem Nebenkläger die notwendige Behandlung 12
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zuteil werden lassen, hätte sich sein Gesundheitszustand stabilisiert und die Krankheit wäre nicht so rasant fortgeschritten.
2. Das [X.] hat das Verhalten der Angeklagten in rechtlicher Hin-sicht als [X.] eines Schutzbefohlenen durch Unterlassen nach § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V.m.
§ 13 StGB bewertet und ist zudem vom Vorliegen einer Quali-fikation nach § 225 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 und Nr. 2 Alt. 1 StGB ausgegangen, weil der Nebenkläger durch die Tat in die
Gefahr einer schweren Gesundheitsschä-digung und einer erheblichen Schädigung der körperlichen Entwicklung [X.] verwirklicht angesehen, dass dem Nebenkläger durch das Unterlassen der gebotenen und möglichen Behandlung über einen Zeitraum von knapp drei Jahren unnötige erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt worden seien. Spätestens ab Mitte 2001 bis Ende 2002 sei es zu einer zunehmenden Ver-schleimung der [X.] mit immer weiter abnehmender Sauerstoffsättigung gekommen, wodurch permanente Kopfschmerzen und schließlich am Ende blaue Fingerkuppen aufgetreten seien. Insgesamt habe die Leistungsfähigkeit immer mehr abgenommen, sodass dem Nebenkläger am Ende jede körperliche Anstrengung erhebliche Schmerzen bereitet habe. In Kenntnis aller Umstände hätten die Angeklagten die geschilderten Schmerzen und Leiden billigend in Kauf genommen, ebenso den Eintritt der konkreten Gefahr einer schweren
Ge-sundheitsschädigung und einer erheblichen Schädigung der körperlichen Ent-wicklung.
Den Einwand der Angeklagten, sie hätten gegen den Willen des [X.] eine ärztliche Behandlung oder Medikamenteneinnahme ebenso wenig durchsetzen können wie Kontrollen, ob er täglich inhaliert, Medikamente einge-nommen oder eine autogene Drainage gemacht habe, hat das [X.] entgegengesetzt, dass die Angeklagten den minderjährigen Nebenkläger not-15
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falls gegen seinen Willen, ggfs. unter Einschaltung der zuständigen Behörden, zur notwendigen Behandlung hätten zwingen müssen.
3. Im Rahmen der Schuldfähigkeitsprüfung hat das [X.] ausge-führt, die Angeklagten propagierten und lebten auf der Grundlage theosophi-scher und [X.] Theorien zwar eine eigenwillige Weltanschauung mit einer einfachen, natürlichen Lebensweise und dem Glauben an das Gesetz des Karma und an Reinkarnation. Dass beide dem knapp 13-jährigen Nebenkläger die Verantwortung für seine Weiterbehandlung übertragen und sich nicht weiter darum gekümmert hätten, [X.] aber nicht auf einer weltanschaulichen Wahn-vorstellung der Angeklagten, sondern sei als bloßes Scheuen weiterer unange-nehmer Auseinandersetzungen mit dem [X.] Nebenkläger zu werten. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Weltanschauung der Ange-klagten und der Verweigerung einer schulmedizinischen Behandlung für den Nebenkläger, wie dies in den Medien propagiert werde, könne nach den [X.] nicht tragfähig belegt werden.
4. Bei der Strafzumessung hat das Gericht aufgrund des langen [X.] und der bleibenden Folgen für den Nebenkläger keinen Anlass gesehen, einen minder
schweren Fall der schweren Misshandlung Schutzbefohlener an-zunehmen. Eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 13, 49 Abs. 1 StGB hat die [X.] aus den gleichen Gründen abgelehnt. Bei der Strafzumessung im Einzelnen hat das [X.] zugunsten der Angeklagten u.a. gewürdigt, dass die bislang unbestraften und teilgeständigen Angeklagten mit bedingtem [X.] und durch Unterlassen gehandelt haben. Zudem seien sie durch eine Fernsehreportage mit erheblichem Medienecho in der Öffentlichkeit vorverur-teilt und stigmatisiert und durch Einträge in [X.] Medien sowie durch Mahnwachen vor ihrem Haus öffentlich geächtet worden. Zu Lasten der Ange-klagten wurde jeweils der lange Tatzeitraum mit der Leidenszeit des Nebenklä-17
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gers spätestens ab Mitte 2001 gewertet, wobei sich der Gesundheitszustand kontinuierlich verschlechtert habe und sich dadurch die Schmerzen kontinuier-lich gesteigert hätten.
II.
Die Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen sind unzulässig, weil es

wie der Generalbun-desanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen ausgeführt hat

jeweils entgegen §
344 Abs. 2 Satz 2 StPO an der Mitteilung in Bezug genommener Schriftstü-cke fehlt, deren Kenntnis für die Rügeprüfung notwendig wäre.
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der von den Angeklagten jeweils näher ausgeführten Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
a) Die Beweiswürdigung des [X.]s ist nicht zu beanstanden.
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem [X.] Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder [X.] des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schluss-folgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich
sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. Senat, Urteil vom 1. Oktober 2013

1 [X.], [X.], 475
[X.]). Das Revisi-onsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des [X.] mit Rechtsfehlern behaftet
ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer
Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezoge-nen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen ([X.] Rspr.; vgl. 19
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Senat aaO [X.]). Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Land-gerichts gerecht. Die vom [X.] gezogenen Schlüsse sind tragfähig [X.] und nachvollziehbar.
aa) Dies gilt insbesondere auch für den Schluss der Kammer auf einen bedingten Vorsatz beider Angeklagter. Die Kammer hat sich (zwar unter teil-

davon überzeugt, dass die Angeklagten genau alle Umstände gekannt haben, die zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes und damit zu Schmerzen und unnötigen Leiden führen mussten ([X.]), dass sie die fortlaufende Verschlechterung des Gesundheitszustandes erkannten ([X.]) und den fortschreitenden körperlichen Abbau bemerkten ([X.]) sowie dass sie auch alle für die eingetretene konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädi-gung und der erheblichen Schädigung der körperlichen Entwicklung des [X.] kannten ([X.]). Diese Schlussfolgerung liegt angesichts des festgestellten Krankheitsverlaufs auch überaus nahe, war der Nebenkläger [X.] 2002 doch schon durch massive Unterernährung, blaue Fingerkuppen und gravierende Lungenfunktionseinschränkung gleichsam vom nahenden Tod [X.]. Zudem haben

worauf das [X.] zutreffend abstellt

sämtli-che Zeugen (Geschwister, Lehrer) den kontinuierlichen und besorgniserregen-den körperlichen Leistungsabbau ab Mitte 2001 bei dem Nebenkläger bemerkt, so dass nichts dafür spricht, dass lediglich die Angeklagten insoweit ahnungs-los gewesen sind. All dies rechtfertigt im
Zusammenhang mit den übrigen [X.] auch den Schluss der Kammer, die Angeklagten hätten

weil sie weitere unangenehme Auseinandersetzungen mit dem [X.] Jungen scheuten

die durch die Verschlechterung des Gesundheitszustandes entstandenen Schmerzen und Leiden des [X.] ebenso billigend in Kauf genommen wie die konkrete Gefahr einer schweren [X.]
-
14
-
gung und einer erheblichen Schädigung der körperlichen Entwicklung und des-halb jeweils mit
Eventualvorsatz gehandelt.
bb) Anders als die Revision der Angeklagten B.

meint, sind auch die Feststellungen zum Fehlen von Medikamenten und einem Inhalationsgerät tragfähig mit den Angaben des Apothekers und der Geschwister des [X.] belegt, zumal die Angeklagte B.

ohnehin eingeräumt hat, seit [X.] Juli 1999 mit dem Nebenkläger nicht mehr bei einem Arzt gewesen zu sein, so dass auch keine neuen Medikamente mehr verschrieben werden konnten.
cc) Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des [X.] so-wie zu den Auswirkungen des Unterlassens jeder gebotenen Behandlung hat das [X.] rechtsfehlerfrei auf die ausführlichen Angaben zweier Sach-verständiger

eines Rechtsmediziners und eines Spezialisten für die [X.]
von Mukoviszidose

gestützt.
b) Die [X.] Feststellungen tragen den Schuldspruch.
aa) Der minderjährige Nebenkläger befand sich nach seinem Einzug in A.

im Sinne von § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Fürsorge und der Obhut der
sorgeberechtigten Angeklagten B.

als seiner Mutter und des Ange-klagten [X.]

, der im Einvernehmen mit der Angeklagten B.

tatsächlich die Erziehung und Sorge für den in seinem Haushalt lebenden Nebenkläger übernommen hatte (vgl. auch
[X.], Urteil vom 20. Oktober 1993

2 [X.]).
25
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bb) Die Angeklagten haben den Nebenkläger durch Unterlassen der ge-botenen medizinischen und therapeutischen Behandlung im Sinne von § 225

[X.]
bedeutet
das Verursachen länger andauernder oder sich wieder-holender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden ([X.] Rspr.; vgl. nur RG,
Urteil vom 23. Mai 1938 -
5 [X.]/38,
[X.] 1938, 1879; [X.], Urteile vom 12. Sep-tember 1961

5 StR 329/61; vom 30.
März 1995

4 StR 768/94, [X.]St 41, 113, 115; vom 6. Dezember 1995

2 [X.], [X.], 197; vom 3.
Juli 2003

4 [X.], [X.], 94; vom 17. Juli 2007

5 [X.], [X.], 304, 306; Beschlüsse vom 20. März 2012

4 StR 561/11, [X.], 466; vom 24. Februar 2015

4 StR 11/15; [X.], StGB, 62. Aufl., §
225 Rn. 8a; [X.] in LK, 11. Aufl.,
§
225 Rn. 12; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], 29. Aufl., § 225 Rn. 11; [X.] in [X.], 2. Aufl., §
225 Rn. 11; [X.]/[X.]-Pflanz in [X.], 2. Aufl., § 225 Rn. 13; [X.] in v. Heintschel-Heinegg, StGB, 2. Aufl.,
§ 225 Rn. 16). Erfasst hiervon sind auch seelische Leiden, denn neben der körperlichen Unversehrt-heit wird von § 225 Abs. 1 StGB auch die psychische Integrität einer unter be-sonderen Schutzverhältnissen stehenden Person geschützt (vgl. [X.], Urteil
vom 16. April 2014

2 [X.]; Beschluss vom 28. Oktober 2010

5 [X.]; [X.] aaO Rn. 1; [X.] aaO Rn. 2; [X.] aaO Rn. 1).

nde-re subjektive Beziehung des [X.] zur Tat im Sinne eines Handelns aus Lust an der Schmerzzufügung, aus niedriger Gesinnung oder aus Böswilligkeit; es reicht eine Tatbegehung aus Gleichgültigkeit oder Schwäche (vgl. [X.], Urteil vom 12. September 1961

5 StR 329/61; Senat, Urteil vom 1. April 1969

1 [X.]; [X.], Beschluss vom 17. Januar 1991

4 [X.], NStZ 1991, 234; [X.], Urteil vom 6. Dezember 1995

2 [X.], [X.], 29
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197). Der [X.] lässt

wie die herrschende Auffassung in der Li-teratur

z-befohlenen vorsätzlich länger andauernde oder sich wiederholende (erhebliche) Schmerzen oder Leiden zufügt (s.o.). Demgegenüber verlangt eine andere Auf-fassung in der dass die Tat aus einer gefühllos-unbarmherzigen Gesinnung begangen wird ([X.] in [X.], 4. Aufl., § 225 Rn. 13; [X.] in [X.], § 225 Rn.
10). Zur Begründung verweist diese Auffassung auf historisch-genetische Argumente (insb. [X.] aaO) und den innertatbestandlichen Vergleich mit den zwei weiteren [X.] des § 225 Abs. 1 StGB (insb. [X.] aaO). Beides überzeugt nicht:
Die Tatbestandsfassung des heutigen § 225 Abs. 1 StGB geht zurück auf das Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften vom 26. Mai 1933 ([X.] I 295). Mit diesem Gesetz wurde § 223b [X.] als Vorgängervorschrift des heutigen § 225 StGB neu in das [X.] eingeführt; die Beschreibung der drei verschiedenen [X.] ist bis
heute unverändert geblieben. §
223b [X.] ersetzte § 223a Abs. 2 [X.], der durch Gesetz vom 19. Juni 1912 ([X.] 395) eingeführt wurde und erstmals eine besondere Strafbarkeit für die Misshandlung Schutzbefohlener im [X.] vorsah. Strafbar war nach §
223a Abs. 2 [X.] aF (1912) die Begehung von Körperverletzungen gegen-Gesetzesentstehung ausführlich [X.], Körperverletzungsdelikte

§§ 223 ff., 340 StGB, [X.] und Gesetzgebung von 1870 bis 1933, 2003, S.
253 ff.). Während der [X.], die der Änderung 1912 voranging, [X.] aaO S. 263); durchgesetzt hatte sich dieser Vorschlag damals nicht.
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-
Wenige Monate nach Inkrafttreten des § 223b [X.] wurde das Tier-schutzgesetz vom 24. November 1933 ([X.] I 987) verkündet. Gemäß § 9 Abs. 1 Tierschutzgesetz 1933 wurde bestraft, wer ein Tier unnötig quält oder roh misshandelt.

diesem Sinn legte auch das [X.] den Begriff des [X.]s aus, näm-r-

5 [X.]/38, [X.] 1938, 1879). Demgegenüber definierte § 1 Abs. 2 Satz 2 Tierschutzgesetz
1933 den Begriff der rohen Misshandlung als Verursachung erheblicher Schmerzen aus roher Gesinnung (vgl. hierzu auch [X.]). Diese [X.] liegt auch noch der heutigen Strafvorschrift in § 17 Nr. 2 TierSchG zu-grunde; an der bis dahin geltenden Strafbarkeit wollte der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 17 TierSchG, der § 9 Abs. 1 Tierschutzgesetz
1933 [X.], offensichtlich nichts ändern (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. VI/2558 S. 12 f.); lediglich gesetzestechnisch wurde anstelle des Begriffs ä-schutzge-setz
1933 zum Tatbestandsmerkmal in §
17 Nr. 2 Buchstabe b TierSchG ge-macht (vgl. auch [X.], Urteil vom 18. Februar 1987

2 [X.], [X.], 511).
Die
historische
Auslegung ergibt damit, dass der Gesetzgeber den [X.] Schmerzen oder Leiden versteht, darüber hinaus eine besondere subjektive Einstellung des [X.]

anders als bei der
rohen Misshandlung oder der böswilligen Vernachlässigung

aber gerade nicht verlangt.
34
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18
-
Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch die unterschiedliche Formu-lierung der drei Tathandlungsvarianten in § 225 Abs. 1 StGB: Gerade weil der Gesetzgeber bei der Formulierung ausdrücklich zwischen [X.]
sich im Umkehrschluss, dass bei der Variante desubjektiven Voraussetzungen vorliegen müssen (vgl. [X.] in
[X.], 2. Aufl., § 225 Rn. 26). Wie die Gesetzgebungsgeschichte zeigt, standen dem Gesetzgeber Formulierungen zur Verfügung, mit denen er eine weitere subjek-tive
Gegenüber den zwei anderen Varianten des § 225 Abs. 1 StGB zeichnet sich h besondere Anforderungen an den [X.] aus; dies rechtfertigt es, insoweit keine weiteren [X.] subjektiven Elemente zu verlangen (vgl. [X.] in
[X.], 2.
Aufl., § 225 Rn. 26). Mit dem Wortlaut ist diese Auslegung, die auf das [X.] körperlicher und seelischer Qualen bei dem Opfer abstellt, ohne [X.] vereinbar (vgl. [X.], [X.] [X.] in

All dies gilt auch für das [X.] durch Unterlassen (vgl. insb. [X.], Urteil vom 12. September 1961

5 StR 329/61). [X.] kann nach heute nahezu allgemeiner Meinung auch durch Unterlassen begangen werden ([X.] Rspr.;
vgl. Senat, Urteil vom 1. April 1969

1 [X.]; [X.], Beschluss vom 17. [X.] 1991

4 [X.], NStZ 1991, 234; [X.], Urteile
vom 30. März 1995

4 StR 768/94, [X.]St 41, 113, 117; vom 6. Dezember 1995

2 [X.], [X.], 197; vom 3. Juli 2003

4 [X.], [X.], 94; vom 5.
März 2008

2 [X.], [X.]St 52, 153, 156; [X.], Beschluss vom 36
-
19
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28.
Oktober 2010

5 [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 4. Juli 2002

3 [X.] für die Variante des rohen Misshandelns; ebenso [X.], 62.
Aufl.,
§ 225 Rn. 8; [X.] in LK, 12. Aufl.,
§ 225 Rn. 17; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], 29. Aufl., § 225 Rn. 11; [X.] in [X.], 2. Aufl., § 225 Rn. 2, 15; [X.]/[X.]-Pflanz in [X.], 2. Aufl., § 225 Rn. 12; [X.] in BeckOK-StGB,
§ 225 Rn. 16; [X.] in [X.], 4.
Aufl.,
§ 225 Rn. 18). Insbesondere
wer es unterlässt, für sein Kind leidens-vermindernde ärztliche
Hilfe in Anspruch zu nehmen, kann dieses durch Unter-lassen quälen (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 1969

1 [X.]; [X.], Urteile vom 6. Dezember 1995

2 [X.], [X.], 197; vom
5. März 2008

2 [X.], [X.]St 52, 153, 159; [X.], NStZ 1989, 269). Für die Unterlassungstäterschaft im Rahmen des § 225 StGB reicht

wie auch sonst

bedingter Vorsatz aus ([X.], Urteil vom 3. Juli 2003

4 [X.]).
Nach den [X.] Feststellungen des [X.]s hat das Unterlassen der gebotenen medikamentösen, therapeutischen und ärztlichen Behandlung beim Nebenkläger zu fortschreitendem Leistungsabbau, erhebli-cher Abnahme der Lungenfunktion, massiver Mangelernährung, anhaltenden Kopfschmerzen und schließlich sogar blauen Fingerkuppen infolge [X.] geführt, wobei Beschwerden und Schmerzen spätestens ab Mitte 2001 auftraten und sich kontinuierlich steigerten. Die zunehmende [X.] der [X.] mit immer
weiter abnehmender Sauerstoffsättigung, die massive Mangelernährung und der hierdurch bewirkte Abbau seiner [X.] stellten ein erhebliches
Leiden für den Nebenkläger dar. Zudem litt er aufgrund der unzureichenden Sauerstoffsättigung permanent
an Kopfschmer-zen, hatte also erhebliche Schmerzen im Sinne der oben genannten Definition; zuletzt bereitete ihm nach den Feststellungen des [X.]s zudem jede körperliche Anstrengung erhebliche Schmerzen.
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Im Rahmen der rechtlichen Würdigung und Strafzumessung hat das [X.] zutreffend darauf abgestellt, dass der Tatzeitraum des [X.] gebotener medizinischer Behandlung und Therapie knapp drei Jahre um-fasst ([X.], 49, 51), sich die Verschlechterung des Gesundheitszustandes und dadurch
bedingte Schmerzen des [X.] während dieses [X.] kontinuierlich aufbauten und steigerten und der [X.]

die Leidens-zeit des [X.]

spätestens ab Mitte 2001 eintrat ([X.], 54).
cc) [X.] entspricht im Sinne von § 13 Abs.
1 StGB auch der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch [X.]. Voraussetzung hierfür ist, dass das Unterlassen im konkreten Fall dem Unrechtsgehalt aktiver Tatbestandsverwirklichung so nahe kommt, dass es sich dem Unrechtstypus des Tatbestands einfügt (sog. Modalitätenäquivalenz, vgl. [X.] aaO, § 13 Rn. 83 f. [X.]). Eine Gleichstellung des Unterlassens mit der Verwirklichung des Handelns durch [X.] kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn dem Unterlassen der Erfolgsunwert fehlt (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Februar 1979

1 [X.], [X.]St 28, 300, 307) oder es an begehungstäterbezogenen Qualifikationsmerkmalen mangelt (ausführlich hierzu [X.], Strafrecht [X.], § 32 Rn. 239 ff. [X.]). Bei reinen Erfolgsdelikten wie etwa § 212 StGB kommt der [X.] dagegen keine eigen-ständige Bedeutung zu (vgl. [X.] aaO
Rn. 86 [X.]; Weigend in LK, 12.
Aufl., § 13 Rn. 77; ausführlich hierzu [X.] aaO, § 32 Rn. 218 ff. [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 6. November 2002

5 [X.], [X.]St 48, 77, 96).

ein reines Erfolgsdelikt in Form eines Verletzungsdelikts (vgl. [X.] in [X.], 2. Aufl., § 225 Rn. 2). Der [X.] besteht in der Verursachung von Schmerzen und Leiden des Tatopfers, den Qualen. Anders als bei der Va-38
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besondere [X.] nicht vorausgesetzt (vgl. [X.], Urteil vom 6. [X.] 1995

2 [X.], [X.], 197).
Vorliegend entsprach deshalb das Unterlassen der gebotenen [X.] einer Tatbegehung durch [X.]. Auf die Frage, ob die vom Ange-klagten [X.]

angesichts seines Wissens um das Krankheitsbild naheliegend mit Eventualvorsatz begangene Täuschung des [X.] über die Wirk-samkeit täglicher Meditation als Therapieersatz eher als eine Tatbegehung durch [X.] einzuordnen ist, kommt es deshalb nicht an.
dd) Durch die objektiv gebotenen Handlungen der Angeklagten

[X.] der notwendigen ständigen Behandlung durch Zurverfügungstellung der notwendigen Medikamente und Hilfsmittel, ärztliche und therapeutische Be-treuung und Kontrolle, Angebot [X.] Nahrung, notfalls Erzwingen der Behandlung

wären nach den durch [X.] belegten tragfähigen Feststellungen der [X.] die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes und die damit einhergehenden erheblichen Leiden und Schmerzen des [X.] vermieden worden (hypothetische Kausali-tät). Dies folgt auch daraus, dass der Nebenkläger bereits kurz nach Wieder-aufnahme der medizinischen und therapeutischen Behandlung im Dezember 2002 wieder bessere Werte bei
Sauerstoffsättigung, Lungenfunktion und Ge-wicht aufwies und die durch die Sauerstoffunterversorgung hervorgerufenen Folgen (Kopfweh, Zyanose) verschwanden.
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ee) Die Vornahme der rechtlich gebotenen Handlungen war den Ange-klagten auch möglich und zumutbar.
Die Angeklagten konnten dem Nebenkläger ohne weiteres eine regel-mäßige ärztliche und therapeutische Behandlung und Kontrolle organisieren und den Nebenkläger zur Mitwirkung motivieren

die Angeklagte B.

im Rahmen ihrer elterlichen Sorge, der Angeklagte [X.]

s-e-benkläger übernommen hatte. Hierfür erhielt die Angeklagte B.

sogar bis Ende September 2001 von der [X.] Pflegegeld der Stufe 2.
Nach den Feststellungen des [X.]s deutet nichts darauf hin, dass sich der Nebenkläger bei gebotener Einwirkung der Angeklagten der [X.] seiner Therapie nach dem Einzug in A.

verschlossen hätte. Denn er hat bis dahin stets vollumfänglich bei der aufwändigen Therapie mitgewirkt, sämtliche notwendigen Medikamente genommen, inhaliert, die autogene Drai-nage durchgeführt und sich regelmäßig ärztlich untersuchen und therapeutisch behandeln lassen. Zudem hat er nach dem Auszug aus der Wohngemeinschaft Ende 2002 sofort mit der notwendigen Medikation und Therapie wieder begon-nen, was eine spürbare und erhebliche Verbesserung seines [X.] und das Ende seiner Schmerzen und Leiden zur Folge hatte. Dass auch der Angeklagte [X.]

über entsprechenden Einfluss auf das Verhalten des [X.] verfügte, ergibt sich schon daraus, dass sich der Nebenklä-ger anderen Anweisungen des Angeklagten [X.]

, etwa hinsichtlich der [X.], gefügt hat.
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Selbst wenn sich der Nebenkläger

was
nach den Feststellungen des [X.]s ohnehin nicht der Fall war

geweigert hätte, sich weiterbehandeln
zu lassen, hätten die Angeklagten die notwendige Behandlung des minderjähri-gen [X.] auch gegen seinen Willen erzwingen müssen:
Die Angeklagte B.

konnte sich ihrer elterlichen Sorge für die Person des [X.] nicht dadurch entledigen, dass sie diesem die Verantwor-tung für die Behandlung seiner schweren Erkrankung übertrug. Nach § 1626 Abs. 1 Satz 1 [X.] haben die Eltern das Recht und die Pflicht, für ein minder-jähriges Kind zu sorgen. Dies umfasst insbesondere auch die Sorge um das körperliche und seelische Wohl des Kindes (Personensorge, § 1626 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Gemäß § 1626 Abs. 2 Satz 1 [X.] berücksichtigen die Sorgebe-rechtigten zwar die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem und verantwortungsbewusstem
Handeln. Sie bespre-chen deshalb mit dem Kind, soweit dies nach dessen Entwicklungsstand ange-zeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an (§ 1626 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Dies alles findet seine Grenze aber im Schutz des Minder-jährigen vor konkreten Gefahren für Leib und Leben, wie auch § 1666 [X.] nach der gesetzlichen Konzeption zu einer Selbstbestimmung seiner Interessen r-
ve Wille des Kindes, gerade auch bei [X.], beachtlich (vgl. hierzu ausführlich [X.], in [X.], [X.], [X.], § 1666 Rn. 74 ff. [X.]). In Fällen notwendiger Heilbehandlung gegen den Willen eines älteren Kindes oder Jugendlichen kommt es auf die Schwere und Bedeutung des Eingriffs in die körperliche Integrität des Kindes, die objektive (medizinische) Notwendigkeit und die Gründe für die Haltung des 46
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Kindes an (vgl. [X.] aaO Rn. 154; vgl. auch [X.]
in MüKo-[X.], 6. Aufl., §
1666 Rn. 77 ff. [X.]). Nach diesen Maßstäben unterliegt es keinem Zweifel, dass die Angeklagte B.

einem etwaigen Nichtbehandlungswunsch des [X.] (hätte er überhaupt vorgelegen) keine durchgreifende Relevanz hätte zukommen lassen dürfen, denn die schwerwiegenden, irreversiblen und potentiell tödlichen Folgen einer Nichtweiterbehandlung der Mukoviszidose standen in keinem Verhältnis zu den notwendigen ärztlichen und therapeuti-schen Maßnahmen. Zudem ist es bei diesem Krankheitsbild naheliegend (was auch das [X.] betreffend den Nebenkläger festgestellt hat), dass ein Minderjähriger die schweren Folgen der sich über Jahre hinziehenden Ver-schlechterung seines Gesundheitszustandes nicht hinreichend überblicken und deshalb insoweit keine eigenverantwortliche Entscheidung über einen [X.]sabbruch treffen kann.
Die Angeklagte B.

hätte als sorgeberechtigte Mutter des Nebenklä-gers notfalls einen Antrag bei dem Familiengericht nach § 1631b [X.] auf [X.] einer mit Freiheitsentzug verbundenen Unterbringung des [X.] stellen müssen, wenn nur durch eine solche Unterbringung in einer Kli-nik die Durch-
und Weiterführung einer dringend notwendigen Behandlung des Kindes mit Medikamenten sichergestellt und eine erhebliche Selbstgefährdung hätte verhindert werden können (vgl. auch [X.], Beschluss vom 8. No-vember 2012

26 UF 158/12). Zuvor hätte die Angeklagte B.

ebenso wie der Angeklagte [X.]

aber alle Möglichkeiten der Einwirkung auf den minderjährigen Nebenkläger, auch unter Einschaltung des [X.], nutzen müssen, um den Nebenkläger zur Fortführung der Medikation und Therapie zu bewegen.
Der Angeklagte [X.]

hätte als Fürsorgepflichtiger notfalls auch gegen den Willen der allein sorgeberechtigten Angeklagten B.

die Gerichte bzw. 48
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Behörden einschalten müssen, die

wie es letztlich auch geschehen ist

bei Kenntnis von den Umständen der unzureichenden Betreuung des Nebenklä-gers zur Erhaltung von dessen Gesundheit tätig geworden wären. Wird das körperliche Wohl eines Kindes gefährdet, etwa durch Nichtbehandlung einer behandlungsbedürftigen schweren Krankheit, und sind die [X.] nicht gewillt oder in der Lage, diese Gefahr für das Kindeswohl abzuwen-den, trifft gemäß § 1666 Abs. 1 [X.] das Familiengericht die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr. Das Verfahren wird von Amts wegen eingeleitet; insoweit muss das Familiengericht auch plausiblen Anzeigen Dritter nachgehen ([X.] in [X.], [X.], Neubearbeitung 2009, § 1666 Rn.
261 [X.]). Auch ein Hinweis des Angeklagten [X.]

an das zuständige Jugendamt hätte entweder zur Herausnahme des [X.] aus der Wohngemeinschaft durch das Jugendamt direkt oder zum Eingreifen des [X.] auf Antrag des [X.] geführt (vgl. §
8a Abs. 2 [X.]; vgl. auch [X.], in MüKo-[X.], 6. Aufl., § 1666 Rn. 213). Zu den möglichen gerichtlichen Maßnahmen des Jugendgerichts gehören etwa das Gebot, öffent-liche Hilfen der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, oder die

vorlie-gend auch erfolgte

Entziehung des Sorgerechts (§ 1666 Abs. 3 Nr. 1, 6 [X.]). Die Einschaltung von Gerichten oder Behörden war auch erfolgversprechend, wie der weitere Verlauf des vorliegenden Falls zeigt. Allein schon die Übertra-gung des Sorgerechts auf den Vater des [X.] und das Verlassen der Wohngemeinschaft in A.

haben Ende 2002 die Wiederaufnahme der notwendigen Therapie und die Beseitigung der Leiden und Schmerzen des [X.] zur Folge gehabt.
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Nach den Feststellungen des [X.]s haben die Angeklagten indes das Gegenteil des rechtlich Gebotenen getan: Sie haben dem Nebenkläger weder Medikamente noch ein Inhalationsgerät zur Verfügung gestellt, noch ihn Ärzten oder Therapeuten zugeführt noch auf ihn eingewirkt, zu solchen zu ge-hen; zudem haben sie jeden Kontakt des [X.] zu seinem Vater unter-bunden. Schließlich hat der Angeklagte [X.]

dem minderjährigen Nebenklä-ger, der dies glaubte, vorgespiegelt, er könne seine Krankheit durch Meditation besiegen.
c) Die Strafzumessung ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstan-den.
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der [X.] von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsge-richts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldaus-gleich zu sein. Nur in diesem Rahme(§
337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtig-keitskontrolle ausgeschlossen ([X.] Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 2012

1 [X.], [X.]St 57, 123, 127
[X.]). Das gilt auch, soweit die tatrichter-liche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsge-richtlichen Prüfung steht ([X.] Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 26. Juli 2006

1 [X.], [X.], 339, 340; [X.], Urteil vom 16. April 2015

3 [X.]).
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Die Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung nach § 13 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat das [X.] tragfähig mit der Länge des Tatzeitraums, dem Alter des [X.] und der Schwere seines körperlichen Leidens am Ende des Tatzeitraums begründet und aus
den gleichen Gründen einen minder schweren Fall der schweren Misshandlung Schutzbefohlener abgelehnt. In [X.] derartigen Konstellation erweist es sich nicht als rechtsfehlerhaft, dass sich das [X.] bei der Prüfung des minder schweren Falls nicht ausdrücklich mit dem Vorliegen des vertypten, aber konkret nicht zur Strafrahmenverschie-bung führenden Milderungsgrundes auseinandergesetzt hat, zumal es die den Vordergrund gestellt hat.
Nicht aus dem Blick geraten ist der [X.] bei der Strafzumessung im Einzelnen zudem, dass die Leidenszeit ([X.]) nicht sogleich, sondern ab spätestens Mitte 2001 eintrat, die Tat lange zurückliegt und die Angeklagten durch eine Vorverurteilung und Stigmatisierung in Medienberichten sowie die öffentliche Ächtung in [X.] Medien und durch Mahnwachen vor ihrem Haus erheblich beeinträchtigt wurden.
III.
Der Tenor war im Schuldspruch zu berichtigen, weil die Verbrechensqua-lifikation [X.] in der Urteilsformel kenntlich zu machen ist (vgl. [X.], Urteil vom 16. April 2014

2 [X.]). Dass nur die Angeklagten Revision einge-legt haben, hindert daran nicht, denn das Verschlechterungsverbot gemäß §
358 Abs. 2 StPO gilt schon seinem Wortlaut nach nur für den Rechtsfolgen-ausspruch.
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Raum Graf [X.]

Mosbacher [X.]

Meta

1 StR 624/14

04.08.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2015, Az. 1 StR 624/14 (REWIS RS 2015, 7099)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7099

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3 StR 633/14 (Bundesgerichtshof)


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4 StR 561/11

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1 StR 525/11

3 StR 638/14

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